
Leica Geosystems, Hexagon
Wie schnell und effizient ein Anlagenbestand erfasst werden kann, darüber entscheiden nicht nur 3D-Laserscanner, sondern auch die Software zur Auswertung der erfassten Daten. Was können aktuelle Punktwolken-Programme, wo stecken noch Entwicklungspotenziale und welche Trends zeichnen sich ab?
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Für die Auswertung und planerische Weiterbearbeitung von 3D-Laserscandaten, sogenannten „Punktwolken“, sind spezielle Programme erforderlich.
■ Zahlreiche Filtertechniken, Modellierwerkzeuge, Konstruktionshilfen, Automatismen und zunehmend auch Künstliche Intelligenz (KI) unterstützen die Auswertung und Umwandlung der Messdaten in für die Planung verwendbare Datenformate.
■ Bei der Programmauswahl sollte man auf spezielle TGA-Funktionen, wie eine automatische Leitungs- und Bauteilerkennung achten.
■ Als Alternative bieten sich Dienstleister an, die allerdings sowohl über messtechnisches Fachwissen als auch über TGA- und gegebenenfalls BIM-Know-how verfügen sollten.
Für die dreidimensionale, digitale Erfassung von stark strukturierten Objekten, beispielsweise gebäudetechnischen Anlagen, Produktions- und Industrieanlagen oder Stahlkonstruktionen, sind terrestrische oder mobile 3D-Laserscanner prädestiniert:
Im Gegensatz zu anderen Messverfahren werden nicht einzelne, markante Objektpunkte, sondern das gesamte Messobjekt digital über eine aus mehreren Millionen 3D-Messpunkten bestehende „Punktwolke“ geometrisch und über ein 360 Grad-Panoramafoto visuell erfasst (TGA 10/2021: Mit 3D-Laserscannern präzise und schnell aufmessen).
Dadurch lassen sich auch sehr komplexe Objekte schnell und vollständig erfassen. Da alles erfasst wird – auch Objekte und Maße, an die man ursprünglich nicht gedacht hat – kann man in den Messdaten Information jederzeit abrufen und muss nicht erneut zum Aufmaßort fahren.

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Vom Messobjekt …
Seit Einführung des 3D-Laserscanning-Messverfahrens Ende der 1990er-Jahre konnten die Messgenauigkeit, Reichweite und Messfrequenz deutlich gesteigert werden – und damit auch die Anzahl der Messpunkte. Es dauert zwar nur wenige Minuten, bis mehrere Millionen an Messpunkten vor Ort erfasst sind. Es dauert aber viele Stunden, bis die Messdaten im Büro bearbeitet und ausgewertet sind – und daraus für Architekten, Tragwerksplaner, TGA+E-Fachingenieure oder Facility-Manager verwertbare CAD-Modelle oder CAD-Pläne entstehen.
Filtertechniken, Modellierwerkzeuge, Konstruktionshilfen, Automatismen und zunehmend auch KI-Algorithmen versprechen eine Beschleunigung dieser Abläufe. Bevor von einem realen Objekt ein digitales Abbild als Punktwolke und daraus ein 3D-CAD- oder BIM-Modell entsteht, sind zahlreiche Arbeitsschritte erforderlich, die sich kaum automatisieren lassen. Zunächst muss der Scanvorgang für jedes Messobjekt individuell vorbereitet werden: Mess-Standpunkte müssen so gewählt werden, dass mit möglichst wenigen Messungen möglichst viele Objektdetails erfasst werden und dabei möglichst wenige Mess-Schatten entstehen.
Ferner müssen Grundeinstellungen vorgenommen werden, beispielsweise die Scanauflösung, Scanqualität oder der Scanbereich. Im Messbereich verteilte Zielmarken, Referenzkugeln oder markante, von mehreren Standpunkten erkennbare Objektpunkte, ermöglichen eine relative Orientierung der von den einzelnen Standpunkten erstellten, separaten Scanaufnahmen und eine passgenaue Zusammenführung und Ausrichtung zu einer Gesamt-Punktwolke.

