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Luftionisation

Saubere Luft mit dem halben Volumenstrom

Kompakt informieren

  • Bei einer Umnutzung von Büro- zu Seminarräumen konnte der Luftvolumenstrom der vorhandenen RLT-Anlage nicht für den neuen Lastfall angehoben werden, es stand nur etwa der halbe Außenluftvolumenstrom zu Verfügung.
  • Um trotzdem die Grenzwerte für CO<sub>2</sub> und Feinstaub ohne zusätzliche Fensterlüftung einhalten zu können, wurden Ionisierungsmodule installiert.
  • Orientierende Messungen vom TÜV Rheinland zeigen, dass die Grenzwerte mit diesen Maßnahmen eingehalten werden.
  • Nach Emissionsereignissen wurde eine schnelle Absenkung der Feinstaubkonzentration festgestellt. Überraschend war die geringe CO<sub>2</sub>-Konzentration.

Nach der Umnutzung von Büroräumen für den Schulungsbetrieb im Berliner Regionalzentrum der FernUniversität Hagen wurde das Lüftungskonzept unter Beibehaltung der vorhandenen RLT-Anlage mit GSB-Ionisierungsmodulen vom Typ LH-MAG 1000 und GSB-Deckenumluftgeräten vom Typ LH-UL 250S Abb. 1 ergänzt und die Umgestaltung durch Messungen vom TÜV Rheinland kontrolliert.

Zur Entfernung von Staub, Gerüchen und Bakterien werden fünf Umluftgeräte mit einer Luftrate von jeweils 250 m3/h (regelbar, hier ausschließlich Sekundärluft gemäß DIN ISO 16 798-3) mit Ionen- und Ozonerzeuger und M5- und Aktivkohlefilter verwendet. Die TVOC-Konzentration (total volatile organic compounds) war über die Messzeit im Raum mit 30 ppb, das entspricht näherungsweise 0,07 mg/m3, noch deutlich unterhalb des in der VDI 6022-3 empfohlenen Grenzwerts von 60 ppb.

Eckhard Steinicke von der gleichnamigen Steinicke Handelsgesellschaft, seit über 50 Jahren in der Lüftungsbranche unterwegs, war an dem Projekt beteiligt und beschreibt die Ausgangslage: „Im Bürobetrieb gab es eine überschaubare bzw. auf die Räumlichkeit abgestimmte Personenbelegung. Mit der Umnutzung zum Schulungsbetrieb erfolgte jedoch eine Verdichtung der Flächennutzung durch die höhere Personenzahl. Die im Unterrichtsbetrieb anfallenden höheren Kühl- und Stofflasten konnten mit der vorhandenen Technik nicht abgeführt werden. Daraus ergab sich bei dem Objekt am Neuen Kranzler Eck die Herausforderung, die bestehende RLT-Anlage für die neue Nutzungsart kostengünstig und mit geringem Bauaufwand für den Mehrbedarf zu ertüchtigen.“

Aktivierter Sauerstoff bindet Partikel

Dazu wurden die nur faustgroßen Ionisierungsmodule (LH-MAG 1000) in den Bodenauslässen installiert. Die Module reichern den Luftsauerstoff mit negativ geladenen Ionen an und aktivieren ihn. Der aktivierte Sauerstoff bindet in der Luft befindliche kleine Schmutzpartikel, um die entstandenen größeren Agglomerate effektiver aus der Luft durch Gravitation oder Filtration entfernen zu können. Mit der TÜV-Messreihe wurde nach einjährigem Betrieb im Juni 2018 die Luft während der Nutzung kontrolliert. Neben der geringen TVOC-Konzentration und einer schnellen Absenkung der Partikelkonzentration nach Emissionsereignissen lag auch die CO2-Konzentration unter 1000 ppm. Auszug aus dem Prüfbericht:

Die maximale CO2-Konzentration im Raum lag nach Beginn der Veranstaltung bei knapp 1000 ppm. Dieser Wert blieb bei unveränderter Außenluftrate über die Dauer der Veranstaltung konstant. Theoretisch werden durch 35 Personen rund 910 l/h CO2 ausgeatmet. Bei einem Zielwert von 1000 ppm im Raum wäre rechnerisch eine Mindestaußenluftrate von 1750 m3/h vorzusehen. Der Zielwert von 1000 ppm im Raum wird aber mit dem Istwert von 805 m3/h, also einem um mehr als 50 % geringeren Außenluftvolumenstrom, gehalten.

