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Mit KI zu innovativeren Lösungen

Digitalisierung erreicht die Bauwirtschaft

Kompakt zusammengefasst
■ Teile der Bauindustrie treiben die Digitalisierung der Bauprozesse mit Unterstützung von Wissenschaftlern aus den Fachbereichen Konstruktion und Robotik sowie Künstlicher Intelligenz massiv voran.
■ Dies hat mittelfristig auch Rückwirkungen auf die technischen Gewerke, zumal der KI-unterstützte Planungsprozess zu ganz anderen Lösungen führen kann als die heute übliche Computerisierung der Prozesse.
■ Insbesondere die Abkehr von einer rein an der Gebäudeenergieeffizienz orientierten Planung zugunsten einer von Nachhaltigkeit und Klimaneutralität geprägten KI-gestützten Vorgehensweise könnte zu disruptiven Veränderungen in der gesamten Wertschöpfungskette bei den Bau- und Ausbaugewerken führen.
■ Offen bleibt die Frage, wem die Daten aus der digitalen, KI-unterstützten Planung gehören, wer künftig Zugriff darauf bekommt und wie der generierte Mehrwert honoriert wird.
 

Die Baubranche hat offensichtlich das enorme Innovationspotenzial von cyberphysikalischen Systemen erkannt, die mittels Internet-of-Things (IoT)-Strategien, Sensorik, Robotik und Künstlicher Intelligenz (KI) die Produktions- und Arbeitswelt maßgeblich verändern werden. Mit rund 5000 Baurobotern weltweit (Schätzung der TU München, Fakultät für Architektur) befindet sich die Baubranche an der Schwelle zur Implementierung von durchgängigen digitalen Prozessketten.

Bild 2 Prototyp eines Fassadenroboters im EU-Projekt Hephaestus, an dem die TU München beteiligt ist. Der Kabel-bewegte Roboter kann sich mithilfe von acht Kabeln in alle Richtungen drehen und bewegen. Er eignet sich zum Demontieren und Montieren von vorgefertigten Fassaden in Hochhäusern, Fassadenreparaturen oder für Wartungsarbeiten an senkrechten Photovoltaik-Fassaden.

Itualde / TUM

Bild 2 Prototyp eines Fassadenroboters im EU-Projekt Hephaestus, an dem die TU München beteiligt ist. Der Kabel-bewegte Roboter kann sich mithilfe von acht Kabeln in alle Richtungen drehen und bewegen. Er eignet sich zum Demontieren und Montieren von vorgefertigten Fassaden in Hochhäusern, Fassadenreparaturen oder für Wartungsarbeiten an senkrechten Photovoltaik-Fassaden.

Bock hat im Rahmen des EU-geförderten Projekts Hephaestus (www.hephaestus-project.eu) eine Technologie zur Fassadensanierung entwickelt, die auf den Ergebnissen des Bertim-Projekts (Building Energy Renovation through Timber, www.bertim.eu) basiert. Dabei geht es um die industrielle Entwicklung vorgefertigter Fassadenteile auf der Basis von Holzwerkstoffen für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden (Bild 2).

In einem Interview mit der Immobilienzeitung (IZ 19/2020, S. 8) kritisierte Bock die bisherige Leistungsschwächen der Baubranche mit den Worten „mit Ineffizienz kann man viel Geld verdienen. Im Bausektor wird kaum geforscht und entwickelt, die Unternehmen setzen eher auf Billiganbieter aus dem Ausland.“ Das Ergebnis seien hohe Baukosten, Baumängel sowie Termin- und Kostenüberschreitungen.

Paradigmenwechsel im Bauprozess

Ein Großteil der Ineffizienz am Bau beruht nach Auffassung von Professorin Sigrid Brell-Cokcan, Lehrstuhl für individualisierte Bauproduktion der RWTH Aachen, auf den traditionellen Planungs-, Fabrikations- und Baustellenmustern mit ihren hohen Schnittstellenverlusten (Bild 3).

Bild 3 Eine Serie retro-futuristischer Karten des Künstlers Villemard aus dem Jahr 1910 zeigt unter anderem, wie das Leben im Jahr 2000 sein könnte. Schon damals gab es konkrete Vorstellungen über rationelle Baumethoden.

