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CFD-Strömungssimulation

Digitale Zwillinge im virtuellen Windkanal

Kompakt zusammengefasst
■ Die Simulation von Luftströmungen hilft, insbesondere bei Gebäuden besonderer Art und Nutzung, räumliche Temperaturverteilungen und lokale Luftgeschwindigkeiten zu berechnen und dadurch Zugerscheinungen zu vermeiden, die Funktion von Heiz- und Lüftungskonzepten nachzuweisen oder die Gebäudetechnik zu optimieren.
■ Auch bei der Entwicklung gebäudetechnischer Bauteile und Produkte, bei denen Luft- oder Wasserströmungen eine Rolle spielen, kann numerische Strömungssimulation die Formgebung oder Leistung optimieren.
■ Das steigert Gebäude-, Raum- oder Produktqualitäten, senkt Herstellungs-, Investitions- und Betriebskosten und schafft mehr planerische Sicherheit.
■ Allerdings setzen der CFD-Softwareeinsatz und die Überprüfung der Ergebnisse Fachwissen und Erfahrung voraus.
 

War die Computersimulation von Luftströmungen bis vor kurzem einer breiten Öffentlichkeit eher unbekannt, so kennt sie im Zusammenhang mit Covid-19 inzwischen fast jeder. Wie sich potenziell virenbelastete Aerosole beispielsweise in Büro- oder Klassenräumen verhalten und welchen Einfluss die Lüftung darauf hat, wurde inzwischen in Form zahlloser Simulationen publiziert.

Dass auch ganz andere Fragen anhand digitaler Modelle geklärt und vielfältige Problemstellungen im Zusammenhang mit der Planung und Nutzung von Gebäuden, Räumen und deren Technik gelöst werden können, wissen nur Experten. Sie verwenden bevorzugt die Begriffe numerische Strömungsmechanik (englisch: Computational Fluid Dynamics, CFD) bzw. numerische Strömungssimulation.

Wann sind CFD-Simulationen sinnvoll?

Welche Luftströmungen sind in einem Konzertsaal zu erwarten? Wo ist mit Zugluft zu rechnen? Wie lassen sich Arbeitsplätze in einer Produktionshalle ausreichend mit Frischluft versorgen? Wo erreichen Schadstoffkonzentrationen kritische Werte? Wie müssen hinterlüftete Fassaden durchströmt werden, damit sie an heißen Sommertagen Wärme effizient abtransportieren?

Bild 3 … oder welche Rolle Tröpfchen und Aerosole bei der Virenverbreitung in Restaurants spielen, zeigen Strömungssimulationen sehr eindrücklich.

AFC Air Flow Consulting

Bild 3 … oder welche Rolle Tröpfchen und Aerosole bei der Virenverbreitung in Restaurants spielen, zeigen Strömungssimulationen sehr eindrücklich.
Bild 2 Wie schnell sich potenziell virenbelastete Aerosole beispielsweise in Büro- oder Klassenräumen ausbreiten …

HTCO

Bild 2 Wie schnell sich potenziell virenbelastete Aerosole beispielsweise in Büro- oder Klassenräumen ausbreiten …

  

Bild 4 Insbesondere bei Gebäuden besonderer Art und Nutzung (hier das Elefantenhaus in Zürich) geben Simulationen der Luftströmungs- und Temperaturverhältnisse mehr Planungssicherheit.

AFC Air Flow Consulting

Bild 4 Insbesondere bei Gebäuden besonderer Art und Nutzung (hier das Elefantenhaus in Zürich) geben Simulationen der Luftströmungs- und Temperaturverhältnisse mehr Planungssicherheit.
Bild 5 Problemstellen in mehrgeschossigen Empfangsbereichen und bei großformatigen Fassaden zeigen CFD-Simulationsprogramme in Bezug auf Zugerscheinungen zuverlässig auf.

Tian Building Engineering

Bild 5 Problemstellen in mehrgeschossigen Empfangsbereichen und bei großformatigen Fassaden zeigen CFD-Simulationsprogramme in Bezug auf Zugerscheinungen zuverlässig auf.

Bis in die 1980er-Jahre ließen sich diese und weitere Fragen nur mit viel Aufwand anhand gebauter Modelle klären. Heute schaffen digitale Modelle und Computersimulationen im Vorfeld Klarheit, insbesondere bei nicht dem Standard entsprechenden Gebäuden, Räumen oder Nutzungsprofilen.

