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Energieoptimierung mit VRV-System

Mit der Kühllast wird geheizt

Kompakt informieren

  • Überschneiden sich in einem Gebäude über längere Zeiträume Kühl- und Heizbedarf, bietet sich die Umschichtung der Wärme an. 3-Leiter-VRV-Systeme realisieren dieses mit geringem Energieaufwand.
  • Das in dem Referenzprojekt eingesetzte VRV-System ermöglicht neben der Wärmerückgewinnung zeitgleich zu Heizen und zu Kühlen und bietet während des Abtaubetriebs eine fortgesetzte Heizfunktion.
  • Der Primärenergienutzungsgrad der Wärmepumpenfunktion im umgesetzten VRV-System ist wesentlich höher als der von marktüblichen, elektrisch angetriebenen Wärmepumpensystemen.

STF E-Energy, TGA-Planungsbüro für nachhaltige Gebäudetechnik und VRV-Systeme, hat für den neuen Elektro- und Elek­tronikfachmarkt Telepoint in Borken Abb. 1 eine besondere Lösung umgesetzt: zeitgleich Kühlen und Heizen mit einem System. So kann in der kühlen Jahreszeit der Heizbedarf im Kassen- und Eingangsbereich aus dem Kühlbedarf der internen Lasten im Verkaufsbereich mit minimalem Energieeinsatz gedeckt werden. Zu berücksichtigen waren dabei auch alle gesetzlichen Anforderungen, insbesondere aus der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem ­Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG).

Zudem sollten auf lange Sicht hohe Energiekosten vermieden und die zuzuordnenden CO2-Emissionen vermindert werden. Daraus resultiert zwangsläufig der Einsatz von energie­optimierten Wärmerückgewinnungssystemen. Diese müssen allerdings auch einfach und funktionssicher zu bedienen sein, damit die Betriebskosten insgesamt niedriger ausfallen.

Das Planungskonzept

Um alle Heiz- und Kühl-Anforderungen in einem System zu realisieren, wurden ein 2-Leiter-VRV-System und ein 3-Leiter-VRV-System mit Wärmerückgewinnung untersucht.

„Wir sollten mit möglichst geringem Energieaufwand die unterschiedlichen Heiz- und Kühllastprofile in den Verkaufsräumen abbilden – ganzjährig bestehen hohe innere Wärme­lasten im Elektronikbereich und dynamische Heiz- und Kühllasten im Eingangs- und ­Kassenbereich Abb. 2 entsprechend den Witterungsbedingungen“, erläutert Dipl.-Ing. Nils Kreuznacht, Bereichsleiter für Energiemanagement bei STF E-Energy und verantwortlicher TGA-Planer für den Telepoint Borken. „Ins­besondere die Kühllast zur Klimatisierung des Gebäudes unterliegt sehr starken Schwankungen, darum haben wir das VRV-System in 3Leiter-Ausführung mit Luft/Luft-Wärmepumpe empfohlen.“ Die Vor- und Nachteile der VRV-Systeme in 2-Leiter- und 3-Leiter-Aus­führung sind:

Das 2-Leiter-VRV-Konzept: Wesentlicher Vorteil eines 2-Leiter-VRV-Systems für die Betriebsart Kühlen oder die Betriebsart Heizen sind geringere Investitionskosten. Bei unterschiedlichen Lastsituationen in den angeschlossen Zonen lassen sich Einbußen beim Komfort und der Behaglichkeit nicht ausschließen. Die Installation eines Systems pro Zone würde den Investitionskostenvorteil aufheben. Ohne die Möglichkeit der Wärmerückgewinnung können Energieeinsparpotenziale nicht erschlossen werden.

Das 3-Leiter-VRV-Wärmerückgewinnungskonzept: Ein 3-Leiter-VRV-System ermöglicht zeitgleich die Betriebsarten Heizen und Kühlen und sichert damit den Komfort auch bei unterschiedlichen Lastsituationen in den einzelnen Zonen. Ein weiterer Vorteil ist die Energieeinsparung durch die Wärmerückgewinnung zwischen Zonen mit unterschiedlicher Lastsitua­tion. Die Nachteile gegenüber dem 2-Leiter-VRV-System sind der zusätzliche Platzbedarf und höhere Investitionskosten.

Nach der Vorstellung beider Konzepte entschied sich der Bauherr trotz der höheren Investitionskosten für ein 3-Leiter-VRV-System.

Die Wärmeverschiebung

Eine echte Wärmeverschiebung lässt sich nur im 3-Leiter-System realisieren. Schematisch vereinfacht verfügt es dazu in einem gemeinsamen Kältemittelkreislauf über mindestens zwei Wärmeübertrager im Gebäude und einen im Außengerät. Sofern an einem der Innengeräte-Wärmeübertrager Kühlbedarf und an einem anderen Innengeräte-Wärmeübertrager Heizbedarf besteht, findet über das Kältemittel eine Wärmeverschiebung zwischen den beiden Einheiten statt Abb. 3.