Florian Hübner Abb. 2, TÜV Rheinland Industrie Service, Sachverständiger für Reinraumtechnik und Prüfsachverständiger für die Prüfung technischer Anlagen, interpretiert in einem Gespräch mit Uwe Manzke für die TGA-Redaktion die Testergebnisse des Prüfberichts.

TGA: Waren Sie von den Testergebnissen überrascht?

Hübner: Bezüglich der CO2-Konzentrationen im Raum war das Ergebnis schon überraschend. Hier zeigt sich deutlich, wie sinnvoll es ist, die Außenluftrate an die tatsächlich im Raum stattfindende Tätigkeit der anwesenden Personen anzupassen, sie gegebenenfalls im Betrieb zu kontrollieren und entsprechend einzuregulieren. Häufig werden RLT-Anlagen mit dem planerischen Nennluftvolumenstrom betrieben, ohne dass Erkenntnisse aus dem tatsächlichen Betrieb der Anlage berücksichtigt werden.

Auch die schnelle Absenkung der Feinstaubkonzentration nach Personenbewegung im Raum (Emissionsereignisse) war bemerkenswert, vergleichbare Werte sind uns sonst nur bei Räumen mit höheren Luftwechselraten bekannt. Hier scheint die eingesetzte Technik zur Reinigung der Luft einen Effekt zu haben, was mit künftigen Messungen weiter untersucht werden müsste, um belastbare Aussagen machen zu können.

TGA: Wie können solche Tests bzw. Messungen verifiziert werden?

Hübner: Grundsätzlich gibt es viele Normen und technische Regeln, die den Betrieb von Lüftungsanlagen und hygienische Raumluftparameter in unterschiedlicher Tiefe beschreiben. Genannt seien zum Beispiel die Richtlinien für Arbeitsstätten oder auch die VD-Richtlinie 6022 „Hygieneanforderungen an raumlufttechnische Anlagen und Geräte“.

Hier werden insbesondere im Blatt 3 Parameter zur Beurteilung der Raumluftqualität genannt, wie CO2-Konzentration, Ozon und Feinstaub. Was die Einheitlichkeit der Messmethodik und Messtechnik angeht, so gibt es bisher nicht für alle Parameter einheitliche Messmethoden, was den Vergleich erschwert. Im vorliegenden Fall war der Auftrag keine Messung nach Norm, sondern die Bestimmung unterschiedlicher Parameter als orientierende Messung.

TGA: Für die CO2-Konzentration wurde ein durchaus bekannter Zielwert von 1000 ppm angenommen. Gibt es dazu eine Vorschrift?

Hübner: In den Technischen Regeln für Arbeitsstätten „ASR A3.6 Lüftung“ wird die CO2-Konzentration als anerkanntes Maß für die Bewertung der Luftqualität genannt. Demnach sind bei Werten unterhalb von 1000 ppm, der sogenannten Pettenkofer-Zahl, keine weiteren Maßnahmen bezüglich der Lüftung erforderlich. Ein Unterrichtsraum stellt im Sinne der Arbeitsstättenverordnung auch eine Arbeitsstätte für Lehrkräfte und Referenten dar.

TGA: Um eine CO2-Konzentration von 1000 ppm einhalten zu können, müsste eine errechnete Mindestaußenluftrate von 1750 m3/h erreicht werden. Diese wird jedoch um mehr als 50 % unterschritten. Welche Rückschlüsse lassen sich davon ableiten?

