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Gebäudesanierung und Wärmemarkt

Die TGA-Themen im GroKo-Vertrag

Kompakt informieren

  • Eine steuerliche Förderung der energetischen ­Gebäudemodernisierung wird im GroKo-Vertrag nicht erwähnt, in den Abstimmungspapieren war sie noch Bestandteil.
  • Die Senkung des Energieverbrauchs durch mehr Energieeffizienz soll mit einem Gebäude, Industrie, Gewerbe und Haushalte übergreifenden Ansatz für Strom, Wärme und Kälte mehr Gewicht erhalten. Dazu soll auf breiter Basis ein Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz erarbeitet werden.
  • Das KfW-Programm zur energetischen Gebäudemodernisierung soll aufgestockt und deutlich vereinfacht, das Marktanreizprogramm für die Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt soll ver­stetigt werden.
  • Die geförderte, unabhängige Energieberatung soll künftig gezielt(er) über die Effizienz von Heizungsanlagen und mögliche Maßnahmen zur Effizienzverbesserung informieren.
  • Die Modernisierungsumlage soll auf 10 % gekürzt und auf die Amortisationszeit begrenzt werden.
  • Die Zuständigkeiten für die TGA/SHK-Themen in den Bundesministerien wurden neu verteilt. Die Energie(wende)themen verantwortet künftig das neu gefasste Wirtschafts- und Energieministerium. Der Bereich Bauen und Gebäudemodernisierung wurde dem Umweltministerium zugeordnet. Beide Minister stellt die SPD.

Bereits einen Tag bevor sicher war, ob CDU, CSU und SPD die Regierung für die 18. Legislaturperiode auf der Basis ihres Koalitionsvertrags stellen, wurde GroKo von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres 2013 gewählt. Das Kurzwort für Große Koalition habe dieses Thema im Wahljahr beherrscht. Es zeige in seinem Anklang an „Kroko“ beziehungsweise „Krokodil“ eine halb spöttische Haltung gegenüber der sehr wahrscheinlichen Koalition aus CDU, CSU und SPD auf Bundesebene. Bei der Wahl stehen Signifikanz und Popularität im Vordergrund. Nach der Zustimmung der SPD-Mitglieder zum GroKo-Vertrag haben es die Koalitionäre nun selbst in der Hand, in welche Richtung sich „halb spöttisch“ entwickelt.

Wenngleich Interessenvertreter bei der einen oder anderen realen Entscheidung einer Koalition gerne auf den ursprünglichen Wortlaut beziehungsweise daraus abgeleitete Ziele pochen – ein Koalitionsvertrag regelt nur die mittel- bis langfristige Zusammenarbeit der Koalitionspartner. Er ist quasi eine Absichtserklärung mit Überblick über das Regierungsprogramm und geplante Vorhaben. Es handelt sich nicht um objektives Recht, denn es fehlen dazu Merkmale wie eine zwangsweise Durchsetzbarkeit, die öffentliche Kundgebung sowie die Anerkennung durch Rechtslehre und Gerichte. Es gibt noch einen weiteren Grund, der das Einklagen unmöglich macht: Die Koalition kann wegen des freien Mandats der Mitglieder des Bundestags nicht über die Stimmen der Abgeordneten verfügen. Und zahlreiche Gesetze oder Gesetzesvorhaben sowie die meisten Verordnungen der Bunderegierung benötigen auch die Zustimmung des Bundesrats.

Steuerbonus fiel Rotstift zum Opfer

Andererseits bedeutet es auch, dass nicht im Koalitionsvertrag erwähnte Vorhaben eine Chance erhalten können – oder sogar schon im Stillen verabredet, jedoch aus bestimmten Gründen nicht zu Papier gebracht sind. Genau darauf bauen viele in der Bau- und Gebäudetechnik-Branche. Denn die seit Jahren geforderte steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung fiel in letzter Minute beim Aushandeln des GroKo-Vertrags dem Rotstift zum Opfer – obwohl im Unions-Wahlprogramm eine neue Initiative angekündigt worden war. Auch die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung (AfA) für den Mietwohnungsbau ist zum Verhandlungsende unter den Tisch gefallen.