Französische National Bibliothek

Bild 3 Eine Serie retro-futuristischer Karten des Künstlers Villemard aus dem Jahr 1910 zeigt unter anderem, wie das Leben im Jahr 2000 sein könnte. Schon damals gab es konkrete Vorstellungen über rationelle Baumethoden.

Typisch sei die oftmals doppelte Datenerfassung in der Entwurfs- und in der Planungsphase. Offensichtliche Mängel gebe es auch beim Projektmanagement sowie zwischen der Vorfertigung und dem Baustellenbetrieb. Gerade im letzten Fall werden die Informationen oftmals noch analog per Papier weitergegeben. Entlang der Wertschöpfungskette am Bau gehe somit ein Großteil der vorhandenen Daten verloren und stehe deshalb für die digitale Dokumentation des Gebäudes und damit auch für die Betriebsphase nicht oder nur auf dem Papier zur Verfügung.

Ein mögliches Anwendungsszenario für die Digitalisierung von Bauprozessen ist laut Brell-Cokcan die Produktion und Montage großformatiger Gebäudehüllsysteme. Das am RWTH-Campus angesiedelte Center Construction Robotics zielt darauf ab, digitale Lösungen von der datenbasierten Planung über die automatisierte Vorfertigung bis hin zur maschinengestützten Montage zu erarbeiten. Diese Vorgehensweise, das heißt, die enge Verknüpfung von Entwurfs- und Prozesssoftware, erfordere jedoch neue Schnittstellen, Standards und Benutzerkonzepte, die aktuell im Rahmen eines rund 10 000 m2 großen Reallabors auf dem RWTH-Campus West in Aachen-Melaten erprobt werden (Bild 4).

Bild 4 Baustelle der Zukunft, wie sie derzeit in Aachen-Melaten unter Federführung von Prof. Sigrid Brell-Cokcan, Lehrstuhl für individualisierte Bauproduktion, eingerichtet wird.

Center Construction Robotics

Bild 4 Baustelle der Zukunft, wie sie derzeit in Aachen-Melaten unter Federführung von Prof. Sigrid Brell-Cokcan, Lehrstuhl für individualisierte Bauproduktion, eingerichtet wird.

Ein wichtiger Teil des Projekts ist die Definition und der Aufbau einer Dateninfrastruktur zwischen der realen Baustelle und der digital gesteuerten Vorproduktionen im Umkreis des Reallabors. Die Bandbreite des Kommunikationsnetzwerks reicht von 5G / 4G / LTE über klassische LAN-Verbindungen und dem preisgünstigen LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) für weitere Entfernungen bis hin zu WiFi, Bluetooth, Zigbee und RFID für den Nahbereich.

Mit einbezogen in die digitalisierte Baustelle ist das RWTH-Labor Center Construction and Robotics, um automatisierungsgerechte Bausysteme zu entwickeln und unter realen Umgebungsbedingungen zu erproben. Durch die Einbindung bzw. die Zusammenarbeit mit Anwendern aus der Bauindustrie sitzen maßgebliche Unternehmen mit am Tisch (Bild 5 und 6).

Denn neben der wissenschaftlichen Erarbeitung der Grundlagen für Robotik-orientiertes Bauen spielt die praktische Umsetzung mittels marktfähiger, digital steuerbarer Baumaschinen eine maßgebliche Rolle. Partner aus dem Bauwesen sind unter anderem Liebherr, KUKA und Autodesk. Dazu Autodesk in einer Pressemitteilung: Im Rahmen der konsortialen Forschung an der RWTH wollen wir BIM-Anwendungsfälle für Baurobotik identifizieren und bieten mit Autodesk Forge eine Cloud-basierende Technologieplattform, die die Interpretation von BIM (Building Information Modeling) und Robotics ermöglicht.

Disruptive Veränderungen sind vorprogrammiert

Die allgegenwärtige Umwandlung von analogen zu digitalen Formaten rund um die Gewerke Bau, Ausbau und Gebäudetechnik reicht jedoch nicht aus, die digitale Transformation zu neuen Bauwelten zu bewerkstelligen, so Prof. Dr. Cordula Kropp, Universität Stuttgart, Lehrstuhl für Soziologie mit Schwerpunkt Risiko- und Technikforschung. So lägen die Schwerpunkte der einzelnen Branchen oft weit auseinander, mit oftmals ganz unterschiedlichen Vorstellungen und Zielen.

