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DIN EN 12831 Beiblatt 2

Gebäude-Heizlast vereinfacht ermitteln

Kompakt informieren

  • Das Beiblatt 2 zur DIN 12831 bietet zur praxisnahen, vereinfachten Ermittlung der Gebäude-Heizlast und der Wärmeerzeugerleistung ein Hüllflächenverfahren und mehrere Verfahren auf Basis des erfassten Verbrauchs bzw. der gemessenen Leistung an.
  • Die beschriebenen Verfahren sind für anlagentechnische Änderungen und die energetische Bewertung im Bestand und teilweise auch für Abschätzungen in den frühen Planungsphasen geeignet.

Im Mai 2012 ist als wichtige Ergänzung zur Berechnung der Norm-Heizlast DIN EN 12831 [1, 2] und unter Bezugnahme auf die Energieeinsparverordnung (EnEV) und die Bewertungsnorm DIN V 18599 [3] das Beiblatt 2 [4] mit einem vereinfachten Verfahren zur näherungsweisen Ermittlung der Heizlast eines Gebäudes erschienen.

Hintergrund: Die Heizlastberechnung, Grundlage der Auslegung jeder Heizungsanlage, wird nach dem anerkannten Verfahren aus [1] für jeden Raum und für das gesamte Gebäude bestimmt. Bei anlagentechnischen Änderungen oder der energetischen Bewertung im Gebäudebestand kann der Planer aber oft aufgrund fehlender Daten eine solch detaillierte Berechnung nicht mehr durchführen. Das Beiblatt 2 zur DIN EN 12831 bietet aber nicht nur bei unzureichender Datenlage Abhilfe, sondern stellt auch für die Grundlagenermittlung und Vorplanungsphase ein hinreichend genaues Abschätzverfahren analog zum aktuellen Entwurf der VDI 2078 (VDI-Kühllastregeln) [6] dar.

Bemerkungen zum Verfahren

Das umfangreiche Abkürzungs- und Symbolverzeichnis ergibt sich aus [1] und [3]. Analog zu [1] werden solare Gewinne und interne Wärmequellen nicht mitbilanziert. Für die Berechnung können – je nach Datenlage – zwei Verfahren angewendet werden:

  • die wärmetechnische Berechnung über die Hüllfläche des Gebäudes ­(Hüllflächenverfahren) bzw.
  • die Erfassung der Endenergie in einem bestimmten Zeitraum (Verbrauchsverfahren)

Die informativen Anhänge A, B, C, D und E bietet detailliert und tabellarisch unterstützt eine

  • vereinfachte Bestimmung des Wärme­durchgangskoeffizienten U
  • vereinfachte Datenaufnahme der Bauteilflächen, eine
  • vereinfachte Bestimmung der Temperaturkorrekturfaktoren
  • vereinfachte Ermittlung des Warmwasser­bedarfs in Gebäuden und
  • Beispielrechnung

Hüllflächenverfahren

Die ermittelte Gebäudeheizlast ist mit der Gebäudeheizlast nach [1] direkt vergleichbar. Bei der Bestimmung der notwendigen Wärmeerzeugerleistung müssen Leitungsverluste der Anlagentechnik analog [3] berücksichtigt werden. Die Berechnung der Gebäudeheizlast


zeigt Gleichung 1.

In Tabelle 3 in [4] werden entsprechende Erläuterungen vorgenommen und Hinweise zu möglichen Vereinfachungen angeboten. Auszugsweise:
  • Wärmedurchgangskoeffizient des Bauteils U<sub>j</sub>:
  • Berechnung anhand bekannter oder ­aufgenommener Konstruktionsdaten,
  • Messung eines repräsentativen Wertes je Bauteil (siehe Anlage A1 in [4]) oder
  • Bestimmung eines repräsentativen Wertes je Bauteil anhand von Typologiewerten (Pauschalwerte als Funktion der Bauteilaltersklasse) (siehe Anlage A2 in [4]) bzw. Berücksichtigung einer zusätzlichen Dämmung (siehe Anlage A3 in [4]).
  • Wärmebrückenzuschlag ΔU<sub>WB</sub>: Ohne Nachweis 0,10 W/(m<sup>2</sup> K)
  • Bauteilfläche A<sub>j</sub>: Einzusetzen mit Außen­maßen bzw. Verwendung geometrischer Vereinfachung nach Anlage B in [4]
  • Temperaturkorrekturfaktor f<sub>x</sub>: Nach [1] bzw. vereinfachend Werte entsprechend der Einbausituation (siehe auch Anlage C in [4])
  • Nettovolumen (Luftvolumen) des Gebäudes V, vereinfachend: Für Wohngebäude bis zu drei Vollgeschosse 76 % des Bruttovolumens V<sub>e</sub>; für Nicht-Wohngebäude 80 % des Bruttovolumens V<sub>e</sub>
  • Gebäude(außenluft)wechsel n<sub>Geb</sub>, ­vereinfachend:
  • n<sub>Geb</sub> = 0,25 h<sup>–1</sup> für Gebäude mit n<sub>50</sub>≤3 h<sup>–1</sup> (Gebäude ab Baujahr 1995 bzw. mit dichter Fensterausführung)
  • n<sub>Geb</sub> = 0,5 h<sup>–1</sup> für Gebäude mit 3 h<sup>–1</sup><n>50–1 (Gebäude älter als Baujahr 1995 bzw. die wenig dicht ausgeführt sind) </n>
  • n<sub>Geb</sub> = 1,0 h<sup>–1</sup> für Gebäude mit n<sub>50</sub>≥ 6 h<sup>–1</sup> (Gebäude älter als Baujahr 1977 bzw. mit offensichtlichen Undichtigkeiten)
  • Dichte und spezifische Wärmekapazität: ρ<sub>L</sub> c<sub>L</sub> = 0,34 Wh/(m<sup>3</sup> K)

Damit vereinfacht sich Gleichung 1 zu Gleichung 2. Dabei ist A die wärmeübertragende Fläche der Gebäudehülle und Um der mittlere Wärmedurchgangskoeffizient und entspricht dem Wert H´T aus der bauphysikalischen Bewertung in W/(m2 K) analog zur EnEV.

