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Legionellen-Sanierung in der Praxis

Erst analysieren, dann investieren

Es scheint zunächst paradox: In diesem Erfahrungsbericht über eine Legionellen-Sanierung in einem Frankfurter Schulkomplex wird im Grunde vorgeführt, wie man ein solches Projekt gerade nicht angehen sollte: Weil akuter Handlungsbedarf bestand, um die Schließung einer Schule abzuwenden, mussten verfahrenstechnische Maßnahmen vorgezogen werden. „State of the Art“ wäre hingegen diese Vor­gehensweise: Analyse des vorliegenden Falles und als Lösung eine Kombination aus bautechnischen, betriebstechnischen und verfahrenstechnischen Maßnahmen (in genau dieser Reihenfolge!). Der Fall wird dennoch herangezogen, weil hier exemplarisch aufgezeigt werden kann, wie Legionellen-Probleme typischerweise entstehen und wie – ebenfalls typischerweise – erst das Zusammenspiel unterschiedlicher Maßnahmen zum Erfolg führt.

Zur Ausgangssituation: Es geht um einen Frankfurter Schulkomplex mit drei Schultypen und aus infektiologischer Risiko-Sicht unterschiedlichen Nutzern:

  • Eine Schule für 160 körperlich Schwer- und Schwerstbehinderte (infektiologisch problematisch)
  • Eine Schule für 50 sehbehinderte Schüler (infektiologisch kaum problematisch)
  • Eine Realschule mit zugehöriger Turnhalle für 550 Schüler (infektiologisch unproblematisch).

Die Gebäude stammen überwiegend aus den 1960er-Jahren und bilden einen gemeinsamen Komplex mit einer einzigen Kaltwassereinspeisung und einer zentralen Trinkwarmwasserversorgung.

Die Vorgeschichte erläutert Wolfgang Hentschel vom Gesundheitsamt Frankfurt: „Seit 1991 überwachen wir das Schwimmbad der Schwerbehindertenschule, das schließt Untersuchungen auf Legionellen im Therapiebad ein. Von 1991 bis 2003 kam es gelegentlich zu positiven Legionellenbefunden, ab 2004 war das Wasser dann regelmäßig kontaminiert mit Werten zwischen 1000 und 10000 KBE/l. Ganz und gar unkritisch waren die Sehbehindertenschule, die wir seit 1997 untersuchen, und die Realschule.“

Handlungsdruck ab Februar 2007

Im Februar 2007 wurde im Therapiebad der Behindertenschule ein Maximalwert über 10000 KBE/100 ml gemessen. Das Gesundheitsamt muss in einem solchen Fall gemäß DVGW-Arbeitsblatt W551 für eine direkte Gefahrenabwehr Sorge tragen – beispielsweise eine sofortige Desinfektion veranlassen und die Nutzung einschränken (z.B. durch ein Duschverbot).

Ein Schließen der Einrichtung kam mit Rücksicht auf die behinderten Schüler nicht infrage; sie werden in den Schulen nicht nur pädagogisch, sondern auch intensiv pflegerisch betreut. Um den Schulbetrieb aufrecht erhalten zu können und so die Versorgung der behinderten Kinder sicherzustellen, wurde als ad-hoc-Maßnahme beschlossen, an gemeinsam mit der Schulleitung ausgewählten Entnahmestellen Sterilfilter zu installieren und diese im Rhythmus von vier Wochen zu erneuern. Zusätzlich wurde die Temperatur im Trinkwassererwärmer erhöht.

Als zweiten Schritt wurde beschlossen, noch in den Osterferien alle Leitungen zu spülen, also reinigen zu lassen – zum einen, weil sichtlich zu wenig Wasser aus den Leitungen kam und die Nutzer schon längere Zeit das Mitführen von Sand und Korrosionsprodukten im Wasser moniert hatten. Zum anderen waren und sind die am Projekt beteiligten Hygiene-Fachleute davon überzeugt, dass im Rahmen jeder Legionellen-Sanierung auf jeden Fall möglichst viel Biofilm in den Leitungen entfernt werden sollte.

Erst nach diesen Grundmaßnahmen wurde ein valider Bestandsplan und im Anschluss daran zügig eine Schwachstellenanalyse des gesamten Projekts erstellt (Bild 2) – was eigentlich gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 551 der erste Schritt sein sollte (Bild 3). Das war aber in diesem Fall aus den geschilderten Zeit- und Verfügbarkeitsgründen nicht möglich und es wurde gemäß Graphik 2 vorgegangen.

