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Fachforum Legionellen

Noch kein goldenes Verfahren

Auch 30 Jahre nach der Entdeckung der verursachenden Bakterien durch den US-Forscher McDade vom Center for Disease Control, USA, gibt es „Keinen Schutz in den eigenen vier Wänden“. So kürzlich eine Schlagzeile in der Fachzeitschrift Werkstatt + Montagepraxis. Weiter heißt es in dem Bericht: 30 Jahre Legionellenforschung haben das statistische Erkrankungsrisiko nicht gemindert. „Ist nichts passiert in all den Jahren?“, könnte man provozierend fragen. Doch, es wurde einiges getan, sowohl was die Regelwerke betrifft als auch die Desinfektionsverfahren, die hydraulischen Berechnungen und die Vorbeugemaßnahmen. Dennoch treten regelmäßig Erkrankungen durch Legionellen auf. Die „goldene“ verfahrenstechnische Lösung ist noch nicht in Sicht, so dass auf verschiedenen Gebieten noch erheblicher Forschungsbedarf besteht. Andererseits wurden aber auch viele Anlagen noch gar nicht auf den Stand der Technik gebracht.

Legionellen auch im Salzwasser

Prof. Dr. Christiane Höller vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München, führte die Teilnehmer in die Legionellen-Problematik ein. Sie stellte die Historie, die mikrobiologischen Grundlagen, das Vorkommen und Wachstum, Diagnostik und Therapiemöglichkeiten dar. Um die Risiken zu minimieren, plädiert Höller neben den technischen Maßnahmen auch für regelmäßige Kontrollen. So sind beispielsweise in einer bayerischen Studie zur Verkeimung von Rückkühlwerken in 13 % der Proben Legionellen festgestellt worden.

Eine besondere Bedeutung kommt den Amöben zu, unterstrich Höller. Legionellen werden von ihnen ins Zellinnere aufgenommen, können dort aber nicht verdaut werden. Stattdessen vermehren sie sich dort gut geschützt bis zum Aufplatzen der Amöbe, so dass die Bakterien dann in großer Zahl ins Wasser abgegeben werden. Bisher weniger in der Praxis wahrgenommen: Legionellen können sich sowohl in Süß- als auch in Salzwasser vermehren – auch in Solebädern ist somit ein Legionellen-Vorkommen durchaus möglich, insbesondere wenn die Sole mit Trinkwasser verschnitten wird.

Regelwerke und der Stand der Praxis

Die gesetzlichen Regelungen, die wichtigsten technischen Regelwerke und die Empfehlungen des Umweltbundesamts (UBA) erläuterte Benedikt Schäfer vom UBA. Die DVGW-Arbeitsblätter W 551 (April 2004) und W 553 sind die zentralen Dokumente, die sich mit der Legionellenproblematik befassen. Bereits im Jahr 2000 hat das UBA eine Empfehlung zum Nachweis von Legionellen ver­öffentlicht, 2006 gab es weitere wichtige Ver­öffentlichungen, unter anderem zur periodischen Untersuchung auf Legionellen in zentralen Erwärmungsanlagen. Oft entscheidet die Probenahme über das Ergebnis einer Untersuchung. Neu in diesem Zusammenhang ist seit Dezember 2006 die DIN EN ISO 19458 – Wasserbeschaffenheit, Probenahme für mikrobiologische Analysen. Je nach beabsichtigtem Zweck (Untersuchung des Wassers „in der Hauptverteilung“ oder „an der Entnahmearmatur“ oder „wie es gebraucht wird“) wird hier die Entfernung von angebrachten Vorrichtungen und Einsätzen, die Desinfektion und die Spülung genau vorgeschrieben.

Erschreckende Fotos von Installationsbeispielen aus der Praxis präsentierte Jörg Schütz vom Bayerischen Fachverband Sanitär, Heizung, Klima (SHK-München) in seinem Vortrag über die Legionellenproblematik aus Handwerkersicht. Kaltwassertemperaturen von 28 °C, Warmwassertemperaturen von 40 °C, Überdimensionierung von Anlagen, Stagnation und fehlende Dämmung und kein Bewusstsein für eine regelmäßige Wartung der Trinkwasserinstallation finden viele Handwerker weiterhin bei ihren Kunden vor. Grundvoraussetzung zur Verminderung des Legionellenwachstums sind ein stimmiges Gesamtkonzept von Planung, Bau, Inbetriebnahme, Wartung und Instandhaltung, so Schütz. Die VDI-Richtlinie 6023 und die Merkblätter der SHK-Landesverbände und des ZVSHK sind hier wichtige Arbeitshilfen für jeden, der mit Trinkwasser-Installationen und Legionellen befasst ist. Wird eine Legionellenkontamination festgestellt, empfiehlt Schütz, einen kühlen Kopf zu bewahren und unbedingt erfahrene Fachfirmen einzuschalten.