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… zur Punktwolke
Der eigentliche Messvorgang wird mithilfe einer scannerspezifischen Erfassungssoftware gesteuert und kann – abhängig vom Scanner, der Messpunktdichte sowie vom Messobjekt – zwischen wenigen Sekunden und einigen Minuten dauern. Da nur das, was der Scanner erfasst hat, ausgewertet werden kann, werden die Messdaten noch vor Ort auf Korrektheit und Vollständigkeit geprüft.
Ist alles vollständig, werden die Daten in Herstellerformaten oder den Standardformaten E57, FLS, PTG, PTX, RXP, ZFS etc. in die Auswertungssoftware importiert und im Büro ausgewertet. Dabei werden zunächst die von den einzelnen Standpunkten erfassten Punktwolkendateien im Büro zusammengeführt, ausgerichtet, ausgeglichen und in ein übergeordnetes Koordinatensystem zu einer Gesamt-Punktwolke zusammengeführt.
Dieser als „Registrierung“ bezeichnete Vorgang wird beispielsweise durch eine automatische Suche von Zielmarken oder Referenzkugeln im Scan unterstützt. Aufgrund der großen Messpunktanzahl und Größe der Punktwolken-Datei mit durchschnittlich 10 bis 30 Mio. Punktwerten und mehr ist meist eine Datenreduzierung erforderlich, auch um Lade- und Systemantwortzeiten zu verkürzen.
Um wesentliche von unwesentlichen oder überzähligen Informationen zu trennen, bieten Auswertungsprogramme diverse Funktionen und Filter, die beispielsweise Messpunkte einer definierten Entfernung automatisch ausblenden. Zusätzlich können bestimmte Punktwolken-Bereiche über manuelle Bereichsdefinitionen ein- oder ausgeblendet werden, was beispielsweise die Auswertung von Details vereinfacht.

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Auswertung und Kommunikation
Für eine erste, schnelle Auswertung lassen sich durch die Punkwolken beliebige Horizontal- oder Vertikalschnitte legen, die man unmittelbar für eine Planung mit hybriden Daten nutzen kann. Dabei erfolgt die CAD-Planung auf der Grundlage der Punktwolken-Schnitte. Die Punktwolken-Daten werden dabei mit den CAD-Vektordaten überlagert und anschließend zusammen ausgegeben.
Werden CAD-Objekte unmittelbar in die Punktwolke eingefügt, kann man beispielsweise auch vorab prüfen, ob das zu planende Objekt in das räumliche Umfeld hineinpasst, ob ausreichend Platz für Montage oder Wartung vorhanden ist etc. Werden die gescannten Geometriedaten und fotografisch erfassten Bilddaten überlagert und zu einem 360°-Kugelpanorama (Bubble-View) zusammengeführt, kann man sich am Monitor interaktiv darin bewegen, Längen- oder Flächenmaße ermitteln oder Details betrachten.
Bubble-Views kann man auch für eine fotogestützte Arbeitsvorbereitung und Mitarbeitereinweisung oder eine virtuelle Präsentation per VR-Brille nutzen. Wird die CAD- oder BIM-Planung mit dem Scan des aktuellen Baustellenstands überlagert, lassen sich zudem manuelle oder automatisierte Soll-/Ist-Abgleiche erstellen.

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Einige Lösungen, wie Faro As-Built oder Verity von ClearEdge3D, unterstützen einen automatisierten Echtzeit-Abgleich von Punktwolken-Daten mit CAD- oder BIM-Modellen. Dank dieser kontinuierlichen Qualitätskontrolle lassen sich Planungsabweichungen auf der Baustelle frühzeitig erkennen und kostspielige Nachbesserungen vermeiden.
Für die Betrachtung von Punktwolken werden spezielle, meist kostenfreie Viewer, zum Beispiel der Leica Cyclone 3DR Free Viewer, PointCab Share oder usBIM.pointcloud angeboten.
Alternativ ermöglichen cloudbasierende Lösungen, zum Beispiel Leica TruView oder PointCab Nebula, einen zeit-, orts- und plattformunabhängigen Zugriff auf Punktwolken-Daten. Damit erhalten Projektpartner per Web-Browser die Möglichkeit, auf Scan- und Fotopanoramadaten zuzugreifen und mit Kommentaren oder Markierungen zu versehen, was unter anderem das Mängel-Management, virtuelle Baustellen-Besprechungen oder die Dokumentation des fertigen Projektes „As built“ (wie gebaut) unterstützt.

