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Sekundärentwässerung bei Duschrinnen und Punktabläufen

Sickerwasseröffnungen besser vermeiden

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  • Versuche mit Glasfliesen zeigen, wie sich Wasser verhält, das in das Fliesenbett oberhalb einer Dünnbettabdichtung auf Gefällestrich eindringt.
  • Beim punktuellen Eindringen (Simulation der Beschädigung von Fliese oder Fuge) von Wasser sind fast ausschließlich Kapillarkräfte wirksam. Eine „Wasserströmung“ findet nicht statt, auch nicht bei Gefälle bis hin zur Senkrechtstellung des Prüfkörpers. Eine passive Trocknung erfolgt aufgrund der dominierenden Diffusionseffekte nur sehr langsam.
  • Gleiches gilt beim Aufstau über Sickerwasserfugen bzw. -öffnungen. Sie erfüllen gemäß den zitierten Versuchsergebnissen die ihnen zugedachte Entwässerungsfunktion nicht und können sogar zu einer dauerhaften und hygienisch problematischen Durchfeuchtung des Fliesenbetts führen.

Sekundärentwässerungen sind dann sinnvoll, wenn es unterhalb des Bodenbelags Wasser führende Schichten gibt. Dies trifft bei einigen Bodenaufbauten im Außenbereich durchaus zu. Dort schützt die Sekundärentwässerung die Bausubstanz vor Frostschäden durch aufgestautes Wasser.

Ganz anders verhält sich das bei bodenebenen Duschen im privaten oder öffentlichen Bereich, denn die Bodenaufbauten sehen hier ganz anders aus: Auf den Estrich wird zunächst eine flüssige Verbundabdichtung aufgetragen. Nach dem Aushärten lassen sich Fliesen im Dünnbettverfahren weitgehend hohlraumfrei aufkleben. Die hierfür angebotenen Fliesenkleber werden auf den Untergrund mit einem Zahnspachtel aufgetragen oder zusätzlich noch im rechten Winkel zum Untergrund auf die Fliesenunterseiten (Buttering-and-Floating-Verfahren).

Für das Verschließen der Fugen bietet der Markt eine Vielfalt verschiedener Produkte. Je nach zu erwartender Belastung durch Wasser oder eventuell sogar Chemikalien kommen gemäß DIN EN 13  888 zementhaltige Fugenmörtel (CG) oder Reaktionsharz-Fugenmörtel (RG) zum Einsatz. Fachverbände und Hersteller sprechen Empfehlungen zur Wahl des Fugenmaterials aus.

Dringen in einen solchen Fliesenboden nennenswerte Mengen an Wasser ein, dann ist das immer Folge einer Beschädigung der Fliesen, des Fugenmaterials oder der elastischen Anschlussfugen. Die Verbundabdichtung dient als zweite Barriere, um größere Schäden an der Bausubstanz zu vermeiden.

Um eventuell eingedrungenes Wasser abzuführen, wird gelegentlich empfohlen, Duschrinnen und Punktabläufe mit Öffnungen unmittelbar oberhalb der Verbundabdichtung als sogenannte Sekundärentwässerung zu verwenden. Hierzu gehen allerdings die Ansichten von Herstellern auseinander.

Ob solche Öffnungen tatsächlich in der Lage sind, die gewünschte Entwässerungsfunktion zu erfüllen, hat das Österreichische Forschungsinstitut in Wien (OFI Technologie & Innovation GmbH, www.ofi.at ) 2014 im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts untersucht. Auftraggeber war der Tece ( www.tece.de ). Der Haustechnikspezialist setzt bei seinen Produkten zur Entwässerung bodenebener Duschen aus Überzeugung auf geschlossene Ablaufrinnen ohne Sickerwasseröffnungen.

Wasserausbreitung unter den Fliesen

In einer ersten Versuchsreihe untersuchte das OFI die Ausbreitung von Wasser, das über schadhafte Fugen unter die Fliesen dringt. Um das Verhalten von Sickerwasser zu visualisieren, hat das Institut Glasfliesen (15 × 15 cm) im Dünnbettverfahren auf einer XPS-Hartschaumplatte verlegt. Bei einem Prüfkörper wurden die Fliesen mit einem einfachen Auftrag von Fliesenkleber auf den Untergrund mit dem Zahnspachtel verlegt und bei einem zweiten nach dem Buttering-and-Floating-Verfahren.

In der Mitte der Grundplatte blieb als Simulation einer lokalen Beschädigung jeweils eine Kreuzfuge offen, wo Wasser ungehindert in das Fliesenbett eindringen konnte Abb. 1. Auf die nicht verfugte Stelle wurde ein Rohrstück mit Silikon aufgeklebt, sodass über dieser fehlerhaften Stelle Wasser in einer definierten Höhe (25 mm) aufgestaut werden konnte. Die Platten wurden während des 72 Stunden dauernden Versuchs mit 3 % Gefälle aufgestellt. So ließ sich gleichzeitig prüfen, ob das Wasser entlang des Gefälles unterhalb der Fliesen abfließt. Die eingedrungene Wassermenge wurde durch Wiegen der Prüfkörper bestimmt.

