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Betonkernaktivierung

Vorsprung durch Technik

Kompakt informieren

  • Elbe Spannbetonwerk und Uponor haben eine Klimadecke aus Spannbetonelementen mit Betonkernaktivierung entwickelt.
  • Die Klimadecken bieten geringere Investitions- und Betriebskosten, hohe Energieeffizienz, größtmögliche Freiheit bei der Raumnutzung durch große Spannweiten und ein behagliches Raumklima.
  • In einem neuen Gebrauchtwagen-Center von Audi wurden die Klimadecken über dem EG und dem OG durch eine Industrieflächenheizung in der Bodenplatte ergänzt. Die gesamte Präsentationsfläche wird so mit sehr geringen Über-/Untertemperaturen energieeffizient temperiert.

Audi investiert als Teil der Markenbildung in den Bau von weltweit 350 exklusiven Handelsbetrieben mit moderner Terminal-Architektur. Am Standort Berlin-Adlershof entsteht bis Anfang 2012 der Flagshipstore Abb. 1 von insgesamt 18 Audi-Terminals in deutschen Metropolen. „Wir bieten dann auf insgesamt 22000 m2 unseren Kunden, und jenen, die es gerne werden wollen, ein einzigartiges Marken­erlebnis“, erklärt Jörg Hofmann, Geschäftsführer der Audi Retail GmbH, Berlin.

Die Gebäudetemperierung mit einer Industrieflächenheizung und einer Betonkernaktivierung ermöglicht im Flagshipstore Berlin-Adlershof eine Energieeinsparung von rund 50 % im Vergleich zu einer herkömmlichen Luft/Luft-Klimatisierungsanlage. Aber nicht nur die geringeren Betriebskosten waren entscheidend für den Bauherrn, sondern auch die ästhetisch ansprechende Temperierungs- und Kühllösung. Zudem haben die werkseitig mit Contec-Modulen von Uponor ausgestatteten Spannbeton-Klimadecken der Elbe Spannbetonwerke die Bauzeit erheblich verkürzt Abb. 2.

Niedrige Betriebskosten im Lastenheft

Auf einer Grundfläche von etwa 1600 m2 entsteht in Berlin-Adlershof ein großzügig verglaster Baukörper, der auf zwei Ebenen sehr gepflegte Gebrauchte – überwiegend Jahres- und Werksdienstwagen – attraktiv in Szene setzt. Das Lastenheft für die Bauplanung des neuen Gebrauchtwagen-Centers forderte neben einer rationellen Bauweise mit niedrigen Betriebskosten für die Temperierung auch eine ästhetisch ansprechende Innenraumgestaltung. Zudem sollten die Heiz- und Kühllasten besonders energieeffizient ausgeglichen werden.

Die vom Bauherrn, der VW Real Estate, angestellten Untersuchungen des Nutzungsprofils des Gebäudes dokumentierten, dass es zeitlich und räumlich betrachtet um die Grundlast nur wenige Energiebedarfsspitzen geben würde (Heizen/Kühlen: 20/26 °C).

Vorgabe für das mit der Entwurfsplanung beauftragte Ingenieurbüro war, dass der großzügige Gesamteindruck der Ausstellungsbe­reiche so wenig wie möglich durch Stützen ­unterbrochen wird und die Temperierung nahezu unsichtbar ist. Die Präsentationsflächen sollten zudem durch Heizkörper nicht unnötig reduziert werden. Dipl.-Ing. Stefan Leifken ­projektierte und berechnete ein Industrie­flächenheizsystem für die Bodenplatte in Verbindung mit einer Betonkernaktivierung in ­beiden Geschossdecken.

Aus dem Nutzungsprofil des Gebäudes haben sich folgende Systemtemperaturen und Anforderungen an die Kombination aus Fußbodenheizung und den jeweils 1000 m2 großen Geschossdecken errechnet: Kühlen VL/RL 16/20 °C, Heizen VL 40 °C. Dies ergibt eine Leistung von 25…30 W/m2 zum Kühlen und 25…35 W/m2 zum Heizen, die beide Systeme mit Sicherheitsreserven zur Verfügung stellen können.

