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Klimaschutzprogramm 

Steuerbonus: „Gesetzentwurf für Klimaziele ungeeignet“

Eigentlich ist das Für und Wider einer steuerlichen Abschreibung der energetischen Gebäudesanierung lange ausdiskutiert. Zuletzt wurde nur ein Argument präzisiert und zwar im Vorblatt zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht: „[Mögliche] Alternativen: Keine.“ Doch für die Ausgestaltung des Gesetzes und die Finanzierung gibt es offensichtlich noch erheblichen Gesprächsbedarf.

Ob es einen Kompromiss erleichtert oder erschwert, lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen, aber der Gesetzesentwurf der Bundesregierung soll gleich fünf Maßnahmen aus den Eckpunkten des Klimaschutzprogramms umsetzen: Eine befristete Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden (vgl.: Gesetzesentwurf für Steuerbonus beschlossen), eine befristete Anhebung der Pendlerpauschale, die befristete Einführung einer Mobilitätsprämie, eine dauerhafte Herabsetzung des Mehrwertsteuersatz für Fahrkarten im Fernverkehr von 19 auf 7 %; zudem sollen Kommunen die Möglichkeit erhalten, bei der Grundsteuer einen besonderen Hebesatz auf Sondergebiete für Windenergieanlagen festzulegen.

Ein größerer Streitpunkt dürfte die Finanzierung der steuerlichen Vergünstigungen sein. Neben parteipolitischem Kalkül waren an dieser Hürde frühere Anläufe für den Steuerbonus gescheitert. Denn die Länder (42,5 %) und Gemeinden (15 %) müssen 57,5 % der direkten Mindereinnahmen aus dem Steuerbonus tragen. Die Beteiligung der Kommunen an der Mehrwertsteuer ist deutlich niedriger als bei der Einkommensteuer.

Die steuerlichen Maßnahmen des Klimapakets berät der Bundesrat am 8. November 2019. Dazu haben der federführende Finanzausschuss (Fz), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U), der Verkehrsausschuss (), der Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) zahlreiche Empfehlungen für eine Stellungnahme vorbereitet:

Auszüge:

„Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich, dass die Bundesregierung mit dem ‚Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht‘“ einen ersten konkreten Umsetzungsschritt der im Klimaschutzprogramm 2030 angekündigten Maßnahmen vornimmt. Er sieht jedoch nicht, dass der vorliegende Gesetzentwurf zur Erreichung der Klimaziele geeignet ist:

  • Die Förderung der energetischen Gebäudesanierung (Artikel 1) ist in ihrer Klimawirkung nicht abzuschätzen, 
  • die Erhöhung der Entfernungspauschale (Artikel 2) ist ökologisch kontraproduktiv und sozial ungerecht, 
  • die Förderung des Bahnverkehrs (Artikel 3) ist unzureichend und 
  • die Regelung zur Beteiligung von Kommunen an Windkrafterlösen (Artikel 5) über die Grundsteuer könnte den Ausbau der Windkraft weiter gefährden.“ (U)
  • „Der Bundesrat bekennt sich grundsätzlich zur finanzpolitischen Verantwortung der Länder bei der Erreichung der Klimaschutzziele und deren Bereitschaft, wirksame Maßnahmen zur CO2-Emissionsreduktion mitzufinanzieren. Der Bundesrat betont jedoch, dass die Belastung der Haushalte der Länder nach dem Prinzip der fairen Lastenteilung erfolgen muss.“

    „Der Bundesrat merkt jedoch an, dass eine angemessene Beurteilung des von den Ländern erwarteten Klimabeitrags auf Grundlage des vorliegenden Gesetzentwurfs nicht möglich ist. Eine Abschätzung der erwarteten Treibhausgaseinsparungen der Maßnahmen unterbleibt entweder, ist nicht möglich oder es sind sogar gegenteilige Effekte im Zusammenhang mit den vorgeschlagenen steuerrechtlichen Instrumenten zu erwarten. Der Bundesrat fordert deshalb, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die notwendigen Konkretisierungen vorzunehmen sowie klimaschädliche Regelungen zu streichen. Es ist nicht möglich, einem Gesetz in der Fassung des vorliegenden Gesetzentwurfs zuzustimmen.“ (U)

    „In der Begründung des Gesetzentwurfs quantifiziert die Bundesregierung die mit den vorgesehenen Maßnahmen verbundenen Steuerausfälle auf insgesamt 1,325 Mrd. Euro in der vollen Jahreswirkung, wovon deutlich mehr als die Hälfte auf die Haushalte von Ländern und Kommunen entfällt. Die Steuerausfälle nehmen im Zeitablauf zu. Im Kassenjahr 2020 geht die Bundesregierung von Ausfällen für die Haushalte von Ländern und Kommunen von zusammen 201 Mio. Euro aus; die Ausfälle steigen dann auf 301 Mio. Euro (2021), 586 Mio. Euro (2022), 696 Mio. Euro (2023) und 712 Mio. Euro (2024).“ (Fz)

    „Der Bundesrat stellt fest, dass das vorliegende Gesetz keine Regelung vorsieht, um Länder und Kommunen für die entstehenden Einnahmeausfälle vollständig zu kompensieren. Er fordert, dass eine Regelung in das Gesetz aufgenommen wird, die eine in den Jahren 2020 bis 2023 steigende Erhöhung der Umsatzsteueranteile der Länder entsprechend dem Betrag der Steuerausfälle von Ländern und Kommunen vorsieht.“ (Fz)

    „Der Bundesrat fordert die Bundesregierung […] dazu auf, die finanziellen Auswirkungen der Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 auf die Haushalte von Ländern und Kommunen im Einzelnen umfassend darzustellen und eine entsprechende vollständige Kompensation zugunsten von Ländern und Kommunen ebenfalls im vorliegenden Gesetz durch eine Erhöhung des Umsatzsteueranteils der Länder sicherzustellen.“

