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Neue TRGI

Rohrnetzberechnung auf Bierdeckel

Bild 1 Beispiel der Bemessung einer Leitungsanlage (Einzelzuleitung) mit dem Tabellenverfahren. - JV - © JV
Bild 1 Beispiel der Bemessung einer Leitungsanlage (Einzelzuleitung) mit dem Tabellenverfahren. - JV

Sie gehört in der TGA/SHK-Branche zu den TOP 10-Regelwerken, zum festen Ausbildungsbestandteil, zum Pflichtprogramm in jedem TGA-Planungsbüro, SHK-Betrieb, Kehrbezirk und Versorgungsunternehmen. Kurzname: TRGI. Offizielle Bezeichnung: DVGW-Arbeitsblatt G 600 Technische Regeln für Gasinstallationen; DVGW-TRGI. 253 Seiten stark liegt sie seit Dezember 2006 als Gelbdruck mit Einspruchsfrist bis zum 30. April 2007 vor. Am 28. und 29. März wurde dieser im Gaswärme-Institut Essen (GWI) in einer gemeinsamen Veranstaltung des DVGW und des GWI der Branche vorgestellt und mit ihr diskutiert.

Die Fortschreibung der TRGI ’86/96 resultiert aus dem europäischen Integrationsprozess, Veränderungen der baurechtlichen Grundlagen-Verordnungen, wie die Musterbauordnung, die Muster-Feuerungsverordnung, die Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen, und dem technischen Fortschritt. Man denke dabei nur an die Einführung von Kunststoff-Innenleitungen in der Gasinstallation, Maßnahmen zur Manipulationsabwehr/-erschwerung, insbesondere die Einführung des Gasströmungswächters.

Leitungsbemessung erneuert

Viele der Neuerungen greifen direkt oder indirekt in die Dimensionierung der Leitungsanlage ein, so dass sich hier auch die wesentlichsten Änderungen ergeben. TRGI-Anwender dürfen sich darauf freuen: Statt sich an einer Notoperation der alten, strömungsmechanisch kaum nachzuvollziehenden Rohrnetzdimensionierung zu versuchen, wurde gleich reiner Tisch gemacht und die Bemessung der Leitungsanlage komplett überarbeitet. Die TGA-Redaktion hat bei der GWI/DVGW-Tagung den Anwendungstest gemacht. Unsere Note: Sehr gut, mit einer kleinen Einschränkung (siehe Gleichzeitigkeit). Jürgen Klement, verantwortlicher Obmann des TRGI-Unterprojektkreises Berechnung: „Die wichtigste Botschaft ist, niemand braucht zur Dimensionierung ein EDV-Programm. Für die meisten Anlagen lässt sich der Rohrdurchmesser direkt ablesen, wer lieber rechnet, schafft dies auf einem Bierdeckel.“

Die erste Neuerung ergibt sich bereits am Haus- oder Zähler-Druckregelgerät. Statt bisher 2,6 mbar führt die neue TRGI einen zulässigen Druckverlust von 3 mbar ein, dazu wurde der Nenn-Ausgangsdruck des Druckregelgeräts auf 23 mbar angehoben, um einen Geräteanschlussdruck von 20 mbar sicherzustellen. Künftig wird aber nicht mehr mit 3 mbar, sondern mit 300 Pa gearbeitet. Das bringt handlichere Zahlen, Nachkommastellen werden gerundet. Eine weitere entscheidende ­Vereinfachung: Für die Berechnung wird einheitlich Erdgas L mit Hi,B = 8,6 kWh/m³ angenommen. So können die Druckverluste ohne Umrechnungen ­auf Volumenströme unmittelbar mit der Nennbelastung ONB(Typenschild oder Beschreibung) ermittelt werden.

Reservierte Druckverluste für bestimmte Armaturen und Leitungsabschnitte wurden komplett abgeschafft. Die Druckverluste werden nun dynamisch, also entsprechend des tatsächlichen Volumenstroms (respektive dem für Erdgas L), berücksichtigt; Form- und Verbindungsstücke werden als Längenzuschläge angerechnet, Zuschläge für Reduzierungen wurden auf Null gesetzt. Auswahl und Abgleich des Gasströmungswächters (GS) sind jetzt integraler Bestandteil des Berechnungsverfahrens. GS vom TYP „K“ benötigen deswegen keinen Abgleich über die maximale Rohrlänge und Nennweite, dieser muss aber beim Typ „M“ vorgenommen werden, um die Funktion sicherzustellen.