Impuls-Spül-Verfahren gegen Biofilm

Hentschel hatte sich schon zuvor mit dem Impuls-Spül-Verfahren von Hammann Wasser-Kommunal vertraut gemacht. So fiel aufgrund der gegebenen Bedingungen die Entscheidung sehr schnell, den Technologieentwickler mit dem Reinigen der Leitungen zu beauftragen. Hans-Gerd Hammann: „Erleichtert hat unsere Reinigungsarbeiten, dass wir die Osterferien nutzen konnten. Allerdings wurden wir in der Behindertenschule dann mit deutlichen Zirkulationsmängeln konfrontiert. Erschwerend kam hinzu, dass keine Bestandspläne vorlagen. Wir mussten also oft zeitaufwendig nach geeigneten Spülabschnitten suchen. Letztlich wurden 824 Zapfstellen beaufschlagt, dabei haben wir 245 m3 Spülwasser eingesetzt.“

Das Impuls-Spül-Verfahren („Comprex“) von Hammann Wasser-Kommunal basiert auf der grundsätzlichen Überlegung, dass die Ablagerungen und der Biofilm aus der Hausinstallation entfernt werden müssen, da diese immer wieder die Quelle für ein Aufkeimen sein können. Schon das DVGW-Arbeitsblatt W 291 führt den Gedanken der Reinigung in Abschnitt 3.3 auf. In Abschnitt 4 heißt es dort zusätzlich: „Die Entfernung von Verunreinigungen mit Trinkwasser, Trinkwasser/Luft-Gemischen und mechanischen Hilfsmitteln ist der Reinigung mit Reinigungsmitteln grundsätzlich vorzuziehen“. Weiterhin heißt es: „Der Einsatz von Trinkwasser/Luft-Gemischen bietet primär die besten Voraussetzungen für die Reinigung.“ Obwohl das Arbeitsblatt sich ursprünglich auf Transport- und Verteilleitungen der öffentlichen Wasserversorgung bezieht, ist es laut Kommentar zum DVGW-Arbeitsblatt W551 bis zum Erscheinen eines speziellen Arbeitsblatts dennoch auch für Hausinstallationen heranzuziehen. Gleichzeitig gelten die Vorgaben aus DIN 1988 (Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen, TRWI).

Durch Reinigen der Leitungen mit dem Impuls-Spül-Verfahren (ursprünglich entwickelt zum Spülen kommunaler Trinkwasser-Netze, nun modifiziert für Gebäude, Bild 4) können alle weichen, mobilisierbaren Ablagerungen mitsamt ihrem Bewuchs ausgetragen werden. Das Verfahren basiert auf einer kontrollierten, impulsartigen Zugabe komprimierter, technisch reiner Luft (4-fach-Filter) innerhalb eines definierten, druckreduzierten Spül­abschnitts. Es werden gezielt genau dosierte „Luftblöcke“ gesetzt, die der Größe des Rohrleitungsinnendurchmessers entsprechen und im Wechsel mit dem Wasser durch die Leitung wandern. Die Länge der Luftblöcke wie auch der zeitliche Abstand zwischen ihnen ist individuell einstellbar und variiert von Spülabschnitt zu Spülabschnitt.

Das Reinigen der Leitung erfolgt an den Grenzflächen der Luftblöcke zum Wasser und zur Rohrwand. Dort kommt es zu starken turbulenten Strömungen. Diese Verwirbelungen (10 bis 15 m/s) zerstören die laminare Unterschicht der Wasserströmung und gelangen somit bis an die Rohrinnenwand. Im Zusammenspiel mit Kavitationserscheinungen, Scher- und Schleppkräften bewirken sie eine Ablösung aller mobilisierbaren Ablagerungen von den Rohrwänden. Die über die Zapfstellen ausgeleiteten Luftmolche, das Wasser und die Ablagerungen werden durch Zyklonabscheider entspannt und abgeleitet. Über Jahre aufgebaute feste Deckschichten werden indes nicht angegriffen und verbleiben im Rohr, betont Hammann: „Damit das Rohrsystem keinen höheren Druckbelastungen als im normalen Betrieb ausgesetzt ist, bleibt der Impulsdruck unterhalb des Rohrnetz-Ruhedrucks. Beschädigungen sind somit praktisch ausgeschlossen.“