Der Außengeräte-Wärmeübertrager wird nur zum Ausgleichen der Wärmebilanz bei ­unterschiedlichem Heiz- und Kühlbedarf ­benötigt. Im Idealfall kann so beispielsweise mit minimalem Energieaufwand die ­Abwärme (Kühllast) aus der TV-GeräteAbteilung komplett zur Beheizung anderer ­Räume/Zonen genutzt werden. In diesem Fall ergibt sich für das System eine Leistungszahl von maximal 8, denn in diesem Betriebs­zustand ist lediglich die zum Umlauf des Kältemittels erforderliche Antriebs- und Hilfsenergie erforderlich. Der Normalfall ist jedoch der Mischbetrieb, bei dem über den AußengeräteWärmeübertrager die Energiebilanz ausge­glichen wird.

Der Komfort

Ein wesentliches Komfortmerkmal des 3-Leiter-VRV-Systems ist die fortgesetzte Heizleistung im Abtaubetrieb. In der Regel stellen markt­übliche 2-Leiter-Systeme während des Abtaubetriebs für ca. 15 min keine Heizleistung zur Verfügung. Je nach Nutzung kommt es dann zu Komforteinbußen, weil nicht geheizt bzw. kalte Luft ausgeblasen wird. Die im Telepoint in Borken eingesetzten VRV-III-Wärmerückgewinnungssysteme (Daikin) ermöglichen während des Abtaubetriebs eine fortgesetzte Heizfunktion. Die Temperatur an den Innengeräten fällt dabei nicht unter 25 °C. Während des Abtaubetriebs werden die Innengeräte auf niedrigster Lüfterstufe mit verminderter Heizleistung betrieben.

Die Heiz- und Kühllasten werden zu 100 % über das Luft/Luft-Wärmepumpensystem mit sieben Außengeräten und 25 Innengeräten Abb. 4 abgeführt bzw. teilweise oder vollständig durch eine Energieverschiebung ausgeglichen.

Die Qualitätssicht

Die Entscheidung für den Einsatz der 3-Leiter-VRV-Technologie beim Telepoint Borken wurde auch durch die Kriterien für nachhaltiges Bauen beeinflusst, so der Qualitäts-Experte Ralf Ramseger der STF E-Energy: „So hatten auch die positive Bewertung des hohen Nutzerkomforts und die Energieeinsparung gegenüber getrennten Systemen im Rahmen der Nachhaltigkeitsbewertung einen Anteil für die System-Entscheidung“. Für die ökologische Qualität ist die Nutzung erneuerbarer Energien (Wärmequelle/-senke Außenluft) ausschlaggebend gewesen.

Wird der Primärenergienutzungsgrad von elektrisch betriebenen Wärmepumpen betrachtet, muss der Wirkungsgrad kalorischer Kraftwerke von rund 30 % (gesamte Prozesskette bis zur Lagerstätte) einbezogen werden. Somit ergibt sich letztlich trotz einer Leistungszahl von 3 bis 4 ein Primärenergienutzungsgrad von ca. 1. Auf Basis derselben Berechnungsannahmen liegt der Primärenergienutzungsgrad der Wärmepumpenfunktion im umgesetzten System bei>1,34 und ist damit wesentlich höher als bei marktüblichen, elektrisch angetriebenen Wärmepumpensystemen.

Auch die Wertstabilität des Gebäudes ist durch die umgesetzte VRV-Lösung gegeben: Durch die hohe Flexibilität kann das System bei Vermietung bzw. Umnutzung des Gebäudes einfach an neue Bedürfnisse angepasst werden. •

VRV…

…ist die Abkürzung von Variable Refrigerant ­Volume (variables Kältemittelvolumen) und eine eingetragene Markenbezeichnung von Daikin. Die herstellerneutrale Bezeichnung für das in Multi-Split-Systemen eingesetzte Prinzip ist VRF (Variable Refrigerant Flow, variabler Kältemittel­volumenstrom). Eine sehr interessante Option ist die einfache und flexible Zuordnung von Energiekos­ten auf bestimmte Zonen bzw. Innengeräte. Dazu wird die Leistungsaufnahme der Gesamtanlage in kleinen Zeitschritten über gerätespezifische Formeln den Innengeräten zugeordnet.

Dipl.-Ing. Nils Kreuznacht

ist Bereichsleiter Energiemanagement bei der STF E-Energy GmbH, 40489 Düsseldorf, Telefon (02 03) 5 78 92 63, nils.kreuznacht@stf-e-energy.de, https://www.stf-gruppe.de/

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