Abb. 2 zeigt den Prüfkörper, bei dem die Fliesen mit dem einfachen Verfahren aufgeklebt wurden. Die verschiedenfarbigen Linien, die der Versuchsleiter mit Filzmarkern auf die Fliesenoberfläche aufgetragen hat, zeigen das Vordringen des Wassers während der Bewässerung (bis 16.5.) und der Trocknung (bis 26.5.). Die Ausbreitung der Feuchtigkeit unterhalb der Fliesen erfolgte in alle Richtungen – etwas mehr in Richtung der vom Zahnspachtel hinterlassenen Hohlräume. Eine definierte Strömung in Richtung des Gefälles lässt sich in das Bild kaum hineininterpretieren. Die Gewichtsangaben auf dem Prüfkörper zeigen, dass dieser während der 72-h-Bewässerung 42 ml Wasser aufgenommen hat. In den nächsten zehn Tagen sind davon 20 ml wieder verdunstet.

Abb. 3 zeigt den gleichen Versuch mit dem Prüfkörper, bei dem die Fliesen nach dem Buttering-and-Floating-Verfahren aufgebracht wurden. Die Durchfeuchtung fand hier sogar vermehrt gegen das Gefälle statt. In der Bewässerungsphase drangen ebenfalls 42 ml Wasser in das Fliesenbett ein, von denen zehn Tage nach Versuchsende 26 ml verdunstet waren.

Beide Versuche zeigen, dass ein Ablaufen des in das Fliesenbett eingedrungenen Wassers entlang des Gefälles nicht stattfindet. Das Wasser ließ sich noch nicht einmal durch lotrechtes Aufstellen nach der Bewässerungsphase zu einem Abfließen nach unten bewegen, wie das OFI in seinem Versuchsbericht schreibt. Es lässt sich also feststellen, dass beim Eindringen von Wasser in das Fliesenbett offensichtlich fast ausschließlich Kapillarkräfte eine Rolle spielen. Im jeweils zweiten Versuchsabschnitt verlässt das eingedrungene Wasser wieder das Fliesenbett über Verdunstungs- und Diffusionsvorgänge und das erfordert, wie die Versuche ebenfalls zeigen, viel Zeit.

Kapillarkräfte an Sickerwasserfugen

Bei einem zweiten Versuch untersuchte das OFI, was an den Sickerwasseröffnungen einer Duschrinne passiert. Dabei wurde geklärt, ob und wie Wasser über diese Öffnungen unter die Fliesen geraten kann und ob eventuell eingedrungenes Wasser wieder abgeführt wird. Hierzu hat das Institut einen weiteren Prüfkörper mit Glasfliesen und einer Duschrinne hergestellt Abb. 4.

Eingebaut wurde eine Duschrinne ohne Aufkantung. Wird die Fuge zwischen Rinnenkörper und Fliesenboden nicht mit Silikon verschlossen, so entsteht bei dieser Art von Duschrinnen automatisch eine umlaufende, kapillar-offene Mörtelkante. Diese wird von einigen Bauexperten zur Ableitung von Sickerwasser gefordert. Um es einer eventuellen Durchfeuchtung unter den Fliesen etwas schwieriger zu machen, wurde diese Fuge komplett mit dem Fliesenkleber verschlossen, was in der Praxis oft auch als diffusionsoffene Verfüllung bezeichnet wird.

Zusätzlich wurden in den Prüfkörper Feuchtesensoren in unterschiedlichen Abständen zur Duschrinne installiert. Diese messen in der Schicht des Dünnbettmörtels unterhalb der Fliesen den elektrischen Widerstand. Dieses Prinzip kommt auch bei der Holzfeuchtemessung zur Anwendung. Die Angabe der Messergebnisse erfolgt in % WME (Wood Moisture Equivalent).

Der Versuch begann am 13.5. – Datumsangaben erscheinen auf den Messschrieben – mit dem Verschließen des Ablaufs und dem Fluten der Duschrinne bis zur Fliesenoberkante Abb. 5. Das in die Sickerwasseröffnung eingedrungene und verdunstete Wasser wurde regelmäßig durch Zugaben ausgeglichen, sodass der Rinnenkörper stets gefüllt war. Der hohe Wasserstand entspricht dabei den Bedingungen in der Praxis, wo sich das Wasser ebenfalls aufstaut. Das erzeugt den statischen Druck, der die erforderliche Abflussleistung über den Siphon gewährleistet.

Am 19.5. wurde das Wasser aus der Duschrinne abgelassen. Um die Einbausituation möglichst wirklichkeitsnah zu simulieren, blieb der Siphon unterhalb der Rinne gefüllt. Zudem wurde die Rinne mit einem Rost abgedeckt, der mit Glasfliesen belegt wurde. Zwei weitere Sensoren zeichneten die relative Feuchtigkeit innerhalb der Duschrinne und im Labor auf.