Verbrauchsverfahren

Die Verbrauchsverfahren basieren auf der ­Messung der dem Wärmeerzeuger zugeführten Endenergie (Feuerungsenergie) über eine bestimmte Zeitspanne und rechnen diese als eine mittlere Feuerungsleistung um. Gleich­zeitig wird die Außenluft über diese Zeitspanne erfasst bzw. aus geeigneten Wetterdaten ­ermittelt.

Mittels graphischer Auswertung (lineare Regression der Daten bzw. Extrapolation der witterungsabhängigen Leistung auf Norm-Außenlufttemperatur) wird die maximale Feuerungsleistung ermittelt. Das Verfahren ist auch anwendbar auf Heizungsanlagen, in denen vor Ort keine Verbrennung stattfindet (z.B. Fernwärme, Wärmepumpen). Basis der Berechnungen ist der untere Brennwert (Heizwert) des Brennstoffes. Eine Umrechnung auf den oberen Brennwert (Gasanlagen) ist möglich.

Die Verbrauchsverfahren werden wie folgt unterschieden:

a) Lastgangmessung

b) Auswertung der monatlichen Verbrauchs­daten

c) Vereinfachtes Verfahren mittels Jahres­energieverbrauch

d) Vereinfachtes Verfahren der Wärme­erzeugerleistung für Heizung und Trinkwassererwärmung

Für das Verfahren c) weist eine Tabelle die Nutzungsgradbandbreiten für Anlagen der Trinkwassererwärmung aus. Bei dem Verfahren nach d) wird auf Anhang D in [4] ver­wiesen und auf zugeschnittene Größen­gleichungen zur Ermittlung des Endenergie­bedarfs für die Trinkwassererwärmung als Funktion der Bruttogrundfläche oder über die Personen-Nutzeranzahl (Belegungsdichte) zurückgegriffen. Bei der Belegungsdichte wird für Wohngebäude von einem Bedarf von 30 l/(Pers d) ausgegangen. Für andere Nutzungen wird auf DIN V 18599 Teil 10 [7] bzw. den ­Anhang D in [4] verwiesen. Der Bezug auf die Belegungsdichte erscheint realitätsnäher als die Berechnung nach EnEV mit dem Pauschalwert von 12,5 kWh/(m2 a). Anwenderfreundlich ist die Beispielrechnung in dem Anhang E zu werten.

Schlussfolgerungen

Das vorliegende vereinfachte Verfahren ist sehr gut zur Abschätzung der erforderlichen Heizleistung in frühen Planungsphasen und für die energetische Bewertung im Bestand geeignet. Das Verfahren entbindet die Anwender jedoch nicht davon, eine Heizlastberechnung nach [1] bzw. eine energetische Bewertung nach [3] im Rahmen des EnEV-Nachweises vorzunehmen. Der Normenausschuss Heiz- und Raumlufttechnik (NHRS) im DIN hat jedoch ein weiteres Beiblatt zur vereinfachten Berechnung der Raumheizlast angekündigt. •

Mehr Infos zum Thema in den TGAdossiers Regelwerk und Regelwerk-Update: Webcode 723 bzw. 728

Literatur

[1] DIN EN 12831 Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfahren zur ­Berechnung der Norm-Heizlast. Berlin: Beuth Verlag, August 2003

[2] DIN EN 12831 Beiblatt 1 Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast – Nationaler Anhang NA, ­Beiblatt 1. Berlin: Beuth Verlag, Juli 2008

[3] DIN V 18599 Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End,- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung; Teil 5: Energiebedarf von Heizungssystemen. Berlin: Beuth Verlag, aktuelle Ausgabe: ­Dezember 2011

[4] DIN EN 12831 Beiblatt 2 Heizungsanlagen in Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast; Beiblatt 2: Vereinfachtes Verfahren zur Ermittlung der Gebäude-Heizlast und der Wärmeerzeugerleistung – Nationaler Anhang NA, Beiblatt 2. Berlin: Beuth Verlag, Mai 2012

[5] EnEV 2002 Energieeinsparverordnung – Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik. ­Berlin: BGBl, 2002.

[6] Trogisch, A.: VDI-Kühllastregeln neu vorgelegt. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 04-2012

[7] DIN V 18599 Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End,- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung; Teil 10: Nutzungsrandbedingungen, Klimadaten. Berlin: Beuth Verlag, aktuelle Ausgabe: Dezember 2011

Prof. Dr.-Ing. Achim Trogisch

Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH), Fakultät Maschinenbau / Verfahrenstechnik, Lehrgebiet TGA. Telefon (03 51) 4 62 27 89, trogisch@mw.htw-dresden.de, https://www.htw-dresden.de/