Mit numerischen Strömungssimulationen können Luftgeschwindigkeiten, Temperaturen, Feuchtewerte oder Gaskonzentrationen für jeden Punkt im Raum präzise berechnet werden. So lassen sich vorab Problemzonen erkennen oder Möglichkeiten für Einsparungen von Investitions- und Betriebskosten ausloten.

Zudem kann die Einhaltung von Normen und baurechtlichen Vorgaben zur Raumklimatisierung, Belüftung, Luftreinhaltung und zum Brandschutz nachgewiesen werden.

Was leisten Strömungssimulationen?

Bild 6 Nach der Geometrie müssen wichtige Parameter definiert werden, etwa Oberflächen …

Tian Building Engineering

Bild 6 Nach der Geometrie müssen wichtige Parameter definiert werden, etwa Oberflächen …

Strömungssimulationen kommen im Bauwesen immer dann zum Einsatz, wenn aufgrund der Gebäude- und Raumgeometrie oder eines offenen Raumkonzepts komplexe Luftströmungen zu erwarten sind, die Probleme verursachen.

Probleme, die besondere Lösungen erfordern, können insbesondere in mehrgeschossigen Foyers, Atrien, Treppenhäusern, Fahrstuhlschächten oder im Bereich von Zu- und Abluftöffnungen, Ventilatoren, Unterflurkonvektoren oder Entrauchungsklappen auftreten.

Simulationen der Luftströmung ermöglichen Vorhersagen zum thermischen Komfort und zur Behaglichkeit von Wohn- und Aufenthaltsräumen, Arbeits- und Betriebsstätten. Maßgebend dafür sind Luftgeschwindigkeiten und -temperaturen, die Luftfeuchte und die Temperatur der Raumumschließungsflächen. Auch für Vorhersagen zur Feuchte- und Schadstoffverteilung oder zur Rauchausbreitung im Brandfall (TGA 02-2015: Potenzielle Gefahren im Vorfeld simulieren) werden Luftströmungssimulationen eingesetzt.

Berechnet werden örtliche Luftgeschwindigkeiten, räumliche Temperaturverteilungen, Schadstoffkonzentrationen oder die relative Luftfeuchtigkeit. Der Einfluss von Ventilatoren kann ebenso berücksichtigt werden wie Filter, Wärme- oder Schadstoffquellen. Damit sind verlässliche Vorhersagen zu lokalen Raumlufttemperaturen, zum Heizleistungs- und Heizenergiebedarf, zu Luftwechseln sowie zur Wirksamkeit natürlicher oder mechanischer Lüftung möglich.

Auch Heizungs- und Lüftungsanlagen lassen sich präzise am individuellen Bedarf orientiert dimensionieren. So kann etwa nachgewiesen werden, dass kritische Bereiche auch mit einer geringeren Luftmenge genügend belüftet werden, was gegenüber einer mit Sicherheiten vorgenommenen Auslegung Investitions- und Betriebskosten vermeidet.

Neben Innenraumströmungen können auch die Um- und Durchströmung von Gebäuden oder gebäudetechnischen Bauelementen, Strömungsgeräusche, Geruchsbelastungen oder für die Gebäudestatik problematische Windlasten, wie Druck- und Sogkräfte oder Turbulenzen, berechnet werden.

Je früher CFD-Simulationen eingesetzt werden, desto einfacher und wirkungsvoller lassen sich die Erkenntnisse aus der Simulation umsetzen und alle Projektbeteiligte in späteren Projektphasen vor einem erheblichen Änderungsaufwand, Zeit- und Geldverlust bewahren.

Bild 7 … Wärme- und Schadstoffquellen oder das Berechnungsverfahren.

Tian Building Engineering

Bild 7 … Wärme- und Schadstoffquellen oder das Berechnungsverfahren.

Wo wird CFD-Simulation eingesetzt?

CFD-Simulationsverfahren sind sehr vielseitig einsetzbar – bei der Planung von Hochhäusern, Bürogebäuden, Einkaufszentren, Tiefgaragen, Flughafenterminals, Rechenzentren, IT-Räumen, Reinräumen, Hörsälen, Museen, Produktionshallen, Hallenbädern oder Sportstadien.

