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PCM-Entwicklung: Industrie vor Wissenschaft

Mit Heatstickern zur vierfachen Kapazität

Kompakt informieren

  • TGA-Fachplaner, die PCM in ihr Energie- bzw. Klimatisierungskonzept einbinden wollen, sollten sich genau informieren, welche Materialien sich eignen und welche Schaltpunkte notwendig sind, um hohe Energieeffizienzwerte und komfortable Raumtemperaturen zu erreichen.
  • Nach wie vor ist die Art der Verpackung des Materials ein großes Thema (Kosten, Auslaufsicherheit, Handhabung). Erfahrungen mit ausgeführten PCM-Projekten zeigen, dass die Nutzer oft ganz andere Komfortvorstellungen haben als die TGA-Fachplaner.
  • Einmal festgelegt, kann der Schmelzpunkt des PCMs nicht mehr verändert werden. Auch muss im Laufe der Lebenszeit des PCM mit Leistungseinbußen gerechnet werden.
  • Die Ergebnisse der Projekte „PCM-Demo I und II“ scheinen noch nicht ausreichend zu sein, um den Einsatz dieser Latentspeicher uneingeschränkt zu empfehlen. Große Hoffnungen werden auf PCM-Materialien mit Schaltpunkten um 20 °C gesetzt.

Es klingt fast utopisch, was Dirk Büttner von dem in Thüringen ansässigen Unternehmen Axiotherm in Würzburg präsentierte: Mit zigarrengroßen Sticks oder linsen-förmigen Behältnissen, gefüllt mit Phasen-wechselmaterial (PCM), könnte die Wärmekapazität von Warmwasserspeichern bei gleichem Volumen auf einen Schlag um das zwei- bis vierfache erhöht werden, auch bei vorhandenen Behältern.

Eine andere, nicht minder interessante Anwendung zeigte der Heizkörperspezialist H. M. aus Dingelstädt mit der sogenannten Thermobatterie, einem konventionellen Warmwasserspeicher mit PCM im Doppelmantel zur Erhöhung der Speicherkapazität. Technisch interessant ist auch die Lösung von Thomas Friedrich, Geschäftsführer der Innogration GmbH, PCM-Elemente in eine thermisch aktivierte Sandwichdecke zu integrieren, um damit die Spitzenlast abzufangen.

Eher verhalten äußerten sich dagegen die Wissenschaftler des Projekts „PCM-Demo II“ und der Vertreter des Projektträgers Jülich zum aktuellen Stand der Entwicklung: Die Schaltpunkte der bisher getesteten Phasenwechselmaterialien seien für praktische Anwendungen zu hoch und die Speicherwirkung lasse mit der Zeit durch Hysterese und Alterung nach. Die Schwerpunkte künftiger Forschungsprojekte liegen deshalb auf der Erkundung geeigneter, langlebigerer, preisgünstigerer und einfach handhabbarer PCM. Eindrücke vom Würzburger PCM-Symposium Abb. 1, das auf eine vergleichsweise geringe Resonanz in der TGA-Branche gestoßen ist.

Deutliche Optimierungspotenziale bei PCM-haltigem Estrich

Das Konzept klingt vielversprechend, die Realität ist jedoch ernüchternd: Ein Energiespeicherhaus mit Wärmepumpe in Kombination mit einer PV-Anlage (65 m2, mit Batterie) soll mit möglichst wenig Netzstrom auskommen. Dazu wurde dem Estrich das Phasenwechselmate-rial „Micronal“ zugesetzt (aus Festigkeitsgründen nur etwa 5 % Massenanteil). Auf zwei Stockwerken konnte so eine zusätzliche Energiespeicherkapazität von 9,5 kWh im Erdgeschoss und von 10,5 kWh im Obergeschoss geschaffen werden.

Strategie ist, nachts die Laufzeiten der Wärmepumpe zu reduzieren und energieintensive Haushaltsgeräte möglichst nur dann zu betreiben, wenn regenerative Energie vom PV-Dach zur Verfügung steht. Schwerpunkt des Forschungsprojektes von Rolf Gross, Universität Kassel, war das Monitoring des Gebäudes, um die Wirksamkeit des PCM-Anteils im Estrich im praktischen Betrieb aufzuzeigen und das Gesamtsystem „Gebäude und Anlagentechnik“ zu optimieren.

