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Betonkerntemperierung

Vergleich: BKT-Luft und BKT-Wasser

Kompakt informieren

  • Die Betonkerntemperierung (BKT) erfolgt überwiegend mit wasserführenden Systemen, luftführende BKT-Systeme werden (noch) relativ selten installiert.
  • Beim BKT-Wasser werden die aktivierten Bauteile je nach Lastfall beheizt oder gekühlt. Bei der BKT-Luft werden die aktivierten Bauteile immer gekühlt.
  • Bei den Investitionskosten punktet das System BKT-Wasser, bei den Energiekosten das System BKT-Luft. Die Annuität ist bei beiden Systemen nahezu identisch.

Bei der deutlich überwiegenden Anzahl von Gebäuden mit Betonkerntemperierung (BKT) werden speicherfähige Teile der Gebäudestruktur über einbetonierte wasserführende Leitungen (BKT-Wasser) geheizt bzw. gekühlt. Die luftführenden Systeme zur Betonkerntemperierung (BKT-Luft) sind dagegen kaum bekannt. Sie werden meistens mit dem Hinweis auf eine gegenüber Wasser 4-fach niedrigere Wärmekapazität der Luft „aussortiert“ – und Untersuchungen, die beide Systeme für Entscheider vergleichbar machen, gibt es kaum. So liefert Schröder in [1] zwar Energiekennwerte, die Investitionskosten bleiben aber unberücksichtigt.

Referenzgebäude

Die vorliegende Untersuchung vergleicht für die Systeme BKT-Wasser und BKT-Luft die ­Investitions- und die Betriebskosten anhand ­eines musterhaften Referenzgebäudes Abb. 1 . Das zweistöckige Bürogebäude mit der Grundfläche von 20 × 12,6 m besteht aus Standard­büros (je 2 Personen, 10 m2/Pers.) sowie einem Besprechungsraum. Standort ist Stuttgart. Gebäudedaten und Annahmen:

  • beheizte Fläche: 460 m<sup>2</sup>
  • umbautes beheiztes Volumen: 1385 m<sup>3</sup>
  • Fensteranteil gesamt: 47 %
  • außenliegender Sonnenschutz
  • Sonneneinstrahlung /Schwellenwert: 150 W/m<sup>2</sup>
  • U-Wert der Fenster: 1,3 W/(m<sup>2</sup> K)
  • U-Wert der Außenwand: 0,2 W/(m<sup>2</sup> K)
  • Außenluft-Volumenstrom: 50 m<sup>3</sup>/(h Pers.)
  • Luftwechsel: 1,7 h<sup>–1</sup>
  • Betonspeicherfähigkeit (bezogen auf Deckenfläche): 240 bis 300 Wh/m<sup>2</sup>
  • Strompreis: 0,19 Euro/kWh
  • Fernwärmepreis: 0,09 Euro/kWh

Funktionsweise der Systeme

Bei BKT-Wasser werden üblicherweise PE-Rohre mit einem Außendurchmesser von 20 mm im Abstand von 150 mm in der neutralen Zone der Betondecke verlegt Abb. 2 . Im Referenzgebäude werden dafür 2715 m Rohr benötigt. Bei BKT-Luft Abb. 3 wird die Zuluft durch die U-förmig im Beton eingelegten Rohre geführt (im Referenzgebäude zwei U-Rohre pro Raum). Die Rohre bestehen aus Aluminium, haben einen Außendurchmesser von 80 mm (lieferbar sind auch Rohre mit 60 mm Innendurchmesser) und verfügen über eine Innenberippung zur Verbesserung des Wärmeübergangs auf der Luftseite. Die benötigte Gesamtrohrlänge für das Referenzgebäude beträgt 440 m. In beiden Systemen wird die Abluft mittels Luftdurchlässe dem Raum entnommen und zurück zum RTL-Gerät zur Wärmerückgewinnung geführt.

Die bei BKT-Luft durch die betonintegrierten Rohre geführte Zuluft hat am Eintritt in das Bauteil immer (im Sommer und Winter) eine konstante Temperatur von ca. 12 °C. Um eine Taupunktunterschreitung zu vermeiden, ist der Wert nach unten begrenzt. Die Außenluft wird in einem RLT-Gerät auf diese Temperatur gekühlt und gleichzeitig entfeuchtet (Sommerfall) oder geheizt (Winterfall) und anschließend durch Verteilkanäle bis an die Raumgrenze geführt. Die Entfeuchtung der Zuluft im Sommer ist ein wichtiger Vorteil der BKT-Luft und macht sie bezüglich des Komforts zu einem hochwertigeren System.