Schweizer Legionellensicht

Simone Graf vom Bundesamt für Gesundheit in Bern stellte dem Publikum die „Schweizer Legio­nellensicht“ dar. Die Schweiz überwacht bereits seit 1988 in einem obligatorischen Meldesystem die Situation. Größere Epidemien sind bisher nicht vorgekommen. Die Verantwortung liegt bei den Betreibern von Installationen. Während in Deutschland das Legionellenproblem in vielen Regelwerken parallel bis überschneidend behandelt wird, hat das Berner Bundesamt für Gesundheit eine kompakte Empfehlung herausgebracht, in der alle Aspekte rund um die Legionellen dargestellt sind. Diese Empfehlung steht im Internet jedem frei zu Verfügung (http://www.bag.admin.ch <Themen / Krankheiten und Medizin / Infektionskrankheiten / Infektionskrankheiten A-Z / Legionellose>). Aufgebaut in einzelnen Modulen, kann jedes nach Notwendigkeit aktualisiert werden. Interessant: Die Empfehlung hat keine Rechtsverbindlichkeit.

Keine Esoterik gegen Legionellen

„Etwas weniger Komfort ist oft die sichere Lösung“ war nicht nur der Vortragstitel von TGA-Planer Norbert Osthoff, Plieningen-Landsham, sondern gleichzeitig auch ein Appell. Schwerpunkt des Vortrags waren anschauliche Beispiele von Fehlplanungen aus öffentlichen Gebäuden, die immer noch häufig vorkommen, obwohl ein umfangreiches Regelwerk existiert. Ernüchternd sei oftmals auch, dass nach dem Auftreten eines Legionellenproblems, die grundlegenden Sanierungsmaßnahmen nicht erfolgen. Deutlich abgelehnt werden von Osthoff „esoterische Anwendungen“ zur Legionellenbekämpfung. Hier könne man nur staunen, dass derartige Verfahren, Mittel oder Wässer trotzdem gegen Legionellen angeboten und eingesetzt werden.

Zu den Gebäuden mit der größten Gefährdung für eine Legionellenkontamination gehören Hotels. In den letzten Jahren standen deswegen immer wieder prominente Hotels aus dem In- und Ausland – auch nach Todesfällen – in den Schlagzeilen. Zu diesem Thema referierte Hans-Ulrich Gonser von der InterContinental Hotelgruppe, Frankfurt. Verständlicherweise weniger über betroffene Hotels, sondern über Legionellenprävention – Welche Maßnahmen können im Hotelbereich zur Verhinderung umgesetzt werden? Eine nicht ganz leichte Aufgabe, vor allem, für Hotelketten mit weltweitem Angebot. Bei der InterContinental Hotelgruppe wird dies über weltweit geltende interne Standards und über Risikobewertungen, operationelle Maßnahmen, technisch klar festgelegte Maßnahmen sowie eine umfangreiche Weiterbildung für alle Haustechniker gelöst.

Präventionsverfahren und Sanierung

Welche Verfahren können oder sollten eingesetzt werden als Prävention bzw. zur Sanierung von Trinkwasser-Installationen? Verfahren und Desinfektionsmittel wurden von Dr. Heinz Rötlich, Grünbeck Wasseraufbereitung, mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen dargestellt. Eine gründliche Basisinformation mit Wasseranalysen und Bestandsaufnahmen sowie weiteren Voraussetzungen (z.B. Zirkulation, Bestandsaufnahme, Spülung, Hydraulischer Abgleich) sind dabei im Vorfeld einer Desinfektionsmaßnahme oder einer Sanierung unbedingt erforderlich. Rötlich erwartet, dass die Thermische Desinfektion, wie sie im DVGW-Arbeitsblatt W 551 beschrieben ist, zukünftig auch aufgrund der Klimadiskussion Akzeptanzprobleme bekommt.

