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CO2-Bepreisung

CO2-Kosten sollen in Stufen geteilt werden

Bild 1 Stufen und Stufenaufteilung des CO2-Kosten zwischen Mietern und Vermietern in Wohngebäuden.

JV / Quelle: BMWK (03.04.2022)

Bild 1 Stufen und Stufenaufteilung des CO2-Kosten zwischen Mietern und Vermietern in Wohngebäuden.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90 / Die Grünen) und Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) haben sich auf eine Teilung der Kosten aus der nationalen CO2-Bepreisung zwischen Vermietern und Mietern bei Wohngebäuden und auch bei Nichtwohngebäuden geeinigt. Ihr Stufenmodell ist jedoch unnötig ungerecht.

Kompakt zusammengefasst
■ Die Aufteilung der Kosten aus der CO2-Bepreisung zwischen Mietern und Vermietern soll ab 2023 zunächst ohne eine Bewertung der energetischen Qualität des Gebäudes, sondern auf Basis der realen verbrennungsbezogenen CO2-Emissionen des (fossilen) Brennstoffverbrauchs erfolgen.
■ Der Verteilungsschlüssel wird einheitlich für das gesamte Gebäude und nicht pro Nutzeinheit ermittelt. In vermieteten Wohngebäuden soll es zehn Stufen geben; bei sehr niedrigem CO2-Ausstoß zahlt der Mieter die (dann sehr geringen) CO2-Kosten allein, bei sehr hohen spezifischen CO2-Emissionen muss der Vermieter bis zu 90 % der CO2-Kosten übernehmen.
■ Bei vermieteten Nichtwohngebäuden soll zunächst eine Aufteilung 50 : 50 greifen.
 

Seit 2021 wird in Deutschland bei den Inverkehrbringern ein Preis für die verbrennungsbezogenen CO2-Emissionen fossiler Kraft- und Brennstoffe erhoben. Aktuell gilt über das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) ein Preis von 30 Euro/tCO2. Er wird schrittweise auf 55 Euro/tCO2 bis 2025 und 2026 auf 55…65 Euro/tCO2 steigen.

Für Endverbraucher liegen die Kosten allerdings höher, da die CO2-Bepreisung selbst zusätzlich mit der Mehrwertsteuer von 19 % belastet wird. Für Endverbraucher beträgt im Jahr 2022 somit der CO2-Preis 35,70 Euro/tCO2, im Jahr 2025 sind es dann 65,45 Euro/tCO2.

Größerer Hebel für den Gebäudebereich

Im Gebäudebereich soll die CO2-Bepreisung als Teuerungszuschlag Mieter zu einem sparsamen Umgang mit Energie anhalten und Vermieter motivieren, die energetische Sanierung ihrer Gebäude voranzutreiben – so die Grundidee. Bisher können Vermieter die Kosten der CO2-Bepreisung allerdings vollständig an ihre Mieter weitergeben. So kann die CO2-Bepreisung die gewünschte klimapolitische Lenkungswirkung nicht entfalten.

Die gebotene Notwendigkeit einer Aufteilung der Kosten aus der CO2-Bepreisung hatte zwar auch die GroKo erkannt und nach langem Verzögern am Ende der Legislatur angestrebt, die Umsetzung wurde jedoch von der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag torpediert.

Nun will die Ampel mit einer Aufteilung der CO2-Kosten nach einem Stufenmodell (zunächst für Wohngebäude) die Hebelwirkung vergrößern und einen Punkt aus ihrem Koalitionsvertrag zumindest teilweise erfüllen:

„Wir wollen eine faire Teilung des zusätzlich zu den Heizkosten zu zahlenden CO2-Preises zwischen den Vermietern einerseits und Mieterinnen und Mietern andererseits erreichen. Wir wollen zum 1. Juni 2022 ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen einführen, das die Umlage des CO2-Preises nach BEHG regelt. Sollte dies zeitlich nicht gelingen, werden die erhöhten Kosten durch den CO2-Preis ab dem 1. Juni 2022 hälftig zwischen Vermieter und Mieterin bzw. Mieter geteilt.“

Eckpunkte des Stufenmodells

Die Aufteilung der Kosten aus der CO2-Bepreisung wird allerdings nicht wie im Koalitionsvertrag angekündigt realisiert. Genanntes Ziel im Eckpunktepapier der drei involvierten Ministerien ist, dass die Regelungen zur Kostenaufteilung am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

In das Gesetz soll eine Klausel aufgenommen werden, die eine Evaluierung und eine Prüfung der Frage vorsieht, ob – aufgrund einer Reform des Energieausweises – eine Umstellung auf ein Modell auf der Grundlage von Energieausweisen möglich ist. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Aufteilung der CO2-Kosten nach Gebäudeenergieklassen wird es also nie oder frühestens in einigen Jahren geben.

Wohngebäude / gemischte Nutzung

Für vermietete Wohngebäude sieht das Stufenmodell vor, dass die prozentuale Kostenbeteiligung der Vermieter und Mieter jährlich an den für die CO2-Bepreisung relevanten CO2-Ausstoß des Gebäudes pro m2 geknüpft wird. Bei Wohngebäuden mit besonders hohen CO2-Emissionen von ≥ 52 kgCO2/(m2 ∙ a) übernehmen die Vermieter 90 % und die Mieter 10 % der CO2-Kosten. Wenn das Gebäude mindestens dem Effizienzhaus-55-Standard (EH 55) entspricht, sinkt der Vermieteranteil auf 0 %.

