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Feinstaub aus Holzpellet-Heizungsanlagen

Zu Unrecht aufgewirbelt

Fachlich ist Feinstaub aus Pellet-Heizungsanlagen abgehakt. Herumgesprochen hat sich das offensichtlich noch nicht. Sonst hätte sich kürzlich Plusminus (ARD) mit dem Sendebeitrag Pellet-Heizungen: Wo liegen die Gefahren? am 23. Januar sicher nicht so blamiert: Viele Pellet-Heizungen sind deutlich schlechter als ihr Ruf. Sie werden gern als umweltfreundlich dargestellt, weil bei der Verbrennung kaum Kohlendioxid entweicht [ ]. Doch an Stelle von CO2pusten sie einen ­regelrechten Schadstoff-Cocktail in die Luft.

Plusminus bezog sich dabei auf eine Studie für die Wiener Organisation Ärztinnen und Ärzte für eine gesunde Umwelt , die gesundheitliche Auswirkungen bei einer Forcierung der Holz­heizung im Inntal abschätzt. Mit Pellet-Heizungsanlagen beschäftigt sich die Studie allerdings höchstens am Rande. Lediglich fünfmal findet sich die Buchstabenkombination Pellet im Textteil, dazu einige Male in Tabellen für PM102)- und ­Gesamtstaub-Messwerte. Ob bewusst oder un­bewusst, die Studie ordnete in ihrem Emissionsszenario nach 2006 errichteten Holzpellet-Heizkesseln einen PM10-Wert von 30 mgPM10/MJ und damit 2- bis 10-fach höhere Feinstaubemissionen zu, als aktuelle Messungen ausweisen.

Die Studie diskutiert unbestritten auftretende Problemfälle bei der Verbrennung von Holz, beispielsweise wenn Stückholz in veralteten, manuell geregelten Kaminen und Kaminöfen verbrannt wird. Denn Brennraumgeometrie, Luftmenge und insbesondere eine zu hohe Restfeuchte im Holz haben massiv Einfluss auf die Quantität und die Qualität des Feinstaubs. Bei unvollständiger Verbrennung wird durch angelagerte organische Kohlenstoffverbindungen (dann stimmt die Aussage Schadstoff-Cocktail ) durchaus die Toxizität von Dieselruß erreicht oder überschritten.

Falsch ist es aber, diese Probleme - nur wegen des gleichen Ausgangsmaterials für den Brennstoff - unmittelbar auf Holzpellet-Heizungsanlagen zu übertragen. Denn anders als bei Kaminöfen hat der Nutzer bei Holzpellet-Heizungsanlagen kaum Einfluss auf die Verbrennung: Die Leistung wird geregelt, der Luftmenge anhand des Verbrennungsergebnisses variiert und der Brennstoff ist genormt. Bei seiner Verbrennung entsteht durch die natürlich im Holz vorhandenen Mineralien auch in geringen Mengen Feinstaub, aber kein Feinstaubproblem.

Feinstäube aus einer Holzpellet-Heizungsanlage bestehen nach Untersuchungen von PD Thomas Nussbaumer, Ingenieurbüro Verenum, Zürich, wegen der vollständigen, kontrollierten Verbrennung vorwiegend aus Kaliumchlorid und Kaliumsulfat. Als wasserlösliche Salze können sie sich nicht dauerhaft in der Lunge ablagern, so Experten. Toxizitäts- und Karzinogenitätsuntersuchungen deuten darauf hin, dass Feinstaub aus Holzpellet-Heizungsanlagen für den Menschen fünfmal weniger schädlich ist als Dieselruß.

Ein Durchschnittseuropäer stirbt bei den heute vorhandenen Feinstaubbelastungen neun Monate früher. Maßnahmen gegen Feinstaub sind deswegen wichtig und richtig. Falsch ist es aber, sich auf Holzpellet-Heizungsanlagen zu konzentrieren. Die Ende 2006 in Deutschland installierten 70000 Anlagen tragen weniger als ein Tausendstel der Gesamtfeinstaubbelastung Deutschlands bei. Wird heute eine ältere Heizungsanlage durch eine Holzpellet-Heizungsanlage ersetzt, ist durchschnittlich von einer Minderung der Feinstaubbelastung und von einer Senkung der Toxizität des Feinstaubs auszugehen.

Bei der heute vorhandenen Gebäudestruktur wird mit Holz im Hausbrand die größte Ressourcensubstituierung erzielt. Die sauberste Technik für die dezentrale Holzverwendung sind Pellet-Heizungsanlagen. Mit etwa 3 bis 15 mgPM10/MJ liegen die Feinstaubemissionen in der Größen­ordnung des Ölheizungsbestands. Weitere Minderungspotenziale sehen Fachleute noch in der Brennraumgeometrie, in der Brennwerttechnik und durch sekundäre Abscheidemaßnahmen. Wer beim Feinstaub mitsprechen will, muss zwischen Holz und Holzpellets sauber differenzieren.

Jochen Vorländer

1)TGA 12-2006 Seite 24

2)PM10: (PM: particulate matter) Teilchen mit gleichem oder ge­ringerem Sinkverhalten wie ideale Kugeln mit einem Durchmesser von 10 µm.