Schwachstellenanalyse

Nach Abschluss der Reinigungsarbeiten Mitte April folgten wie geplant die Bestandserfassung und die Schwachstellenanalyse. Hans Waldmann vom gleichnamigen Ingenieurbüro schildert als Fachmann für Trinkwasserhygiene, in welchem Zustand er die Haustechnik vorfand: „Es war eine klassische Patchwork-Planung, die gesamte Technik befand sich in einem schlechten Wartungszustand – mit Sand und anderen Feststoffpartikeln sowie Korrosionsprodukten in den verzinkten Leitungen und dadurch auch verstopften Eckventilen. Leider fehlten die Bestandspläne, wie das bei älteren Gebäuden häufig der Fall ist. Im Zuge der Bestandserfassung haben wir dann rund 200 installationstechnische Auffälligkeiten, Fehler oder Schwachstellen festgestellt – Totleitungen, Blindstopfen, schlechte Dämmung/Isolierung bis hin zu gegeneinander arbeitenden Zirkulationspumpen. Ein Hydraulischer Abgleich des Zirkulationssystems war unter den gegebenen Bedingungen natürlich nicht möglich.“ Organisatorisch beanstandete Waldmann das nicht einheitliche Betriebsmanagement, die nur fallweise Beauftragung von Fremdfirmen mit Wartungs- und Instandhaltungsaufgaben und nicht zuletzt die zu geringe Kontrolle der ausgeführten Sanierungsarbeiten.

Waldmann: „Wie die Bezeichnung ‚Schwachstellenanalyse’ schon besagt, haben wir abschnittsweise versucht, Auffälligkeiten herauszufinden, die für die Trinkwasserhygiene relevant sind – also ob Stagnationszonen zu finden sind, ob der Hydraulische Zirkulationsabgleich in Ordnung ist. Im Falle des Falles haben wir Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen.“ Startpunkt war die Filteranlage, von hier aus folgten die Ingenieure dem Fluss des Wassers ins und im Gebäude. „Die erste Auffälligkeit war der desolate, zentrale Trinkwassererwärmer – jahrelang nicht gereinigt und gewartet. Bei ihm konnte gar ein Kurzschluss in der Trinkwassereintrittsleitung festgestellt werden, der maßgeblich zur Unterfunktion des gesamten Zirkulationssystems führte.“ Im Rahmen der Arbeiten wurden noch eine ganze Reihe selten bis nie benutzter Zapfstellen identifiziert und nach Möglichkeit rückgebaut oder durch regelmäßige Benutzung aktiviert – in Summe listete das Ingenieurbüro rund 200 installationstechnische Fehler und Schwachstellen auf.

Nicht alle Lösungsvorschläge wurden vom Betreiber der Schulen bislang umgesetzt, wie Waldmann berichtet: „Eine von uns vorgeschlagene Zwangsspülung gibt es noch nicht, auch die Umbaumaßnahmen in der kleinen Turnhalle der Sehbehindertenschule stehen noch aus.“ Klar: Wo in Kommunen Geld fehlt, müssen die Investitionen eben nach Prioritäten erfolgen. Doch hebt Waldmann mahnend den Finger: „Um wirklich eine Nachhaltigkeit in diesem komplexen System zu erreichen, müssen auch diese Umbauten noch realisiert werden.“

Chlordioxid-Anlage zur Überbrückung

Sechs Monate nach dem Beginn der Sanierungsmaßnahmen zeichnete sich aufgrund der Messergebnisse ab: Es gibt einen steten Nachgang von Legionellen über die zentrale Kaltwasserzuleitung. Als Lösung schlugen die Waldmann-Ingenieure vor, zur Desinfektion Chlordioxid einzusetzen, bis die Ursachen des Keimwachstums gefunden und bautechnisch bzw. betriebstechnisch gelöst sind. Dabei galt es, alle Vorgaben der UBA-Liste und der technischen Regelwerke zu beachten. Mit Erfolg: Seit Installation einer Reaxan-Anlage in der Behindertenschule im November 2007 gibt es keine Beschwerden mehr, die Grenzwerte für Legionellen werden im Warm- und im Kaltwasser sicher eingehalten.