Typisch für die BIM-orientierte Branche, das sind in erster Linie Generalunternehmen, sei eine Daten-basierende Optimierung. Viele Baubeteiligte sehen die Vorteile der Digitalisierung deshalb eher in der Beschleunigung des Bauprozesses zur Verbesserung der Produktivität und der Kosteneffizienz und damit in einer Steigerung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit.

Digitalisierung eröffne jedoch auch die Möglichkeit, ikonische Gebäude zu kreieren, die bisher durch analoge Planungsmethoden kaum möglich gewesen wären. Auch die Verfechter nachhaltigen Bauens mit dem Ziel einer Bauplanung nach CO2-Kriterien, würden von der Digitalisierung profitieren. Dabei gehe es darum, Ressourcen-Effizienz und Rezyklierbarkeit mit Qualitätsverbesserungen und Klimaschutz mit innovativen Lösungen in Einklang zu bringen.

Bild 6 Die Kommunikationskette reicht von der Musterbaustelle bis ins Werkzeuglabor, in dem Vorprodukte für die automatisierte Baustelle hergestellt werden. Wegen der großen Datenmenge bei sehr geringer Latenzzeit werden die Daten bei längeren Strecken per 5G übertragen.

Center Construction Robotics

Bild 6 Die Kommunikationskette reicht von der Musterbaustelle bis ins Werkzeuglabor, in dem Vorprodukte für die automatisierte Baustelle hergestellt werden. Wegen der großen Datenmenge bei sehr geringer Latenzzeit werden die Daten bei längeren Strecken per 5G übertragen.
Bild 5 5G-Antenne für die Indoor-Kommunikation in den Robotics-Forschungshallen an der RWTH Aachen.

Center Construction Robotics

Bild 5 5G-Antenne für die Indoor-Kommunikation in den Robotics-Forschungshallen an der RWTH Aachen.

Zwischen den unterschiedlichen Ansätzen und Zielen der genannten Akteure lägen oftmals Welten, aber es gebe auch deutliche Überlappungen, so Kropp. Die Frage sei, welche der Visionen sich durchsetzt und welche auf der Strecke bleiben. Vielfach sei die digitale Arbeitsweise beim Bauprozess bereits vorgeschrieben, beispielsweise beim Entwurf und bei der Vorfertigung. Oftmals lägen jedoch Wunschtraum und Alptraum der Beteiligten nahe beieinander. Disruptive Prozesse seien so vorgezeichnet. Dies mag mit ein Grund sein, weshalb sich die Baukultur nur in kleinen Schritten verändert, so Kropp.

Auf der anderen Seite könnte eine gewerkeübergreifende Digitalisierung des Bauprozesses dazu beitragen, die ressourcenschonende und CO2-orientierte Planungsmethode voranzutreiben, zumal rund 50 % der Treibhausgasemissionen von Gebäuden während des Bauprozesses verursacht werden. Die Automatisierung könne auch ein Ausweg aus dem Facharbeitermangel sein, der in der Baubranche am höchsten ist (Bild 7).

Kropp warnt davor, analoge Prozesse eins zu eins zu digitalisieren. Diese sogenannte „Computerisierung“ würde allenfalls Generalunternehmen in ihrer Marktmacht bestärken. Damit werde die Konventionalisierung des Bauwesens weiter beschleunigt, das heißt, die eingefahrenen Bahnen werden beibehalten. Im Gegensatz dazu biete die „Computation“ auf der Basis algorithmischer Methoden – sprich KI – die Erschließung von noch unbestimmten Lösungsformen.

Diese Vorgehensweise unterstütze die menschliche Intuition und Kreativität bei Planung, Baustoffeinsatz und robotischer Assistenz. Nur durch Computation sei ein Paradigmenwechsel am Bau möglich, resümiert Kropp. Die computerisierte Digitalisierung führe dagegen zu einem industriell getriebenen „Weiter so“.

Mit KI zu neuen Bauwelten

Nicht nur der Bauwirtschaft, sondern auch den peripheren Gewerken wird durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz eine große Zukunft vorausgesagt. Das US-Marktforschungsunternehmen Globenewswire (www.globenewswire.com) geht davon aus, dass der globale Markt für KI-Anwendungen in der Baubranche bis zum Jahr 2026 eine Größenordnung von 4,5 Mrd. US-Dollar erreichen wird.