Wie zu erwarten fand bis zum Ende des ersten Versuchsabschnitts eine großflächige und kräftige Durchnässung des Fliesenbetts durch kapillare Effekte statt Abb. 6. Wichtiger im Zusammenhang mit der Fragestellung des Forschungsprojekts ist aber der Trocknungs- bzw. Entwässerungsprozess. Hier sollten neben der visuellen Beobachtung des Trocknungsvorgangs vor allem die Feuchtesensoren im Mörtelbett Auskunft geben.

Im Gegensatz zur schnellen Durchfeuchtung während des simulierten Duschvorgangs erfolgte die Trocknung sehr langsam. Abb. 7 zeigt den Prüfkörper nach 15 Tagen Trocknungsprozess. Vor allem in der Mitte unter den Fliesen sind feuchte Stellen noch deutlich erkennbar. Hier sind auch die Wege bis zur umgebenden Raumluft besonders lang und der Diffusionswiderstand entsprechend hoch.

Abb. 8 zeigt die gemessenen Feuchteäquivalente zu Beginn des Versuchs in Zeitschritten von etwa 5 Minuten für Sensor 1, der einen Abstand von 4,1 cm zur Rinne hat. Die Flutung der Duschrinne beginnt bei der blauen, gestrichelten Linie. Schon nach 10 min erreichen die Messwerte die maximale Sättigung, also innerhalb einer Zeit, die für einen Duschvorgang üblich ist.

Abb. 9 zeigt die Feuchtewerte von Sensor 1 beim Ablassen des Wassers aus der Duschrinne, dargestellt durch die rote, gestrichelte Linie. Die Messwerte zeigen einen sehr langsamen Trocknungsvorgang: Innerhalb von 3,5 Tagen war eine kaum nennenswerte Abtrockung in Form einer Tendenz der Messwerte zu verzeichnen. Die anderen Sensoren zeigten qualitativ ähnliche Verläufe. Mit steigendem Abstand zur Duschrinne waren lediglich zeitliche Verzögerungen bei der Durchfeuchtung nach der Flutung zu verzeichnen.

Der Versuch zeigt, dass der Kapillareffekt beim Duschen über die Sekundärentwässerung Abwasser aus der Duschrinne unter die Fliesen befördert. Eine Trocknung findet nur äußerst langsam statt. Von Entwässerung im Sinne einer Strömung bzw. frei abfließenden Wassers unterhalb der Fliesen kann keine Rede sein.

Das OFI hat den Trocknungsvorgang nach 31 Tagen abgebrochen, während die Feuchtewerte immer noch nicht ganz die Ausgangspunkte erreichten. Für den täglichen Betrieb im Bad, bei dem die Dusche oft mehrmals täglich genutzt wird, heißt das, dass der Bereich unter den Fliesen praktisch nie mehr austrocknet. Vielmehr besteht die Gefahr, dass sich unter den Fliesen durch eingesaugten Schmutz, Seifenreste und Hautschuppen ein ideales Klima für Mikroorganismen bildet. Geruchs- und Hygieneprobleme sind dann nur noch eine Frage der Zeit.

Conclusio

Die Versuche am OFI zeigen, dass Sickerwasseröffnungen oder Sickerwasserfugen bei Fliesen- oder Natursteinböden nach dem Dünnbettverfahren kontraproduktiv sind. Der Kapillareffekt verkehrt die gewünschte Entwässerungsfunktion der Sickerwasseröffnungen in ihr Gegenteil: Abwasser steigt unter die Fliesen und kann dort Hygieneprobleme verursachen. Die Trocknung ist langwierig, da hier Diffusionseffekte die wichtigste Rolle spielen.

Auf den Punkt gebracht sagt die Studie des OFI aus, dass in nicht Wasser führenden Schichten grundsätzlich auf eine Sekundärentwässerung verzichtet werden sollte. Wenn Handwerker, Planer oder Architekten eine Duschrinne mit Sickerwasseröffnungen vorfinden, sollten sie auf die Problematik hinweisen und die Öffnungen dicht verschließen lassen.

Eine bessere Alternative ist es, von vornherein Produkte mit durchgängig geschlossenem Rinnenkörper und Kapillarschutzkante einzubauen. Der Markt stellt hier ein breites Angebot zur Verfügung. Analoge Überlegungen gelten auch für Punktabläufe, wenn diese ähnlich stark belastet werden wie Duschrinnen (Aufstau bis zur Verbundabdichtung).

Und für den für den späteren Gebrauch gilt: Defekte Fugen, egal ob aus Fugenmörtel bei Duschrinnen oder aus Silikon bei Duschtassen, sollten kein Dauerzustand sein, sondern müssen ordnungsgemäß ausgebessert werden.

Dr.-Ing. Uwe Bolz

ist Redakteur bei idpool, 70376 Stuttgart, bolz@id-pool.de, www.id-pool.de

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