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Nahwärme aus Hackschnitzeln

Pufferspeicher sorgt für wirtschaftlichen Betrieb

Kompakt informieren

  • Die Gemeinde Murg hat zum zweiten Mal die anstehende Modernisierung der Heizzentrale eines gemeindeeigenen Gebäudes zur Errichtung eines Nahwärmenetzes genutzt.
  • Die Grundlast wird über einen Hackschnitzel-Heizkessel abgedeckt, für die Spitzenlast steht ein Gas-Heizkessel zur Verfügung.
  • Ein unterirdisch eingebauter Pufferspeicher gewährleistet, dass der Hackschnitzel-Heizkessel mit langen Laufzeiten betrieben werden kann.

Unterirdische Speicherbehälter erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, gerade bei der Modernisierung von großen, bisher mit Gas betriebenen Heizungsanlagen – wie in Murg. Ein Brennstoffspeicher war dort zuvor nicht erforderlich. Bei der Umstellung auf Hackschnitzel änderte sich das. Das Brennstofflager und der zusätzlich installierte Pufferspeicher wurden, weil dafür innerhalb des Gebäudes kein Platz war, im Zuge der Heizungsmodernisierung unterirdisch eingebaut.

Kommunales Contracting

Das Nahwärmenetz in Murg-Niederhof ist schon das zweite dieser Art in der 7000 Einwohner zählenden Gemeinde an der Schweizer Grenze, zwischen Hochrhein und Südschwarzwald. Wer denkt, Contracting und Nahwärme sei vor allem Sache großer Städte mit eigenen Stadtwerken, kann sich hier eines Besseren belehren lassen. Auf der Internetseite der Kommune erklärt Bürgermeister Adrian Schmidle, was Murg auszeichnet: „Wir sind eine lebendige Wohngemeinde mit hoher Lebenskultur und ökologischer Verantwortung. Wir sind offen, familienfreundlich und innovativ.“

In diesem Sinne hat Ortsbaumeister Wolfgang Vögtle die für alle Beteiligten lukrativen Konzepte realisieren lassen. Seine Idee: Immer wenn die Heizzentrale eines großen gemeindeeigenen Gebäudes modernisierungsbedürftig ist – wie zuletzt bei den Schulen im Zentrum von Murg und im Ortsteil Niederhof – werden benachbarte Hausbesitzer aufgefordert, sich zu beteiligen. Deren Vorteil ist, dass sie fortan nur noch die Wärme bezahlen und nicht mehr die Erneuerung ihrer Heiztechnik finanzieren müssen.

Auch für die Gemeinde des kommunalen Contracting-Modells entsteht ein finanzieller Vorteil, denn große Heizzentralen lassen sich im Verhältnis preiswerter bauen und betreiben, als die sonst alleine für die Schulen notwendigen kleineren. Das zweite kommunale Nahwärmenetz (80/50 °C, 2 bar) in Murg-Niederhof hat 34 Übergabestationen. Verbraucher sind neben Schule und Sporthalle in einigen Hundert Metern Umkreis 30 private Wohnhäuser, ein Kirchengemeindehaus und ein Kindergarten. Der normierte Jahreswärmebedarf wurde auf 1,2 Mio. kWh/a abgeschätzt. Insgesamt wurden 2090 m Nahwärmetrasse mit einem flexiblen Doppel-Kunststoffrohrsystem verlegt.

Der bisherige Gasanschluss wird bei Bedarf kurzzeitig für den neuen Spitzenlast-Heizkessel weitergenutzt. Er kann mit 500 kW das Wärmenetz notfalls auch allein versorgen – wenn der Hackschnitzel-Heizkessel (KÖB / Viessmann Pyrotec, 390 kW) ausfällt oder gewartet wird.

Der Hackschnitzel-Heizkessel holt sich den Brennstoff aus einem in den Außenanlagen eingebauten Hackschnitzelbunker. Dazu wurde ein Fördersystem installiert, das die Hackschnitzel vom Boden des Lagers durch die Außenwand der Heizzentrale bis zum Brenner transportiert. Das im Vergleich zu Holzpellets dreimal größere Speichervolumen fiel bei dem Projekt kaum ins Gewicht: die Mehrkosten waren in Verbindung mit den ohnehin erforderlichen Tiefbauarbeiten für 2 km Nahwärmenetz relativ gering. Das Investitionsvolumen für die Heizzentrale betrug rund 480 000 Euro, für das Nahwärmenetz und die Übergabestationen lag es bei rund 560 000 Euro.

Weshalb Hackschnitzel?

Die Gemeinde Murg entschied sich aus ökologischen und ökonomischen Gründen, den Grundlastbetrieb von Erdgas auf Holzhackschnitzel umzustellen. Holzbrennstoffe aus der Region punkten bei Umwelt, Klima, Volkswirtschaft und Betriebskosten, denn sie sind nachwachsend, weitgehend CO2-neutral, tragen zu einer fast 100%igen Wertschöpfung im Inland bei und sind preisgünstiger als Erdgas und Heizöl.

Den Brennstoff liefert ein Landwirt, der in ca. 500 m Entfernung von der Heizzentrale seinen Betrieb hat. Er ist auch zuständig für das Abholen der Asche, die er auf seinen Äckern als Dünger ausbringen kann. Bezahlt wird von der Gemeinde die mit den Hackschnitzeln erzeugte Wärme. Damit lohnt sich die Lieferung von trockenem, hochwertigem Brennstoff. Und je besser dessen Qualität, desto weniger Wartung ist bei Kessel und Lager erforderlich. Die Abrechnung über den Wärmezähler macht zudem im Vertragsverhältnis eine Mengenerfassung überflüssig.

