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Wiederinbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen

Spülen der Anlagen hat höchste Priorität

Bei allen Ängsten und Sorgen durch die Coronavirus-Pandemie sollte man nicht in Hektik verfallen. Gesunder Menschenverstand ist mehr denn je gefragt. Das gilt auch beim wichtigen Thema der Aufrechterhaltung der Trinkwasserhygiene, um die Trinkwassergüte sicherzustellen oder nach dem Ende des Ausnahmezustands wieder herzustellen.

Zunächst ist eine Übertragung des Coronavirus über Trinkwasser nahezu ausgeschlossen. In der Stellungnahme des Umweltbundesamts (UBA) vom 12. März 2020 heißt es u. a., dass „Trinkwässer, die unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik gewonnen, aufbereitet und verteilt werden, sehr gut gegen alle Viren, einschließlich Coronaviren, geschützt sind. Eine Übertragung des Coronavirus über die öffentliche Trinkwasserversorgung ist nach derzeitigem Kenntnisstand höchst unwahrscheinlich.“

Aber...

Trinkwasserleitungen sind die Lebensadern von Gebäuden. Sie sind von den Verantwortlichen in einem technisch und hygienisch einwandfreien Zustand zu betreiben.

DTS

Trinkwasserleitungen sind die Lebensadern von Gebäuden. Sie sind von den Verantwortlichen in einem technisch und hygienisch einwandfreien Zustand zu betreiben.

Die zur Eindämmung der Pandemie getroffenen Maßnahmen haben Einfluss auf Trinkwasseranlagen. In geschlossenen Kindergärten, außer Betrieb gesetzten Ausstellungs-und Veranstaltungsgebäuden, Hotels mit starkem Besucherrückgang oder Zwangspause bei touristischem Schwerpunkt, Bürokomplexe mit Minimalbesetzung … ist ohne weitere Maßnahmen kein bestimmungsgemäßer Betrieb der Trinkwasser-Installation gegeben.

Entsprechend sind bei Betriebsstilllegungen oder -unterbrechungen von Trinkwasser-Installationen vorbeugende Maßnahmen zu beachten. Die anschließende Wiederinbetriebnahme nach längerer Stilllegung bedarf sogar besonderer Maßnahmen.

Genau genommen sind Nutzungsunterbrechungen in Liegenschaften eine wiederkehrende Gegebenheit. Die Trinkwasserversorgungsanlagen von Schulen werden während der Ferien schon immer für eine gewisse Zeit (wenige Tage oder / und ein bis zu sechs Wochen) stillgelegt. Ähnliches gilt für Kitas und Kindergärten.

Doch durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie sind sie in einem bisher nicht gekannten Umfang erfolgt und Gebäude betroffen, in denen temporäre Nutzungsunterbrechungen keine geübte Praxis sind und der bestimmungsgemäße Betrieb nach den allgemeinen Regeln der Technik – definiert z. B. in VDI/DVGW 6023, DIN 1988-200 und DIN EN 806-5 – nicht mehr durch die normale Nutzung gewährleistet wurde.

Zwei Faktoren beeinflussen in besonderem Maße die Trinkwassergüte im Verantwortungsbereich der Gebäudebetreiber: Ein regelmäßiger Wasseraustausch und die Einhaltung bzw. Vermeidung bestimmter Temperaturbereiche. Auch Werkstoffe und die regelmäßige Wartung spielen in der langfristigen Betrachtung eine wichtige Rolle.

Momentan stehen aber die plötzlich geänderten Betriebsbedingungen im Fokus. Als Sofortmaßnahmen waren und sind Spülpläne zur Simulation des bestimmungsgemäßen Betriebs besonders wichtig. Das gilt insbesondere auch bei Teilstillegungen, etwa von Duschräumen in Bürogebäuden.

Wann spricht man von einer Betriebsunterbrechung?

Eine Nichtnutzung von mehr als 72 h stellt eine Betriebsunterbrechung dar und ist zu vermeiden. Soweit nachgewiesen werden kann, dass die Trinkwasserbeschaffenheit nach TrinkwV über längere Zeiten der Nichtnutzung erhalten bleibt und die Gebäude keinen besonderen Anforderungen unterliegen, darf diese Frist auf maximal 7 Tage verlängert werden.

Eine längere Betriebsunterbrechung ist ein nicht bestimmungsgemäßer Betrieb der Trinkwasser-Installation. Bei längerer Verweilzeit des Wassers in der Trinkwasser-Installation kann die Wasserbeschaffenheit durch Vermehrung von Mikroorganismen und in Lösung gehende Werk- und Betriebsstoffe beeinträchtigt werden.

Mögliche Maßnahmen bei vorübergehenden Stilllegungen

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Mögliche Maßnahmen bei vorübergehenden Stilllegungen

Spülplan

Geberit-Hygienespülung Rapid.

Geberit

Geberit-Hygienespülung Rapid.

Zur Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs ist durch den Betreiber (veranlasst/automatisiert) mindestens alle 72 h an allen Entnahmestellen Trinkwasser (kalt und warm) zu entnehmen. Steht kein Haustechniker oder Hausmeister für diese Arbeiten zur Verfügung, kann ein SHK-Fachbetrieb mit dem regelmäßigen Spülen beauftragt werden. Ist der Betreiber der Anlage nicht in der Lage, einen solchen Spülplan umzusetzen, hat er die Trinkwasser-Installation an der Hauptabsperreinrichtung zu schließen und die Trinkwasser-Installation mit allen Komponenten (Trinkwasser kalt und warm) vorübergehend außer Betrieb setzen.

