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Objekt des Monats 2021-10

Zum Plus-Energie-Mehrfamilienhaus entwickelt

Ein 120 Jahre altes Gebäude wurde energetisch saniert, erweitert und mit Photovoltaik, Stromspeicher und Wärmepumpe zum Plus-Energie-Mehrfamilienhaus.

Im Hintergrund ist der sanierte Altbau mit fünf Wohnungen zu sehen, im Vordergrund (rechts) der Anbau mit drei Wohnungen. 

E3/DC

Im Hintergrund ist der sanierte Altbau mit fünf Wohnungen zu sehen, im Vordergrund (rechts) der Anbau mit drei Wohnungen.
 

Abreißen und neu bauen oder doch lieber sanieren und ein Energiesparhaus aus dem alten Gebäude machen? Vor dieser Frage stehen viele Besitzer und Käufer von Immobilien. So auch Manfred Eglseder, Andreas Hartl und Marc Zeyss, Geschäftsführer von S-Tech Energie, als sie beschlossen, ein etwa 120 Jahre altes, bewohntes Mehrfamilienhaus in Seeon am Chiemsee zu erwerben. Ihre Entscheidung fiel auf die Kernsanierung. Zudem wollten sie ein Plus-Energie-Haus daraus machen, so wie es im Sinne der Energiewende auch politisch erwünscht ist.

Das ist ihnen gelungen: Bilanziell erzeugen sie mehr Strom als das heutige Mehrfamilienhaus mit acht Wohnungen (75 bis 110 m2 Wohnfläche) und einer Luft/Wasser-Wärmpumpe (12 kW Heizleistung) benötigt. Knapp 80 % des Energiebedarfs für Strom und Wärme decken sie direkt mit einer 45 kWp-Photovoltaik-Anlage und einem 35-kWh-Stromspeicher.

„Klassische Bauträger hätten das Gebäude einfach abgerissen“

Ihr Beispiel zeigt aber auch, dass es für solch ein Bauvorhaben nicht nur clevere Ideen braucht, sondern auch der nötige Wille gefragt ist. „Ein klassischer Bauträger hätte das Gebäude einfach abgerissen und neu gebaut. Das wäre einfacher gewesen“, sagt Hartl. „Für uns war es, wie einen Oldtimer wieder herzurichten.“ Hartl und seine Geschäftspartner sind in Seeon geboren und seit dem Kindergarten befreundet. 2009 gründeten sie die S-Tech Energie GmbH, mit der sie Photovoltaik-Anlagen auf Wohnhäusern und Gewerbegebäuden, aber auch Freilandanlagen bauen. Letztere betreiben sie auch selbst. Mit dem Kauf des Gebäudes in Seeon sind sie in den Immobiliensektor eingestiegen. Seit dem Bezug der Wohnungen im Frühjahr 2021 sind sie auch als Vermieter aktiv.

Wohnungen für die Bewohner von Seeon

„Wir wollten Wohnraum schaffen und modern und ökologisch bauen“, berichtet Hartl. Die Gemeinde hatte noch einen anderen Wunsch und zwar, dass die Wohnungen nur für die Bürger von Seeon angeboten werden. Damit will sie vermeiden, dass in dem idyllischen Ort mit seiner Touristenattraktion, dem Kloster Seeon, wertvoller Wohnraum an Käufer von Zweitwohnungen verloren geht – so wie es in Nachbargemeinden der Fall ist. Die Bauherren stimmten zu und erhielten die Baugenehmigung.

Dass sie ein Energiekonzept mit Photovoltaik, Stromspeicher und Wärmepumpe umsetzen wollten, stand für die Solarunternehmer von Anfang an fest. Ebenso, dass der Energiebedarf für Strom und Wärme so weit wie möglich solar gedeckt werden sollte. Mehr Kopfzerbrechen bereitete ihnen die Frage, wie sie das Bauprojekt wirtschaftlich gestalten könnten.

Die Lösung war die Erweiterung des kernsanierten Altbaus um einen etwa gleich großen Neubau. Dadurch konnten sie insgesamt acht Wohnungen mit 780 m2 Wohnfläche errichten, was die Mieteinnahmen und die Rentabilität erhöht. Durch den Anbau bekamen sie auch mehr Dachfläche, die sie mit Solarmodulen belegen konnten, um eine höhere Energieunabhängigkeit zu erreichen.

