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Auswirkungen der ErP(Ökodesign)-Richtlinie

Neujustierung der Wirkungsgrade

Kompakt informieren

  • Mit dem ab dem 26. September 2015 EU-weit verbindlichen Energieeffizienzlabel für Raumheizgeräte, Kombiheizgeräte und Verbundanlagen werden die Effizienzwerte standardisiert.
  • War bislang der Normnutzungsgrad die Messlatte, wird der mittlere Wirkungsgrad künftig anhand der jahreszeitbedingten Raumheizungs-Energieeffizienz berechnet. Neuer Bezugswert für den Wirkungsgrad von Heizgeräten ist damit der Brennwert.

Über die Jahre hinweg haben sich Heizungsfachleute und Nutzer an die Tatsache gewöhnt, dass Brennwert-Wärmeerzeuger einen Wirkungsgrad von mehr als 100 % erreichen. Doch jetzt räumt die ErP(Ökodesign)-Richtlinie für energieverbrauchende und energieverbrauchsrelevante Produkte (ErP: Energy-related Products; früher EuP für Energy-using Products) mit diesem Effizienz-Mythos in der Heiztechnik auf: Brennwertgeräte können künftig nur noch auf einen Wirkungsgrad von maximal 93 % (gerundet) kommen.

Die magische Grenze von 100 % wird jedoch nach dem ErP-Stichtag 26. September 2015 noch von Systemlösungen überschritten. Denn ausgehend vom überwiegend genutzten Wärmeerzeuger werden bei Systemlösungen zusätzliche Wirkungsgradverbesserungen durch abgestimmte Regelungstechnik und die Ergänzung von regenerativen Wärmeerzeuger-Technologien, beispielsweise Solarthermie, dazu addiert. In Summe wertet die EU also Heizsysteme mit aufeinander abgestimmten Komponenten auf.

Die mehr als 100%igen

Dass Brennwert-Wärmeerzeuger renommierter Hersteller durch die Bank einen Wirkungsgrad von mehr als 100 % haben, ist streng genommen paradox: Wie kann ein Gerät technisch mehr als 100 % Leistung erreichen? Mit dem Fortschreiten der effizienten Nutzung fossiler Brennstoffe und der Etablierung der Brennwerttechnik in den 1990er-Jahren entstand eine technische Ableitung des Wir-kungsgrads, bei der plötzlich energetische Nutzungsgrade von mehr als 100 % auftauchten. Über die Jahre hinweg hat es die Heizungsbranche geschafft, das unlogisch erscheinende Zahlenspiel als ein Markenzeichen für die Brennwertnutzung zu etablieren und damit die Leistungsfähigkeit der Geräte unter Beweis zu stellen.

Dieses Markenzeichen wird mit der Umsetzung der ErP(Ökodesign)-Richtlinie für Wärmeerzeuger (ErP: Raumheizgeräte) und des damit verbundenen Energieeffizienzlabels (ErP: Effizienzetikett) in der Europäischen Union abgeschafft. Vom 26. September 2015 an müssen Wärmeerzeuger sowie Speicher bestimmte Mindestanforderungen in puncto Energieeffizienz und Produkt- und Systemkennzeichnung erfüllen. Weil das Label in erster Linie Verbrauchern zur schnellen Orientierung dienen soll, benötigen nur Wärmeerzeuger bis 70 kW Leistung und Speicher bis 500 l Volumen ein Energieeffizienzlabel.

Bei der „weißen Ware“ – Elektrogeräten wie Kühlschränken oder Waschmaschinen – hat sich diese EU-Energieverbrauchs-Kennzeichnung bewährt: Der Kunde kann anhand der unterschiedlichen Farben und Buchstaben auf einen Blick die Energieeffizienz der Produkte erkennen und vergleichen. Unterteilt werden die Wärmeerzeuger zunächst in neun Effizienzklassen von A++ (grün) bis G (rot), 2019 kommt noch die Klasse A+++ hinzu, dafür entfallen die Klassen E bis G Abb. 1. Beim Systemlabel ist schon ab 2015 die Klasse A+++ möglich Abb. 1.

