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Auch eine Aufgabe für Energieversorger:

Mit Energiedienstleistungen den Sanierungsstau auflösen

Kompakt informieren

  • Für eine Erhöhung der Energieeffizienz kommt dem Gebäudesektor und hier der Technischen Gebäudeausrüstung eine Schlüsselrolle zu.
  • Ein Weg die Sanierungsquote zu steigern, sind Energiedienstleitungen, die von/über Energie­versorger(n) angeboten werden. An einem großen Teil der Angebote partizipieren TGA-Planer und SHK-Handwerker.
  • In kleinen und mittleren Unternehmen werden Energieeffizienzpotenziale häufig nicht erschlossen, weil sie nicht hinreichend bekannt sind oder zu gering eingeschätzt werden.

Mit der Energiewende steht die Bundes­republik vor einer energiewirtschaftlichen Aufgabe, die in ihrer Dimension mit der Deutschen Einheit vergleichbar ist. Zentraler Schlüssel ist die Steigerung der Energieeffizienz, besonders auf der Nachfrageseite. Das größte, kurzfristig realisierbare Effizienzpotenzial und gleichzeitig das größte CO2-Reduktionspotenzial liegen im Gebäudesektor – rund 40 % des Energieverbrauchs in Deutschland sind der Nutzung und dem Betrieb von Gebäuden zuzuordnen.

Für eine weitere Optimierung der Energieeffizienz wächst auch die Bedeutung der Technischen Gebäudeausrüstung. Betrachtet man den Lebenszyklus von heutigen Gebäuden, entfallen lediglich 20 % der Gesamtkosten auf den Bau und 80 % auf den Betrieb. Hier sticht der höchste Trumpf der TGA-Fachleute: Die Senkung der Betriebskosten durch eine intelligente, dem Standort angepasste Energieversorgung, die gleichzeitig die Ökobilanz verbessert und den CO2-Ausstoß vermindert.

Information und Beratung

Maßgebliche Erfolgsfaktoren für eine breite Einführung von Effizienztechnologien im Gebäudebereich sind die Information und Beratung aller Bauinteressenten, Bauherren, Investoren, Hausbesitzer und Modernisierer. Und zwar zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, denn die Weichen für den Einbau energieeffizienter Gebäudetechnik werden schon weit vor der eigentlichen Entscheidungs- und Planungsphase gestellt.

Auch den Energieversorgungsunternehmen (EVU) kommt in dieser Hinsicht eine wichtige Aufgabe zu. Mit dem im Herbst 2010 in Kraft getretenen Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G) sind EVU angehalten, Endkunden über Energiedienstleistungen, Energieaudits, Energieberatungen und andere Effizienzmaßnahmen zu informieren. Fast alle Unternehmen kooperieren bei der Erarbeitung und Vermarktung von Energiedienstleistungen mit weiteren Partnern. Institutionen des öffentlichen Sektors sollen eine Vorbildfunktion einnehmen und erfolgreiche Maßnahmen bekannt machen. Auf der Anbieterliste Abb. 2 der neu eingerichteten Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE), die beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Eschborn angesiedelt ist, sind inzwischen viele Hundert Anbieter von Energiedienstleistungen eingetragen.

Wichtig: Potenziale in KMU erschließen

In welchem Umfang kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vorhandene Energieeinspar­potenziale gegenwärtig nutzen, untersuchte das Marktforschungsinstitut Synovate im Auftrag der Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung (HEA1)) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Nach einer qualitativen Vorstudie wurden 600 KMU aus dem Dienstleistungssektor und dem produzierenden Gewerbe befragt.

Ein Ergebnis war, dass bei diesen Firmen neben unzureichenden finanziellen Mitteln vor allem fehlende Informationen über Potenziale der Energieeffizienzmaßnahmen beziehungsweise über ihre Wirksamkeit Hauptursachen für Inaktivität waren. Dort dagegen, wo Controlling oder Fixierung von Effizienzzielen an der Tagesordnung waren, existieren starke Indikatoren für ein Engagement mit strategischer Ausrichtung.

Deutlich wurde auch, dass neben bekannten Sparfaktoren, wie Beleuchtung, Heizung, Trinkwassererwärmung und Wärmedämmung, große Potenziale in Querschnittstechnologien und im Produktionsprozess brachliegen, weil sie zu wenig kommuniziert werden. Erfahrungs­gemäß lassen sich jedoch durch die Umstellung auf wirtschaftlichere Systeme, Energie­management oder die Nutzung von Prozess­abwärme bis zu 60 % der Energie für den ­Gebäudebetrieb einsparen Abb. 1.

Integraler Planungsansatz

Insbesondere im produzierenden Gewerbe ist ein integraler Planungsansatz bei allen Maßnahmen, ob Neubau oder Modernisierung, sinnvoll. Besonders die tiefe Integration der TGA-Planung ist dazu erforderlich. Ein Gesamtenergiekonzept, das im Dialog mit der Nutzung eines Gebäudes steht, kann sich gravierend auf die Baugestaltung und -technik auswirken – die bestmögliche Berücksichtigung ist deswegen nur realistisch, wenn das Konzept in der Vorplanungsphase entwickelt wird.