Bei Hochhäusern etwa müssen zusätzlich zu den horizontalen auch vertikale Luftbewegungen berücksichtig werden, weil Innen- und Außentemperaturen an kalten Wintertagen beträchtliche Druckdifferenzen mit ausgeprägten Unterdruckzonen im unteren und Überdruckzonen im oberen Gebäudebereich erzeugen können. Kaltluft im Eingangsbereich, eine Geruchsübertragung von Tiefgaragen ins Innere, Zugerscheinungen, Strömungsgeräusche und anderes mehr sind die Folge.

Auch bei der Entwicklung von RLT-Anlagen oder anderen TGA-Objekten, bei denen Luft- oder Wasserströmungen eine Rolle spielen, kann die CFD-Methode wertvolle Dienste leisten. So kann etwa die Formgebung, Leistung, Geräuschentwicklung oder Vibration von Gebläsen, Lüftern, Kompressoren, Kühlkörpern oder Wärmeübertragern optimiert werden.

Auch Hersteller von Sanitärobjekten setzen CFD-Strömungssimulationen für die Optimierung der Form, Spülleistung oder Geräuschentwicklung von Wasserhähnen, WC-Spülkästen, WC-Keramik, Bidets oder Urinalen ein.

TGA-Planer setzen die CFD-Methode häufig bei der Entwicklung, Optimierung und für Nachweise von Lüftungs- und bauklimatischen Konzepten ein. Dabei können RLT-Anlagen sowohl optimiert als auch der Nachweis erbracht werden, dass sie durch geeignete bauliche Maßnahmen überflüssig sind. Unter Beachtung des komplexen Zusammenspiels von Objektgeometrie, Thermik, Winddruck und -sog können Simulationen die Wirksamkeit der natürlichen Durchlüftung nachweisen.

Was setzen CFD-Simulationen voraus?

CFD-Strömungssimulationen basieren auf einem digitalen 3D-Gebäudemodell, das die Objektgeometrie in allen strömungsrelevanten Details beschreibt. Dabei wird das zu untersuchende Objekt entweder mit einem in der CFD-Software integrierten 3D-Editor modelliert oder über Standard-Datenformate importiert, beispielsweise DXF, DWG, STEP oder IFC importiert.

Bestehende Objekte lassen sich mit 3D-Laserscannern (TGA 01-2021: Gebäude und Anlagen rationell erfassen) erfassen, anschließend in 3D-Volumenkörper überführen und importieren.

In vielen Fällen ist allerdings aufgrund unbrauchbarer Vorlagen eine manuelle Neueingabe erforderlich, beispielsweise weil BIM-Modellierregeln nicht eingehalten wurden. Dann müssen Projektdaten mehrfach eingegeben werden, obwohl praktisch alle Informationen eigentlich schon im Architekturmodell stecken.

Da CFD-Strömungssimulationen viele Systemressourcen beanspruchen, sind die Hardwareanforderungen höher als für CAD-Anwendungen. Je größer die Zellenanzahl des 3D-Modells ist (siehe unten), desto größer der Arbeitsspeicherbedarf. Pro Million Zellen werden ungefähr zwei Gigabyte Arbeitsspeicher benötigt, wobei ein möblierter Standard-Büroraum bereits aus 10 bis 12 Mio. Zellen bestehen kann.

Sinnvoll sind deshalb ein mindestens 64 GB, besser 128 GB großer Arbeitsspeicher (RAM) und ein schneller Festplattenspeicher ab 1 TB. Der Prozessor (CPU) sollte 8, besser 16 Kerne mit einer hohen Taktrate aufweisen, als Grafikkarte wird DirectX11, 2060 RTX oder besser empfohlen. Das großformatige Display (ab 26") sollte eine Auflösung von mindestens FullHD, besser QHD aufweisen (1920 × 1080 bzw. 2560 × 1440 Pixel). Die Kosten für diese etwas anspruchsvollere Hardwareausstattung liegen bei etwa 4000 bis 8000 Euro und mehr.

Bild 8 Im Außenbereich können beispielsweise die Luftströme zusammengeschalteter Klimageräte überprüft werden.

Tian Building Engineering

Bild 8 Im Außenbereich können beispielsweise die Luftströme zusammengeschalteter Klimageräte überprüft werden.

