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Klimapaket

GIH befürchte „Laientheater“ bei Steuerbonus

Wer sein Wohnhaus mit staatlicher Unterstützung ambitioniert sanieren möchte, muss nachweisen, dass die energetischen Maßnahmen qualitativ hochwertig ausgeführt werden – ein Grundsatz, der einleuchtet und eigentlich selbstverständlich sein sollte, schließlich werden die Fördertöpfe aus den Steuereinnahmen gespeist und damit von der Gesellschaft getragen.

Dies gilt entsprechend für verminderte Steuereinnahmen durch den Steuerbonus – die mit „§ 35c EStG“ zum 1. Januar 2020 in Kraft getretene „Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden.“

Die Norm: Bestätigung durch einen unabhängigen Energieberater

Der jüngste Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums zu einer Verordnung über Mindestanforderungen bei der steuerlichen Förderung von Einzelmaßnahmen (Entwurf für die 1. Änderung der ESanMV) scheint aus Sicht des Energieberaterverband GIH dies jedoch zu vergessen:

Dass künftig Unternehmen aus dem „handwerksähnlichen Gewerbe“ Maßnahmen nicht nur durchführen, sondern deren Förderfähigkeit auch ohne Kompetenznachweis absegnen dürfen, stößt dem GIH äußerst sauer auf.

Sowohl bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) als auch den KfW-Förderprogrammen ist eine Baubegleitung mit anschließender Bestätigung durch einen unabhängigen Energieberater Voraussetzung für den Erhalt von Fördermitteln. Eine Ausnahme gibt es aktuell nur beim Fördertatbestand „Anlagen zur Wärmeerzeugung (Heizungstechnik)“ als Einzelmaßnahme der BEG (ehemaliger BAFA-Teil des Marktanreizprogramms).

Entscheidet sich ein Hausbesitzer im Falle von Einzelmaßnahmen jedoch für die alternativ mögliche steuerliche Förderung, so genügt eine Bestätigung des durchführenden Fachbetriebs. „Bereits diese Situation empfinden wir als ungut“, sagt der GIH-Bundesvorsitzende Jürgen Leppig: „Es wird sich wohl kaum ein Fachbetrieb finden, der seiner eigenen Ausführung die Förderwürdigkeit abspricht.“

„Gesetzgeber wirft Qualitätskontrollanspruch über Bord“

Der nun vorliegende Referentenentwurf zur „1. Änderung der Verordnung zur Bestimmung von Mindestanforderungen für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden nach § 35c des Einkommensteuergesetzes (ESanMV)“ (PDF-Download) treibe den Sachverhalt jedoch auf die Spitze:

Jürgen Leppig: Kein Fachbetrieb wird der eigenen Ausführung die Förderwürdigkeit absprechen.

GIH

Jürgen Leppig: Kein Fachbetrieb wird der eigenen Ausführung die Förderwürdigkeit absprechen.

Laut dem Referentenentwurf sollen im Falle eines Fenstertauschs nicht mehr nur Meisterbetriebe, sondern auch Montagefirmen aus dem „handwerksähnlichen Gewerbe“ entsprechende Bescheinigungen ausstellen dürfen. Konkret sieht der Referentenentwurf vor:

„Als Fachunternehmen im Sinne von § 35c Absatz 1 Satz 6 des Einkommensteuergesetzes gelten auch Unternehmen, die sich auf die Fenstermontage spezialisiert haben und in diesem Bereich gewerblich tätig sind.“

Leppig: „Damit wirft der Gesetzgeber bei der steuerlichen Förderung jeglichen vernünftigen Qualitätskontrollanspruch über Bord: Diese Firmen sind weder meisterpflichtig, noch müssen sie irgendeinen Kompetenznachweis führen. Alles, was sie brauchen, sind ein Gewerbeschein und die Fähigkeit, eine deutschsprachige Rechnung zu stellen.“ In diesem Marktsegment operieren laut GIH viele Unternehmen mit einem hohen Hilfskräfte-Anteil. Trete die ESanMV mit der Erweiterung in Kraft, „drohe die Sanierungsförderung zum Laientheater zu verkommen“.

GIH fordert durchgängig das Vier-Augen-Prinzip

Leppig: „Vor diesem Hintergrund erneuern wir unsere Forderung nach einem durchgängigen Vier-Augen-Prinzip: Ein unabhängiger Energieberater plant, überprüft und bescheinigt Maßnahmen, ein Fachhandwerker führt diese aus – alles andere ist fahrlässig und dem Steuerzahler nicht zu vermitteln.“

Zudem verweist Leppig darauf, dass es zuhauf Studien gebe, laut denen die Sanierungsquote bzw. die Anzahl durchgeführter Maßnahmen deutlich steige, sobald ein Energieberater mit im Boot sei.

Weitere mit der Revision der ESanMW geplante Änderungen

Die monierte Erweiterung des Begriffs „Fachunternehmen“ macht allerdings nur einen sehr geringen Teil des Referentenentwurfs aus. Neben kleinen Anpassungen für geänderte Bezüge von der Energieeinsparverordnung (EnEV) zum inzwischen gültigen Gebäudeenergiegesetz (GEG) entsteht der weitaus größere Umfang durch eine Neufassung der Anlagen 1 bis 8 mit den Mindestanforderungen

● für die Wärmedämmung von Wänden nach der Anlage 1,
● für die Wärmedämmung von Dachflächen nach der Anlage 2,
● für die Wärmedämmung von Geschossdecken nach der Anlage 3,
● für die Erneuerung der Fenster oder Außentüren nach der Anlage 4,
● für die Erneuerung oder den Einbau einer Lüftungsanlage nach der Anlage 5,
● für die Erneuerung der Heizungsanlage nach der Anlage 6,
● für den Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung nach der Anlage 7 sowie
● für die Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind, nach der Anlage 8.

Die Aktualisierung der ESanMV-Anlagen ist erforderlich, um bei den Anforderungen einen Gleichklang der steuerrechtlichen Förderung und der neu konzipierten Bundesförderung für effiziente Gebäude im Teilprogramm Einzelmaßnahmen zu erreichen.

Änderungen sind auch bei den „Fachunternehmen gemäß § 35c Absatz 1 Satz 6 des Einkommensteuergesetzes“ geplant. Dazu zählt die ESanMV Unternehmen auf, die bestimmten Gewerken tätig sind.

● bei Nr. 9 „Sanitär- und Klempnerarbeiten“ ist vorgesehen, diesen auf „Klempnerarbeiten“ zu verringern. Da die meisten SHK-Unternehmen aber gleichzeitig auch unter Nr. 11. „Heizungsbau und -installation“ einzuordnen sind, sind keine Auswirkungen zu erwarten.
● neu genannt werden „15. Ofen- und Luftheizungsbauer“, „16. Rolladen- und Sonnenschutztechniker“ und „17. Schornsteinfeger“.

Der Grundsatz „Bei der ausgeführten energetischen Maßnahme muss es sich zudem um eine Maßnahme handeln, die dem Gewerk des Fachunternehmens zugehörig ist.“ soll beibehalten werden. ■