Beispielsweise nutzen immer mehr Unternehmen die Abwärme der Rechnerräume als „Abfallprodukt“ und speisen diese in den Heizkreislauf ein. Solche und andere Best-Practice-Beispiele können EVU im Rahmen ihres Dienstleistungsangebots zur Verfügung stellen. Neben der Nutzung von Fördermitteln ist auch ein Benchmarking für vergleichbare Gewerbekundengruppen möglich. So können anstehende Entscheidungen aufgrund belastbarer Daten evaluiert werden.

Contracting

Ein weiteres Angebot der EVU ist das Energie-Contracting und die Variante Wärme-Liefer-Contracting, welche sich gut an die Bedürfnisse von Hauseigentümern und lokale Gegebenheiten der Immobilien anpassen lassen. Wesent­liche Hürden für eine breite Markteinführung von Contracting und ähnlichen Lösungen bei Wohngebäuden sind limitierte, der Nutzungsdauer nicht angemessene Vertragslaufzeiten und eigentumsrechtliche Fragen in Bezug auf die installierte Technik.

Im Bereich der Heizungsanlagen für selbst genutzte Ein- und Zweifamilienhäuser, wo die Vertragsverhältnisse einfach gestaltet werden können, gibt es erfreulich positive Entwicklungen. So kommt das Bremer Energie Institut im Rahmen eines aktuellen Forschungsvorhabens zu folgenden Ergebnissen: Derzeit gibt es insgesamt etwa 30000 Mini-Contracting-Kunden von Energieversorgern in Deutschland. Besonders als Finanzierungs- und Kundenbindungsinstrument scheint Mini-Contracting angenommen zu sein. Auch die starke Einbindung des Handwerks kommt an. 63 % der Fachpartner gaben an, durch Mini-Contracting neue Kunden gewonnen zu haben. Dieses Angebot gibt der Mehrheit der Kunden oft den entscheidenden Impuls.

Ausblick

Sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene sind die Ziele für die Steigerung der Energieeffizienz, die Senkung des Primärenergieverbrauchs und die Minderung des CO2-Ausstoßes bis 2020 und 2050 überaus ambitioniert. Um sie umzusetzen, muss die aktuelle Sanierungsrate in Deutschland mindestens verdoppelt werden.

Dabei kommt der Technischen Gebäudeausrüstung eine Schlüsselrolle zu. Eine konzertierte Aktion in diesem Bereich hätte viele volkswirtschaftliche Vorteile, beispielsweise wirtschaftliches Wachstum und positive Effekte für den Arbeitsmarkt. Außerdem entstünde ein erheblicher Zusatznutzen durch die Steigerung von Wohnwert und Wohnkomfort. Und der Bedarf ist groß: Experten schätzen das gesamte Marktvolumen der energetischen Gebäudemoderni­sierung in Deutschland auf eine Größenordnung von 350 Mrd. Euro. •

1) Die HEA – Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung, ­Berlin, ist der Marktpartnerverbund der Energiewirtschaft. Mitglieder sind Energieversorger, Unternehmen der Geräteindustrie, die Spitzenverbände der Elektro- und Sanitärfachhandwerke sowie des Fachhandels. Die Schwerpunkte liegen in der Beratung und Information über energieeffiziente Anwendungstechnik und Energiedienstleistungen. Unter ihrem Dach werden die drei Marktinitiativen Elektro+, Wärme+ und Hausgeräte+ gebündelt.

EDL vom Energieversorger

Energieversorger sind schon heute im Dienstleistungsmarkt aktiv und sie werden sich in Zukunft verstärkt engagieren. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat Energieversorgungsunternehmen bezüglich ihrer aktuellen Angebote von Energiedienstleistungen (EDL) u.a. nach den Zielgruppen und über die Kooperationspartner befragt. Ergebnisse aus der Untersuchung:

  • 85 % der EVU bieten EDL für kommunale und ­öffentliche Institutionen an
  • 83 % der EVU bieten EDL für Privathaushalte an
  • 80 % der EVU bieten EDL für Wohnungs-, Immobilienwirtschaft sowie Gewerbe­betriebe an
  • 66 % der EVU bieten EDL bei Industrieunter­nehmen an
  • 63 % der EVU bieten EDL bei sozialen Einrich­tungen
  • über 70 % der EVU arbeiten bei ihren EDL mit Fachhandwerk zusammen
  • 61 % der EVU kooperieren bei ihren EDL mit ­Architekten, Planern und Energieberatern
  • 34 % der EVU kooperieren bei ihren EDL mit ­Geräte- und Anlagenherstellern

Dr. Jan Witt

ist Geschäftsführer HEA – Fachgemeinschaft für effiziente Energieanwendung, Berlin, https://www.hea.de/

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