Die Hackschnitzel werden als Schüttgut mit etwa 200 kg/m3 vom Lieferanten bei geöffneter Abdeckung direkt in den Speicher gekippt. In Murg ist in der rechteckigen Öffnung, die sich über die gesamte Länge und Breite des Behälters erstreckt, ein Rüttelsieb eingebaut, das während des Befüllens elektrisch in Bewegung versetzt wird. So lassen sich Hohlräume und Schüttkegel weitgehend verhindern, wodurch die Entnahme am Speicherboden störungsfrei funktioniert und das Volumen des Behälters optimal ausgenutzt wird. Der Rauminhalt von 150 m3 entspricht 30 t Füllgewicht bzw. 12 000 l Heizöläquivalent. Die üblichen, oben offenen Transportcontainer fassen 40 m3 bzw. 8 t. Der Lieferant kann hier also bereits nachfüllen, wenn etwas mehr als ein Drittel bzw. die Hälfte des Vorrats aufgebraucht ist.

Wirtschaftlich durch Pufferspeicher

Wie der unterirdische Hackschnitzelbehälter ist auch der Pufferspeicher in unmittelbarer Nähe zur Heizzentrale des Nahwärmenetzes eingebaut. Darin wird vom Hackschnitzel-Heizkessel erzeugte Wärme gespeichert, bis sie für die Raumheizung und Trinkwassererwärmung von den 34 Übergabestationen abgerufen wird.

Der Pufferspeicher ermöglicht einen Betriebsdruck bis zu 3 bar und eine Betriebstemperatur bis 95 °C und ist Teil eines Lade- bzw. Entnahmekreislaufs. Große Rohrdimensionen erlauben ein schnelles Be- und Entladen. Ein weiterer Vorteil ist die einfache Montage, denn die Schnittstellen liegen außerhalb des Speichers. Sein inneres Gefüge ist vom Hersteller druckgeprüft. Erwähnenswert sind auch die Abdeckung mit 2 übereinander liegenden Verschlüssen und die Entwässerung des Zwischenraums der beiden Dichtungsebenen bei eventuell entstehendem Kondenswasser.

Ein unterirdischer Pufferspeicher sollte mit möglichst kurzen, wärmegedämmten Rohrleitungen in das Heizungssystem eingebunden werden, damit nur geringe Wärmeverluste entstehen. Puffervolumen in der in Murg nötigen Größe von 13,4 m3 können im Innenbereich in der Regel nur über eine Kaskade einzelner Behälter eingerichtet werden. Schon ab 3 m3 Fassungsvermögen würde es bei den meisten Neubauten schwierig, sie in das Gebäude einzubringen. Wird die Wärme aber unterirdisch gelagert, können Fertigteilbehälter aus Beton bis zu den im Straßenverkehr für Tieflader zulässigen Abmessungen verwendet werden. Zudem ist das Versetzen eines solchen Pufferspeichers in die Erde meistens schon nach einer Stunde erledigt.

Der Pufferspeicher ist doppelwandig aufgebaut. „Das Wasser befindet sich in einem Stahlbehälter. Zwischen diesem und der äußeren robusten Hülle aus fugenlosem Stahlbeton befindet sich eine Dämmung aus Blähglasgranulat“, erklärt Clemens Hüttinger vom Hersteller Mall. Das günstige Verhältnis von Inhalt und Oberfläche des zylindrischen ThermoSol-Pufferspeichers ist eine weitere Voraussetzung zur Minimierung der Wärmeverluste.

Auswertung der ersten Heizperiode

„Der Hackschnitzel-Heizkessel läuft immer nur auf diesen Speicher und wird über eine Pufferregelung angesteuert. Das Netz entnimmt die Wärme aus dem Puffer“, erklärt der für die haustechnische Planung und Dimensionierung zuständige Fachingenieur Torben Steenhoff vom Ingenieurbüro Steenhoff aus Todtnau. „Ist die zur Verfügung stehende Wärme im Pufferspeicher aufgebraucht bzw. sinkt die Vorlauftemperatur im Netz unter den Sollwert, fährt die Verbrennung der Hackschnitzel auf Volllast hoch. Reicht dies aufgrund hohen Wärmebedarfs nach einer einstellbaren Zeitverzögerung nicht aus, heizt der zusätzlich installierte Gas-Heizkessel über die hydraulische Weiche direkt in das Nahwärmenetz nach“. Beim Ausfall des Hackschnitzel-Heizkessels oder bei Wartungsarbeiten versorgt der Gas-Heizkessel das Netz unter Umgehung des Pufferspeichers über ein Umschaltventil direkt.

Bereits nach der ersten Heizperiode 2014/15 stellte Steenhoff aufgrund seiner Aufzeichnungen fest: „Erst durch die ausgleichende Wirkung des Pufferspeichers konnte der Hackschnitzel-Heizkessel preisgünstig, Material schonend und gleichmäßig mit langen Laufzeiten im Grundlastbetrieb heizen. Der Pufferspeicher hatte alle Leistungsspitzen abgefangen.“ Bauherr und Planer wussten, dass der kontinuierliche Wärmebedarf der überwiegend aus Wohnhäusern bestehenden Verbrauchsstellen dafür von Vorteil ist. Doch einen so deutlichen Erfolg hatte man nicht erwartet.

Literatur

[1] [4] Planerhandbuch: Unterirdische Lagersysteme für Biomasse, Pellets und Wärme. Donaueschingen: Mall, 2016, Download auf www.mall.info

Klaus W. König

ist selbstständig tätig und hält Vorträge zu ökologischer Haustechnik. Als freier Fachjournalist und Buchautor veröffentlicht er regelmäßig Artikel in Umwelt-, Architektur-, Heizungs- und Sanitärzeitschriften. 88662 Überlingen am Bodensee, www.klauswkoenig.com

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