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Heizkesselerneuerung

Warten kostet

Traurige Realität in Millionen deutschen Heizungskellern: Insbesondere selbstnutzende Eigentümer verschenken jedes Jahr mit dem Weiterbetrieb veralteter Technik ihr Geld. - Vaillant - © Vaillant
Traurige Realität in Millionen deutschen Heizungskellern: Insbesondere selbstnutzende Eigentümer verschenken jedes Jahr mit dem Weiterbetrieb veralteter Technik ihr Geld. - Vaillant

Der vielfach beklagte Modernisierungsstau beim Austausch veralteter Heizkessel tut nicht nur der Heizungsindustrie, Planern und Fachhandwerk weh, er schadet in erster Linie auch dem Verbraucher. Mit oftmals lausigem Jahresnutzungsgrad wird so jede Heizperiode teure Energie unnötig vergeudet. Geht es um den Austausch vergleichbarer Heiztechnik, beispielsweise die „Verjüngung“ eines Öl-/Gas-Heizkessels, ist vor allem der Investitionszeitpunkt maßgeblich. Denn in Zukunft sind hier keine signifikanten Effizienzverbesserungen mehr zu erwarten, die die Wirtschaftlichkeit entscheidend verbessern könnten. Allerdings wird dem Anlagenbetreiber dies selten vor Augen geführt: Einen Kostenvorteil erwirtschaftet eine Heizkesselmodernisierung nicht in der gesamten nachfolgenden Nutzungsdauer, sondern ausschließlich in dem Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der zwangsweisen Erneuerung aufgrund eines Defekts oder einer gesetzlichen Vorgabe. Neben den individuellen Eigentumsverhältnissen gibt es nur eine Konstellation, die diesen Umstand aufheben kann: Heiztechnik verbilligt sich in Zukunft deutlich. Nichts deutet darauf hin.

Refinanzierung aus Einsparung

„Eine Modernisierung der Heizungsanlage spart Energiekosten und rechnet sich oft schon nach wenigen Jahren.“ So vielversprechend diese in der Werbung und Verkaufsförderung benutzte Aussage auch immer sein mag, für den Indivi­dualfall eignet sie sich kaum. Offensichtlich nimmt der Endverbraucher dies zumindest im Unterbewusstsein wahr, denn über Aufträge en masse hört man die Werber nicht stöhnen. Und die Skepsis ist durchaus berechtigt. Sicher lassen sich mit jeder sorgfältig und mangelfrei geplanten und ausgeführten Heizungsmodernisierung die Energiekosten senken. Die Dauer einer Refinanzierung über reduzierte Energiekosten hängt aber nicht nur von der erzielten Energieeinsparung („Effizienzsteigerung“), sondern auch von dem Verhältnis der Modernisierungskosten (inkl. ggf. anfallender Kreditkosten) zu den variablen Energiekosten (vor der Sanierung) ab.

Bild 1 zeigt dieses Kostenverhältnis für einen Bereich von 2 (preisgünstige Technik, bzw. größeres zentral beheiztes Gebäude) bis 6 (hochpreisige Technik, Einfamilienhaus bzw. Etagenheizung in Mehrfamilienhäusern).

Parameterkurven – für die Refinanzierungsdauer aus der Energiekosteneinsparung von 6 bis 14 Jahren – bilden auf der Ordinate die erforderliche prozentuale Verbrauchsminderung durch die Modernisierung ab. Angenommen wurde dabei eine Energiepreissteigerung von 5 %/a, was für Erdgas etwas unter dem Mittelwert der letzten sieben Jahre liegt. Geringere Energiepreissteigerungen erfordern eine höhere Effizienzverbesserung, um zu einem bestimmten Zeitpunkt die „Gewinnzone“ zu erreichen, höhere Energiepreissteigerungen bewirken dies auch bei geringerer Effizienzverbesserung.