Ein Ergebnis, das Winfried Hackl nicht überrascht hat: „BWT bietet das Reaxan-Verfahren als besondere Problemlösung und als Überbrückungsmaßnahme insbesondere für Systeme mit Neigung zur Rekontamination bzw. für Trinkwassersysteme an, in denen auch das Kaltwassersystem schon kontaminiert ist.“ Die Erklärung dafür: Chlordioxid hat eine höhere Oxidationskraft und weist – je nach Restgehalt an oxidierbaren Anteilen des Trinkwassers – eine deutlich geringere Zehrung als freies Chlor auf, was lange Standzeiten im ­System und somit einen wirksamen Langzeitschutz (Depotwirkung) gegen Reinfektionen gewährleistet.

Zur Desinfektion von Hausinstallationen gewinnt Chlordioxid aus weiteren Gründen zunehmend an Bedeutung:

  • Chlordioxid ist im Kalt- und auch im Warmwassersystem einsetzbar
  • es hat als Desinfektionsmittel eine hohe Leistungskraft; diese wird auch nicht durch den pH-Wert des Trinkwassers beeinflusst
  • Chlordioxid entfernt sehr effektiv Biofilme (seit Jahrzehnten bekannt und bewährt) und wirkt auch prophylaktisch
  • es zeigt eine hohe Wirksamkeit gegen alle wassergängigen Mikroorganismen
  • es bilden sich kaum Desinfektionsnebenprodukte
  • Geruchs- und Geschmacksirritationen sind kaum zu befürchten
  • die Chlordioxid-Konzentration ist mit der DPD-Methode oder einer Elektrode messbar, wodurch gegenüber Behörden eine optimale Dokumentationsmöglichkeit gegeben ist.

Technisch bemerkenswert ist, dass durch die spezielle, normenkonforme BWT-Technologie kei­-ne korrosionschemischen Veränderungen zu befürchten sind. Hintergrund: Im Vergleich zu Chlor weist Chlordioxid unter korrosionschemischen Gesichtspunkten zwei wesentliche Vorteile auf:

  • der Chloridgehalt des behandelten Wassers ändert sich kaum
  • der pH-Wert bleibt quasi unverändert.

Diese Eigenschaften sind unter dem Gesichtspunkt des Korrosionsschutzes von Bedeutung. Denn erhöhte Chloridgehalte wirken bei Edelstahl genauso korrosionsfördernd wie eine pH-Wert-Senkung bei verzinktem Stahlrohr oder bei Kupfer. Bei bestimmungsgemäßem Betrieb wird mit einer Reaxan-Anlage der pH-Wert des Wassers nicht messbar verändert, erläutert Hackl. Zudem bleibe die Erhöhung des Chlorid-Gehalts im Wasser unter 1 mg/l – und die integrierte Konditionierung bei Anwesenheit von Härtebildnern wirkt als kathodischer Inhibitor (Korrosionsverhinderer). Bei Chlorverfahren hingegen, insbesondere bei denen, die vor Ort elektrolytisch aus Kochsalz Chlor erzeugen, sei die Chloriderhöhung wesentlich höher. Die Hersteller solcher Anlagen versuchten deshalb oft, zusätzlich durch eine pH-Wert-Absenkung die Wirksamkeit ihrer Chlorlösung zu erhöhen.

Das weiterentwickelte Reaxan-Verfahren biete somit einen Hygieneschutz mit Langzeitwirkung, kombiniert mit einem Korrosionsschutz, ohne dass es zur befürchteten Bildung von gefährlichen Desinfektionsnebenprodukten wie Trihalogenmethanen (THM) kommt. THM zu reduzieren ist eines der Ziele der Trinkwasser-Kommission.

Sobald alle bautechnischen bzw. betriebstechnischen Fehler behoben sind (siehe unten), wird die Desinfektionsanlage entfernt.

