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Konjunkturprogramme

Bitte nur über Nacht

Konjunkturprogramme haben einen Haken: Sobald eine Maßnahme auch nur diskutiert wird, kann die Nachfrage in diesem Bereich einbrechen. Die beste und nachhaltigste Wirkung hätten sie, wenn Berlin sie quasi über Nacht zur Verfügung stellt.

„Es wird eine schwierige Verteilungsdiskussion mit Blick auf unsere jeweiligen öffentlichen Haushalte geben, wenn wir uns die wirtschaftlichen Schäden, die die Coronavirus-Pandemie mit sich gebracht hat, anschauen. Umso wichtiger wird es sein – wenn wir Konjunkturprogramme auflegen – immer auch den Klimaschutz ganz fest im Blick zu haben und deutlich zu machen, dass wir nicht etwa am Klimaschutz sparen, sondern dass wir in zukunftsfähige Technologien investieren […]“, so Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, in ihrer Videokonferenz-Rede im Rahmen des XI. Petersberger Klimadialogs am 28. April 2020. Und weiter:

„Wir müssen weg von fossilen Brennstoffen und hin zu erneuerbaren Energien und größerer Einsparung von Energie kommen. Wir glauben und ich glaube, dass dabei marktwirtschaftliche Anreize eine hohe Bedeutung haben und dass wir eine CO2-Bepreisung brauchen.“

Eine Woche zuvor hatte ein breites Bündnis von über 180 Organisationen und Unternehmen – viele davon begegnen Ihnen regelmäßig beruflich – in einem offenen Brief an Merkel und die zuständigen Bundesminister ein Klima-Konjunkturpaket zur wirtschaftlichen Wiederbelebung nach der Coronavirus-Krise gefordert, das im Einklang mit den Klima- und Energiezielen steht. Konkret hat das Bündnis dazu aufgerufen, „unbedingt an den Klimazielen festzuhalten“, um Planungssicherheit für wichtige Investitionen in die Energiewende zu schaffen und mit „Konjunktur­investitionen die Krisenfestigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft zu stärken“. Gefordert wird, „die notwendigen staatlichen Investitionen und Investitionshilfen für eine schnelle wirtschaftliche Erholung zu beschließen, inklusive Anreizprogrammen für Energieeffizienz, erneuerbaren Strom, Wärme und Kälte, klimafreundliche Mobilität, klimaneutrale Gebäude und hocheffiziente Industrieprozesse“.

Einen Tag nach dem Petersberger Klimadialog hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier eine Prognose abgegeben: „Die Corona-Pandemie stürzt die Weltwirtschaft und mit ihr die deutsche Volkswirtschaft in eine Rezession. Die Bundesregierung rechnet für das Jahr 2020 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 6,3 % (preisbereinigt). Für das Jahr 2021 wird im Zuge des Aufholprozesses ein Zuwachs in Höhe von 5,2 % erwartet.“

Gut zwei Wochen vorher hatte die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in ihrer 3. Ad-hoc-Stellungnahme zur Coronavirus-Pandemie gemahnt: „Angesichts der tiefen Spuren, welche die Coronavirus-Krise hinterlassen wird, vor allem aber wegen der mindestens ebenso bedrohlichen Klima- und Biodiversitäts-Krise kann es nicht einfach eine Wiederherstellung des vorherigen Status geben. […] Staatliche Maßnahmen, die nach dem Abklingen der Pandemie wirtschaftliche Tätigkeit wieder anstoßen, sollten daher die Kriterien der Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellen.“

Konjunkturprogramme haben allerdings einen Haken: Sobald eine Maßnahme auch nur diskutiert wird, kann die Nachfrage in diesem Bereich einbrechen. Da die Maßnahmen aber schnell wirken sollen und müssen, darf es keine unbedachten Vorschläge und auch keine lange öffentliche Diskussionen geben, sonst wird in den nächsten Wochen das Gegenteil erreicht. Die beste und nachhaltigste Wirkung hätten an den zitierten Appellen ausgerichtet Konjunkturprogramme, die quasi über Nacht zur Verfügung stehen.

Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de

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