Hübner: Das Rechenmodell für die Ermittlung der Außenluftrate basiert rein auf der Zahl der Personen im Raum, der von ihnen (angenommenen) emittierten Menge an CO2 und dem CO2-Gehalt in der Außenluft, die einen Grundwert für die Planung darstellt. Im vorliegenden Fall könnte die tatsächlich von den Personen abgegebene Menge an CO2 geringer sein, sodass die Grenzwerte auch mit geringeren Außenluftraten nicht überschritten werden.

Die Schwankungsbreite der Atemfrequenz eines Menschen ist enorm, da sie von der Aktivität abhängt. Deshalb kann es leicht passieren, dass sowohl deutlich niedrigere als auch höhere CO2-Mengen ausgeatmet werden. Beispielsweise atmet eine schlafende oder in Ruhe sitzende Person nur etwa 10 l/h CO2 aus. Eine Person, die körperlich stark belastende Arbeiten ausführt, atmet mehr als 100 l/h CO2 aus.

Wie aber schon erwähnt, im konkreten Fall war ich von der niedrigen CO2-Konzentration im Raum positiv überrascht.

TGA: Wie kommen VOCs in die Raumluft?

Hübner: Mit VOCs (volatile organic compounds) wird die Gruppe der flüchtigen organischen Verbindungen, also gas- und dampfförmige Stoffe organischen Ursprungs bezeichnet. Diese entstehen in natürlichen Prozessen, zum Beispiel beim Planzenstoffwechsel oder bei Fäulnis, aber auch in technischen Prozessen bei unvollständiger Verbrennung oder als Nebenprodukt aus industriellen Vorgängen.

In der Raumluft sind die Hauptemittenten von VOCs die Materialien und Baustoffe im Raum: Teppiche, Klebstoffe, Lacke, Farben, Boden- und Wandbaustoffe, Möbel und auch Reinigungsmittel. Die Summe der Konzentrationen sämtlicher VOCs ergibt den TVOC-Wert.

TGA: Die Feinstaubkonzentration konnte aus einer Näherungsrechnung aus der diskreten Zählung der Partikelgrößen von 0,3 µm, 0,5 µm, 1 µm, 5 µm, 7 µm, und 10 µm errechnet werden. Können noch kleinere Fraktionen von der derzeit am Markt erhältlichen Messtechnik nicht ermittelt werden?

Hübner: Es gibt durchaus Messgeräte, die kleinere Partikel bestimmen können. Bei Feinstaubmessungen sind die verwendeten Größen aber die gängigsten, da deutlich kleinere Partikel in den Fraktionen PM2,5 (2,5 µm) und PM10 normalerweise kaum noch ins Gewicht fallen.

TGA: Obwohl im Raum nur ein dreifacher Luftwechsel pro Stunde erfolgt, konnten Partikelkonzentrationen nach Emissionsereignissen schnell abgesenkt werden. Wie lässt sich das erklären?

Hübner: Ohne weitere Messungen und eine Verifizierung der Ergebnisse wären Aussagen hierzu wie ein Blick in die Glaskugel. Anhand der Messergebnisse lässt sich aber vermuten, dass die eingesetzte Technik zum Reinigen und Filtern der Raumluft auch einen Effekt auf die Partikelkonzentration hat, weil diese deutlich sinkt.

TGA: Gibt es Anregungen für maschinell gelüftete Bürogebäude?

Hübner: Aus energetischen Gesichtspunkten sollte die Auslegung und der Betrieb von RLT-Anlagen den tatsächlichen Erfordernissen angepasst werden. Viele Anlagen werden meist ihr Leben lang nach planerischen Vorgaben zur Dimensionierung betrieben, aber die Versorgung der Räume nur in seltenen Fällen an die tatsächliche Nutzung angepasst.

Die Konditionierung zu hoher Außenluftströme stellt einen der größten Kostenfaktoren beim Betrieb dieser Anlagen dar, der aber durch entsprechende Messungen und Anpassungen beträchtlich gesenkt werden kann.

TGA: Vielen Dank für das Gespräch.

www.e-steinicke.de

www.gsbmbh.com

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