Die energetische Beladung des PCM-haltigen Estrichs im Energiespeicherhaus erfolgt über die Fußbodenheizung mithilfe einer im Estrich angeordneten Sensorik. Bei der Wahl der Regelungsstrategie ging es hauptsächlich darum, mit welcher Heizkurve eine möglichst hohe Jahresarbeitszahl der Luft/Wasser-Wärmepumpe bei gleichzeitig hohem Stromanteil durch die PV-Anlage erreicht werden kann. Dabei zeigte sich, dass die festgelegte Schalttemperatur des Estrich-Zuschlagsstoffes von 25 °C in der Übergangszeit und im Sommer eher kontraproduktiv auf den Wärmepumpenbetrieb wirkt. Gross resümiert: „Bei der Auswahl des PCM und der Be- und Entladestrategie des Estrichs gibt es noch deutliche Optimierungspotenziale.“ Ergebnisse der ersten Untersuchungsrunde:

  • durch den PCM-Estrich kann die Wärmepumpe ab 16 Uhr abgeschaltet werden
  • eine stärkere Nutzung des PCM-Effekts, beispielsweise eine tageweise Abschaltung der Wärmepumpe, ist möglich, jedoch stark von den Außentemperaturen abhängig
  • Kühlen mit dem PCM-Estrich erfordert eine aktive Beladung des Estrichs; eine passive Beladung durch Nachtauskühlung der Räume reicht nicht aus
  • durch die Auswahl des PCM und dessen Schaltpunkt wird die Speicherkapazität festgelegt; liegt die Raumtemperatur benutzerspezifisch über der Auslegungstemperatur des PCM, kann der latente Speichereffekt nicht genutzt werden.

„Kristall“-Hochhaus mit PCM-Decken in Schulungsräumen

„Wenn sich der Nutzer nicht an die Auslegung des PCM-Systems hält, kann man damit wenig einsparen.“ Holger Lyding vom TGA-Ingenieurbüro Deerns Deutschland, Köln, brachte gleich zu Beginn seiner Präsentation über die Erfahrungen mit PCM im „Kristall“-Bürogebäude der LVM in Münster das Problem auf den Punkt: Mit dem Einsatz von PCM in Kühldecken werde vom Nutzer ein hohes Maß an technischem Verständnis und eine hohe Komforttoleranz abverlangt.

Im LVM-Turm sind allerdings nur vier Schulungsräume im 1. OG mit PCM-Komponenten ausgerüstet, wobei die Vielzahl der eingesetzten RLT-Systeme eher, Zitat Lyding, „over engineered“ wirken. Neben der Luftversorgung über eine RLT-Anlage mit Heiz- und Kühlfunktionen sind dort auch Unterflurkonvektoren mit Heizfunktionen, eine Kühldecke mit PCM-Elementen sowie eine Gipskarton-Kühldecke zur Spitzenlastkühlung installiert. Ziele im Rahmen des Projekts „PCM-Demo II“ waren unter anderem die Erarbeitung einer optimierten Regelungsstrategie, die Ermittlung des Energieeinsparpotenzials durch das PCM sowie die Bewertung des Nutzerverhaltens.

Zum Einsatz kam eine PCM-Kühldecke mit an den Kühlmäandern hängend angedockten PCM-Lamellen. Als Latentspeichermaterial wurde ein Salzhydrat mit einem nutzbaren Schmelzbereich zwischen 21 und 28 °C gewählt (Maximum bei 24 °C). Die spezifische Wärmeaufnahme liegt – je nach Lamellenabstand – bei bis zu 1000 Wh/m2, bei 15 kg/m2 PCM. Der Vorteil dieser Lösung liegt darin, dass über die Kühlmäander sowohl die PCM-Elemente geladen werden können (bevorzugt nachts), als auch die Decke tagsüber sowohl passiv (Kältemaschine AUS) als auch aktiv (Kältemaschine EIN) betrieben werden kann.

