Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Energieeffizienz realisieren

Anforderungen an die Gebäude der Zukunft

Kompakt informieren

  • Die energieeffiziente Bewirtschaftung von Gebäuden gewinnt immer mehr an Bedeutung. Grundvoraussetzung sind ein Messkonzept und die systematische Aufbereitung und Analyse der Messdaten.
  • Entsprechende Maßnahmen und technische Ausrüstungen müssen deshalb schon in der Planungsphase von Neubauten oder umfangreichen Modernisierungen berücksichtigt werden.
  • Es ist davon auszugehen, dass die Anwendungsszenarien für die erfolgreiche Integration externer Services künftig weiter wachsen und übergeordnete Daten- und Integrationsplattformen an Bedeutung gewinnen werden.

Im Erwägungsgrund 15 der Richtlinie 2018/844/EU zur Änderung der EU-Gebäuderichtlinie (2012/27/EU, auch als EPBD bezeichnet, Download:  Webcode  296893) des Europäischen Rates und des Europäischen Parlaments vom 30. Mai 2018 heißt es: „Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden sich nicht nur auf die Gebäudehülle konzentrieren, sondern alle relevanten Elemente und technischen Anlagen in einem Gebäude umfassen, etwa passive Elemente, die an passiven Techniken beteiligt sind, mit denen der Energiebedarf für Heizung oder Kühlung und der Energieverbrauch für Beleuchtung und Lüftung reduziert und so der thermische und visuelle Komfort verbessert werden sollen.“

Aus diesen Vorgaben lassen sich konkrete Anforderungen ableiten. So müssen im ersten Schritt Daten über den Energieverbrauch im Gebäude vorliegen bzw. erhoben werden. Die Grundlage hierfür schaffen wiederum Verbrauchszähler für Strom, Gas und Wasser und gegebenenfalls Sensoren, die relevante Zustandsinformationen am und im Gebäude ermitteln und weiterleiten. Im zweiten Schritt gilt es, die Energieeinsparpotenziale mithilfe einer Datenanalyse zu ermitteln. Abschließend erfolgt eine Priorisierung der Optimierungschancen. Erst dann kann die Realisierung der einzelnen Schritte angestoßen werden.

Eine Datenbasis schaffen

Das erste Ziel ist folglich, die benötigten Daten zu erfassen und gegebenenfalls für die gesamte Betriebszeit der Immobilie zu speichern. Nur so sind Verbesserungen nachhaltig mess- und steuerbar. Bei vielen Bestandsanlagen sind längst nicht alle benötigten Zähler in einen zentralen Datenspeicher integriert und folglich werden keine Werte digital erfasst. Bei Neubauten wird oftmals aufgrund von zusätzlichen Kosten auf die Installation intelligenter Zähler und zentraler Datenspeicher verzichtet.

Es ist deshalb die Aufgabe der Fachplaner, ihren Kunden sowohl die Tragweite dieses Themas als auch die Wichtigkeit der benötigten Investitionen sowie die am Markt verfügbaren, technologischen Möglichkeiten zu vermitteln. Das gilt für Neubauten genauso wie für Renovierungen. Dabei erweist es sich durchaus als hilfreich, Experten zurate zu ziehen, die auf die notwendige Datenverarbeitung der erfassten Datenpunkte spezialisiert sind.

Auch das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) macht schon seit vielen Jahren klare Vorgaben zum Betreiben von TGA-Anlagen in § 3 Abs. 1: „Wer Heizungs-, raumlufttechnische, Kühl-, Beleuchtungs- sowie Warmwasserversorgungsanlagen oder -einrichtungen in Gebäuden betreibt oder betreiben lässt, hat dafür Sorge zu tragen, dass sie […] so instand gehalten und betrieben werden, dass nicht mehr Energie verbraucht wird, als zu ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung erforderlich ist.“

Für die TGA-Planung ergibt sich aus dem EnEG mindestens eine Beratungspflicht. Bei der Grundlagenermittlung muss zusammen mit dem Auftraggeber geklärt werden, wie die Anlagen später betrieben werden sollen. Dabei wird man schnell zu der Erkenntnis kommen, dass zum energiesparenden Betreiben die wesentlichen Energieströme mit hoher zeitlicher Auflösung erfasst werden müssen und die TGA-Planung ein Messkonzept beinhalten muss, das Energiemengen und Anlagenzustände erfassen und zur Auswertung und zum Management bereitstellen kann.