Für die in den Umsetzungsverordnungen der ErP-Richtlinie ( Webcode 579264) geforderte Energieeffizienz-Kennzeichnung müssen die Angaben der technischen Werte standardisiert werden. Nur so lassen sich Geräte und Systeme vergleichen. Spricht die Fachwelt insbesondere bei Öl- und Gas-Heizkesseln heute noch von Normnutzungsgraden, geht es von September 2015 an hauptsächlich um die jahreszeitbedingte Raumheizungs- und Warmwasser-Energieeffizienz.

Neuer Bezugswert ist der Brennwert

Was sind die Unterschiede zwischen dem Normnutzungsgrad und der jahreszeitbedingten Raumheizungs-Energieeffizienz s, auch Raumheizungs-(Jahres-)Nutzungsgrad genannt? Und welche Vorteile ergeben sich durch den Wechsel für die Branche und den Kunden?

Der wichtigste Unterschied ist, dass die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz einheitlich auf den Brennwert bezogen wird. Dies ist beim Normnutzungsgrad nicht der Fall. Denn in der Vergangenheit hat es sich eingebürgert, dass Wirkungsgrade bezogen auf den Heizwert (unterer Heizwert Hu, international Hi) angegeben werden, und nicht auf den Brennwert (oberer Heizwert Ho, international Hs). Der Brennwert bezeichnet die gesamte Wärmemenge, die eine Einheit Brennstoff abgibt, wenn sie mit Sauerstoff vollständig verbrannt wird und die Verbrennungsprodukte auf Umgebungstemperatur abkühlen. Diese Wärmemenge umfasst die im Brennstoff enthaltene Kondensationswärme des gesamten Wasserdampfes ebenso wie die des Wasserdampfes, der durch die Verbrennung des im Brennstoff enthaltenen Wasserstoffs entsteht (EU-Verordnung 813/2013 vom 2. August 2013).

Im Wesentlichen macht also die in der Brennwerttechnik genutzte Kondensationswärme den Unterschied zwischen Heizwert und Brennwert aus. Weil sich auch für Brennwertgeräte seit den 1990er-Jahren der untere Heizwert als Bezugswert etabliert hat, sind in der Brennwerttechnik bei der Angabe des Normnutzungsgrads Werte von mehr als 100 % möglich: Bei Gas-Brennwertgeräten werden Normnutzungsgrade bis 110 % und bei Öl-Brennwertgeräten bis 105 % gemessen, die per Definition physikalisch mögliche Grenze liegt bei 111 % beziehungsweise bei 106 %.

Brennwertgeräte künftig unter 100 %

Die eigentlich physikalisch korrekten Werte für die Energieeffizienz der Geräte erhält man, wenn der Brennwert, also der obere Heizwert, als Bezugspunkt genommen wird. Hier sind Wirkungsgrade bis zu 98 % möglich, wobei die Normnutzungsgrad-Differenzen zwischen der Brennwertnutzung von Öl und Gas verschwinden. Alleine der Energieinhalt des Brennstoffs, welcher als Heizwärme genutzt wird, zählt für die Effizienz.

Mit dem physikalisch schwer zu erklärenden Phänomen der Überschreitung eines Nutzungsgrads von 100 % bei einem einzelnen, auf Basis von fossiler Energie genutzten Heizgerät wird deshalb aufgeräumt. Oder anders formuliert: Weil die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz auf den Brennwert bezogen ist, kann ein Gas- oder Öl-Brennwertgerät solo keinen Wert größer als 100 % erreichen.

Änderung mit System

Diese Neujustierung der Wirkungsgrade bei Heizgeräten hat in den Augen der EU im zweifachen Sinne System: Denn nun kann der nach oben freie Spielraum von mehr als 100 % anders genutzt werden. Zusätzliche Komponenten verbessern die Effizienz, der Ausbau zu einem Heizsystem mit verstärktem Einsatz regenerativer Energie(n) oder der kombinierten Nutzung mehrerer Komponenten lohnt sich also. Mithilfe eines Additionsverfahrens erreicht ein Heizsystem einen Wirkungsgrad von mehr als 100 %. So wird der Nutzen zusätzlicher Komponenten sichtbar.

