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Externe Kosten der Energieträger

Wettbewerb für Erneuerbare?

Der Aktionsplan Eine Energiepolitik für Europa , als Entwurf durch die Europäische Kommission am 10. Januar vorgestellt [siehe TGA 02-2007, Seite 32], bildet auf dem Frühjahresrat am 8./9. März unter deutscher Präsidentschaft einen Schwerpunkt. Einer von zehn Punkten ist eine stärkere Verwendung erneuerbarer Energien. Von derzeit EU-weit rund 7 % soll ihr Anteil auf 20 % im Jahr 2020 erhöht werden. Ob der Rat dies bis 2020 als verbindliches Ziel festschreibt, bleibt abzuwarten. Denn im Vorfeld haben die Ener­gieminister unter Vorsitz von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos nur eine unverbindliche ­Absichtserklärung abgesegnet.

Lippenbekenntnisse

Dabei hatte die EU-Kommission in ih­rem Fahrplan für erneuerbare Energien1), eben­falls vom 10. Januar und integraler Bestandteil der Überprüfung der EU-Energiestrategie, bereits fünf Prozentpunkte unter den Tisch fallen lassen. Erst am 14. Dezember 2006 hatte das Europäische Parlament mit großer Mehrheit einen Anteil von 25 % erneuerbarer Energie am Gesamtenergie­verbrauch der EU bis 2020 gefordert.

Nüchtern betrachtet hat die EU als Ge­meinschaft einen Strategiewechsel verpennt - oder ausgesessen. Ein Anteil von 12 % erneuerbarer Energieträger am Bruttoinlandsverbrauch bis 2010 ist ein schon 1997 festgeschriebe­nes Ziel. Ab­gesehen von einzelnen Mitgliedstaaten, auf EU-Basis ist diese Marke verbummelt. Nicht einmal 10 % erneuerbare Energien werden am Ende des Jahrzehnts in der Bilanz stehen, ­prognostiziert die EU-Kommission. Deutschland kam 2006 voraussichtlich auf einen erneuerba­ren Primärenergie­anteil von etwa 5,3 % und ran­giert damit in der EU-25-Rangliste nur im Mittel­feld.

Das Bummeln will die EU-Kommission jetzt beenden und sucht nach neuen Instrumenten, erneuerbare Energien wettbewerbsfähiger zu machen. Denn aus der Perspektive des Endanwenders ist ein Konzept mit erneuerbaren Energien unter Standardbedingungen zu selten die kostengünstigere Alternative.

Wettbewerbsverzerrung

Das liegt aber nicht (nur) an hohen Kosten für erneuerbare Energien. Die EU-Kommission: So führt die Tatsache, dass die externen Kosten nicht systematisch in die Marktpreise eingerechnet werden, zu einem ökonomisch nicht gerechtfertigten unlauteren Vorteil der fossilen Brennstoffe gegenüber den erneuerbaren Ener­gieträgern.2)

Auch tragen weitere Punkte dazu bei, dass das 12-%-Ziel bis 2010 verfehlt wird. Der schlim­mste: Die Mengenberechnung von 1997 setzte eine viel bessere Entwicklung bei der Energie­effizienz vo­raus, sodass heute eine viel höhere Menge Energie erneuerbar bereitgestellt werden muss, als angenommen. Problematisch sind auch fehlende Rechtsrahmen sowie schwierige und langwierige Genehmigungsverfahren.

Versagen der Politik

Unterm Strich, stellt die EU-Kommission wegen des Verfehlens des 12-%-Ziels fest: Dies muss als ein Versagen der Politik und als Unfähigkeit oder fehlende Bereitschaft gesehen werden, den politischen Erklärungen auch politische und wirtschaftliche Taten folgen zu lassen. Auch wurden die Fortschritte im Großen und Ganzen von einer relativ kleinen Zahl von Mitgliedstaaten erzielt. Dies ist nicht ausgewogen und birgt das Risiko einer Verzerrung des Binnenmarkts. Ähnliche Berichte gab es auch schon in den Jahren zuvor, getan hat sich praktisch nichts.