Bei den nun geschaffenen Fakten, sollte man den positiven Aspekt sehen: Ohne eine entsprechende Ankündigung lassen sich im GroKo-Vertrag kaum Ansatzpunkte finden, eine anstehende energetische Modernisierung von Gebäuden und ihrer Anlagentechnik in der Erwartung auf bessere finanzielle Unterstützung aufzuschieben. Eine Lähmung des adressierten Sanierungsmarktes, wie vom 8. Juli 2011 bis zum 12. Dezember 2012 in der Hoffnung auf einen Steuerbonus, bleibt nun sicherlich aus.

Allerdings ist das Thema noch nicht gänzlich ad acta gelegt, vielleicht unternehmen die Länder über den Bundesrat noch einen Anlauf. Schon am 7. Juni 2013 wurde in der Länderkammer ein Gesetzesantrag des Landes Hessen vorgestellt und zur weiteren Beratung den Ausschüssen zugewiesen (Webcode 493487).

Bekenntnis zur Energiewende

Der GroKo-Vertrag bleibt für den Gebäude- und Wärmebereich über weite Strecken vage und unverbindlich. Die für den Gebäudebereich relevanten Ansätze finden sich vor allem im Abschnitt 1.4. „Die Energiewende zum Erfolg führen“ [Seite 49]:

„Eine der Hauptaufgaben der Großen Koalition ist es […], engagierten Klimaschutz zum Fortschrittsmotor zu entwickeln und dabei Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Wir wollen die Entwicklung zu einer Energieversorgung ohne Atomenergie und mit stetig wachsendem Anteil Erneuerbarer Energien konsequent und planvoll fortführen. […]

Die Ziele des energiepolitischen Dreiecks – Klima- und Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit – sind für uns gleichrangig. […]

Wir halten daran fest, dem Klimaschutz einen zentralen Stellenwert in der Energiepolitik zuzumessen. National wollen wir die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um mindestens 40 % gegenüber dem Stand 1990 reduzieren. In Deutschland wollen wir die weiteren Reduktionsschritte im Lichte der europäischen Ziele und der Ergebnisse der Pariser Klimaschutzkonferenz 2015 bis zum Zielwert von 80 bis 95 % im Jahr 2050 festschreiben und in einem breiten Dialogprozess mit Maßnahmen unterlegen (Klimaschutzplan). […]

Die Senkung des Energieverbrauchs durch mehr Energieeffizienz muss als zentraler Bestandteil der Energiewende mehr Gewicht erhalten. Fortschritte bei der Energieeffizienz erfordern einen sektorübergreifenden Ansatz, der Gebäude, Industrie, Gewerbe und Haushalte umfasst und dabei Strom, Wärme und Kälte gleichermaßen in den Blick nimmt. Ausgehend von einer technisch-wirtschaftlichen Poten­zialanalyse wollen wir Märkte für Energieeffizienz entwickeln und dabei alle Akteure einbinden. […]

In einem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz will die Koalition die Ziele für die verschiedenen Bereiche, die Instrumente, die Finanzierung und die Verantwortung der einzelnen Akteure zusammenfassen. […]

Der erste Aktionsplan soll im Jahre 2014 erarbeitet und von der Bundesregierung beschlossen werden. Die dafür vorzusehenden Mittel werden durch Haushaltsumschichtung erwirtschaftet. Aus dem Energie- und Klimafonds werden wir die Umsetzung anspruchsvoller Effizienzmaßnahmen in der Wirtschaft, durch Handwerk und Mittelstand, Kommunen und Haushalte fördern. In den Sektoren Gebäude und Verkehr erfolgt die Finanzierung ergänzend mit eigenen Instrumenten aus den zuständigen Ressorts.“

Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz

In einem ersten Schritt sollen im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz folgende Maßnahmen umgesetzt werden (Auszug) [Seite 52]:

  • Das KfW-Programm zur energetischen Gebäudesanierung will die GroKo aufstocken, verstetigen und deutlich vereinfachen.
  • Die Programme sollen so gestaltet sein, dass durch Beratung Fehlinvestitionen verhindert werden.
  • Die EU-Energieeffizienz-Richtlinie soll sachgerecht umgesetzt werden. Anmerkung: wozu Deutschland allerdings ohnehin verpflichtet ist.
  • Zur Förderung sinnvoller und kosteneffizienter Maßnahmen will die GroKo einen Schwerpunkt auf eine fachlich fundierte und unabhängige Energieberatung legen und diese entsprechend fördern – um insbesondere über die Effizienz von Heizungsanlagen und mögliche Maßnahmen zur Effizienzverbesserung gezielt zu informieren. Anders ausgedrückt. Was kosteneffizient ist, soll promotet, aber nicht finanziell gefördert werden.
  • Die kostenlose Energieberatung für Haushalte mit niedrigen Einkommen soll ausgebaut werden. Zudem sollen Investitionen in energiesparende Haushaltsgeräte erleichtert werden. Wie dies geschehen soll, lässt die Koalitionsvereinbarung offen.

Erneuerbare: Im Bestand nur freiwillig

[Seite 52] „Der Wärmemarkt ist mitentscheidend für eine erfolgreiche Energiewende. Seine Umgestaltung ist ein langfristiger Prozess. Ziel der Koalition bleibt es, bis zum Jahr 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu haben. Dazu müssen der Energieverbrauch der Gebäude adäquat gesenkt und gleichzeitig der Ausbau erneuerbarer Energien zur Wärmenutzung vorangetrieben werden.“ Auf der Grundlage eines Sanierungsfahrplans (Anmerkung: den hatte Schwarz-Gelb schon 2011 angekündigt, aber nie vorgelegt) will die GroKo im Gebäudebereich und im Wärmemarkt als erste Schritte folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) soll auf der Grundlage des Erfahrungsberichtes und in Umsetzung von europäischem Recht fortentwickelt (Anmerkung: das ist ein ohnehin gesetzlicher Auftrag) sowie mit den Bestimmungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) abgeglichen werden (Anmerkung: eigentlich ist das eine Selbstverständlichkeit, die auch in der EnEV 2014 als Auftrag für die Bundesregierung hinterlegt ist.).
  • Das bewährte Marktanreizprogramm für die Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt soll verstetigt werden. Anmerkung: In welchem Umfang man die vom BAFA gemachten Vorschläge zur Belebung umsetzen will, lässt der GroKo-Vertrag offen. Zwar gab es zuletzt leicht steigende Antragszahlen, aber vorher hatte Schwarz-Gelb die Antragszahlen auch tief in den Keller gedrückt. Tatsache ist jedoch, dass die Förderangebote des Marktanreizprogramms nicht mehr wie vor einigen Jahren ziehen.
  • Der Einsatz von erneuerbaren Energien im Gebäudebestand soll weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen.
  • Die GroKo will die Informationen für Käufer und Mieter über die energetische Qualität eines Gebäudes weiter verbessern und transparenter gestalten. Ob dazu Maßnahmen vorgesehen sind, die über die bereits mit der EnEV 2014 beschlossenen Punkte hinausgehen, lässt der GroKo-Vertrag offen.
  • Der zunehmende Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien, der sonst abgeregelt werden müsste, soll für weitere Anwendungen, etwa im Wärmebereich, genutzt werden. Anmerkung: Laut einer Analyse des DIW-Berlin müssten in einem flexibilisierten Stromsystem im Jahr 2032 weniger als 2 % der möglichen jährlichen Stromerzeugung aus Sonnen- und Windkraft abgeregelt werden. Die Abregelung betrifft dann etwa 470 h/a. Momentan zeichnet sich eher ab, dass im Strommarkt geübte Akteure Power2Heat-Konzepte im MW-Bereich umsetzen und damit auch Geld verdienen können.

Kürzung der Modernisierungsumlage

Im Abschnitt 4.2. „Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land“ wird im Unterpunkt „Bezahlbare Mieten“ [Seite 115] angekündigt, dass künftig nur noch höchstens 10 % – längstens bis zur Amortisation der Modernisierungskosten – einer Modernisierung auf die Miete umgelegt werden dürfen. Durch eine Anpassung der Härtefallklausel im Mietrecht (§ 559 Abs. 4 BGB) soll ein Schutz der Mieter vor finanzieller Überforderung bei Sanierungen gewährleistet werden.