Inzwischen liegen umfangreiche Messergebnisse zu den Oberflächentemperaturen der PCM-Kühldecke, der Kerntemperatur im PCM-Element, der Raumtemperatur und der operativen Temperatur vor. Zusammengefasst kommt Lyding zu folgendem Resümee:

  • hohe zusätzliche Kosten durch die PCM-Lamellen, Amortisationszeit mindestens 10 Jahre
  • Undichtigkeiten bei den PCM-Elementen; hohe Kosten für Austausch einzelner PCM-Lamellen
  • komplexe Regelung notwendig
  • wenig Bereitschaft der Nutzer, die vergleichsweise hohen Raumtemperaturen zu akzeptieren, die zur Nutzung der auf 24 °C Schmelzpunkt optimierten PCM-Elemente notwendig sind; empfohlen wird ein PCM-Schmelzpunkt von 21 °C
  • Wachs als PCM wäre in diesem Fall günstiger, wurde jedoch aus Brandschutzgründen nicht zugelassen
  • Regeneration der PCM-Decke generell ineffizient.

Tropennächte verhindern PCM-Regeneration

Eignet sich PCM als Speichermedium, um Büroräume „natürlich“ über Nachtlüftungsstrategien zu kühlen? Die seit 2009 im Rahmen der Forschungsprojekte „PCM-Demo I“ und „PCM-Demo II“ beim ZAE Bayern, Würzburg, laufenden Versuche sind eher ernüchternd. Ausgangspunkt der Untersuchungen von Dr. Helmut Weinläder ist ein im Jahr 2009 in Betrieb genommener 45 m2 großer Besprechungsraum mit einer hinterlüfteten passiven PCM-Kühldecke. Diese ist mit PCM-Modulen vom Typ Delta-Cool 24 der Firma Dörken bestückt, die – neu installiert – eine PCM-Wärmespeicherkapazität von ca. 8 kWh/kg aufweisen. Die gesamte in der Decke verbaute PCM-Menge beträgt 180 kg. Im Rahmen von „PCM-Demo I“ wurden folgende Regelungsstrategien gefahren:

  • Lastbetrieb (tagsüber 5 bis 19 Uhr)
    • Umluftbetrieb mit 300 m<sup>3</sup>/h, wenn Raumlufttemperatur&gt; 24 °C
    • Fenster zu (Ansaugung warmer Raumluft)
    • Abluftklappe geschlossen (Regenerationsluft zirkuliert im Raum)
  • Regenerationsbetrieb (19 bis 5 Uhr)
    • Abluftbetrieb mit 600 m<sup>3</sup>/h, wenn Außenlufttemperatur &lt; Raumlufttemperatur
    • Fenster automatisch gekippt (Ansaugung kühler Außenluft)
    • Abluftklappe offen (Luft geht in den zentralen Abluftkanal des Gebäudes)
    • Abschaltung, wenn Luftauslasstemperatur

Ergebnisse von „PCM-Demo I“:

  • typische Kühlleistungen im Umluftbetrieb ca. 750 W (Raumgröße 45 m<sup>2</sup>) bei 28 °C operativer Raumlufttemperatur
  • typische erzeugte Kühlmengen ca. 7 kWh pro Tag
  • typische Energieeffizienzwerte (COP) im Bereich zwischen 3 bis 3,5
  • gekippte Fenster erlauben nur eine indirekte Einbringung der Nachtluft in den Deckenhohlraum
  • PCM-Regeneration ist ineffizient.

Eine Prüfung der Anlage nach sieben Jahren („PCM-Demo II“) führte zu folgendem Ergebnis:

  • Regelung teilweise defekt
  • PCM-Module noch voll funktionsfähig, aber Enthalpie um ca. 20 % verringert
  • Hysterese stärker ausgeprägt
  • gemessene Kühlleistung 2017: ca. 35 % geringer als 2009

Verschiedene Betriebsstrategien im Rahmen von „PCM-Demo II“, wie

  • Regenerationsbetrieb indirekt, Zuluft über gekipptes Fenster, Abluft über Ventilator bzw. über Bypass in den Raum
  • Regenerationsbetrieb mit direkter Zuführung der Außenluft in den Deckenzwischenraum, Abluft über Ventilator bzw. über Bypass in den Raum

führten zu folgenden Ergebnissen:

  • es ist energetisch günstiger, die kühle Nachtluft nach der Regeneration der PCM-Decke in den Raum einzubringen und nicht der Außenluft zuzuführen
  • die gewählte PCM-Phasenwechseltemperatur von 24…26 °C ist für einen Büroraum sehr hoch; eine signifikante Kühlleistung durch die PCM-Elemente tritt erst bei unkomfortabel hohen Raumtemperaturen ein
  • COP-Werte von bis zu 3 sind erreichbar, trotz ungünstiger baulicher Voraussetzungen
  • der hohe Schaltpunkt der verbauten PCM-Module führt dazu, dass in sogenannten Tropennächten (über 20 °C) praktisch keine Regeneration mehr stattfindet. Dies sollte beim innerstädtischen Einsatz von PCM beachtet werden.

Dosen statt Platten

Rubitherm Technologies, Berlin, zählt zweifellos zu den Pionieren der PCM-Technologie. Deren Erfahrungen mit PCM-Anwendungen (seit 1993) ist umso wichtiger, als das Unternehmen sowohl in das „PCM-Demo II“-Projekt eingebunden, als auch in kommerzielle, gewinnbringende PCM-Projekte involviert ist. Rubitherm-Mitarbeiter Felix Pawelz berichtete über die Erfahrungen mit PCM in verschiedenen Büroräumen von Rubitherm, in denen drei unterschiedliche dezentrale PCM-Speicher installiert sind. Vorgabe war ein einfacher Aufbau, kostengünstige Materialien und leicht nachzurüstende und bekannte Systemkomponenten einzusetzen. Laut Kühllastberechnung (mit mh-software) nach VDI 2078 hätten sich ohne PCM Raumtemperaturen von bis zu 35,5 °C eingestellt; mit PCM-Speicher konnte die Raumtemperatur auf unter 25 °C gehalten werden. Eckwerte der Anlage:

  • konstanter Volumenstrom
  • Spitzenleistung 1900 W
  • nötige Kapazität für 24 h 20 000 Wh
  • nötige Kapazität für 6 h (10 bis16 Uhr): 10 000 Wh.

Pawelz räumt ein, dass die Regeneration der PCM-Platten bei Nachttemperaturen über 20 °C recht schwierig werde, da der Schmelzpunkt des verwendeten PCM-Materials bei 25 °C liege. Wegen möglicher Undichtigkeiten der PCM-Platten plane Rubitherm, diese künftig durch Dosen (52 mm Durchmesser, 175 mm Höhe) zu ersetzen und gleichzeitig den Schmelzpunkt des PCM-Materials auf 21 °C zu senken. „Chinesische TGA-Fachleute arbeiten bereits mit PCM in Dosen“, berichtet Pawelz. Will heißen, womöglich kommen bald chinesische PCM-Produkte auf den Markt.

Höhere Kälteleistung durch niedrigeren Schmelzpunkt

Die aktuelle Entwicklung und Optimierung neuer PCM-Rezepturen hinsichtlich Schmelzpunkt, Verkapselung und Korrosionsfestigkeit des Materials deutet darauf hin, dass marktgängige Standardlösungen noch weit entfernt sind. Dennoch gibt es Marktnischen, bei denen PCM-Komponenten bereits die Schwelle zur Kommerzialisierung erreicht haben. So bietet das auf Vakuum-Isolationstechnik spezialisierte Unternehmen Va-Q-Tec, Würzburg, eine ganze Reihe an PCM-Modulen mit unterschiedlichen Schmelzpunkten an, die hauptsächlich in Transportbehältern für temperaturempfindliche Güter zum Einsatz kommen. Die aktuelle Entwicklung bei Latentspeichern konzentriert sich bei Va-Q-Tec in erster Linie auf PCM-Hüll-Kombinationen auf der Basis von Kunststoffen und Folien, die dauerhaft fest sind.