Energieeinsparpotenziale erkennen

Insbesondere bei Neubauten können aufwendige Nachrüstungen durch eine sorgsame Planung und ein Messkonzept vermieden werden. Immerhin lassen sich bereits im Planungsstadium entsprechende Energieeinsparpotenziale erkennen. Darüber hinaus bedarf es allerdings einer soliden Basis, mit der Information, wie Zählerwerte oder Betriebszustände, von Anlagen übergreifend, zentral gesammelt und archiviert werden können.

Der Trend für den nachhaltigen Einsatz von Energiemanagementlösungen geht dabei in Richtung der Anbindung externer Serviceangebote. Jene Dienste spezialisieren sich in der Regel auf ein oder zwei Themengebiete, zum Beispiel auf das Energiemanagement oder die Anomalie-Erkennung im Anlagenbetrieb. Diese müssen dabei längst nicht mehr vor Ort aufgespielt und betrieben werden. Stattdessen buchen die Eigentümer der Liegenschaft die Web-Services einfach nach Bedarf. Voraussetzung hierfür ist das Vorhalten einer Integrationsschnittstelle, über die sich die Daten an Cloud-Lösungen zur Aufbereitung und Standardisierung übertragen lassen. Über Plattformen, zum Beispiel die BAScloud Abb. 3, ist es möglich, die einzelnen Daten beliebig lange zu speichern und weiterführende Services ohne aufwendige und kostspielige Investitionen für Schnittstellen und Systemengineering zu buchen und anzubinden.

Prioritäten setzen

Sind die Energieeinsparpotenziale eines Gebäudes bekannt, muss im nächsten Schritt eine Priorisierung erfolgen, welche auch die Aufwände der daraus folgenden Maßnahmen berücksichtigt und in Relation setzt. Eine mögliche Einordnung zeigt Abb. 2.

Die Kategorie „Schnelle Umsetzung“ verkörpert Maßnahmen, die mit wenig Aufwand realisierbar sind und hohe Energieeinsparpotenziale erschließen. Denkbar ist etwa die Optimierung einer Lüftungsanlage, die bei der Inbetriebnahme nicht betriebstechnisch energetisch optimiert wurde oder die Konfiguration einer 24/7-Stunden laufenden Lüftung – also eine Anpassung der Schaltzeiten der versorgungstechnischen Anlagen auf die Betriebszeiten der Liegenschaft.

Die strategischen Maßnahmen versprechen ebenfalls hohes Einsparpotenzial, erfordern aber hohe Umsetzungsaufwände. Hier sind eine längerfristige Planung und Investition lohnenswert. In der Praxis kann dies den Austausch von alten und ineffizienten Bauteilen, oder aber die Erneuerung von ganzen Anlagen bedeuten. Viele Lösungswege führen über die Erweiterung der Gebäudeautomation mit Komponenten zur energetischen Überwachung. Ein einfaches Beispiel ist die Nachrüstung von Fensterkontakten, um Heizungs- und Klimasystem in Teilbereichen in Abhängigkeit der Fensterstellung an- und abzuschalten.

Die Kategorie „Überdenken“ bezeichnet Energieoptimierungsmaßnahmen, die zwar nur einen geringen Aufwand bedeuten, aber auch nur minimale Einsparpotenziale mit sich bringen. Diese sollten eine geringere Priorität haben, ihre Priorisierung aber in angemessenen Abständen überprüft werden.

Ganz am Ende der Kette stehen die „Ausnahmen“. Diese Maßnahmen verfügen nur über ein geringes Einsparpotenzial und erfordern im Vergleich ein hohes Maß an Aufwand. Sie sollten daher nur umgesetzt werden, wenn davor eine erneute Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt wurde und bereits alle anderen Bereiche der Optimierung abgedeckt sind. Zu einer solchen Maßnahme könnte etwa die Umstellung einer bestehenden Deckenbeleuchtung auf einen LED-Standard zählen.

Realisierung

Ein Blick auf die verschiedenen Maßnahmen macht deutlich, dass sich Einsparpotenziale vor allem über die Planung und Verwendung innovativer Anlagentechnik, wie Heiz- und Lüftungssysteme oder die Gebäudeautomation, heben lassen.

