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Bundesregierung: CSS ist Zukunftsoption

Die Bundesregierung geht davon aus, dass ab 2020 die CO2-Emissionen aus Kohlekraftwerken durch Carbon Capture and Storage (CCS) um 90% gesenkt werden können. Dies geht aus einer Antwort (16/5059) auf eine Kleine Anfrage (16/4968, 90 einzelne Fragen) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hervor. Mit CCS wird CO2 aus den Abgasen von (Kohle-)Kraftwerken abgesondert und anschließend gelagert.

Lagerung auf Meeresgrund wird ausgeschlossen
Bezüglich der Lagerung von CO2 macht die Bundesregierung allerdings Einschränkungen. Die hochbrisante Lagerung auf dem Meeresgrund schließt sie prinzipiell aus. Für ein entsprechendes Verbot wolle man sich auch international einsetzen. In Deutschland kommen nach Auskunft der Bundesregierung hauptsächlich stillgelegte Erdgasfelder in Betracht. Auf deutschem Boden vorhandene Lagerstätten können etwa 2,5 Mrd. Tonnen CO2 aufnehmen. Weitere Potenziale sind saline Aquifere mit einer Kapazität von 12 bis 28 Mrd. Tonnen.

Keine Lagerung, nur zeitversetzte Abgabe
Dabei werde eine dauerhafte Isolation des Treibhausgases unter der Erde angestrebt, erläutert die Bundesregierung. „Dauerhaft“ ist allerdings ein relativer Begriff. Zwar wolle man Gesundheitsrisiken für die Bevölkerung durch ständige Beobachtung „weitestgehend vermeiden“, es wird aber eingeräumt, dass Grundwasserveränderungen sowie ein höherer CO2-Anteil in der Luft in manchen Gebieten möglich sei. Daneben wird eine Leckrate von 0,01% als akzeptabel erachtet. Dies entspricht einer Leckmenge von 10% in den ersten 1000 Jahren.

Unverständlicher Optimismus
Liest man die Antwort der Bundesregierung zu CCS, stellt sich unweigerlich die Frage, wie die Bundesregierung zu der positiven Einschätzung kommt, dass die Technik 2020 überhaupt zur Verfügung steht und dann auch eingesetzt wird. Bisher gibt es weltweit zwar kein einziges CCS-Kraftwerk, die Kraftwerkstechnik bereitet aber kaum Sorgen. Kopfzerbrechen bereitet die Lagerung. Zurzeit wird an ersten Versuchsanlagen gearbeitet (siehe: Bohrarbeiten für CO2-Testspeicher begonnen), Erfahrungen liegen aber auch schon aus der der Erdöl- und Erdgasförderung vor, wo CO2 bei einigen Lagerstätten als „hydraulisches Treibmittel“ genutzt wird. Weitere Herausforderungen ergeben sich in der globalen Betrachtung aus der großen Entfernung zwischen Kohleverwendung und „sicheren“ CO2-Lagerstätten. Dazu kommt, dass die bisher erdachten CCS-Gesamtprozesse einen hohen Eigenenergiebedarf (Mehrverbrauch ca. 20 bis 30%) haben und damit Ressourcenprobleme verschärfen.

Kommt CCS für die Kohle zu spät?
Vorsichtig bis bedeckt äußert sich die Bundesregierung zur Kostenfrage. „Die Bundesregierung sieht in der CCS-Technologie für eine CO2-arme Verstromung eine Zukunftsoption. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann noch keine endgültige Einschätzung über die großtechnische Machbarkeit und die Wirtschaftlichkeit dieser Technologien vorgenommen werden.“ Die öffentliche Diskussion ist da schon weiter: Für den CCS-Verfügbarkeitszeitpunkt ist man sich sicher, dass erneuerbare Energien dann schon preisgünstiger als fossile Energien sind (was nicht bedeutet, dass diese dann schon verzichtbar sind). Insgesamt sehen Kritiker die CCS-Euphorie ohnehin nur als Ablenkungsmanöver der Energiewirtschaft, um ungeachtet der Umweltschäden die Nutzung der Kohle und den Neubau von Kraftwerken zu legitimieren. Dabei muss man kein Experte sein, um zu wissen, dass die CCS-Nachrüstung bei Großkraftwerken zwar möglich, aber extrem teuer sein wird.

Wohin mit dem ganzen CO2?
Vielleicht haben wir 2020 gänzlich andere Erkenntnisse oder Blickwinkel. Nach „Aktenlage“ könnte es sein, dass wir dann CCS schon bei biogen befeuerten Anlagen einsetzen müssen, um heutige Versäumnisse abzumildern. Was bleiben wird, ist das Mengenproblem: Die deutschen Braunkohlereserven betrugen im Jahr 2005 43 Mrd. Tonnen. Auf heutigem Verbrauchsniveau von knapp 180 Mio. t/a reichen die 6,6 Mrd. Tonnen in genehmigten und erschlossenen Tagebauen 36 Jahre. 2020 sind unter diesen Bedingungen 4,3 Mrd. Tonnen noch nicht in der Atmosphäre. Aus 4,3 Mrd. Tonnen Braunkohle entsteht etwa die gleiche Menge CO2. Unsere schon geplünderten Erdgasfelder können aber nur 2,5 Mrd. Tonnen aufnehmen. Wir müssen also statt CO2 in den Untergrund zu verpressen, viel dringender unseren Verbrauch deutlich reduzieren. Das ist die nationale Sicht, die exportnationale Sicht hat sicher noch weitere Facetten. ToR

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