Langzeiterfahrungen des Unternehmens mit PCM-Brüstungsmodulen Abb. 41 in zwei Büroräumen (Wärmespeicherkapazitäten ca. 1,3 kWh im Bereich 21…24 °C, CMS-Module mit je 40 kg Salzhydrat SP 22A17) ergeben, dass Salzhydrate mit zunehmender Betriebszeit zu einer stärkeren Hysterese neigen. Dr. Thomas Wollheim von Va-Q-Tec berichtete außerdem, dass sich der Schmelzpunkt von PCM mit der Zeit nach oben verschiebt und es damit zu erheblichen Leistungseinbußen kommt. Im schlimmsten Fall bilden sich in den Salzlösungen kristalline Nadeln, die die Folie durchstechen.

Im Vergleich zu Salzlösungen könnten PCM-Platten mit Paraffinfüllung hinsichtlich des Schmelzpunktes viel exakter ausgelegt werden. Nachteil sei die Brandlast von Paraffin. Hier arbeite man an einer flammgeschützten Mixtur. Ziel weiterer Entwicklungen seien wirtschaftlichere Lösungen, das heißt, weg von Metallplatten, hin zu Kunststoffplatten oder besser noch zu Kunststoffbeuteln. Messungen an optimierten Brüstungsmodulen hätten gezeigt, dass bei der Regeration der PCM-Module durchaus COP-Werte von 7 bis 9 möglich sind. Wichtig sei die Entwicklung von PCM-Modulen mit einer Phasenwechseltemperatur von 21 °C, so Wollheim.

Hohe Speicherkapazität bei niedrigen Temperaturen

Während sich die Forschungsinstitute weiter-hin mit den „Basics“ der PCM-Anwendung beschäftigen – der Wille zur Entwicklung marktfähiger Produkte scheint dort nicht sehr ausgeprägt zu sein – betreiben einige Industrieunternehmen eine offensivere Produktentwicklungspolitik. So hat H. M. Heizkörper, Dingelstädt, seit 2017 die Thermobatterie LOT im Angebot, die zur Speicherung der Wärme den Zustand der „unterkühlten“ Schmelze benutzt. Der Edelstahl-Warmwasserspeicher mit 166 l Wasserinhalt nutzt das im Doppelmantel des Speichers eingelagerte, sehr preisgünstige Speichermaterial Natriumacetat-Trihydrat zur Erhöhung der Speicherkapazität auf etwa 120 %.

Zum Aufschmelzen des Salzhydrats ist allerdings eine Temperatur von 85 °C über einen Zeitraum von 3 h notwendig. Die Be-/Entladestrategie vom H. M. sieht vor, dass der Speicher nach dem Beladen auf Umgebungstemperatur abkühlt und die dabei freigesetzte Wärme unmittelbar genutzt wird. Die latente Wärme im PCM-Speicher bleibt auch bei niedrigen Temperaturen erhalten, das heißt die Wärmeenergie wird verlustfrei und zeitlich unbefristet in der unterkühlten Schmelze gespeichert.

Ähnlich wie bei einem Handwärmekissen kann dann die Wärme gezielt durch die Einleitung der Kristallisation des PCM-Mediums abgerufen werden. Mit der Kristallisation erwärmt sich die Salzmischung auf ca. 56 °C und damit auch das Speicherwasser. Um das gefürchtete Kristallwachstum zu vermeiden, arbeitet H. M. an der nächsten Generation der Thermobatterie, dem Typ SU-C. Dieser besteht aus einzelnen Salzspeicherelementen, die separat aufgeladen und abgerufen werden können.

Im Rahmen des „PCM-Demo II“-Projekts, wird derzeit eine Anlage durch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg, vermessen. Wie es heißt, handelt es sich um eine, Zitat, „sehr komplexe Anlage, die eine große Herausforderung hinsichtlich Interpretation der Daten darstellt“. Details darüber sollen Ende 2018 zur Verfügung stehen.

PCM-Heatsels von – 40 bis + 90 °C

Nach den eher zurückhaltenden Aussagen der Wissenschaftler, was Marktreife und Anwendungsspektrum anbelangt, gab Dirk Büttner, Axiotherm, Eisenberg in Thüringen, einen Ausblick, was heute mit PCM schon alles möglich ist. Der Kunststoffverarbeiter und Blasformenspezialist hat nach eigenen Angaben bereits seit 50 Jahren Erfahrung mit PCM. So bietet Axiotherm seine PCM-Linsen, sogenannte Heatsels Abb. 7, mit 180 bzw. 270 mm Durchmesser, für den Temperaturbereich von – 40 bis + 90 °C an. Mit dieser Bandbreite lassen sich maßgeschneiderte PCM-Lösungen für Kälteanlagen, Kühlung und Klimatisierung, Solartechnik, Wärmepumpen und BHKW entwickeln.