Anders als bei einer Lüftungsanlage, gelangt die Zuluft nicht direkt über Luftauslässe in den Raum, sondern wird zunächst in der 8 bis 10 m langen U-Schleife durch die Betondecke geführt und gelangt dann über einen Luftauslass in den Raum. Die Raumdecke wird dabei ausgekühlt. Dies hat zwei wesentliche Vorgänge zur Folge:

Die Luft wird von 12 auf ca. 21 °C auf­gewärmt und dann mit einer besonders komfortablen Zulufttemperatur dem Raum zugeführt. Dadurch entfällt der Nacherhitzer im RLT-Gerät.

Die Luft kühlt die Decke aus. Im Sommer hat dies einen Kühleffekt auf den Raum (die Deckentemperatur sinkt auf ca. 21 bis 22 °C ab). Auch im Winter wird der Decke durch die Lufttemperatur von 12 °C am ­Eintritt in das Bauteil Wärme entzogen, ­obgleich der Raum beheizt und nicht ­gekühlt werden soll. Diese Wärmemenge muss dem Raum (im Referenzgebäude über Heizkörper) für eine ausgeglichene Bilanz zusätzlich zugefügt werden.

Es wäre für den Vergleich vorteilhaft gewesen, die Luft im Winter auf eine etwas höhere Temperatur zu erwärmen, damit die Zusatzheizkörper für BKT-Wasser und BKT-Luft die gleiche Größe haben. Durch die Verwendung von Fremddaten für die Berechnungen (siehe unten) war dies jedoch nicht möglich.

Ergänzende Komponenten

Um beide BKT-Systeme (ohne Gutschriften) vergleichbar zu machen, sollen sie die Heizung und Kühlung sowie den hygienischen Mindestluftwechsel gewährleisten.

Weder BKT-Wasser noch BKT-Luft können jedoch zu jeder Zeit die gesamte Heiz- bzw. Kühllast eines Raumes abführen. Außerdem reagieren beide Systeme äußerst träge. Um Spitzenlasten abzudecken und nutzerspezifischen Anforderungen gerecht zu werden, müssen beide Systeme durch schnell reagierende Heizelemente ergänzt werden. Realisiert wurde dies für beide Lösungen mit Heizkörpern. Auf zusätzliche Kühlelemente wurde verzichtet, da es nach Graubner und Wolf [2] nicht zu erwarten ist, dass die Komfort-Raumlufttemperatur im Sommer nennenswert überschritten wird.

Bedingt durch ihre sehr dichte Gebäudehülle erfordern die meisten energieeffizienten Neubauten eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, um den hygienischen Mindestluftwechsel energetisch sinnvoll bereitstellen zu können. Darum wurde das Referenzgebäude mit einem entsprechenden RLT-Gerät ausgestattet.

Somit benötigt das System BKT-Wasser drei Versorgungskreise: Wasser für die Heizkörper, Wasser für die Betonkerntemperierung und Luft für die Lüftung. Das System BKT-Luft vereint dagegen die Betonkerntemperierung mit der Lüftung, sodass nur zwei Versorgungskreise zu realisieren sind.

Leistungsfähigkeit der Systeme

Die Leistungsfähigkeit der Betonkerntemperier-Systeme wird durch mehrere Faktoren beeinflusst: Gebäudearchitektur und bauphysikalische Eigenschaften (u.a. Deckendicke und Fußbodenbelag, Lage des Gebäudes, Klimazone, Nutzungsprofile, innere Lasten etc.). Für das Referenzgebäude wurde die Heiz- und Kühllastberechnung nach DIN EN 12831 bzw. VDI 2078 durchgeführt.

Für das Referenzgebäude beträgt die Leistung des Systems BKT-Wasser im Winter rund 50 W/m2 und im Sommer rund 70 W/m2. Für das System BKT-Luft ergeben sich Leistungen von bis zu 40 W/m2 im Sommer. Im Winter leistet das System BKT-Luft keine Wärmezufuhr über die Decke, wie es bei BKT-Wasser der Fall ist. Um die für zwei Personen in einem Raum benötigte Luftmenge von 100 m3/h in der Decke von 12 auf 21 °C zu erwärmen, werden dem Raum zudem ca. 30 W/m2 entzogen. Dies hat zur Folge, dass hier deutlich größere Heizkörper als bei BKT-Wasser benötigt werden Abb. 4 Abb. 5.