Das Stufenmodell soll für alle Wohngebäude einschließlich Wohn-, Alten- und Pflegeheime und Gebäude mit gemischter Nutzung, in denen Brennstoffe genutzt werden, die unter das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) fallen, gelten. Laut dem Eckpunktepapier sind Ausnahmen möglich, wenn Vermieter, etwa bei denkmalgeschützten Gebäuden oder in Milieuschutzgebieten, keinen Beitrag zur energetischen Sanierung leisten können.

Die Festlegung der von den Parteien zu tragenden CO2-Kosten soll über die Heizkostenabrechnung erfolgen. Den Vermietern werden mit der Brennstoffrechnung alle für die Berechnung erforderlichen Daten an die Hand gegeben, sodass sie die Verteilung der CO2-Kosten einfach ermitteln können, heißt es in einer gemeinsamen Pressemittelung der drei befassten Bundesministerien.

Nichtwohngebäude

Bei vermieteten Nichtwohngebäuden soll eine 50 : 50-Aufteilung greifen. Die Mietparteien können, sofern sie handelseinig werden, einen Ausgleich zum Bespiel über die Mietkosten vereinbaren. Perspektivisch soll das Stufenmodell jedoch auch auf Nichtwohngebäude angewendet werden. Aufgrund von deren Heterogenität fehlen laut Bundeswirtschafts- und Bundesbauministerium derzeit aber noch die erforderlichen Datengrundlagen, um eine valide Berechnung der Abstufungen für Nichtwohngebäude vornehmen zu können. Die Daten sollen in den kommenden zwei bis drei Jahren bereitgestellt werden.

Tücken eines Stufenmodells

Ein Stufenmodell anstelle einer stetigen Funktion birgt Streitrisiken über die tatsächlich vorhandene Stufe. Nimmt man exemplarisch für eine 100-m2-Wohnung an, dass die verbrennungsbezogenen CO2-Emissionen am Ende der Stufe 5 bei 31,99 kg/(m2 ∙ a)1) liegen, summieren sich im Zeitraum 2023 bis 2026 ohne zwischenzeitliche Modernisierung und bei konstantem Brennstoffeinsatz die verbrennungsbezogenen CO2-Emissionen der Wohnung auf 12,796 t. Die CO2-Kosten belaufen sich damit in diesen vier Jahren auf 761,36 Euro inkl. MwSt. Daraus ergibt sich bei einer

1)…………
Verbrennungsbezogene Emissionen von 32 kg/(m2 ∙ a) entsprechen bei Erdgas heizwertbezogen 158,7 kWhHi/(m2 a) und brennwertbezogen 175,8 kWhHs/(m2 a), bei Heizöl EL sind es 120,1 kWhHi/(m2 a) und bei Flüssiggas 134,1 kWhHi/(m2 a).
…………..

● bei einer Einstufung auf 31,99 kg/(m2 ∙ a): Der Vermieter zahlt 304,54 Euro (40 %) und der Mieter zahlt 452,86 Euro (60 %).

● bei einer Einstufung auf 32,01 kg/(m2 ∙ a): Der Vermieter und der Mieter zahlen jeweils 380,92 Euro (50 %). Der Vermieter also 76,18 Euro mehr und der Mieter 76,18 Euro weniger als bei dem minimal geringeren CO2-Kennwert.

Da sich die Einteilung eines Gebäudes in eine Emissionsstufe aus mehreren Berechnungsgrößen jeweils mit einer Genauigkeit ergibt – der CO2-Kennwert also von zwei gleich qualifizierten Personen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht identisch ermittelt werden kann – sind Auseinandersetzungen und unterschiedliche Ergebnisse durch eingeschaltete Gutachter oder Sachverständige abzusehen. Die Problematik trifft zwar auch ganz allgemein für eine stetige Funktion zu, dann ist aber der Streitwert weniger attraktiv bzw. existiert dieser auch schon heute im Rahmen der ganz normalen Heizkostenabrechnung.

Eine absurde Entwicklung ist durch den Witterungseinfluss möglich, denn eine Stufeneinteilung bedeutet auch, dass die tatsächliche Witterung einen Einfluss auf diese hat. In einer kalten Heizperiode muss der Vermieter damit rechnen, dass die spezifischen CO2-Emissionen in einer höheren Stufe landen, dann muss er einen höheren Anteil einer größeren Menge tragen.

Umgekehrt müssen die Mieter in einer warmen Heizperiode damit rechnen, dass sie trotz des geringeren Verbrauchs durch den Wechsel in eine andere Stufe einen höheren Anteil an den CO2-Kosten bezahlen müssen. Im Grenzfall hat dann ein Mieter bei identischen Brennstoffpreisen trotz eines geringeren Verbrauchs höhere Heizkosten.

Außerdem sind bei einer Stufeneinteilung für den Vermieter insbesondere Maßnahmen zur Verminderung der verbrennungsbezogenen CO2-Emissionen wirtschaftlich interessant, bei denen ein oder mehrere Stufensprünge sicher anzunehmen sind. Dies kann zu Fehloptimierungen oder unterlassenen Einsparmaßnahmen führen.

So könnte die vermeintlich einfache Zuordnung der CO2-Kosten über zehn Stufen in der Praxis zu Schwierigkeiten und Konflikten führen, die mit einer deutlich feineren oder stetigen Funktion einfach zu vermeiden sind. Gleichzeitig würde sich die Aufteilungsgerechtigkeit erhöhen und Fehloptimierungen könnten verhindert werden.  JV