Zwei Berechnungsverfahren

Angeboten werden Tabellenverfahren für Einzelzuleitungen und T-Stück-Installationen sowie ein Diagrammverfahren für Einzelzuleitungen und Verteilerinstallationen, das ca. 80 % der Anwendungen in der Praxis abdeckt. (DVGW 617 enthält zusätzlich die Grundlagen für ein EDV-Verfahren.) Anwendbar sind sie ohne Weiteres allerdings nur für metallene Rohrleitungen (Kupfer, Edelstahl und Stahl). Für Kunststoffrohrleitungen sind sie exemplarisch bzw. mit Einschränkungen abgebildet. Aufgrund nicht einheitlicher Innendurchmesser (Verbundrohre) und unterschiedlicher Verbinder sind die genauen Angaben künftig sinngemäß zur TRGI vom Hersteller zu liefern. Eine Besonderheit: Bei der T-Stück-Installation wurde die Gleichzeitigkeit bereits in die Druckverlusttabellen eingerechnet. Das bedeutet: Um Fehldimensionierungen zu vermeiden, beispielsweise bei Kaskadenanlagen, muss man das Kleingedruckte sorgfältig lesen und den gesamten Berechnungshintergrund verinnerlichen. In der momentanen Version wurde damit Einfachheit der Vorrang vor Transparenz gegeben. Ob sich das in der Praxis bewährt, bleibt abzuwarten. Eine Alternative wäre eine vorgeschaltete Gleichzeitigkeitstabelle für die Streckenbelastung. Bei T-Stückinstallationen bedeutet das zwar eine verkettete Ablesung, dafür könnten vier Tabellen entfallen.

Beim Diagrammverfahren wird für vorgegebene Bauteilkombinationen (GS, Gaszähler und Geräteanschlussarmatur) die maximal zulässige Leitungslänge bezogen auf den Rohrdurchmesser abgelesen. Eingangsgröße ist die ganzzahlig ­gerundeten Nennbelastung ONB. Kurvenscharen differenzieren bestimmte Geräteanschlussarmaturen und die Anzahl der 90°-Winkel. Größere (strömungsgünstigere) Gaszähler und größere Geräteanschlussarmaturen können aufgrund der festen Vorgaben nicht zur Minderung des Rohrdurchmessers oder zur Vergrößerung der Rohrlänge genutzt werden. Dies ist dem Tabellenverfahren vorbehalten.

Berechnungsbeispiel

Zur Anwendung des Tabellenverfahrens ­werden bei einer metallenen Einzelzuleitung (mit konstantem Rohrdurchmesser) benötigt:

• Skizze des Rohrleitungsverlaufs, daraus:

• gestreckte Rohrlänge

• Anzahl der Winkel

• Höhendifferenz zwischen Druckregelgerät und Geräteanschlussarmatur

• Nennbelastung in kW des Gasgeräts

• Nennweite und Art (Eck/Durchgang) der Geräteanschlussarmatur

• Gaszähler (G…)

• ggf. dynamische Druckverluste zusätzlicher Bauteile (Filter, Absperreinrichtungen)

Für ein Gasgerät mit einer Nennbelastung von 18,4 kW ergibt sich zunächst eine anzusetzende Nennbelastung von 18 kW. TRGI-Tafel 1 gibt dafür bei Typ „K“ einen Gasströmungswächter GS4 mit einem Druckverlust von 14 Pa vor. Die Zählergruppe G2,5 hat bei 18 kW einen Druckverlust von 60 Pa. Per Definition sind in der Zählergruppe bereits berücksichtigt: Bis zu 3 Winkel und die Zähler­absperreinrichtung. Für die vom Hersteller vorgegebene Geräteanschlussarmatur mit TAE in Eckform DN 15 ergibt sich mit 18 kW aus TRGI-Tafel 1 ein Druckverlust von 45 Pa. Der Druck­gewinn aus 5,6 m Höhendifferenz beträgt 5,6 m × –4 Pa/m= – 22 Pa (gerundet). Als Druckverlust für die Rohrleitung bleiben damit:

(300 – 14 – 60 – 45 + 22) Pa = 203 Pa

Gemäß Bild 1 beträgt die Länge der Rohrleitung 18,5 m. 6 Winkel sind mit jeweils 0,3 m äquivalenter Rohrlänge (0,3 m/Winkel gilt bis da = 28) zu berücksichtigen. Die Berechnungslänge ist somit 20,3 m, wodurch der spezifische Druckverlust auf 203 Pa : 20,3 m = 10 Pa/m begrenzt ist. Aus TRGI-Tafel 1 wird mit 18 kW als minimaler Rohrdurchmesser abgelesen: da = 18 mm (Kupfer- und Edelstahlrohr). Der abgelesene Druckverlust beträgt 9 Pa/m (Ablesung bei 19 kW). Als Gesamtdruckverlust ergibt sich:

(14 + 60 + 45 – 22 + 20,3 × 9) Pa = 280 Pa

Der Druckverlust ist kleiner als der maximale Druckverlust von 300 Pa. Damit ist der Funktionsnachweis erbracht. Auf einem Bierdeckel. Den Zwischenschritt mit dem spezifischen Druckverlust hätte man sich über einen in TRGI-Tafel 1 gekennzeichneten Näherungswert zur Vorauswahl sogar noch sparen können. Klement: „In 95 % der typischen Praxisfälle wird der Näherungswert passen. Kontrollieren ist aber Pflicht.“ Auch für unser Beispiel war der Näherungswert die richtige Empfehlung. Bei einer 3 m längeren Zuleitung wäre aber schon eine größere Nennweite erforderlich gewesen. In der Praxis würde man dann ein Teilstück, beispielsweise bist zum Gaszähler, vergrößern. Die Teilstrecken sind dann getrennt zu betrachten. Für eine wird der größere Durchmesser vorgegeben, bei der anderen der minimale wie oben beschrieben ermittelt.

Wie geht es weiter mit der TRGI?

Das favorisierte Novellierungsdatum 2006, das mit 1986 und 1996 eine schöne Zahlenreihe ergeben hätte, war wegen der vielfältigen Anpassung paralleler Regelwerke zu ehrgeizig. Immerhin hat der Gelbdruck die Kennzeichnung geschafft. Wann die TRGI als Weißdruck vorliegt, kann nur abgeschätzt werden. Bei Einspruchsverfahren kann es schon einmal zu einer unangenehmen Überraschung mit entsprechender Verzögerung kommen. Fritz Guther, DVGW-Obmann TK Gasin­stallation geht davon aus, dass die TRGI noch in diesem Jahr erscheint, falls nicht aufwendige Schlichtungsrunden erforderlich sind. Sehr zeitnah soll es dann auch einen TRGI-Kommentar geben.

Das Berechnungsverfahren ist zwar eine der wesentlichen Änderungen, es gilt mit der neuen TRGI aber weit mehr zu verinnerlichen. So ent­fallen beim momentanen eintägigen Schulungskonzept auf das Berechnungsverfahren nur etwa 25 % der Schulungszeit. Weitere Stichworte zu Neuerungen in der kommenden TRGI sind beispielsweise:

Aufstellräume, Aufstellbedingungen von Gasherden, Wellrohrsysteme, Kunststoffleitungen, Gasgeräteanschlussleitungen, neue Gasgerätearten, dekorative Gasfeuerstätten, Wanddicken bei Rohrleitungen, Betrieb und Instandhaltung (jetzt offizieller Bestandteil), Prüfung von Leitungsanlagen, Hausschau, Gebäudeklassen, Gasgeruch, Form- und Verbindungsstücke, gemischte (Werkstoffe) Installationen, Leitungen in Hohlräumen, Brandschutz, Positionierung von Gasströmungswächtern, Prüfung von Leitungen.

Einen Hinweis zum nächsten Schulungstermin beim GWI finden Sie in unserem Terminkalender auf Seite 8. Jochen Vorländer

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