    „Die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung selbstgenutzten Wohneigentums ist nach Auffassung des Bundesrates ein wichtiger Anreiz für Investitionen Dritter zur energetischen Ertüchtigung des Gebäudebestandes. Um Fehlallokationen von Steuergeldern sowie der Finanzmittel der Eigentümerinnen und Eigentümer zu vermeiden, ist es erforderlich, dass alle vorgenommenen Maßnahmen im Einklang mit dem Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes stehen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, die Ausrichtung der Maßnahmen auf das Ziel der Klimaneutralität bereits in die Überschrift des § 35c EStG-E aufzunehmen.“ (U)

    „Der Bundesrat stellt fest, dass auch im Mietwohnungsbestand ein hoher Sanierungsbedarf besteht. Er bittet die Bundesregierung daher zu prüfen, ob die steuerliche Förderung auch für die energetische Sanierung von vermietetem Wohnraum nicht gewerblicher Vermieterinnen und Vermieter gelten sollte, sofern der geförderte Teil der Sanierungskosten nicht per Modernisierungsumlage auf die Mieterinnen und Mieter abgewälzt wird. Er bittet die Bundesregierung darüber hinaus, effektive Förderinstrumente auch für die energetische Sanierung von vermietetem Wohnraum vorzusehen.“ (U)

    „Damit die konkrete Klimawirkung der vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen abschätzbar ist, bedarf es der Vorlage einer Verordnung gemäß § 35c Absatz 7 EStG-E. Nach Auffassung des Bundesrates ist es zur Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis zum Jahr 2050 erforderlich, dass die geförderten Einzelmaßnahmen so gestaltet sind, dass in Summe über alle Gebäudeteile einschließlich der Anlagentechnik der derzeitige KfW-Standard 55 erreicht wird.“ (U)

    „Die vorgeschlagene Förderung von Einzelmaßnahmen birgt das Risiko, dass Sanierungen nicht in der richtigen Reihenfolge ausgeführt werden bzw. so ausgeführt werden, dass weitere darauf aufbauende Sanierungen zur Erreichung des derzeitigen KfW-Standards 55 erheblich erschwert werden. Der Bundesrat fordert daher, die Gewährung der steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an die Inanspruchnahme einer Energieberatung für Gebäude in Form der Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) vor Beginn der ersten Maßnahme zu knüpfen, wenn deren Kosten einen Schwellenwert von 5000 Euro überschreiten. Er ist der Auffassung, dass die Kosten zur Erstellung des Fahrplans ebenfalls gefördert werden müssen.“ (U)

    „Um sicherzustellen, dass die mit der Einzelmaßnahme beabsichtigte Energieeffizienz auch tatsächlich erreicht wird und der Steuerbonus gerechtfertigt gewährt wird, reicht es nach Auffassung des Bundesrates nicht aus, dass die Bescheinigung durch den Erbringer der Leistung selbst erfolgt. Vielmehr ist es erforderlich, dass die Bescheinigung nach Durchführung durch einen unabhängigen Sachverständigen erfolgt. Nach Auffassung des Bundesrates sollte dies entsprechend dem Verfahren der KfW-Förderung durch eine Energie-Effizienz-Expertin bzw. einen -Experten für Förderprogramme des Bundes erfolgen.“ (U)

    „Ferner wäre es mit dem Ziel des Gesetzentwurfs nicht zu vereinbaren, wenn die geförderten Maßnahmen zu Pfadabhängigkeiten von fossilen Energieträgern führen. Daher muss die Förderung von Heizungsanlagen, die für den ausschließlichen Einsatz fossiler Energieträger geeignet sind, ausgeschlossen werden. Die Förderung von Ölheizungen muss generell ausgeschlossen sein.“ (U)

    „Der Bundesrat hält es für notwendig, auch bei vermieteten und betrieblich genutzten Gebäuden verstärkt Anreize für energetische Modernisierungsmaßnahmen zu setzen, um CO2-Minderungspotenziale umfassend auszunutzen. Er bittet deshalb, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ergänzende Regelungen im Einkommensteuerrecht vorzusehen, die einen sofortigen Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug von Aufwendungen für energetische Gebäudemodernisierungsmaßnahmen auch in den Fällen sicherstellen, in denen nach den allgemeinen Grundsätzen abschreibungspflichtiger Herstellungsaufwand entsteht. Gleichzeitig sollte die Möglichkeit einer Verteilung der Aufwendungen auf einen Zeitraum bis zu 10 Jahren geschaffen werden.“ (U, Wi, Wo)

    Aus- und Rückblick

    Welche Empfehlungen der Bundesrat in seine Stellungnahme übernimmt, bleibt vorerst abzuwarten. Einige Punkte / Forderungen decken sich mit der Kritik aus der Branche, sind aber vermutlich nicht ohne Weiteres kurzfristig umzusetzen und / oder Erhöhen den Finanzierungsbedarf bzw. -ausgleich.

    Eine ähnliche Situation gab es bereits: Am 8. Juli 2011 hatte der Bundesrat dem von der Bundesregierung im Rahmen der damaligen Beschlüsse zur Energiewende beim Bundestag eingebrachten Gesetzesentwurf die Zustimmung verweigert. Maßgeblich für die Blockade war, dass sich die Länder nicht an den direkten Steuerausfällen in vollem Umfang beteiligen wollten. Es folge eine lange Hängepartie. Erst am 12. Dezember 2012 war das „Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen“ nach 414 Tage ergebnisloser Verhandlung im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag endgültig gescheitert. ■