Triebkraft für den Einsatz von KI am Bau ist in erster Linie eine höhere Wirtschaftlichkeit bei niedrigeren Baukosten. So lassen sich mittels KI aus dem Datenpool eines Bauunternehmens verschiedene Optionen eines Modells berechnen, um die beste Variante herauszufiltern. Als Datenbasis eignen sich beispielsweise BIM-Modelle, um sie – je nach Aufgabenstellung – auf wirtschaftlichere, robustere, langlebigere oder nachhaltigere Lösungen zu überprüfen. In den USA werden damit beispielsweise in Gebäuden bereits Trassen für HLK-Systeme und die Elektro-Installation optimiert.

Voraussetzung für eine tragfähige KI-Vorgehensweise sind große Mengen historischer Baudaten, beispielsweise aus BIM-Planungen oder Softwarelösungen, aus dem Betrieb von Maschinen und Anlagen oder aus Wartung und Service. Auch bei der Schätzung von Kostenüberschreitungen von Bauprojekten hat sich die KI-Technologie als äußerst präzise erwiesen, berichtet die Plattform „Planradar“.

Bild 7 Roboterlösung Jaibot von Hilti für Überkopfbohrungen, um zum Beispiel Deckenelemente, Lüftungskanäle, Rohrleitungen oder Elektrotrassen zu befestigen oder abzuhängen. Die jeweilige Position des gewerkespezifisch gekennzeichneten Bohrlochs erhält der Roboter auf der Grundlage von BIM-Daten. Solche Stand-alone-Lösungen bilden die Grundlage für eine spätere Vernetzung mit der digitalen Baustelle.

Hilti AG

Bild 7 Roboterlösung Jaibot von Hilti für Überkopfbohrungen, um zum Beispiel Deckenelemente, Lüftungskanäle, Rohrleitungen oder Elektrotrassen zu befestigen oder abzuhängen. Die jeweilige Position des gewerkespezifisch gekennzeichneten Bohrlochs erhält der Roboter auf der Grundlage von BIM-Daten. Solche Stand-alone-Lösungen bilden die Grundlage für eine spätere Vernetzung mit der digitalen Baustelle.

Eine der renommiertesten KI-Institutionen in Deutschland ist die Technische Universität Darmstadt mit Kristian Kersting, Professor für Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen im Fachbereich Informatik. Auf dem Digitalkongress „Zukunft Bau“ warnte Kersting vor einem schnellen Altern innovativer Technologien, wenn diese nicht in KI-Konzepte eingebunden werden.

Wichtig seien Partnerschaften zwischen KI-Spezialisten und Anwendern, denn nur so könne eine branchenorientierte Übermittlung des KI-Wissens stattfinden. Voraussetzung sei allerdings, dass der Transfer von Algorithmen durch die Köpfe der Unternehmer bereits stattgefunden habe. Kersting sieht im Gebäudebereich die Datenbasis BIM als Nukleus für generative Lösungen nach dem „Was-wäre-wenn-Prinzip“.

Auch bei der Analyse umfangreicher Verträgen helfe KI, Regelabweichungen zu entdecken und damit maßgeblich finanzielle Schäden von Unternehmen abzuwenden. Ganz allgemein könne durch KI mehr Transparenz bei schriftlichen Abmachungen geschaffen werden.

Als einen wichtigen Meilenstein für den Einzug von KI im Bauwesen sieht Kersting die Forschungskooperation mit der Hochtief-Gesellschaft Nexplore. Dabei geht es um praxisnahe, umsetzbare Antworten zum Einsatz von KI im Bauwesen. Ziel sind mindestens sechs praxisorientierte Forschungsprojekte, um den Übergang von Hochtief in die digitale Zukunft zu begleiten.

Mehrwert durch Künstliche Intelligenz

Mit der Digitalisierungsvariante „Computation“ steigt auch der Wert der generierten Daten, besonders wenn gleichzeitig auch Künstliche Intelligenz im Spiel ist. Langfristig könne KI Teile der Planung eigenständig übernehmen. Damit verbessern sich auch die Entwicklungschancen derjenigen Unternehmen, bei denen die Daten der am Bauprozess Beteiligten gespeichert werden, erklärt KI-Forscher Kersting.

Soziologin Kropp sieht allerdings die Gefahr, dass sich solche Daten künftig weltweit bei nur noch wenigen Unternehmen konzentrieren, wie beispielsweise Daten aus der Bau- und Ausbaubranche bei der Firma Autodesk. Deren Server stehen in den USA und damit liege die Datenhoheit bei den Amerikanern, warnt Kropp, und fordert Speicherlösungen in der EU.