Energieaufwand der Systeme

Ein exakter Systemvergleich wäre nur mithilfe einer Simulation beider Systeme auf einer einheitlichen Basis möglich. Da entsprechende Simulationsergebnisse für beide Systeme von anderen Autoren bereits veröffentlicht sind, wurde im Rahmen der vorliegenden Untersuchung auf das Erstellen eigener Simulationen verzichtet und stattdessen auf die Fremddaten zurückgegriffen. Zwar unterscheiden sich die Fremddaten bei Raumgröße, bauphysikalischen Eigenschaften und Anlagenbetriebsverhalten der untersuchten Räume, aber ihre hohe Qualität erlaubt eine realistische Projektion auf das Referenzgebäude.

Allerdings benutzen die herangezogenen Fremddaten sowie Herstellerauslegungen für BKT-Luft einheitlich und ausschließlich die konstante Zulufttemperatur von 12 °C (auch im Winter). Eine Umrechnung auf eine höhere Temperatur war dadurch nicht möglich.

Für das System BKT-Wasser wurde der Mittelwert des Energieaufwands aus mehreren untersuchten Regelstrategien von Olesen [3] herangezogen. Für das System BKT-Luft wurden die Energiekennwerte einer Simulation des IKE Lehrstuhles für Heiz- und Raumlufttechnik der Universität Stuttgart [4] verwendet. Diese Fremddaten flossen in die Berechnung des Gesamt-Energieaufwands ein, der zusätzlich den Energieaufwand der Lüftung, der Heizung durch die Heizkörper und des Transports bzw. der Übergabe berücksichtigte.

Es wurde angenommen, dass die Bereitstellung der benötigten Wärme durch ein vorhandenes Fernwärmenetz erfolgt. Die Systembetrachtungsgrenze lag am Gebäudeeintritt.

Im Ergebnis zeigt die energetische Untersuchung, dass der Energieaufwand des Systems BKT-Wasser bei ca. 85 kWh/(m2 a) und der Energieaufwand des System BKT-Luft mit rund 50 kWh/(m2 a) um ca. 40 % geringer ist Abb. 6. Der Grund hierfür ist der hohe Energieaufwand für die Bereitstellung des Kaltwassers beim BKT-Wasser einschließlich Pumpenenergie, welche im System BKT-Luft nicht benötigt wird.

Kosten der Systeme

Die Ermittlung der Investitionskosten erfolgte anhand einer detaillierten Auslegung der Systemkomponenten. Für das Referenzgebäude ergeben sich für das System BKT-Wasser rund 114000 Euro bzw. 247 Euro/m2 (bezogen auf die beheizte Fläche) und für das System BKT-Luft rund 136000 Euro bzw. 296 Euro/m2.

Die Energiekosten wurden anhand des jährlichen Energieaufwands der Systeme ermittelt. Sie liegen für das System BKT-Luft bei rund 6,3 Euro/(m2 a) und für das System BKT-Wasser bei rund 9,6 Euro/(m2 a).

Der Vergleich der Systeme Abb. 7 zeigt die deutlichen Unterschiede: Die Investitionskosten für das System BKT-Wasser betragen nur rund 84 % der Kosten für BKT-Luft, ihre jährlichen Energiekosten liegen jedoch um 52 % höher.

Die ermittelten Investitions- und Energiekosten flossen in eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nach VDI 2067-1 (Ausgabe 2010) ein. Im Ergebnis zeigt sich, dass im betrachteten Zeitraum von 20 Jahren die hohen Investitionskosten des System BKT-Luft durch die deutlich geringeren Energiekosten ausgeglichen werden. Die nutzflächenbezogene Annuität von BKT-Luft ist mit 58,2 Euro/(m2 a) geringfügig niedriger als die von BKT-Wasser mit 59,2 Euro/(m2 a) Abb. 8. Da den durchgeführten Berechnungen eine gewisse Unschärfe immanent ist, insbesondere durch die Verwendung der Fremddaten für die Ermittlung der Energiekennwerte, ist die Annuität beider Systeme als identisch zu bewerten.