Häufig wird auch die Frage nach Desinfektionschemikalien gestellt. Die ist laut Rötlich aber einfach zu beantworten: Die erlaubten Desinfektionschemikalien sind in der Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren nach § 11 der TrinkwV 2001 klar vorgeschrieben, andere Mittel seien nicht erlaubt. Grundsätzlich sei stets das Minimierungsgebot und die Forderung, keine kontinuierliche chemische Desinfektion anzuwenden, zu beachten. UV-Verfahren und die Kombination aus Ultraschall und UV sind weitere mögliche Verfahren, die zukünftig verstärkt an Aufmerksamkeit gewinnen werden. Das von Grünbeck seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzte GENO-break ist mit einem zertifizierten UV-Gerät ausgestattet (GENO-break-System IV). Praxisergebnisse zur Wirksamkeit liegen seit längerer Zeit vor. Molekularbiologische Analysen haben gezeigt, dass nach dem GENO-break weder Amöben noch Legionellen im Wasser vorhanden sind.

Auch Schwimmbäder sind betroffen

Auch Schwimmbäder und deren Schließung wegen Legionellenbefall standen in der Vergangenheit häufig in der Presse. Doch wie groß sind die Gefahren für Besucher wirklich? Dazu hat Dr. Andreas Lenz von der BVS mit seinem Vortragstitel „Legionellen im Schwimmbad – Lösungen für Bäder“ einiges klärend beitragen können. Als Regelwerk im Schwimmbadbereich gelten bezüglich Legionellenproblematik die DIN 19643-1 nach der auf Legionella pneumophila im Füllwasser, Beckenwasser und Filtratwasser untersucht werden muss. Des Weiteren hat die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen ein Merkblatt 64.01 zur Legionellenprophylaxe in Warmwassersystemen von Bädern herausgegeben.

Das Vorkommen von Legionellen im Schwimmbadwasser wird im Wesentlichen durch die Rahmenbedingungen, den Einfluss der Flockung, der Filtration und der Desinfektion bestimmt. Gerade bei der Filtration sind Filterarten, Funktionsprüfung, die Filterspülung und Desinfektion die wichtigsten Faktoren. Eine Desinfektion nach DIN 19643 sei grundsätzlich ausreichend. Warmsprudelbecken (Whirlpools) müssten jedoch besonders überwacht werden, da hier prädestinierte Temperaturen für die Legionellenvermehrung und ein hohes Potenzial zur Aerosolbildung zusammenkommen. Auch die Beckenhydraulik habe einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Als Fazit für den Schwimmbadbereich lässt sich Folgendes ziehen: Das Filtratwasser ist häufiger kontaminiert. Beckenwasser ist selten und meist gering mit Legionellen belastet. Verschiedene Wasser-Attraktionen sind aber wegen ihrer Aerosolbildung zu den Gefährdungsbereichen zu zählen, weil hier eine Infektion bei einem Legionellenbefall schnell möglich ist.

Problematische Analytik

Problematisch ist nach wie vor die Analytik von Legionellen. Sowohl die Analysendauer als auch die Sensitivität sind Kritikpunkte an dem ­bisher vorgeschriebenen Untersuchungsverfahren. Immer noch erhalten Betreiber unterschiedliche Ergebnisse der gleichen Probe, die in unterschiedlichen Labors analysiert wurde. Alternativ dazu bietet sich die „PCR-Analyse“ an, die ein Ergebnis innerhalb von 12 bis 24 Stunden liefert und ­wesentlich genauer aber nicht teurer als die ­herkömmliche Methode ist. Insgesamt existiert bei der Legionellen-Analytik erheblicher Standardisierungsbedarf und die neuen Methoden sind in die Regelwerke zu integrieren. Denn einer der Nachteile der PCR-Analyse ist, dass damit mehr Legionellen nachgewiesen werden können als mit dem herkömmlichen Verfahren. Aber welcher Betreiber ist darüber erfreut, dass noch mehr Legionellen in der Trinkwasser-Installation vorhanden sind? Dr. Heinz Rötlich, Grünbeck Wasseraufbereitung

https://www.gruenbeck.de/

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