Martin Müntjes, verantwortlicher Marktsegment-Leiter für Gewerbegebäude bei Uponor: „Die Betonkernaktivierung ist ein hervorragendes System zur Abdeckung der Grundlast des Gebäudes und reduziert die Betriebskosten für die zusätzlichen Systeme spürbar. Außerdem entfallen die bei herkömmlichen Klimaanlagen erforderlichen Wartungsarbeiten innerhalb des Gebäudes.“ Zu berücksichtigen waren bei der Planung auch die zu erwartenden solaren Gewinne durch große Glasflächen und den Verzicht auf eine Außenbeschattung. „An einer zusätzlichen Kühlung der Büroräume führt bei sehr sommerlichen Temperaturen so kein Weg vorbei“, erläutert Oliver Reumschüssel vom Ingenieurbüro Eckstein aus Walle.

Betonkernaktivierung im Spannbeton

Das Elbe Spannbetonwerk aus Vockerode bei Dessau lieferte insgesamt 133 SpannbetonDeckenelemente für zwei zu aktivierende ­Betondecken mit je 1000 m2 Fläche. In die 35 cm starken, 120 cm breiten und 12 m ­langen Hohlbetonelemente Abb. 2 wurden zur Bauteilaktivierung vorkonfektionierte ContecModule von Uponor integriert. Die ContecRohre aus dem widerstandsfähigen Werkstoff PE-Xa sind unempfindlich gegen Spannungsrisse und bleiben auch bei tiefen Temperaturen flexibel. Sie werden im Spannbetonwerk auf einer Spezialträgermatte im unteren Plattenspiegel auf etwa 8 cm Höhe, oberhalb der Spannlitzen, aufgelegt und einbetoniert Abb. 3. Je dichter die Kunststoffrohre an der Oberfläche positioniert sind, desto größer ist die Heizleistung.

Die Bauteilaktivierung nach dem zugluftfreien Strahlungswärme- und Strahlungskühlprinzip nutzt das thermische Speichervermögen des Betons. Tagsüber von den Bauteiloberflächen aufgenommene Wärmelasten können über Nacht abgeführt werden. Die Bauteilaktivierung im Gebrauchtwagen-Center erzielt in der Decke über dem Erdgeschoss nach unten eine Heizleistung von etwa 37 W/m2 und durch Abstrahlung nach oben von etwa 30 W/m2. Dies reicht aus, um die Solltemperatur von 20 °C zu halten. Um Lastspitzen, vor allem in den abgetrennten Büros abdecken zu können, sind zusätzlich flache Konvektoren sowie Split-Klimageräte installiert worden. Energetisch vorteilhaft ist auch, dass das Belüften des Audi-Centers auf ein Minimum reduziert werden kann. Im Gegensatz zu vollgesteuerten Zu- und Abluftanlagen ist die individuelle Belüftung aber möglich und kommt dem Nutzerverhalten entgegen.

Vorfertigung für kürzere Bauzeit

Die Ausführung mit vorgefertigten Spannbetonelementen hat entscheidende Vorteile: Sie ist gut planbar und zeitaufwendige Verlegearbeiten in Ortbetonausführung entfallen. Nach dem Erstellen des Bauplanes (Zeichnungsfreigabe) werden die Deckenelemente für die Geschossdecken im Werk vorgefertigt. Im Projektablauf benötigt dies in aller Regel vier Wochen. Alle Durchbrüche sowie Öffnungen für Versorgungsleitungen sind bereits berücksichtigt. Über die maschinelle Vorfertigung wird eine definiert hohe Qualität erzeugt, die weder durch schlechtes Wetter, Frost oder mögliche Toleranzen und Ausführungsfehler auf der Baustelle beeinflusst wird.

Die Contec-Module werden schon bei der Herstellung der Spannbetonelemente unter Druck gesetzt und ermöglichen durch vormontierte Druckwächter eine permanente Kontrolle ihrer Unversehrtheit – was den Ablauf vereinfacht und die Qualitätskontrolle am Bau begünstigt. Die Spannbetondecken werden auf Lastwagen verladen, zur Baustelle transportiert und mit speziellen Hebevorrichtungen mit einem Kran auf den Auflagern der Geschosswände aufgesetzt Abb. 4. Die Montagefachkräfte verlegen so pro Tag etwa 400 bis 500 m2 Fläche. Durch die schnelle Verlegung wird die Rohbauzeit verkürzt und geringere Lohnkosten im Vergleich zur konventionellen Ortbetonbauweise erzielt.

Nach der Verlegung der Spannbetondecken schließt der Fachhandwerker die Elemente über eine Verteil- und Sammelleitung (Tichelmann-Prinzip) unterhalb der Decke an den Heiz/Kühl-Kreislauf an Abb. 3. Hierdurch entfällt weiterer Koordinationsaufwand zwischen mehreren Gewerken auf der Baustelle, was zu einer weiteren Verkürzung der Bauzeit führt.