Eine weitere Option wären eine oder mehrere temporär installierte Spülstationen oder die Nachrüstung solcher Lösung.

Vorgehensweise bei der Wiederinbetriebnahme einer Trinkwasser-Installation

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Vorgehensweise bei der Wiederinbetriebnahme einer Trinkwasser-Installation

Wiederinbetriebnahmen nach längerer Unterbrechung

Es ist ratsam in hygienisch besonders sensiblen Liegenschaften auch schon früher als in den vorgegebenen sechs Monate eine Untersuchung des Trinkwassers (Legionellenbeprobung) durchzuführen. Zu beachten ist grundsätzlich: Jede Liegenschaft ist anders zu betrachten. Darauf sind die Maßnahmen abzustimmen.

Hotels

Hier ist zum einen in Hotels zu unterscheiden, die als Feriendomizil komplett schließen mussten und bei denen der Termin für die Wiederöffnung noch nicht feststeht. Zum anderen gibt es Beherbergungsbetriebe, die zwar noch geöffnet haben, aber in denen nur wenige Zimmer belegt sind. Im ersten Fall wäre die Wiederinbetriebnahme-Prozedur angeraten, im zweiten Fall wäre es sinnvoll, einen Spülplan umzusetzen.

Bürogebäude

Sie werden teilweise nur noch von wenigen Mitarbeitern benutzt. Sehr selten oder fast nie, werden diese Liegenschaften komplett stillgelegt. Deshalb gilt auch hier die Empfehlung, einen Spülplan zu erstellen.

Öffentliche Einrichtungen und große Liegenschaften

Für Schulen, Kitas, Kindergärten, Sporthallen, Sportstätten sowie große Liegenschaften, wie Eventanlagen, Konzert- und Messehallen, sollten entsprechende Pläne aufgrund der ohnehin wechselnden Nutzung bereits vorliegen. Das gilt auch für Fabrikationsgebäude, die regelmäßig aufgrund von Werksferien temporär nicht genutzt werden.

Rechtliche Aspekte

Für vorübergehend stillgelegte oder nur schwach genutzte Trinkwasser-Installationen im öffentlichen Bereich ist es empfehlenswert einen Spülplan zu definieren und umzusetzen.

Geberit

Für vorübergehend stillgelegte oder nur schwach genutzte Trinkwasser-Installationen im öffentlichen Bereich ist es empfehlenswert einen Spülplan zu definieren und umzusetzen.

Laut § 4 der TrinkwV muss das an die Verbrauchsstellen zu transportierende Trinkwasser so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit, insbesondere durch Krankheitserreger, nicht zu besorgen ist. Das wichtigste Lebensmittel muss hygienisch rein und genusstauglich sein. Diese Anforderungen gelten als erfüllt, wenn bei der Wassergewinnung, der Wasseraufbereitung und der Wasserverteilung mindestens die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden und das Trinkwasser den Anforderungen der §§ 5 bis 7a der TrinkwV entspricht. In der AVBWasserV (§ 12 Kundenanlage) heißt es: „Die Anlage darf nur unter Beachtung der Vorschriften dieser Verordnung […] sowie nach den anerkannten Regeln der Technik errichtet, erweitert, geändert und unterhalten werden.“

Nicht immer bekannt ist: Die Eigentümer, Anlagenbesitzer und Betreiber von sanitärtechnischen Anlagen sind nach VDI 3810 Blatt 2 verpflichtet, die Anlage nach den anerkannten Regeln der Technik bestimmungsgemäß zu betreiben und in ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten. Weiter heißt es: „Sanitärtechnische Anlagen sind für die Menschen von großer Bedeutung, weil davon das gesundheitliche Wohlbefinden abhängt. Es ist daher dringend erforderlich, dass diese Anlagen von den hierfür Verantwortlichen in einem technisch und hygienisch einwandfreien Zustand erhalten werden.“

Schlusswort

Not sollte erfinderisch machen. Das gilt jedoch nicht bei der Erhaltung der Trinkwassergüte im Krisenfall. Hier darf es keine Kompromisse geben. Solange nicht hierfür besondere Hinweise gegeben werden (z. B. Abkochen, Verwendungseinschränkung), muss und darf der Verwender auf die unbedenkliche Nutzung des Trinkwassers „aus dem Wasserhahn“ vertrauen.

Aktionismus ist nie ein guter Ratgeber. Man sollte auf bekannte und bewährte Methoden zurückgreifen. Doch neben den einzuleitenden Maßnahmen hat die Aufklärung zum Thema Betriebsunterbrechung, Stilllegung und Wiederinbetriebnahme von Trinkwasser-Installationen einen hohen Stellenwert.

Das wäre ein wichtiger Schritt, um Überreaktionen zu vermeiden. Gerade die Betreiber sind über die Maßnahmen zu informieren. Wenn alle an einem Strang ziehen, sollte die Gefährdung bei der Wiederinbetriebnahme von Liegenschaften durch nicht mehr hygienisch einwandfreies Trinkwasser auf ein sehr geringes Maß zu reduzieren sein. ■

Dietmar Stump 
ist Redakteur und seit 1997 mit seinem Pressebüro DTS, 67549 Worms, selbstständig. Seine Themenschwerpunkte sind Sanitär, Heizung und erneuerbare Energien. Zudem ist er im Bereich Öffentlichkeitsarbeit tätig. dietmar.stump@t-online.de

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