Auch Robotik-Spezialistin Brell-Cokcan bestätigt die steigende Qualität der Daten durch die Zusammenführung der am Bau beteiligten Gewerke und damit deren Wertzuwachs durch den digitalen Bauprozess. Über kurz oder lang stelle sich die Frage, wem das Wissen aus der Digitalisierung und aus KI-Anwendungen im Bauprozess gehöre und wie dieser Mehrwert vergütet bzw. künftig in der HOAI abgebildet werde.


Schweiz: Erstes bewohntes Haus mittels Robotern und 3D-Druckern gebaut

Bild 8 DFAB House auf der obersten Plattformen des NEST. Bei dem Bauprojekt im Realmaßstab haben Forschende von acht Lehrstühlen der ETH Zürich mit Branchenexperten und Planungsfachleuten erforscht und getestet, wie die digitale Fabrikation den Entwurfs- und Bauprozess verändern kann.

Roman Keller / Empa

Bild 8 DFAB House auf der obersten Plattformen des NEST. Bei dem Bauprojekt im Realmaßstab haben Forschende von acht Lehrstühlen der ETH Zürich mit Branchenexperten und Planungsfachleuten erforscht und getestet, wie die digitale Fabrikation den Entwurfs- und Bauprozess verändern kann.

Auch das Hochlohnland Schweiz forciert digitales Planen und Bauen mittels Robotern und 3D-Druckern. Schwerpunkt der Aktivitäten ist das Forschungs- und Innovationsgebäude NEST der Empa in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich. Eines der Module auf dem Campus ist das im Februar 2019 fertiggestellte „DFAB House“, ein dreigeschossiges Wohnhaus, platziert auf der obersten von drei Plattformen des NEST.

Das NEST besteht aus einem zentralen Gebäudekern, an den unterschiedliche innovative Gebäudemodule, sogenannte Units, andocken können. Für den Bau der Unit DFAB House haben Forschende aus acht Fachbereichen der ETH Zürich im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts (NFS) „Digitale Fabrikation“ in Zusammenarbeit mit Industriepartnern gleich mehrere neuartige, digitale Bautechnologien erstmals vom Labor in reale Anwendungen überführt.

Die digitalen Technologien haben zum Ziel, das Planen und Bauen nicht nur effizienter zu machen, sondern auch nachhaltiger. So ist beispielsweise die digital geplante Geschossdecke des DFAB House statisch und strukturell so optimiert, dass gegenüber einer herkömmlichen Betondecke beträchtliche Mengen an Material und damit an Gewicht eingespart werden können. Auch in gestalterischer Hinsicht eröffnen die Technologien neue Möglichkeiten. So sind die beiden oberen Wohngeschosse von Holzrahmen geprägt, die mithilfe zweier Bauroboter hergestellt und in komplexer Geometrie angeordnet wurden.

Ein Firmenkonsortium unter Leitung der digitalStrom AG hat im DFAB House erste Smart-Home-Lösungen eingebaut, die auf der herstellerunabhängigen digitalStrom-Plattform basieren. Zu diesen gehören unter anderem eine intelligente und mehrstufige Einbruchsicherung, automatisierte Blend- und Beschattungsmöglichkeiten und die neueste Generation vernetzter, intelligenter Haushaltsgeräte.

Photovoltaikmodule auf dem Dach liefern im Jahresdurchschnitt etwa eineinhalb Mal so viel Strom, wie die Unit selbst verbraucht. Eine intelligente Steuerung koordiniert alle Verbräuche und sorgt dafür, dass keine Lastspitzen auftreten.

Zwei Start-up-Ideen, die von Forschenden der Empa und der Eawag begleitet werden, helfen dabei, zusätzlich Energie zu sparen: Zum einen wird die Wärme des Abwassers, die sonst verloren geht, mit Wärmeübertragern direkt in den Duschwannen zurückgewonnen, und zum anderen fließt das warme Wasser bei Nicht-Gebrauch aus den Leitungen zurück in den Boiler, anstatt in den Wasserleitungen abzukühlen. Diese Methode spart nicht nur Energie und Wasser, sondern vermindert auch die Gefahr einer Bakterienbildung in den Leitungen.
 

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Wolfgang Schmid
ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de

Margot Dertinger-Schmid

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