Die Energiepreisentwicklung hat erheblichen Einfluss auf das Erreichen der Gewinnzone, insbesondere im Einfamilienhaus. Exemplarisch zeigt dies die erweiterte Kurve „Refinanzierung in 10 Jahren“ mit Preissteigerungen von 0 bis 10 %/a .

Sehr deutlich wird, dass sich ein hochpreisiges Heizgerät für einen minimalen Energieverbrauch nicht in den oftmals suggerierten sechs Jahren durch die Einsparungen refinanzieren kann. Zwar ist das Verschwendungspotenzial bei solchen Verhältnissen durch Überdimensionierung und zu hoch eingestellten Heizkurven oft enorm, pauschale Einsparungen von 50 % und mehr sind aber unrealistisch.

Kosten verzögerter Investitionen

Die in der Werbung dominante Refinanzierung aus der Energieeinsparung ist für selbstnutzende Eigentümer, die sowohl für die Energie- als auch für die Modernisierungskosten aufkommen müssen, allerdings weniger relevant. Zwar ist es nicht auszuschließen, dass die ohnehin schon veraltete Heiztechnik auch noch ein weiteres Jahrzehnt „funktioniert“, aber irgendwann wird der „natürliche“ Ersatz zwangsweise fällig. Deswegen ist von zusätzlichem Interesse, welche Kostenunterschiede sich ergeben, wenn die Sanierung hinausgezögert bzw. vorgezogen wird. Denn die Gesamtkostendifferenz – eine etwa gleich große Energieeffizienzsteigerung durch die Modernisierung vorausgesetzt – entsteht nur in der „unterlassenen Verzögerungsphase“. Zum einen durch die frühere Reduzierung der Energie­kosten, zum anderen durch die Preissteigerung der Modernisierungskosten. Und die können die Gesamtkosten erheblich beeinflussen.

Bezogen auf das Indexjahr 2000 gibt das Statistische Bundesamt für „Heizungsanlagen und zentrale Wassererwärmungsanlagen“ (Bauleistungen an Bauwerken) in Wohngebäuden bis Mai 2007 eine Preissteigerung von 32,8 % an. Im Mittel also rund 4 %/a, wobei die Steigerungen insbesondere seit 2005 durch gestiegene Rohstoff- und Energiepreise überproportional ausgefallen sind. Zwar könnte die anhaltende Kaufzurückhaltung bei Wärmeerzeugern die Preise auch kurzzeitig ­etwas drücken, mittelfristig dürfte sich der Preis­anstieg aber fortsetzen. Eine typische Öl-/Gas-Heizkesselmodernisierung mit heutigen Kosten von 5000 Euro verteuert sich bei 4 %/a Preissteigerung in drei Jahren Modernisierungsaufschub bereits um rund 625 Euro.

Bild 2 zeigt die (unverzinsten) Kosten einer verzögerten Investition. Basis sind Modernisierungskosten von 5000 Euro mit unterschiedlichen Preissteigerungen für ein Einfamilienhaus mit 22 000 kWh Jahresverbrauch vor der Sanierung und einem ­Energiepreis von 6 ct/kWh mit einer Preissteigerung von 5 %/a. Angesetzt wurde eine den Moderni­sierungskosten zuzuordnende Energieeinsparung von 25 %, verringerte Wartungskosten wurden nicht berücksichtigt. Exemplarisch wurde für die Para­meterkurve „4 %/a“ eine Energiepreissteigerung zwischen 0 und 10 %/a eingetragen.

Wie aus Bild 2 abzulesen ist, erreichen die Kosten nach sieben Jahren die Größenordnung der vorgezogenen Heizungsmodernisierung. Bei einer Preissteigerung für die Heiztechnik von 4 %/a und einer angenommenen Energiepreissteigerung von 5 %/a spart der Modernisierer gegenüber dem Aussitzer in sieben Jahren 4276 Euro. Oder anders ausgedrückt: Wer sieben Jahre wartet, bezahlt für seine Heizungsmodernisierung doppelt. Gleichen Jahresnutzungsgrad vorausgesetzt, sind danach die laufenden Kosten für beide gleich (siehe parallele Kostenfunktionen in Bild 3). Wollte der 7-Jahre-Aussitzer seinen Nachteil in der Nutzungsphase von 2015 bis 2025 wieder wettmachen, müsste seine Heizungsmodernisierung statt der angenommenen 25 mehr als 41 % Energieeinsparung erzielen.