Im Sommer kühl – im Winter warm

Der zweite wichtige Bestandteil des Gesamtkonzepts ist die Industrieflächenheizung Abb. 5. Das Ingenieurbüro Eckstein projektierte die Fußbodenheizung für eine Fläche von 1240 m2. Mit einem Verlegeabstand von 15 cm wurden insgesamt 8270 m Wasser führendes Kunststoffrohr verarbeitet. Das verwendete PE-Xa-Rohr (25 × 2,3 mm) von Uponor ist sauerstoffdicht gemäß DIN 4726 und ebenso wie die zugehörigen Press- oder Schraubfittings mit einem Prüfdruck von 10 bar DIN CERTCO zertifiziert.

Alternativ zur Befestigung direkt an der vorhandenen statischen Bewehrung können die verschleißfesten Rohre auch mit der paten­tierten Aufzugsträgerelemente-Methode von Uponor an der oberen Bewehrung aufgehängt werden. Die Flächenheizung wurde über einen Provario-Verteiler GFK angeschlossen Abb. 6.

Im sommerlichen Kühlfall ist das System auf eine Außentemperatur von 30 °C ausgelegt – dann arbeitet es mit VL/RL 16/19 °C; im Heizfall gewährleistet die Auslegung VL/RL 40/35 °C eine Innentemperatur von 20 °C. Das Heizungssystem wird über eine Fernwärmeübergabestation im Terminalgebäude gespeist. Zur Temperierung im Sommerbetrieb wird ein in der Dachzentrale aufgestellter Kaltwassersatz mit einer Nennleistung von 90 kW eingesetzt. Die Kühlung der von den Präsen­tationsflächen getrennten Büroräume wird bei Überschreitung der Raumsolltemperatur von separaten Klimageräten in Splitbauweise übernommen.

Fazit

Angelehnt an einen Audi-Slogan „Vorsprung durch Technik“ weist die Kombination aus Industrieflächenheizung und Betonkernaktivierung in einer vorgefertigten Spannbetondecke zahlreiche Vorteile auf. Fußboden und Decken werden zum Kühlen und zur Abdeckung der Grundheizlast des Gebäudes genutzt. Durch die Kombination von Industrieflächenheizung und Betonkernaktivierung kann der Energieaufwand gegenüber einem luftbasierten Klimasystem im vorliegenden Anwendungsfall um etwa 80 bis 90 % verringert werden – so fallen auch die Kälteerzeuger erheblich kleiner und kostengünstiger aus. Es waren aber nicht nur die Energieeffizienz und die nutzungstechnischen Vorteile der gewählten Heiz- und Kühllösung, die in Berlin-Adlershof überzeugen konnten. Ebenso kostenmindernd war die werkseitige Vorfertigung der Spannbetondecken, die eine Beschleunigung der Baumaßnahme ermöglichte. •

Gespannte Betondecken

Mit der Elbe-Klimadecke sind bei vergleichsweise geringen Deckenstärken Spannweiten von bis zu 18 m ohne Stützen möglich. Diese Hohlkammer-Elemente sind rund 40 % leichter als herkömmliche Betondecken. Mehr als zwei Drittel der Decken in gewerblich genutzten Immobilien werden aktuell aus Fertigbauelementen hergestellt.

Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren

TGA-Planer: Studien belegen, dass mit einer Betonkernaktivierung bei vielen Nutzungsprofilen die ­Lebenszykluskosten besonders niedrig ausfallen. Durch die thermische Trägheit entfallen Leistungsspitzen für die Kälte- und Wärmeerzeuger. Die Kühlung kann ganz oder teilweise nachts mit günstigeren Bedingungen erfolgen.

Anlagenbauer: Eine werkseitig integrierte Betonkernaktivierung verringert zwar das Auftrags­volumen, gleichzeitig entfallen jedoch schwer kalkulierbare Unwägbarkeiten einer klassisch vor Ort ­installierten Betonkernaktivierung. Die Realisierung einer Betonkernaktivierung verlangt in jedem Fall von der Planungsphase bis zur Ausführung eine partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Bauherren: Die Möglichkeit, eine Betonkernaktivierung in vorgefertigte Spannbetonelemente zu integrieren, bietet eine verkürzte Bauzeit, ohne auf eine besonders energieeffiziente Temperierung des Gebäudes verzichten zu müssen.

Martin Müntjes

ist Leiter des Marktsegments Gewerbebau bei Uponor in Hamburg. Telefon (0 40) 30 98 62 28, martin.muentjes@uponor.com, https://www.uponor.com/de-de

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