Am Beispiel der Energieoptimierung durch externe Services werden die sich daraus ergebenden Vorteile für eine nachhaltige Gebäudeplanung unter Berücksichtigung technischer Integrationslösungen besonders deutlich. Die Bandbreite externer Services bietet über das Energiemanagement hinaus viele weitere Optionen, zum Beispiel die Anomalie-Erkennung, die Visualisierung von Gebäudeinformationen, das Alarming, die intelligente Steuerung von Lichtsystemen oder die energetische und klimatische Optimierung.

Den Potenzialen, die sich durch die Integration einer Vielzahl von Services umsetzen lassen, sind folglich keine Grenzen gesetzt. Deshalb ist es umso wichtiger, die aktuellen Möglichkeiten zu nutzen und eine zukunftssichere Basis für die kommenden Jahre zu schaffen. Damit das gelingt, sind technologische Neuerungen, die die Daten von Liegenschaften zentralisiert zur Verfügung stellen, unerlässlich. Experten empfehlen darum deren direkte Integration bei Neubauten, Kernsanierungen oder Modernisierungen.

Gebäudeautomation in der erneuerten EU-Gebäuderichtlinie

Eine der für die TGA wichtigsten Neuerungen in der geänderten EU-Gebäuderichtlinie findet sich in den Neufassungen der Artikel 14 „Inspektion von Heizungsanlagen“ und 15 „Inspektion von Klimaanlagen“ jeweils in den Absätzen 4 und 5:

(4) Die Mitgliedstaaten legen Anforderungen fest, um sicherzustellen, dass Nichtwohngebäude mit einer Nennleistung für eine Heizungsanlage oder eine kombinierte Raumheizungs- und Lüftungsanlage [Artikel 15: Klimaanlage oder eine kombinierte Klima- und Lüftungsanlage] von mehr als 290 kW, sofern technisch und wirtschaftlich realisierbar, bis zum Jahr 2025 mit Systemen für die Gebäudeautomatisierung und -steuerung ausgerüstet werden.

Die Systeme für die Gebäudeautomatisierung und -steuerung müssen in der Lage sein,

a) den Energieverbrauch kontinuierlich zu überwachen, zu protokollieren, zu analysieren und dessen Anpassung zu ermöglichen;

b) Benchmarks in Bezug auf die Energieeffizienz des Gebäudes aufzustellen, Effizienzverluste von gebäudetechnischen Systemen zu erkennen und die für die Einrichtungen oder das gebäudetechnische Management zuständige Person über mögliche Verbesserungen der Energieeffizienz zu informieren; und

c) die Kommunikation zwischen miteinander verbundenen gebäudetechnischen Systemen und anderen Anwendungen innerhalb des Gebäudes zu ermöglichen und gemeinsam mit anderen Typen gebäudetechnischer Systeme betrieben zu werden, auch bei unterschiedlichen herstellereigenen Technologien, Geräten und Herstellern.

(5) Die Mitgliedstaaten können Anforderungen festlegen, um sicherzustellen, dass Wohngebäude ausgerüstet sind mit:

a) einer kontinuierlichen elektronischen Überwachungsfunktion, welche die Effizienz des Systems misst und den Eigentümer oder Verwalter des Gebäudes darüber informiert, wenn die Effizienz erheblich nachgelassen hat und eine Wartung des Systems erforderlich ist, und

b) wirksamen Steuerungsfunktionen zur Gewährleistung der optimalen Erzeugung, Verteilung, Speicherung und Nutzung der Energie.

Zur Umsetzung heißt es in der Änderungsrichtlinie: „Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 10. März 2020 nachzukommen. Sie teilen der [EU-]Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.“ In also spätestens einem Jahr müssten in Deutschland entsprechende Anforderungen und ein Zeitplan festgelegt sein. Da es unrealistisch ist, dass alle betroffenen Anlagen erst kurz vor Fristablauf ausgerüstet werden, dürfte es gestaffelte Anforderungen geben. Abzuwarten bleibt vorerst, wie sich Deutschland bei den „freiwilligen“ Anforderungen für Wohngebäude positioniert.

Stefan Schaffner

ist Geschäftsführer der ProFM Facility & Project Management GmbH, Groß-Bieberau, www.profm-gmbh.de

Claus Mink

ist Geschäftsführer der ProFM Facility & Project Management GmbH, Groß-Bieberau, www.profm-gmbh.de