Neu sind sogenannte Heatsticker, zigarrenförmige PCM-Elemente, mit denen auch vorhandene Warmwasserspeicher nachgerüstet werden können. Bei einem Speichervolumen von 1 m3 ergebe sich so eine Wärmeübertragungsfläche von mehr als 60 m2, erklärt Büttner. Bei unverändertem Behältervolumen könne beispielsweise durch das Einbringen von Heatsels dessen Speicherkapazität – abhängig von den Anlagenparametern – um das Zwei- bis Vierfache erhöht werden.

Neueste Referenzanlage von Axiotherm ist die Installation von fünf Kältespeichern mit einem Gesamtvolumen von 50 000 l und rund 55 000 (!) PCM-Linsen im Futurium Berlin (Eröffnung Frühjahr 2019). Mit einer Speicherkapazität von über 1 MWh dient der Kältespeicher der Spitzenlastreduktion während Veranstaltungen. Vorteil dieser Lösung ist das Beladen der Speicher mit einer Kältemaschine kleiner Leistung während Niedertarifzeiten. Neben den PCM-Linsen produziert das Unternehmen auch PCM-Plattenmodule (Maße: 240 × 180 × 8 mm; 140 ml Inhalt), sogenannte Heatplates – für einfache Temperierungsaufgaben. Diese Lösung sei besonders in Verbindung mit Luft-Sonnenkollektoren interessant.

PCM-Wärmespeicher im Deckenhohlraum

Gebäude mit Betonkerntemperierung (BKT) gelten als wettbewerbsfähige Alternative zu konventionell klimatisierten Gebäuden. Unbestätigten Meldungen zufolge werden heute bereits rund 35 % aller neu erstellten Bürogebäude mit BKT temperiert, etwa 60 % mit Heiz-/Kühldecken. Vorteil von BKT ist die große Betonmasse, die thermisch aktiviert werden kann. Von Nachteil ist, dass mit BKT temperierte Räume schwierig zu regeln sind, insbesondere Eckräume und temporär stark frequentierte Räume, beispielsweise Besprechungszimmer.

Die Firma Innogration, Bernkastel-Kues, Spezialist für vorgefertigte Deckensysteme mit BKT und mit komplett integrierter Gebäudetechnik, nutzt zusätzlich den Hohlraum der Fertigteil-Sandwich-Elemente zur Einbindung von PCM-Wärmespeichern Abb. 9. Durch die Durchströmung der Elemente mit Raumluft können damit Spitzenwärmelasten gezielt abgeführt werden. Innogration nutzt dazu ein Rippenrohr, ähnlich der berippten BKT-Kühlrohre „Concretcool“ von Kiefer, Stuttgart. Die Regeneration der PCM-Module erfolgt bevorzugt nachts mittels des BKT-Systems Abb. 10. Revisionsplatten im Fußboden ermöglichen Inspektion und ggf. Austausch der PCM-Elemente. Wegen ihrer Funktion als schnell wirksames System zur Spitzenlastkühlung wurde ein PCM mit einem Schaltpunkt von 20 °C gewählt.

Die guten Erfahrungen mit PCM hat Innogration-Geschäftsführer Thomas Friedrich dazu veranlasst, auch mobile, zylinderförmige PCM-Speicher zur dezentralen Aufstellung zu entwickeln. Ebenso ist ein dezentraler deckenintegrierter autarker Wärmespeicher für Einzelräume im Angebot. Pufferspeicher für Wärmepumpen sind in der Entwicklung.

Was ist PCM?