Zusammenfassung

Die verbreitete These, dass Wasser mit einer gegenüber der Luft 4-fach höheren spezifischen Wärmekapazität die Betonkerntemperierung mit Luft völlig uninteressant macht, wird anhand der dargestellten Untersuchungen deutlich relativiert. Das System BKT-Wasser benötigt drei Versorgungskreise: Wasser für die Heizkörper, Wasser für die Betonkerntemperierung und Luft für die Lüftung. Das System BKT-Luft hingegen vereint die Betonkerntemperierung mit der Lüftung, der zusätzliche Wasserkreis für die Betonkerntemperierung entfällt. Das führt an dieser Stelle zu Einsparungen bei den Investitionskosten, bedeutender ist jedoch der deutlich geringere Energieverbrauch.

In der Gesamtbetrachtung stellt sich die Betonkerntemperierung mit Luft als ein wirtschaftlich gleichwertiges und zumindest im Sommer bezüglich des Komforts hochwertigeres System dar. Werden seitens des Bauherrn hohe Komfortansprüche und Forderungen nach niedrigen Energiekosten gestellt, so ist dem System BKT-Luft der Vorrang zu geben. Sind jedoch die Baukosten der maßgebende Faktor, dann ist das System BKT-Wasser im Vorteil – ein ca. 19 % höherer Investitionsbedarf für das System BKT-Luft kann insbesondere dann vorschnell einen Ausschluss bedeuten, wenn der Bauherr das Gebäude später nicht selbst betreiben wird. •

Literatur

[1] Schröder, D.: Energieverbrauch und Energiekosten von Kühldecken, Karlsruhe: cci-Dialog, CCI 9-2009

[2] Graubner, C.-A., Wolf, B.: Effizienzvorteile der Betonkerntemperierung. Anwendungsgebiete in wirtschaftlicher und technischer ­Hinsicht. Vorträge zum Deutschen Bautechnik-Tag, April 2007, Mainz / Red.: Lars Meyer. Berlin: Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein 2007, DBV 12-2007.

[3] Olesen, B. W.: Neue Erkenntnisse über Regelung und Betrieb für die Betonkernaktivierung. Düsseldorf Springer-VDI-Verlag, HLH, 1-2005

[4] Michael Schmidt, M., Treiber, M.,: Betonkernkühlung mit Zuluft der Fa. Kiefer: Gebäude- und Anlagensimulation, Jahresbetrachtung und Energieaufwand, Stuttgart: IKE Lehrstuhl für Heiz- und ­Raumlufttechnik (Hrsg.), 2005

Wichtig für TGA-Planer, Anlagenbauer und Bauherren

TGA-Planer: Ein großer Vorteil des Systems BKT-Luft kann im planerischen Gesamtkonzept die „integrierte Entfeuchtung der Zuluft im Sommer“ sein. Aufgrund der ganzjährig konstanten und einheitlichen Lufttemperatur ist zudem der regelungstechnische Aufwand für die BKT-Luft minimal.

Anlagenbauer: BKT-Wasser und BKT-Luft sind in der Praxis erprobt, es handelt sich aber um grundsätzlich unterschiedliche Konzepte. Deutlich verschieden sind auch die potenziellen Risiken in der Bau-, Inbetriebnahme- und Nutzungsphase. Die Systementscheidung muss in einer sehr frühen Phase der Gebäudeplanung getroffen werden.

Bauherren: Die Gesamtkosten der Systeme BKT-Luft und BKT-Wasser liegen auf dem gleichen Niveau, die Kostenbestandteile sind jedoch deutlich unterschiedlich. Bei einem konkreten Projekt haben darum die Annahmen zur Energiepreisentwicklung und die örtliche Wärme- und Stromversorgung einen deutlichen Einfluss auf die projektspezifische Annuität.

B.Sc. Eliam Mundinger

ist Projektingenieur bei der fc-ingenieure GmbH, 79104 Freiburg im Breisgau, Telefon (07 61) 55 77 88 84 24, e.mundinger@fc-ing.de, http://www.fc-ing.de

Prof. Dr.-Ing. Evgenia Sikorski unterrichtet an der Hochschule Offenburg Heizungstechnik, Raumlufttechnik, Planung und Betrieb von TGA-Anlagen sowie Technische Mechanik und ist Mitglied des Instituts für Angewandte Forschung (IAF), 77652 Offenburg, Telefon (07 81) 20 52 54, evgenia.sikorski@hs-offenburg.de, https://www.hs-offenburg.de/

Dipl.-Ing. Dirk Wölfle ist Geschäftsführer der fc-ingenieure GmbH, 79104 Freiburg im Breisgau, Telefon (07 61) 55 77 88 84 26, d.woelfle@fc-ing.de, http://www.fc-ing.de