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Von der Punktwolke zum Modell
Sollen die Scandaten im Hinblick auf die Visualisierung, Berechnung und Auswertung vollumfänglich in die weitere CAD- oder BIM-Planung integriert werden, müssen sie in eine für CAD-, BIM- oder Visualisierungs-Programme verwertbare, aus Linien, Flächen, Quadern, Zylindern und anderen Grundkörpern bestehende Vektordaten überführt werden. Diese in der Regel manuelle 3D-Modellierung oder Vektorisierung erfordert am meisten Zeit und erfolgt mit gerätespezifischer oder allgemeiner Software [4]. Dabei werden zunächst das Gebäude und anschließend die Gebäudetechnik vektorisiert.
Mithilfe von CAD-Plugins, zum Beispiel Arena 4D, CloudWorx, Faro As-Built oder PointCab, können Punktwolken auch direkt in einigen CAD-Systemen (z. B. AutoCAD, Revit, BricsCAD, Archicad etc.) komfortabel bearbeitet werden, da man parallel auf CAD-und auf die speziellen Punktwolken-Funktionen des Plugins zugreifen kann. Dazu gehören beispielsweise Orthogonalansichten, Schnitte, Flächen- oder Ebenheitsmessungen.
Der Aufwand und damit die Dauer der Punktwolken-Auswertung hängt davon ab, ob lediglich zweidimensionale Grundriss-, Ansichts- oder Schnitt-Pläne gefordert sind, einfache Volumenmodelle erzeugt werden sollen oder komplexe BIM-Modelle, die auch Bauteilattribute enthalten.

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Bei der manuellen Auswertung werden ein bestimmtes Bauteil (z. B. Wand, Stütze, Decke, Tür, Fenster etc.) repräsentierende Punktwolken mit einem entsprechenden CAD- oder BIM-Objekt überlagert. Dazu bieten die Programme diverse Hilfsfunktionen, beispielsweise die automatische Erkennung und Ermittlung von Flächen, Kanten und Ecken. Aktuelle Programme erkennen auch Gebäudebauteile wie Wände, Fenster oder Türen selbstständig und vektorisieren diese automatisch.
Speziell für die BIM-Bestandserfassung sollten Zielvorgaben definiert werden, damit man weiß, was und wie exakt erfasst werden soll. Diese Zielvorgaben werden in den sogenannten Auftraggeber-Informations-Anforderungen (AIA) und im BIM-Projektabwicklungsplan (BAP) festgehalten. Wichtig dabei ist der Level of Accuracy (LoA), der die Mess- und Scangenauigkeit definiert. Unterschieden werden fünf Genauigkeitsklassen (Level), die etwa 50 mm bis 1 mm und weniger betragen. Dabei wird zwischen der Genauigkeit beim Aufmaß (Messgenauigkeit) und bei der Modellierung (Modellierungsgenauigkeit) unterschieden [2].

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TGA-spezifische Auswertungen
Punktwolken-Bearbeitungsprogramme mit TGA-spezifischen Auswertungsfunktionen, dazu gehören beispielsweise EdgeWise, Faro As-Built oder RealWorks, verfügen über spezielle Funktionen und Automatismen für die Auswertung und Erkennung von Rohrleitungen und Lüftungskanälen, von Leitungsverläufen, Übergängen, Flanschen oder Ventilen, was den Zeitaufwand für die manuelle Konstruktion erheblich reduziert.
Wird beispielsweise die Achse eines Rohrprofils erkannt, errechnet das Programm aus der umgebenden Punktestruktur den Durchmesser bzw. die Profilabmessungen, sucht in der integrierten Standard- oder individuellen Bauteildatenbank nach dem passenden Bauteil und fügt dieses automatisch ein. Ist eine smarte Objekt- und Mustererkennung integriert, kann ein Großteil der erfassten Leitungsführung (bis zu 80 %) automatisch vektorisiert werden.
Problembereiche, beispielsweise Mess-Schatten oder komplexe Verschneidungen erfordern allerdings manuelle Eingriffe. Die nicht korrekt erkannten Leitungsteile lassen sich halbautomatisch vom Programm oder manuell vom Anwender ergänzen. Identische Objekte, Muster oder Strukturen, beispielsweise einer sich wiederholenden Stahlbaukonstruktion, werden ebenfalls in der Punktwolke erkannt und automatisiert in ein CAD-Modell umgewandelt.