Sanierung des Altbaus

2019 ging es los mit der Kernsanierung des Altbaus, in dem früher Wohnungen und eine Bäckerei beherbergt waren. Das Trio wollte so viel graue Energie wie nur möglich nutzen, die bereits im Gebäude steckte. Deshalb ließen sie die Ziegel, für deren Herstellung vor rund 120 Jahren schon viel Energie, aber auch Wasser, Lehm und Ton aufgewendet wurden, im Gemäuer und trugen lediglich den Putz ab. Auf die alten Ziegel kam 20 cm Steinwolle, darüber eine Verkleidung mit Holzplanken, Putz und Kunststoffplatten.

Das Dach bekam über den Zwischensparren 6 cm Aufdachdämmung, wodurch das Raumklima verbessert wird. Die Fensternischen wurden in der Form und Größe belassen, um etwas von der alten, ortstypischen Optik zu erhalten. Eingesetzt wurden moderne dreifachverglaste Fenster. Mit diesen Maßnahmen erreichen sie den KfW-Effizienzhaus-85-Standard für den sanierten Altbau. Der Wärmebedarf für die fünf Wohnungen in diesem Gebäudeteil liegt bei 55 kWh(m2 ∙ a).

Anbau: Mehr Fläche für Wohnraum und PV

Der Altbau ist über ein gemeinsames Treppenhaus mit der Erweiterung verbunden, die im rechten Winkel angebaut wurde. Der Neubau ist aus einem Wärmdämmziegel gemauert, der auch hohen Schallschutz bietet. Das Gebäude liegt direkt an der Durchfahrtstraße im Ortskern. Der Neubau mit KfW-Effizienzhaus-55-Standard beherbergt weitere drei Wohnungen und hat einen Wärmebedarf von 35 kWh/(m2 ∙ a).

Der berechnete Strombedarf für die Wärmepumpe beträgt 20 000 kWh/a. Für die Haushalte und die Haustechnik wurden 16 000 kWh/a berechnet. Die 45-kW-PV-Anlage mit monokristallinen Solarmodulen in alle Himmelsrichtungen wird am sonnenreichen Standort im Chiemgau rund 40 000 kWh/a Solarstrom erzeugen.

Mit Stromspeicher knapp 80 % Autarkie

Das E3/DC-Hauskraftwerk S10E mit zwei zusätzlichen Solarwechselrichtern hat eine nutzbare Speicherkapazität von 35 kWh.

E3/DC

Das E3/DC-Hauskraftwerk S10E mit zwei zusätzlichen Solarwechselrichtern hat eine nutzbare Speicherkapazität von 35 kWh.

Damit die Bewohner mehr Solarstrom selbst verbrauchen können, installierte das Team von S-Tech Energie ein Hauskraftwerk S10 E PRO von E3/DC. Die nutzbare Gesamtkapazität beträgt 35 kWh und ist in zwei Batterieschränken untergebracht. Rund 70 % des selbst erzeugten Stroms können so direkt im Gebäude genutzt werden. Durch die Zwischenspeicherung des Solarstroms, der gerade nicht benötigt wird, erreicht die Autarkiequote laut Berechnungen etwa 78 %.

Den Strom beziehen die Mieter von ihren Vermietern zu einem günstigeren Tarif als beim Energieversorger. Nur in der Heizsaison, also von November bis März, muss Strom zugekauft werden. In Planung ist aktuell noch ein Car-Sharing, wofür zwei E3/DC-Wallboxen für die Mieter installiert werden. Bei ihrem ersten Bauvorhaben haben Hartl und seine Geschäftspartner eine Gastherme eingebaut. „Für den Fall, dass samstags alle Mieter duschen und baden wollen.“ Bei ihrem nächsten Gebäude wollen sie eine Backup-Heizung aber nach Möglichkeit weglassen. Dafür warten sie die tatsächliche Energiebilanz ab.

www.s-tech-energie.de
www.e3dc.com