Das folgende Beispiel zum Raumheizungs-Nutzungsgrad verdeutlicht die Rechnung Abb. 3: Das System besteht aus einem Brennwertgerät, einem witterungsgeführten Regler und einer thermischen Solaranlage (ErP: Verbundanlage). In dieser Kombination bringt der witterungsgeführte Regler eine Wirkungsgradverbesserung von 4 Prozentpunkten. Die Unterstützung der Solaranlage für die Raumheizung ist aufgrund der jahreszeitlich unterschiedlichen Spitzen von Wärmebedarf und Solareinstrahlung begrenzt. Deshalb bringt die thermische Solaranlage nur eine weitere Verbesserung von 5 Prozentpunkten in das System ein. Die Addition beider Komponenten verbessert die Raumheizungs-Energieeffizienz auf 102 % und damit soweit, dass die nächst höhere Einstufung A+ erreicht wird Abb. 3.

Welchen Vorteil eine thermische Solaranlage für die Trinkwassererwärmung erbringen kann, sieht der Verbraucher in einem Kombi-Systemlabel auf einen Blick Abb. 4. Im zweiten Beispiel wird das Gas-Brennwertgerät aufgrund der intelligenten Regelung mit einem Raumheizungs-Nutzungsgrad von 98 % in die Effizienzklasse A+ eingestuft. Bei der Trinkwassererwärmung kommt die Therme allein auf eine Energieeffizienz von 76 % und erzielt bei Zapfprofil XL die Effizienzklasse B. Durch die Ergänzung einer Solaranlage mit vier Kollektoren und einem 400-l-Solar-Warmwasserspeicher wird eine Verbesserung um 102 Prozentpunkte erzielt. Damit erreicht das Gesamtsystem für die Trinkwassererwärmung einen Nutzungsgrad von 178 % und damit eine Einstufung in die Effizienzklasse A++ Abb. 4.

Heizgeräte mit regenerativem Anteil

Andere technische Heizungslösungen mit einem höheren regenerativen Energieanteil starten bereits bei einem Raumheizungs-Nutzungsgrad von 100 %, beispielsweise Wärmepumpen Abb. 2. Hintergrund: über die Ökodesign-Anforderungen muss bei Raumheizgeräten und Kombiheizgeräten mit Wärmepumpe die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz mindestens 100 % erreichen, für Niedertemperatur-Wärmepumpen gilt ein Wert von 115 %. Für Raumheizgeräte mit Kraft-Wärme-Kopplung ist zunächst ein Mindestwert von 86 % einzuhalten, ab 26. September 2017 darf die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz nicht unter 100 % fallen.

Ausblick

Der neue EU-weite Energieeffizienz-Ansatz unterstützt das Ziel der Heizungsbranche, höhere Energieeinsparungen durch den verstärkten Einsatz von abgestimmten Heizsystemen zu erzielen. Renommierte Heiztechnik-Unternehmen stellen ihren Kunden solche Systeme bereits heute zur Verfügung. Dabei gibt es für jeden Investitionsrahmen eine passende und wirkungsvolle Lösung.

Literatur

[1] Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte. Amtsblatt der Europäischen Union, L 285 vom 31. Oktober 2009

[2] Delegierte Verordnung (EU) Nr. 811/2013 der Kommission vom 18. Februar 2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Energiekennzeichnung von Raumheizgeräten, Kombiheizgeräten, Verbundanlagen aus Raumheizgeräten, Temperaturreglern und Solareinrichtungen sowie von Verbundanlagen aus Kombiheizgeräten, Temperaturreglern und Solareinrichtungen. Amtsblatt der Europäischen Union, L 239 vom 6. September 2013

[3] Delegierte Verordnung (EU) Nr. 812/2013 der Kommission vom 18. Februar 2013 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Energieeffizienzkennzeichnung von Warmwasserbereitern, Warmwasserspeichern und Verbundanlagen aus Warm-wasserbereitern und Solareinrichtungen. Amtsblatt der Europäischen Union, L 239 vom 6. September 2013

[4] Verordnung (EU) Nr. 813/2013 der Kommission vom 2. August 2013 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Raumheizgeräten und Kombiheizgeräten. Amtsblatt der Europäischen Union, L 239 vom 6. September 2013

[5] Verordnung (EU) Nr. 814/2013 der Kommission vom 2. August 2013 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Warm-wasserbereitern und Warmwasserspeichern. Amtsblatt der Europäischen Union, L 239 vom 6. September 2013

Glossar

Begriffsbestimmungen aus der ErP-Umsetzungsverordnung für die Energiekennzeichnung von Raumheizgeräten, Kombiheizgeräten und Verbundanlagen:

Heizgerät bezeichnet ein Raumheizgerät oder ein Kombiheizgerät.