Wie laufen CFD-Simulationen ab?

Das 3D-Modell wird zunächst in eine Vielzahl kleiner, miteinander vernetzter Zellen („finite Volumen“) unterteilt. Die erforderliche Zellenanzahl hängt von der Objektgröße und -geometrie ab und entscheidet über die Genauigkeit der Nachbildung der zu untersuchenden Geometrie, wobei runde oder frei geformte Flächen eine größere Zellenanzahl erfordern.

Nach der Vernetzung müssen alle Randbedingungen definiert werden, etwa die Oberflächenbeschaffenheit oder alle Eintritts- und Austrittsöffnungen. Danach müssen ein geeignetes Berechnungsverfahren gewählt und wichtige Parameter definiert werden, etwa die Viskosität, Dichte, Temperatur des Fluids etc.

Für jede Zelle werden anschließend mithilfe sogenannter Navier-Stokes-Gleichungen zur Berechnung reibungsbehafteter Strömungen nach physikalischen Prinzipien der Energie-, Massen-, und Impulserhaltung physikalische Größen, wie Temperatur, Druck, Dichte oder Gaskonzentrationen, für jeden Punkt im Raum für einen bestimmten Zeitpunkt oder einen Zeitraum berechnet.

Die Berechnungsergebnisse werden in Form von Graphen, Tabellen, Abbildungen oder kurzen Bildsequenzen ausgegeben, anschließend analysiert und dokumentiert. Je nach Größe des zu berechnenden Raums, der Feinmaschigkeit des gewählten Rechengitters etc., können die Rechenzeiten mehrere Stunden bis Tage dauern.

Simulieren oder simulieren lassen?

CFD-Lösungen gibt es als allgemeine, branchenübergreifende Programme (z.B. Ansys CFX oder Ansys Fluent), als speziell für den HKL-Bereich angepasste Programme (z. B. FloVent) oder als modularer Teil eines Gesamtpakets für die interdisziplinäre, dynamische Gebäudesimulation (z. B. BIM HVACTool).

Die Softwarekosten liegen zwischen 0 Euro für freie Open-Source-Software wie SU2 (su2code.github.io) oder OpenFoam (www.openfoam.com) sowie zwischen 5000 und 25 000 Euro (zzgl. MwSt.) und mehr für kommerzielle Programme.

Bild 9 Die Ausbreitung von Schadstoffen in Fabrik- oder Lagerhallen kann anschaulich visualisiert werden.

HTCO

Bild 9 Die Ausbreitung von Schadstoffen in Fabrik- oder Lagerhallen kann anschaulich visualisiert werden.

Werden CFD-Simulationen nur gelegentlich genutzt, kann eine nach der Nutzungsdauer abgerechnete Miet- bzw. SaaS-Lösung (Software as a Service) oder ein CFD-Dienstleister sinnvoller sein. Obwohl die Software immer preisgünstiger und einfacher bedienbar und auch die Hardware nicht mehr unerschwinglich ist, lohnt sich das Vorhalten des notwendigen Know-hows, respektive Personals nur dann, wenn mehrere Objekte pro Jahr berechnet werden.

Deshalb werden CFD-Simulationen von vielen TGA-Planern häufig noch als Dienstleistung nachgefragt (Anbieter siehe Info-Kasten). Bei der Anbieterauswahl sollte man auf fachliche Schwerpunkte achten: Hat er bereits Projekte in den Bereichen Architektur und Gebäudetechnik realisiert oder sich sogar darauf spezialisiert? Auf andere Fachbereiche beschränkte CFD-Kompetenzen alleine genügen nicht.

Bild 10 Auch bei der Entwicklung und Optimierung von Produkten, etwa von Rauchmeldern, leisten Luftströmungssimulationen wertvolle Dienste.

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Bild 10 Auch bei der Entwicklung und Optimierung von Produkten, etwa von Rauchmeldern, leisten Luftströmungssimulationen wertvolle Dienste.

Wer CFD-Dienstleister wählt, sollte auf dessen bau- und TGA-spezifische Qualifikationen achten. Kennt er sich mit gebäudetechnischen, bauphysikalischen, raum- und gebäudeklimatischen Zusammenhängen nicht aus, kann er seine Kunden auch nicht auf mögliche Problemzonen hinweisen und die richtigen Schlüsse aus den Berechnungen ziehen.