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) hat bereits gewarnt, dass sich dieses Vorhaben in Kombination mit dem „Mietendeckel im Bestand und bei der Wiedervermietung“ aufgrund der künftig fehlenden Wirtschaftlichkeit von Modernisierungsmaßnahmen im Mietwohnungsmarkt bereits kurzfristig in einem drastischen Rückgang der Investitionstätigkeit in der Realwirtschaft niederschlagen werde.

Bündelung der Energieberatung

Im Abschnitt 4.2. „Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land“ wird im Unterpunkt „Energieeffizientes Bauen und Sanieren“ [Seite 116] angekündigt:

  • „Wir werden das energieeffiziente Bauen und Sanieren als entscheidenden Beitrag zur Energiewende weiter fördern und wollen dafür sorgen, dass qualitätsvolles, energiesparendes Wohnen für alle bezahlbar bleibt. Das Wirtschaftlichkeitsgebot, Technologieoffenheit und der Verzicht auf Zwangssanierungen bleiben feste Eckpunkte des Energiekonzepts. Die aktuell geltenden ordnungsrechtlichen Vorgaben werden wir nicht verschärfen und ihre Wirkungen evaluieren.“
  • „Neue Technologien für noch mehr Gebäudeenergieeffizienz und zur Steigerung von Erzeugung und Einsatz erneuerbarer Energien im Gebäudebereich werden wir weiter unterstützen. Die staatliche Förderung der Energieberatung im Gebäudebereich werden wir fortsetzen und bündeln.“
  • „Wir werden das Quartier als wichtige Handlungsebene, beispielsweise für dezentrale Strom- und Wärmeversorgung stärken. Das KfW-Programm zur energetischen Stadtsanierung schreiben wir fort und werben bei den Ländern für zusätzliche Finanzierungsbeiträge. Für vom demografischen Wandel besonders betroffene Gebiete wollen wir einen Sanierungsbonus als gezielten Anreiz zur Erhaltung und Schaffung von energetisch hochwertigem und barrierearmen Wohnraum einrichten.“

Umfangreiche Erläuterung enthält der GroKo-Vertrag auch zum Stromsektor. In Anbetracht der angekündigten grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) bis Ostern 2014 dürfte damit klar sein, welche Themen in der öffentlichen Diskussion weiterhin den Ton angeben werden. Für die TGA/SHK-Branche wird auch dies nicht ohne Konsequenzen bleiben, siehe TGA-Kommentar auf Seite 3.

Energie / Bauen: SPD gibt den Ton an

Im Schwarz-Gelben-Kompetenzgerangel um die Energiewende gab es auch in unserer Branche zahlreiche Stimmen für ein eigenes Energieministerium. Damals hatte Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel abgewunken. Im Wahlprogramm der Union fand sich dazu auch keine Aussage. Die Grünen hatten sich dafür ausgesprochen, das Bundesumweltministerium zum Umwelt- und Energieministerium zu erweitern, die SPD hatte angekündigt, die Kompetenzen der Energiepolitik, insbesondere für erneuerbare Energien, Netzausbau und Speicher, in einem Energieministerium zu bündelt.

Realisiert wird nun der Plan der FDP, die Energieverantwortung im Bundeswirtschaftsministerium zu bündeln: SPD-Chef Sigmar Gabriel (Jg. 1959) – in der letzten Großen Koalition in Merkels Kabinett Bundesumweltminister – soll künftig als Minister für Wirtschaft und Energie die Energiewende managen. Nebenbei ist er dann auch noch Vizekanzler. Dazu muss insbesondere das Bundesumweltministerium Kompetenzen abgeben, erhält dafür aber den Bereich Bauen inklusive der Gebäudesanierung aus dem bisherigen Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Das umgebaute Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit führt Barbara Hendricks (Jg. 1952). Zuvor war sie seit 2007 Bundesschatzmeisterin der SPD und davor ab Oktober 1998 unter drei Finanzministern parlamentarische Staatssekretärin.

HOAI: Kein Thema im GroKo-Vertrag

Durch den neuen Zuschnitt der Ministerien dürfte wohl auch ein Wunsch der Planer obsolet werden. Die hatten nach den schlechten Erfahrungen mit der Federführung der HOAI-Reformen durch das Bundeswirtschaftsministerium und den guten Erfahrungen bei der Mitwirkung durch das Bundesbauministerium gefordert, die Zuständigkeit in das Bundesbauministerium zu übertragen (siehe: HOAI-Resolution des Bunds Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure BDB zur Begleitung der Koalitionsgespräche). Nach dem neuen Zuschnitt müssten aber drei (Verkehr, Bau, Wirtschaft) statt bisher zwei Ministerien beteiligt werden, was sicherlich kein Vorteil wäre.