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Ist die Modellierung komplett, können noch Feinabstimmungen der Bauteil-Ausrichtung, der Abmessungen etc. vorgenommen werden. Anschließend können die CAD-Daten entweder direkt in CAD-Programme etwa Autocad, Revit, Trimble Nova, Plant3D etc. eingelesen und dort für weitere Planungen oder Berechnungen verwendet werden. Alternativ ist über Standardschnittstellen wie DXF/DWG oder IFC ein Datenexport möglich.
Mit KI-basierenden Analysemethoden lassen sich Punktwolken im Vorfeld bereinigen oder so vorstrukturieren, dass sie für die weitere Bearbeitung mit CAD- oder BIM-Programmen einfacher verwertbar sind. Dabei analysieren KI-Lösungen wie Aurivus oder Pointly die Punktwolken und liefern anschließend „smarte“ Punktwolken-Daten mit Informationen über die Art der erfassten Objekte oder Bauteile – beispielsweise Gelände, Gebäude, Vegetation, respektive Wand, Stütze, Decke, Tür, Fenster etc. – und verknüpfen sie gegebenenfalls mit weiteren Daten, etwa zu Materialien. Aus diesen Informationen lassen sich anschließend CAD- oder BIM-Modelle einfacher und effizienter erstellen.

Leica Geosystems, Hexagon
Know-how und Erfahrung sind wichtig
3D-Laserscanner beschleunigen die Erfassung komplexer Anlagen – allerdings wird dieser Zeitvorteil durch die aufwendige, noch immer überwiegend manuelle Bearbeitung und Auswertung der riesigen Datenmengen relativiert. Neben der Scanner-Hardware haben die Auswertungssoftware, aber auch das Know-how und die Erfahrung des Bearbeiters einen erheblichen Einfluss auf die Effizienz und Produktivität des Aufmaßverfahrens 3D-Laserscanning.
Automatismen und KI-gestützte Algorithmen können insbesondere im TGA-Bereich und im Anlagenbau die Auswertung und Modellierung wirkungsvoll unterstützen. Als Alternative bieten sich Laserscanning-Dienstleister an, die sich allerdings sowohl mit aktuellen 3D-Laserscanning-Werkzeugen als auch mit der Gebäudetechnik und gegebenenfalls mit der Planungsmethode BIM auskennen sollten. Damit diese ein qualifiziertes und vergleichbares Angebot erstellen können, ist ein Pflichtenheft erforderlich. Eine Anleitung dazu gibt der „Leitfaden Laserscanning im Anlagenbau“ [1]. Marian Behaneck
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Building Information Modeling

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Literatur, Produkte, Dienstleister
[1] Schenk, M. (Hrsg.): Leitfaden Laserscanning im Anlagenbau. Magdeburg: Fraunhofer IFF, 2014
[2] Leitfaden Geodäsie und BIM (Version 2024). Augsburg: Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement DVW (Hrsg.), 2024
[3] Weitere Informationsquellen (Auswahl)
www.dvw.de Gesellschaft für Geodäsie e.V.
www.laserscanner.info Infos und Blog
www.laserscanning-europe.com Anwendungen, Tipps, Videos
[4] Produkte und Anbieter (Auswahl)
Arena 4D www.veesus.com
Aurivus www.aurivus.com
Dot3D Edit www.dotproduct3d.com
EdgeWise, Verity www.clearedge3d.com
Faro As-Built www.faro.com
Leica Cyclone 3DR www.leica-geosystems.com
Lixel Studio www.xgrids.com
LupoScan www.lupos3d.de
Magnet Collage www.topcon.de
NavVis www.navvis.com
PinPoint www.scanner2go.de
PointCab www.pointcab-software.com
PointFuse www.pointfuse.com
Pointly pointly.ai
ReCap Pro www.autodesk.de
Riscan Pro www.riegl.com
Scalypso www.scalypso.com
Trimble RealWorks www.trimble.com
[5] Dienstleister (Auswahl)
www.3d-laserscanning.com
www.farlo-projekt.de
www.inobatec.de
www.laserscanning3d.de
www.laser-scanning-architecture.com
www.survey-service.de
www.vbmassong.de
siehe auch Mitgliederlisten von: www.vdv-online.de und www.bdvi.de