Um erneuerbare Energieträger künftig stärker an der Energieversorgung zu beteiligen, will die EU-Kommission die Art und Weise der Förderung ändern. Es sollen langfristige, verbindliche Ziele festgeschrieben werden. Außerdem sollen die Mitgliedstaaten zur Vorlage nationaler Aktionspläne verpflichtet sowie die nationalen Förderprogramme überprüft und harmonisiert werden. Der Fahrplan für erneuerbare Energien schlägt aber auch vor, dass externe Kosten fossiler Energieträger, beispielsweise über Energiesteuern, internalisieren werden.

In der Verbindung mit Energieeinsparung ist das auch nach der Studie Energie (R)evolution - Ein nachhaltiger Weg zu einer sauberen Energie-Zukunft für die Welt3)der Schlüssel, den weltweiten CO2-Ausstoß drastisch und bezahlbar zu reduzieren. Werde das Verursacherprinzip für Verschmutzer eingeführt sowie die Subvention fossiler und atomarer Energien abgebaut, seinen erneuerbare Energien schnell wettbewerbsfähig. Technische und ökonomische Barrieren gibt es für die Autoren der Studie keine. Das sei nur eine Frage des politischen Willens.

Aber wohl auch eine Frage von Lobbyarbeit. Denn solche Vorschläge treffen nicht nur auf Freu(n)de, zumal der Masterplan die Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas bis 2050 weitgehend und die Nutzung von Kernenergie vollständig beenden will. So kritisierte beispielsweise der Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus: Solche extremen und revolutionären Versprechungen münden in einen Desaster- und nicht in einen Masterplan. Außerdem sei die Studie ein Verkaufsförderungsprogramm für erneuerbare Energien .

Anders wollte sie sicher auch nicht verstanden werden. Vielleicht ist der Zeitrahmen zur kurz, und einzelne Punkte sind eventuell kritikwürdig. Das Gegenargument, dass der Klimaschutz den zwangsläufigen Verlust hunderttausender bestehender Arbeitsplätze bedeute, ist allerdings zynisch. Dass ein Wandel ein bestehendes System verändert, umkrempelt oder sogar gänzlich abwickelt, gehört zum Leben. Der Steinkohlenbergbau in Deutschland weiß das wie niemand sonst. Dass die Umstellung auf erneuerbare Energien ein Jobkiller ist, gehört allerdings ins Märchenbuch. Die Logik spricht für das Gegenteil. Jochen Vorländer

1)Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Fahrplan für erneuerbare Energien - Erneuerbare Energien im 21. Jahrhundert: Größere Nachhaltigkeit in der Zukunft, KOM(2006) 848.2)Nach einem Gutachten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR, Stuttgart) hat beispielsweise die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in 2005 Schäden von mindestens 2,8 Mrd. Euro vermieden, während die Förderung des Stroms aus Biomasse, Erdwärme, Photo­voltaik, Wasser und Wind durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz nur 2,4 Mrd. Euro gekostet habe. Verglichen werden bei der Betrachtung die durch die Nutzung fossiler Energieträger entstehenden Kosten der Stromerzeugung, beispielsweise durch Luftschadstoffe verursachten Gesundheits- und Materialschäden sowie (in geringerem Umfang) landwirtschaftliche Ertragsverluste. Die externen Kosten wurden dabei mit 70 Euro/t CO2angesetzt. Sie liegen damit für Kohlekraftwerke bei 6 8 ct/kWhel, für Gaskraftwerke bei 3 ct/kWhelund für Erneuerbaren Energien (Mix) bei etwa 0,5 ct/kWhel.3)Report des Dachverbands der Europäischen Erneuerbaren Energie Industrie (EREC) und Greenpeace, sie wurde in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik (DLR) und weltweit 30 weiteren Wissenschaftlern und Ingenieuren erarbeitet.

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