PCM ist die englische Abkürzung für Phase Change Material (Phasenwechselmaterial). Es handelt sich dabei um ein Wärmespeichermaterial, welches den reversiblen Phasenübergang, beispielsweise von fest zu flüssig, zur Wärme- bzw. zur Kältespeicherung nutzt. Eine typische Eigenschaft von PCM ist die hohe Speicherdichte bei geringer Temperaturdifferenz. In Gebäuden lassen sich durch den Einsatz von PCM-Systemen

  • Temperaturen puffern, z. B. in dynamisch wärmebelasteten Räumen
  • eine passive Kühlwirkung erzeugen
  • Wirkungsgrade von konventionellen Heiz-/Kühlsystemen verbessern
  • Lastspitzen glätten bzw. verschieben
  • die Netzdienlichkeit von Heiz-/Kühlsystemen verbessern.

Allerdings setzen sich PCM-Systeme am Markt nur langsam durch, da diese Technologie bei Praktikern weitgehend unbekannt ist. Hinzu kommt, dass die wenigen PCM-Referenzprojekte kaum belastbare Daten hinsichtlich Wirkungsweise, Energieeffizienz und Langzeitstabilität bzw. Zuverlässigkeit liefern. Um die Marktakzeptanz von PCM-Systemen zu fördern wurde bereits 2004 das RAL-Gütezeichen Phase Change Material etabliert. Mitglieder aus dem HLK-Bereich sind Axiotherm, Emco und Rubitherm. Die meisten PCM-Anwendungen findet man in Holland und in Großbritannien, gefolgt von Deutschland. Aktuell läuft das F&E-Verbundprojekt „PCM-Demo II“ (www.pcm-demo.info) mit dem Ziel der Evaluierung folgender sieben PCM-Anwendungen:

  • Wohngebäude mit PCM-Estrich
  • wasserdurchströmte Kühldecke mit PCM in Schulungsräumen
  • hinterlüftete Kühldecke mit PCM in einem Besprechungsraum
  • PCM-Kompaktspeicher für Lüftungsanlagen in Büros
  • PCM-Brüstungsmodule zur Luftkühlung in Büroräumen
  • PCM-Wandelemente zur passiven Kühlung in Kindergärten
  • modulare PCM-Wärmespeicher für Wohngebäude.

Quelle: Vortrag „Einsatz von PCM in Gebäuden“, Dr. Helmut Weinläder, ZAE Bayern; bearbeitet von Wolfgang Schmid

PCM-Großspeicher im Land- und Amtsgericht Düsseldorf

Unter den wenigen PCM-Großprojekten sticht das Energiekonzept des Land- und Amtsgerichts Düsseldorf besonders heraus. Kern des effizienten und innovativen Energiekonzeptes ist das Erdluftregister in Kombination mit der zentral eingebrachten PCM-Technologie. Durch die unterirdischen Schächte des Erdluftregisters strömen rund 100 000 m3/h Luft, die im Sommer durch die Temperaturunterschiede im Erdinneren abgekühlt bzw. im Winter aufgewärmt werden. Diese Vortemperierung senkt die Energiekosten erheblich. Einen deutlichen Anteil an der gesamten Effektivität eines Erdluftregisters haben zusätzlich die Wärmespeichereffekte des verbauten Betons. Im August 2009 bewilligte das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWI) die Förderung des Projekts „Entwicklung und Demonstration eines Erdregisters mit Latentwärmespeicher“ mit rund 2 Mio. Euro. Quelle: agn Niederberghaus & Partner GmbH, Ibbenbüren, www.agn.de/de/loesungen/latentwaermespeicher0

Futurium Berlin mit Paraffin-Latentkältspeicher

Die Entwicklung neuer Speichertechnologien zur Integration in Gebäuden steht auf der Prioritätenliste des Energieforschungsprogramms der Bundesregierung ganz oben. Da war es naheliegend, im Futurium (ehemals Haus der Zukunft) am Berliner Spree-Ufer zwischen Reichstag und Hauptbahnhof neuen Energiespeichermedien eine Chance zu geben.