Die Kosten für CFD-Dienstleistungen lassen sich nur individuell beziffern. Sie richten sich nach der Größe und Komplexität des Objekts, nach der Art und Qualität der Gebäude- und / oder Raumdaten, nach einer eventuell notwendigen Kombination verschiedener Simulationsverfahren und nach dem gewünschten Ergebnis (Visualisierungen, Videos, VR-Präsentationen etc.).

Wichtig ist die Nachvollziehbarkeit. Erhält der Auftraggeber nur bunte Bilder, ohne eine detaillierte Dokumentation der Eingabedaten und numerischen Auswertungen, lassen sich die Ergebnisse nicht nachvollziehen und sind damit wertlos.

Wo liegen die Grenzen?

Grenzen setzt vor allem die fachliche Qualifikation des Anwenders oder Dienstleisters. Erkennt dieser potenzielle Problemzonen aufgrund mangelnder Erfahrung im Vorfeld nicht, vernachlässigt er Gebäude- und Raumbereiche oder Szenarien, kann das fatale Folgen haben.

Auch den Computersimulationen selbst sind Grenzen gesetzt – etwa wirtschaftliche Grenzen, die nur einen begrenzten Einsatz an Zeit und Rechenkapazität erlauben. Um die von der Objektgröße, der Anzahl der Rechenzellen und weiteren Faktoren abhängigen Rechenzeiten zu begrenzen, werden teilweise die Modelle mehr oder weniger vereinfacht, was aber auch die Genauigkeit der Simulationsergebnisse begrenzt.

Bild 11 Mindestens ebenso wertvoll wie (Bewegt)Bilder sind bei der Auswertung zweidimensionale Schaubilder, Graphen und Tabellen: Anzeige der Rauchdichte, Sichtweite und Strömungsgeschwindigkeit.

Nees Ingenieure

Bild 11 Mindestens ebenso wertvoll wie (Bewegt)Bilder sind bei der Auswertung zweidimensionale Schaubilder, Graphen und Tabellen: Anzeige der Rauchdichte, Sichtweite und Strömungsgeschwindigkeit.

Auch aus falschen Annahmen, fehlerhaften Eingaben oder ungenaue Beschreibungen der Randbedingungen können Ungenauigkeiten und Fehler entstehen. Verlässlich überprüfen lassen sich die Ergebnisse derzeit nur, wenn sie mit den Resultaten von Normberechnungen oder den Messergebnissen von Modellversuchen (Windkanal, Klimakammer) verglichen werden.

Vergleiche mit den Ergebnissen anderer CFD-Programme bieten aufgrund fehlender Validierungen und Zertifizierungen bisher keine Sicherheit. Zwar wurde kürzlich von der VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik das Projekt VDI 6016 initiiert [1]. Die entsprechende Richtlinie „Anforderungen an den Einsatz fluiddynamischer Simulationen in der Gebäudetechnik“ soll eine Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse mit dem gleichen Programm und mit anderen Programmen ermöglichen.

Dazu stellt sie Mindestanforderungen an die Rechenverfahren bei bestimmten Aufgabenstellungen, gibt Testbeispiele für die Validierung dieser Aufgabenstellungen vor und definiert einheitliche Grundlagen für Simulationsnachweise und Vorgaben an den Leistungsumfang und die Dokumentation. Allerdings ist mit dem Erscheinen der VDI 6016 voraussichtlich erst im September 2023 zu rechnen.

Fazit: Simulation braucht Erfahrung

CFD-Simulationen liefern wirkungsvolle Werkzeuge für Nachweise und Optimierungen der Behaglichkeit, von Heizungs- und Lüftungskonzepten, Bauteilen oder Produkten. Sie generieren zwar einen planerischen Mehraufwand, der sich aber schnell bezahlt macht, weil Planungsfehlern in früher Projektphase vermieden werden.

Häufig lassen sich auch Investitions- und Betriebskosten einsparen, weil Gebäude und RLT-Anlagen präziser an die tatsächlichen Rahmenbedingungen und Bedürfnisse angepasst werden können.