Lastet man dem alten Heizkessel eine ebenfalls veraltete Heizungspumpe an, ergibt sich beim Austausch ein weiterer Kostenvorteil. Setzt man den Bestand mit 6000 Betriebsstunden pro Jahr bei einer mittleren Leistung von 75 W (450 kWh/a) sowie die Erneuerung mit 5000 Betriebsstunden pro Jahr und 10 W (50 kWh/a) an, ergibt sich unter den gleichen Randbedingungen wie für Bild 2 ein beachtlicher Vorteil. Für den Strompreis wurden dabei ein Haushaltstarif von 0,19 Euro/kWh mit einer Preissteigerung von 5 %/a angenommen. Bis 2015 spart der Modernisierer dann statt 4276 Euro insgesamt sogar 4916 Euro. Der 7-Jahre-Aussitzer müsste mit seiner Heizungsmodernisierung zur Kostengleichheit statt 25 schon fast 44 % Energieeinsparung erzielen. Unterstellt man, dass Hocheffizienzpumpen in den nächsten Jahren so preisgünstiger werden, dass sie 2015 ohne Mehrkosten zur Standardausstattung von Heizkesseln gehören, dürfte sich 2008 eine Hocheffizienzpumpe mit 640 Euro zusätzlich auf der Rechnung niederschlagen, um bis zum Jahr 2025 nicht unter den angegebenen Kostenvorteil von 4276 Euro zu fallen. Marktübliche Preise für Hocheffizienzpumpen für Einfamilienhäuser liegen aber schon deutlich unter 640 Euro. Stiftung Warentest hat in Ausgabe 9-2007 für den energetischen Testsieger einen mittleren Preis von 360 Euro (ohne Installation) ermittelt.

Kostenvergleichsrechner

Die Berechnungsbeispiele wurden mit einem auf Excel basierenden Kostenvergleichsrechner (siehe Seite 28 und 29) erstellt, der auf https://www.tga-fachplaner.de/ in der Rubrik „Infothek“ als Download zur Verfügung steht. Er kann für eine Bestandsanlage gleichzeitig die Gesamtkosten tabellarisch und grafisch mit bis zu drei Varianten vergleichen. Die Varianten V1 und V1a beziehen sich dabei direkt auf den Bestand, bei der Variante V2 kann der Energieverbrauch auch unabhängig vorgegeben werden. Die Vorgaben für V1 lassen sich mit einem Knopfdruck in V1a übertragen und dann dort übersichtlich variieren. Der Kostenvergleichsrechner ist weniger dafür konzipiert unterschiedliche Anlagenkonzepte, beispielsweise Öl-Gas-Heizkessel mit Wärmepumpen oder Holz-Heizkesseln zu vergleichen, sondern kann aufzeigen, welche Konsequenzen sich aus der Veränderung einzelner oder mehrerer Parameter für die Gesamtkosten ergeben.

So fließen die Verbrauchsdaten ohne Rückkopplung zu der tatsächlich eingesetzten Anlagentechnik ein. Vielmehr lässt sich durch „Rückwärtsrechnen“ mit leicht festzulegenden Parametern ermitteln, welche Einsparungen eine favorisierte Anlagenkonfiguration erzielen muss, um die Gesamtkosten einer Referenzvariante zu unterschreiten. Folgende Parameter sind vorzugeben:

  • Energieverbrauch (unsaniert): Die Angabe des Energieverbrauchs muss mit dem zu zahlenden Arbeitspreis des Energieträgers (Heizwert/Brennwert) korrespondieren. Praktischerweise wird dazu ein Mittelwert mehrerer Jahresabrechnungen benutzt. Wärmepumpen können bei den Varianten V1 und V1a über eine Jahresarbeitszahl berücksichtigt werden, bei der Variante 2 kann auch die tatsächlich zu zahlende Menge elektrischer Antriebsenergie eingesetzt werden. In jedem Fall wird zur Kontrolle der in die Berechnung einfließende Energieverbrauch angezeigt.
  • Die Verbrauchseinsparung kann prozentual und/oder absolut vorgegeben werden. Negative Werte erhöhen den Energieverbrauch, positive Werte reduzieren ihn.
  • Hilfsenergie (elektrisch) kann über eine mittlere Leistung und die Betriebsstundenzahl in die Berechnung einfließen.
  • Der Sanierungszeitpunkt kann auf den Monat genau vorgegeben werden. In die Berechnung ist ein typischer Lastgang im Jahresverlauf integriert, sodass die Gesamtkosten tatsächlich an diesen Monat gekoppelt sind. In der tabellarischen und grafischen Auswertung werden zusammengefasste Jahreskosten benutzt.
  • Die Anschaffungskosten können für ein beliebiges Jahr vorgegeben werden. Über die zugehörige Preissteigerung erfolgt die Projektion auf den Sanierungszeitpunkt. Preiserhöhungen werden immer zum Jahreswechsel wirksam.
  • Die Finanzierung der Sanierungsmaßnahme kann voll oder teilweise mit einer Barzahlung und/oder einem Kredit mit monatlicher, unterjähriger Tilgung und Zinsberechnung erfolgen.
  • Der Energieträger, bzw. bei Wärmepumpen die Antriebsenergie, wird preislich über einen Arbeits- sowie Leistungs-/Messpreis berücksichtigt. Über differenzierte Steigerungssätze werden die Preise für jedes Jahr von dem Programm festgelegt. Für die Hilfsenergie (elektrisch) fließt nur der Arbeitspreis in die Gesamtkosten ein.
  • Unterschiedliche Wartungskosten der Varianten können über eine Jahrespauschale und einen Preissteigerungsfaktor berücksichtigt werden.
  • Unter „Allgemeines“ können der Startpunkt für die Kostenaufzeichnung, Zinssätze für eine Differenzkostenbetrachtung sowie eine (witterungsbedingte) verbrauchsschwache Periode unmittelbar nach der Sanierung vorgegeben werden.

Ab welchem Zeitpunkt eine Maßnahme die geringeren Kosten verursacht, also die „Gewinnzone“ erreicht, ist in einem Beratungsgespräch nicht trivial zu beantworten, wenn ein Zeitraum über mehrere Jahre betrachtet wird. Zur verständlichen und einfach nachvollziehbaren Darstellung werden im Kostenvergleichsrechner die Gesamtkosten ohne Inflationsausgleich jeweils am Jahresende kumuliert (oberes Diagramm auf Seite 29). Für diesen Fall markiert der Schnittpunkt von zwei Gesamtkostenfunktionen den Zeitpunkt, ab wann die andere Variante günstiger ist. Weichen die Gesamtkosten über einen längeren Verlauf deutlich voneinander ab, empfiehlt sich die zu­sätzliche Berücksichtigung einer Verzinsung der Differenzbeträge (unteres Diagramm auf Seite 29, ­jeweils gegenüber dem Bestand). Die Verzinsung kann über Haben- und Soll-Zinsen vorgegeben werden. Die Differenzkosten werden als Zah­lungseingang bzw. Abbuchung der Differenzkosten jeweils am Jahresende verbucht und verzinst. Bei negativem Konto ist der Bestand im Kostenvorteil, bei positivem die Modernisierung. In einem üblichen Zinsbereich verlängert sich die „Refinanzierungsphase“ durch die Verzinsung, dafür steigt der geldwerte Vor-/Nachteil steiler als bei der Gesamtkostenbetrachtung. Jochen Vorländer

https://www.tga-fachplaner.de/

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