Sanierung als Langzeitaufgabe

Ergebnis im April 2008: Bis zur 10.Nachuntersuchung wurde der „Krieg“ gegen die Legionellen im Warmwasser der Behindertenschule gewonnen (Bild 3). Auch im Kaltwasser geht die Tendenz in die richtige Richtung (Bild 4). In der Sehbehindertenschule muss noch die kleine Turnhalle saniert werden – ohne deren Einfluss wären die Werte heute schon gut. Bei der Turnhalle der Realschule sind die Werte gut. In diesem Zusammenhang mahnt Hentschel, einzelne Zahlenwerte nicht zu überinterpretieren: „Bedeutend bei einer Analyse von Laborwerten ist, dass nicht die absoluten Zahlen wichtig sind – aussagekräftig ist allein der Trend!“

Auch wenn eine Anlage kein Problem mit Legionellen hat – Betreiber müssen prophylaktisch tätig werden. Waldmann: „Jeder Betreiber oder Eigentümer sollte dafür Sorge tragen, dass die Trinkwasseranlage bestimmungsgemäß betrieben wird, dass an allen Zapfstellen regelmäßig Wasser entnommen wird.“ Und vor allem sollten auch die für die Trinkwasserhygiene notwendigen Wartungs- und Inspektionsintervalle und, wenn notwendig, Instandsetzungsarbeiten gemäß DIN1988 bzw. VDI 6023 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Anforderungen an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung’ durchgeführt werden.

Zum ganzheitlichen Ansatz der Sanierung zählt auch die Überprüfung der Beschaffenheit des vom Wasserversorger zur Verfügung gestellten Trinkwassers. „Man muss sich stets die Ausgangswerte des hereinkommenden Trinkwassers anschauen und in Abhängigkeit der Wasserhärte, des pH-Werts sowie der verwendeten Rohrmaterialien entsprechende Vorsorgemaßnahmen treffen. Kalkablagerungen und korrodierende Oberflächen sind unter dem Hygienegesichtspunkt stets kritisch und sollten vermieden werden, da sie der Besiedlung durch Mikroorganismen Vorschub leisten und Ausgangspunkt von Biofilmbildung sein können“, betont Waldmann.

Hentschel: „Wir haben in der Lebensmittelindustrie das sogenannte HACCP-Konzept, das eine Philosophie der Risiko- und Schadensanalyse verfolgt. Trinkwasser ist ein Lebensmittel. Wir sollten die Grundsätze des HACCP-Konzepts mit Critical Check Points usw. auch bei der häuslichen Trinkwasserversorgung verfolgen.“ Derzeit ist das bereits unter dem Namen „Water Safety Plan“ durch die Weltgesundheitsbehörde WHO nicht nur für klassische Wasserversorgungsanlagen, sondern auch für Hausinstallationen in der Diskussion, erste Umsetzungen laufen bereits.

Hentschel sieht auch diesen Aspekt: „Die technische Kompetenz in Sachen Haustechnik ist noch nicht ausreichend gekoppelt mit hygienischem Sachverstand. Das gilt für Planer ebenso wie für das ausführende SHK-Handwerk. Umgekehrt war das Know-how der Gesundheitsämter bisher nur wenig gekoppelt mit technischem Sachverstand.“ Es fehle eine Hygiene-Kultur auf Seiten der Haustechniker und eine fundierte Technik-Kultur bei den Gesundheitsämtern – nur mit diesem Wissen könne ein Gesundheitsamt analysieren und kontrollieren, wo das Problem liegt. „Beide Seiten müssen lernen und sich dazu beispielsweise in Schulungen qualifizieren.“

Fazit

Beim beschriebenen Schulkomplex in Frankfurt waren die Reinigung der Rohrleitungen mit dem Impuls-Spül-Verfahren, die sukzessive Änderung der technischen Installationen in Richtung bessere Zirkulation und Vermeiden von Stagnationen zusammen mit dem zeitlich befristeten Einsatz von Chlordioxid die geeignete Kombination von Maßnahmen, um den Schulbetrieb aufrecht erhalten zu können. Hätte man auch nur auf eine dieser Maßnahmen verzichtet, wäre das Ergebnis mit Sicherheit nicht erfolgreich gewesen, waren sich die Beteiligten des Round-table-Gesprächs einig: Nur eine valide Schadensanalyse und ein darauf abgestimmter Maßnahmen-Katalog bringen einen langfristigen Sanierungserfolg. Genauso wichtig sei es, dass – auf der Basis der Schadensanalyse – die Betriebsorganisation und das Anlagenmanagement darauf abgestellt werde. Wer sich auf einem einmaligen Erfolg ausruhe, habe schon verloren: „Legionellen-Management ist eine Sache für Dickbrettbohrer“, mahnt Hentschel.

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Hans-Jürgen Bittermann

Dipl.-Ing., Pressebüro Bitpress, 67245 Lambsheim, Telefon (0 62 33) 35 20 30, bitpress@t-online.de, http://www.bit-press.de