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HOAI

BReg will Gesetzentwurf für ArchLG nicht nachbessern

Die Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) arbeitet sich durch das parlamentarische Verfahren. Die HOAI beruht auf dem Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG), das infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Juli 2019 ebenfalls angepasst werden muss.

Am 18. September 2020 hatte der Bundesrat zu dem Gesetzentwurf zur Änderung des ArchLG eine Stellungnahme abgegeben:

„Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 1 ArchLG): Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob in der künftigen Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Honorarordnung für Ingenieur- und Architektenleistungen ausdrücklich klargestellt werden sollte, dass die Grundlagen und Maßstäbe zur Berechnung von Honoraren sich im Rahmen des Angemessenen bewegen müssen.

Begründung: Eine ausdrückliche Angemessenheitsregelung bezüglich der Honorare in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage selbst könnte die gerichtliche Überprüfung sowohl zu hoher als auch zu niedriger Honorarforderungen erleichtern und langwierige Streitigkeiten zu vermeiden helfen, ohne dass Mindest- oder Höchstsätze festgelegt werden. Entsprechende Angemessenheitsregelungen finden sich bereits im Steuerberatungsgesetz und der Steuerberatervergütungsverordnung sowie im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.“

Gegenäußerung der Bundesregierung

Augenscheinlich lesen die bei der Bundesregierung und beim Bundesrat mit dem Gesetz zur Änderung des ArchLG befassten Personen unterschiedliche Zusammenhänge aus dem Text heraus, was schon ganz allgemein nichts Gutes verheißt. Jedenfalls lehnt es die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung (Drucksache 19/22810) ab, den Gesetzentwurf anzupassen:

„[…] 2. Die Bundesregierung trägt dem Anliegen, dass auch künftig angemessene Honorare im Bereich der Ingenieur- und Architektenleistungen vereinbart werden, in ihrem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen und anderer Gesetze bereits Rechnung.

Dieser sieht vor, dass die Honorartafeln in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) den Vertragsparteien von Verträgen über Ingenieur- und Architektenleistungen künftig als Honorarorientierungen zur Verfügung stehen. Bei der Bestimmung dieser Orientierungswerte ist ausweislich des Gesetzentwurfs ausdrücklich den berechtigten Interessen der Ingenieure und Architekten und der zur Zahlung Verpflichteten Rechnung zu tragen.

Die Honorartafeln sind dabei an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Ingenieurs oder Architekten auszurichten (siehe insoweit Artikel 1, § 1 Absatz 1 Satz 2 f.). Damit nimmt der Gesetzentwurf ausdrücklich diejenigen Parameter in Bezug, die für die Ermittlung eines angemessenen Honorars ausschlaggebend sind. Diese Formulierung in Artikel 1, § 1 Absatz 1 Satz 2 f. betont, wie auch die Begründung des Regierungsentwurfs ausführt, dass die Honorartafeln eine Orientierung für eine angemessene Honorarhöhe bieten sollen.

3. […]

4. In der Begründung seines Antrags verweist der Bundesrat insbesondere auf die Regelungen zur Vergütung von Steuerberatern und Rechtsanwälten, in denen Angemessenheitsregelungen enthalten sind. Grundsätzlich haben Teile der Steuerberatervergütungsverordnung auch als Muster für die Neukonzeptionierung der HOAI gedient.

Die Angemessenheitsregelung kann hier aber nicht als Vorbild herangezogen werden. Zwischen Steuerberatern und ihren Klienten bestehen in der Regel langjährige vertragliche Beziehungen, in denen Pauschalhonorare vereinbart werden. Deshalb hat die Angemessenheitsvorgabe hier praktisch kaum Auswirkungen, insbesondere auch nicht auf Rechtstreitigkeiten über Honorarhöhen.

Die Verträge mit Architekten oder Ingenieuren sind dagegen Werkverträge über Planungen für ein Bauprojekt. Bei solchen Verträgen über singuläre Projekte ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass eine Regelung, die abstrakt vorgibt, dass Honorare angemessen sein müssen, zu einer deutlichen Zunahme gerichtlicher Überprüfungen von Honorarforderungen führt. In Vergabeverfahren müsste die Angemessenheit der angebotenen Honorare detailliert geprüft werden, und unterlegene Bieter könnten vermehrt Nachprüfungsverfahren wegen der Honorarhöhe anstrengen.

Dies hätte höhere Kosten und zeitliche Verzögerungen bei Bauprojekten zur Folge. Ein Unterschied in der Rechtslage besteht zudem darin, dass der Europäische Gerichtshof eine ausdrückliche Entscheidung über verbindliche Mindesthonorarsätze bei Architekten- und Ingenieurleistungen getroffen hat.

Enthielte hingegen die neue Fassung des ArchLG eine vor Gericht durchsetzbare Regelung, die allgemein vorgäbe, dass die Honorare nach der HOAI auch im konkreten Einzelfall angemessen sein müssen, also eine bestimmte Grenze nicht unterschreiten dürfen, bestünde die Gefahr, dass eine auf dieser Grundlage formulierte HOAI (gleiches gilt für die gesetzliche Ermächtigung) nicht den Vorgaben des Europarechts entspräche.

Zwar würden durch eine allgemeine Angemessenheitsklausel keine konkreten Mindesthonorarsätze vorgegeben, es würde aber eine, im Einzelfall zu konkretisierende, absolute Untergrenze für die Honorare definiert. Es bestünde die erhebliche Gefahr, dass diese als Maßstab bei einer gerichtlichen Überprüfung herangezogen und als faktische Wiedereinführung von Mindesthonorarsätzen bewertet werden könnte.

Die Bundesregierung möchte vermeiden, dass die Neuregelung erneut zur Rechtsunsicherheit führt, insbesondere hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Europarecht. Ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren soll unter allen Umständen ausgeschlossen werden.“

Gegenäußerung der Bundesregierung (Bundestags-Drucksache 19/22810).

Offensichtlich ist die Bundesregierung bis heute nicht in der Lage, die EU-Dienstleistungsrichtlinie im Bereich der Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen entlang der gezogenen Regeln umzusetzen und hält nun lieber einen Sicherheitsabstand. So oder so: Es wäre die erste HOAI, die den Rahmen so unmissverständlich setzt, dass er nicht zu zahlreichen Streitigkeiten durch alle möglichen Instanzen führt.

Die Niederlage vor dem EuGH war übrigens nicht zwangsläufig. Deutschland hat in dem Verfahren mit einer einseitigen Strategie das HOAI-System mit Verbraucherschutz verteidigt. Doch schon der Generalanwalt hatte Deutschland vorgeworfen, das kein Nachweis erbracht wurde, dass ein System ohne Mindestpreise zu einem Marktversagen, also Dienstleistungen niedrigerer Qualität führen würde. Dies wäre aber notwendig gewesen, um im Sinne der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG Mindestpreise zu begründen. ■