CFD-Software ist aber nur so gut, wie der Ingenieur, der sie einsetzt. Er muss alle denkbaren Randbedingungen, Problemzonen und -szenarien erfassen, die Ergebnisse kritisch hinterfragen, korrekt interpretieren und die richtigen Schlüsse ziehen, was Fachwissen und viel Erfahrung voraussetzt.  Marian Behaneck

Axel Müller: Zur Bestimmung der Luftqualität in Laboren, Krankenhäusern oder Produktions- und Lagerhallen ist CFD unverzichtbar.

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Axel Müller: Zur Bestimmung der Luftqualität in Laboren, Krankenhäusern oder Produktions- und Lagerhallen ist CFD unverzichtbar.

Praxis-Statement:
CFD als Dienstleistung

Die CFD-Strömungsspezialisten HTCO aus Freiburg im Breisgau ermöglicht mit dem Dienstleistungspaket Fluiobuild eine gezielte Planungsoptimierung im Vorfeld – damit Zugerscheinungen, Schimmel oder schlechte Luft nach der Realisierung nicht zum Problem werden. Geschäftsführer Dr. Axel Müller berichtet von seinen Erfahrungen als Dienstleister von Bauherren, Eigentümern, Investoren, Architekten und Fachplanern.

TGA: Wo und in welchen Bereichen setzen Sie CFD für Ihre Kunden ein?

Müller: Im Gebäudebereich, um kritische Zonen, beispielsweise Zugluft, stickige Luft, Überhitzung oder Feuchtigkeit aufzudecken und Lüftungs- und Klimaplanungen optimal abzustimmen. Zum Beispiel bei mehrgeschossigen Atrien, Veranstaltungsräumen, großflächig verglasten Räumen mit hoher solarer Einstrahlung, bei Eingangsbereichen großer Gebäude und so weiter.

Aber auch zur Bestimmung der Luftqualität in Laboren, Krankenhäusern oder Produktions- und Lagerhallen ist CFD unverzichtbar. Hinzu kommt der Einsatz bei der Neuentwicklung und Optimierung von TGA-Technik mit sensiblem Strömungs- und Temperaturverhalten wie Rauchmelder oder Lüftungsgeräte.

TGA: Was kosten CFD-Strömungssimulationen als Dienstleistung?

Müller: Das hängt von der Raumkomplexität, den Rahmenbedingungen und der Detaillierung ab. Als groben Richtwert kann man 5000 bis 25 000 Euro nennen.

TGA: Welche Daten benötigen Sie?

Müller: Wir bevorzugen CAD-Daten im STEP-Format. BIM-Modelle sind zwar auch 3D-Daten, die aber oftmals nicht aus Volumen, sondern aus 2D-Flächen bestehen. Gerade bei Räumen mit vielen Details müssen wir oft nachmodellieren und manchmal ist es effizienter, die Geometrie komplett neu zu modellieren.

TGA: Wann sind Kombinationen mit anderen Methoden sinnvoll?

Müller: Mit thermischen Simulationen lassen sich mit relativ geringem Berechnungsaufwand zunächst allgemeine Aussagen zum thermischen Verhalten von Gebäuden über längere Zeiträume und externe Klimasituationen ableiten. Dabei wird, grob gesprochen, jeder Raum eines Gebäudes durch einen Punkt repräsentiert, an dem dann die jeweilige Energiebilanz betrachtet wird.

Dagegen hat man in der CFD-Strömungssimulation pro Raum etwa 10 000 Punkte. Somit lassen sich lokale Effekte, z. B. Totzonen im Raum, thermische Hotspots oder schlecht belüftete und damit schimmelgefährdete Bereiche, identifizieren. Auch Konzentrationsverteilungen von CO2 oder Aerosolen können berechnet werden. Allerdings ist der Rechnungsaufwand höher. Beide Verfahren ergänzen sich deshalb sehr gut.
 

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Literatur / weitere Infos

[1] VDI 6016 (Projekt): Anforderungen an den Einsatz fluiddynamischer Simulationen in der Gebäudetechnik,  www.vdi.de/6016

[2] Barp, S.: Unsichtbare Strömungen. Zürich: Verlags-AG der akademischen technischen Vereine, tec 21, 18/2010

[3] Drechsel, Th.: CFD-Simulation für das Humboldtforum – Perfektes Raumklima im Berliner Stadtschloss. Gütersloh: Bauverlag BV, tab 3-2017

[4] www.cfd-online.com  CFD-Portal

[5] www.baufachinformation.de  Suchwort: CFD

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