Zum Einsatz kommen unter anderem fünf Kältespeicher mit einem Gesamtvolumen von 50 000 l, die – zusätzlich zum Medium Wasser – mit insgesamt über 55 000 linsenförmigen Latentspeicherelementen des Fabrikats Axiotherm, Typ Heatsels, gefüllt sind. Dadurch steht nach Angaben von Axiotherm eine Speicherkapazität von über 1 MWh zur Unterstützung der Raumklimaanlagen zur Verfügung. Die Latentspeicher dienen in erster Linie der Speicherlastreduktion während Veranstaltungen. Dadurch konnte eine Kältemaschine kleiner Leistung gewählt werden, um den Gesamtbezug an Strom niedrig zu halten. Geplant ist auch eine Ladestrategie zur Nutzung günstiger Tarifzeiten. Nach Angaben der Futurium-Pressestelle sind die Makrokapseln mit dem Phasenwechselmaterial Paraffin gefüllt. Die Speicherkapazität soll durch den Einsatz der Speicherlinsen achtmal höher sein als die von konventionellen Wasserspeichern.

Weitere gebäudetechnische Besonderheiten: Das Dach ist fast vollständig mit solarthermischen Kollektoren und Photovoltaik-Modulen belegt. Damit werden große Teile des Energiebedarfs des Gebäudes abgedeckt. Zusätzlich wird das Regenwasser gesammelt und für die Gebäudekühlung eingesetzt.

Ein weiteres Highlight ist die Gebäudehülle aus über 8000 jeweils etwa 1 m2 großen Kassettenelementen aus unterschiedlich gefalteten Metall-Reflektoren und keramisch bedrucktem Gussglas. Der Entwurf des skulptural geformten Gebäudes stammt von den Berliner Architekten Richter und Musikowski.

Durch die weitgehende Nutzung regenerativer Energien entspricht das Gebäude dem, Zitat Futurium, „Stand eines Niedrigstenergiegebäudes“. Im Futurium werden künftig Ausstellungen, Veranstaltungen und mögliche Szenarien über das Leben in der Zukunft sowie neue Lösungsansätze aus Forschung und Entwicklung gezeigt.

Das Futurium ist eine Projektinitiative von wissenschaftlichen Einrichtungen, Wirtschaftsunternehmen, Stiftungen und der deutschen Bundesregierung. Die Schlüsselübergabe erfolgte bereits am 13. September 2017; die offizielle Eröffnung ist für Frühjahr 2019 geplant. In der Zwischenzeit finden Werkstattwochen, Debattenabende, Performances und Konzerte statt. www.futurium.de

Hohe Förderpriorität für Energiespeicher

Im Energieforschungsprogramm der Bundesregierung spielen Energiespeicher generell und die Speicherentwicklung zur Integration in Gebäuden eine herausragende Rolle. Dr. Hendrik Wust, Projektträger Jülich, (ptj), dämpfte jedoch allzu große Erwartungen über eine kurzfristige Verfügbarkeit innovativer Speichertechnologien. „Viele sind technisch noch nicht ausgereift oder noch nicht wettbewerbsfähig.“ Vielfach sei die Lebensdauer oder die Anzahl möglicher Be- und Entladevorgänge zu gering oder die Kosten der Komponenten und Systeme zu hoch. Aktuell lägen die Schwerpunkte der Projektförderung bei Energiespeichern mit PCM auf der Weiterentwicklung, Optimierung und Erprobung thermischer Speichermaterialien, wie Phasenwechselmaterial (PCM) und thermodynamischen Speichermaterialien (TCM), in der Entwicklung der Energie- und Leistungsdichte, in der Zyklusstabilität sowie in der Minimierung der Toxizität. Auch Projekte wie innovative Warmwasserspeicher (neue Konstruktionsprinzipien) sowie verbesserte Speicherdämmungen zur Reduzierung der Speicherverluste und der spezifischen Baukosten werden untersucht und gefördert. Ziel seien intelligente Speicherlösungen zur baulichen und systemtechnischen Integration in bestehende Anlagen, in Neubauten sowie in das energietechnische Umfeld von Gebäuden. Dazu zählen auch die Speicherung von Prozesswärme und Prozesskälte, thermische Speicher zur Verbesserung der Energieeffizienz von stromgeführten KWK-Systemen sowie Sorptions- und Latentwärmespeicher für die Klimatisierung von Gebäuden inklusive Lastmanagement. Weitere Informationen:

www.energiewendebauen.de

www.enargus.de

www.forschungsnetzwerke-energie.de/energiewendebauen

www.energieforschung.de

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de