Eine weitere Reform der HOAI gehört nicht zu den im GroKo-Vertrag angekündigten Vorhaben. Allerdings hatte der Bundesrat bei seiner Zustimmung zur HOAI am 9. Juli 2013 „mit Befremden“ festgestellt, dass die Bundesregierung die Länder über den Inhalt der Novelle und den Verbleib der Beratungsleistungen im unverbindlichen Teil der HOAI so spät unterrichtet hat, dass eine angemessene Diskussion auf Ebene des Bundesrates und eine Umsetzung von dessen Beschlüssen vor dem Ende der Legislaturperiode nicht mehr möglich war (Webcode 537938). Der Bundesrat war bei ­seiner Zustimmung zur HOAI 2013 jedoch der Auffassung, dass die Frage der Rückführung der Beratungsleistungen in den verbindlichen Teil der HOAI in der neuen Legislaturperiode intensiv geprüft werden muss und hat die Bundes­regierung gebeten, darüber innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung (also bis zum 17. Juli 2015) zu berichten.

Jochen Vorländer

Der GroKo-Vertrag als Download:

Webcode 566579

GroKo-Vertrag: „Taktische Unverständlichkeit“

Die Verfasser des Koalitionsvertrags hatten gewissenhaft prüfenden Parteivorständen, den CSU-Bundestagsabgeordneten, den Mitgliedern des CDU-Bundesausschusses und den SPD-Mitgliedern die Entscheidung pro oder contra Große Koalition nicht einfach gemacht. Denn „der Vertrag ist von der Verständlichkeit her noch anspruchsvoller als eine politikwissenschaftliche Doktorarbeit“, urteilt Prof. Dr. Frank Brettschneider, Kommunikationswissenschaftler der Universität Hohenheim. Sprachhürden seien Bandwurmsätze mit bis zu 86 Wörtern, Wortungetüme wie „Schnellreaktionsmechanismus“ oder Fachbegriffe wie „Thesaurierungsregelungen“. Dahinter könnte durchaus Kalkül stecken, so die Einschätzung des Wissenschaftlers. Sein Urteil bildete er aufgrund einer formalen Textanalyse, die sein Lehrstuhl zusammen mit dem Institut H&H Communication Lab durchführte. Mithilfe einer Analyse-Software fahnden die Wissenschaftler unter anderem nach überlangen Sätzen, Fachbegriffen, Fremdwörtern und zusammengesetzten Wörtern. Anhand dieser Merkmale bilden sie den „Hohenheimer Verständlichkeitsindex“, der von 0 (völlig unverständlich) bis 20 (sehr verständlich) reicht. Der Koalitionsvertrag erreicht einen Wert von 3,48. Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten erzielen durchschnittlich einen Wert von 4,7. Die Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung liegen bei 16,8. Die Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2013 erreichten einen Wert von 7,7. Das formal verständlichste Programm wurde von der CDU/CSU vorgelegt und kam auf einen Wert von 9,9. Formal noch am verständlichsten ist die Präambel (7,56). Formal am unverständlichsten ist das Kapitel über Europa (1,96). Um dieses und die meisten anderen Kapitel zu verstehen, sei die Sprachkompetenz auf dem Niveau von Akademikern erforderlich. Für die Unverständlichkeit kommen mehrere Gründe in Betracht: Zum einen ist der Koalitionsvertrag das Ergebnis von Expertenrunden. Zum anderen führen schwierige Kompromissbildungen zu relativierenden Schachtelsätzen. Drittens sei nicht immer sicher, ob die Koalitionspartner wirklich verstanden werden wollen. Brettschneider: „Immer wieder nutzen Parteien abstraktes Verwaltungsdeutsch auch, um unklare oder unpopuläre Positionen absichtlich zu verschleiern. Wir sprechen in diesem Fall von taktischer Unverständlichkeit.“ https://www.uni-hohenheim.de/

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