Raumheizgerät bezeichnet eine Vorrichtung, die eine wasserbetriebene Zentralheizungsanlage mit Wärme versorgt, um die Innentemperatur eines geschlossenen Raums, etwa eines Gebäudes, einer Wohnung oder eines Zimmers, auf die gewünschte Höhe zu bringen und dort zu halten und mit einem oder mehreren Wärmeerzeugern ausgestattet ist.

Kombiheizgerät bezeichnet ein Raumheizgerät, das dazu entworfen ist, ebenfalls Wärme zur Bereitung von warmem Trink- oder Sanitärwasser mit einem bestimmten Temperaturniveau, in einer bestimmten Menge und einem bestimmten Durchfluss innerhalb bestimmter Zeiträume bereitzustellen und das an eine externe Trink- oder Sanitärwasserzufuhr angeschlossen ist.

Wärmeerzeuger bezeichnet den Teil eines Heizgeräts, der mithilfe eines oder mehrerer der folgenden Verfahren die Wärme erzeugt: a) Verbrennung von fossilen und/oder Biomasse-Brennstoffen, b) Nutzung des Joule-Effektes in elektrischen Widerstandsheizelementen, c) Aufnahme von Umgebungswärme aus Luft, Wasser oder Boden und/oder von Abwärme.

jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz (s) bezeichnet den Quotienten aus dem von einem Raumheizgerät, einem Kombiheizgerät, einer Verbundanlage […] gedeckten Raumheizungsbedarf in einer bestimmten Heizperiode und dem jährlichen Energieverbrauch zur Deckung dieses Bedarfs in %.

Normnutzungsgrad und Raumheizungs-Nutzungsgrad

Der Normnutzungsgrad bezieht Brennwert-Heizkessel mit modulierender Leistungsregelung durch gestufte Teillastbetriebspunkte von 12,8 %, 30,3 %, 38,8 %, 47,6 % und 62,6 % der Nennleistung ein. Die Berechnung ist nach DIN 4702-8 für den Heizbetrieb, den kombinierten Heizbetrieb mit einem Anteil von etwa 5 % für die Trinkwassererwärmung und für die Trinkwassererwärmung festgelegt. Ausgangspunkt für die Festlegung der fünf Teillastbereiche ist die Summenhäufigkeit der Außentemperatur 6. Die Teillastbereiche sind so aufgeteilt, dass die jeweiligen anteiligen Heizungswärmemengen gleich groß sind. Über die fünf Teillastnutzungsgrade wird der einfache Mittelwert gebildet.

Die jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz ist im Vergleich zum Normnutzungsgrad nicht nur ein jahreszeitgewichteter Nutzungsgrad, sondern er ist auch primärenergetisch gewichtet. Der Wirkungsgrad wird bei 30 und bei 100 % der Nennlast ermittelt. Die wasserseitige Spreizung für die Vor- und Rücklauftemperatur ist als Ausgangsbasis der Messung vorgegeben. Nach Umrechnung auf den Brennwert wird ein gewichteter Wert ermittelt, wobei die Nennlast mit 15 und der Teillastpunkt mit 85 % berücksichtigt werden. Im nächsten Schritt der Berechnung wird bei allen Geräten 3 % für Stand-by-Verluste bei der Temperaturregelung abgezogen. Des Weiteren berücksichtigt die Berechnung Verluste, die bei der elektrischen Leistungsaufnahme sowie durch die Wärmeabstrahlung des Geräts entstehen 7. Aufgrund dieser Verluste ergibt sich für Brennwert-Heizkessel in der Regel ein Wert von 93 % und beim Energieeffizienzlabel eine Zuordnung in die Klasse A (90  s

Markus Rotert

ist Projektleiter ErP, Verantwortung Technik bei der Bosch Thermotechnik GmbH, 35576 Wetzlar, https://www.bosch-thermotechnology.com/corporate/de/startseite.html

Stefan Vötsch

ist Projektleiter ErP, Verantwortung Markt bei der Bosch Thermotechnik GmbH, 35576 Wetzlar, https://www.bosch-thermotechnology.com/corporate/de/startseite.html

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