Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Auf Baustellen (Arbeitsstätten) sind in im Normalfall der planmäßige bauliche und anlagentechnische Brandschutz noch nicht realisiert oder wirksam. Dies erfordert eine bauzeitliche Brandschutzbetrachtung.
■ Im Rohbau unterstützen mobile Evakuierungsanlagen die Arbeitssicherheit durch eine schnelle Evakuierung im Notfall.
■ Die Evakuierungseinheit von C.M. Heim wird regulatorisch als Funkprodukt und nicht als Bauprodukt in den Verkehr gebracht. Dies erleichterten die Planung und Inbetriebnahme.
Häfele / Schmidt Architekten
2026 will Häfele neue Büro-, Produktions- und Logistikflächen beziehen. Bis zur Inbetriebnahme der fest installierten Brandschutz- und Evakuierungsanlage gehören 25 Mobile Evakuierungseinheiten von C.M. Heim zum bauzeitlichen Brandschutz in dem weitläufigen Gebäudekomplex.
Das Dynamikzentrum von Häfele in Nagold steht für den Weg des global agierenden Spezialisten für intelligente Beschlagtechnik, elektronische Schließsysteme, Beleuchtung und Gebäudevernetzung in das zweite Jahrhundert seit der Firmengründung. In direkter Nachbarschaft zu den bestehenden Logistikgebäuden wird seit Juli 2023 ein Gebäudekomplex mit etwa 11.900 m2 Geschossfläche für Büros, Produktion und Logistik errichtet, 2026 soll es bezugsfertig sein. In dieser sensiblen Phase ist ein wichtiger Aspekt der bauzeitliche Brandschutz.
„Die Interimsalarmierung bis zur Fertigstellung der Anlagentechnik ist vor allem zur Räumung des Gebäudes relevant. Dabei geht es darum, dass alle Personen das Gebäude verlassen und die Sammelplätze aufsuchen. Dazu ist eine mobile Alarmierungsanlage so auszulegen, dass diese händisch ausgelöst werden kann und akustisch die Personen im Gebäude warnt“, erklärt Joachim Maurer, Leitung Technisches Facility Management bei Häfele, die Anforderungen an die eingesetzten Mobilen Evakuierungseinheiten. In der Bauphase kommt es wegen der Brandlast der bereits eingelagerten Kunststoffbehälter zur Lagerung und Kommissionierung und der noch nicht funktionsfähigen Brandschutzeinrichtungen zu einer erhöhten Gefährdung.
C.M. Heim / Boveda Fotodesign
Planung nach ASR A2.3 und bauzeitlichem Brandschutzkonzept
In Abstimmung mit dem Fachverantwortlichen von Häfele haben Experten von C.M. Heim nach der ASR A2.3 Fluchtwege und Notausgänge [1], dem bauzeitlichen Brandschutzkonzept, der Gefährdungsbeurteilung und DIN VDE 0833-2 [2] für Handfeuermelder in vier Geschossen 25 Mobile Evakuierungseinheiten (MEU) an Kreuzungspunkten im Abstand von 20 m bis 50 m zueinander und an den Zugängen zum Treppenraum oder in Treppenräumen temporär installiert.
Die Basiseinheit MEU besteht aus einer Sirene, einer Blitzleuchte, einem Handfeuermelder und einem Erste-Hilfe-Rufknopf. Die Einheiten sind batteriebetrieben und werden mit geringem Montageaufwand kabellos installiert. Das Mesh-basierte Funksystem bietet nach Herstellerangaben die gegenwärtig schnellste Alarmierung und die längste Betriebsdauer der Batterien der am Markt angebotenen Lösungen. MEU wird als temporäre Stand-alone-Lösung betrieben und lässt sich ergänzend zur mobilen Brandmeldeanlage in die webbasierte App MyMOBS integrieren.
Ein richtungsweisender Leuchtturm
Nicht nur wegen des 50 m hohen Gebäudeturms ist das Dynamikzentrum sichtbarer Ausdruck der Innovationskraft von Häfele. Das Projekt gilt bei der Architektur, der Bauphysik, der Energie- und Gebäudetechnik und dem Nutzungskonzept als richtungsweisenden Leuchtturm. „Mit diesem Bauvorhaben investieren wir in die Zukunft unseres Unternehmens und insbesondere in unsere Home-Base im Schwarzwald“, sagte Sibylle Thierer, die Vorsitzende des Verwaltungsrates, bei der Vorstellung des Bauvorhabens 2022.
Häfele agiert in über 150 Ländern als Spezialist für intelligente Beschlagtechnik, elektronische Schließsysteme sowie Beleuchtung und Vernetzung. Mit einem umfassenden Produktsortiment, zahlreichen Serviceleistungen und viel Innovationsgeist steht das 1923 gegründete Familienunternehmen Partnern aus Handwerk, Möbelindustrie, Handel und Architektur als Partner zur Seite. Über 8000 Mitarbeitende und 38 Tochterunternehmen haben im Geschäftsjahr 2024 einen Umsatz von 1,74 Mrd. Euro bei einem Exportanteil von 82 % erwirtschaftet.
C.M. Heim / Boveda Fotodesign
„Es entsteht ein Gebäudekomplex mit hohen technologischen Anforderungen an die Baukonstruktion und das Energiemanagement, der die unterschiedlichen, zum Teil massiven Gebäudevolumina segmentiert und als Collage gestalterisch neu zusammenführt“, beschreibt Entwurfsarchitekt Christoph Schmidt, Schmidt Architekten und Planungsgesellschaft, Kenzingen, das architektonische Konzept.
Bereits bei der Planung wurden die zum Bau verwendeten Materialien und Werkstoffe einzeln und im Verbund auf ihre Recycelbarkeit untersucht, bewertet und sorgfältig ausgewählt. So wurden durch den Einbau von materialeffizienten Stahlbetondecken 160 m3 Beton gespart und dadurch 34 t weniger CO2 emittiert. Das Häfele Dynamikzentrum wird mit großen Grünflächen und ausgewählter Flora angelegt, was ebenfalls zur nachhaltigen Kompensation von Emissionen beiträgt.
Die Fachplanung für TGA und Elektrotechnik verantwortet die Schnepf Planungsgruppe Energietechnik aus Nagold, die Brandschutzplanung Sinfiro aus Balingen und die Tragwerksplanung die Reck+Gass-Ingenieurgesellschaft für Bauwesen aus Horb am Neckar.
Löschwasserbehälter puffert Wärme
In den Büro-, Lager- und Logistikflächen ist eine Sprinkleranlage installiert. Löschwasser wird in einem Tank mit 12.000 m3 Fassungsvermögen bevorratet. Dieser wird als saisonaler Pufferspeicher zur Wärme- und Kälteerzeugung genutzt. Der Tank ist in mehrere Bereiche mit unterschiedlichen Temperaturniveaus segmentiert und speist bedarfsorientiert Wärmepumpenkaskaden zur Bereitstellung von Heizungswärme für die Anlagenkomplexe. Die Wärmepumpen erreichen dadurch sehr hohe Wirkungsgrade. Zudem dient der Speicher im Sommer als Wärmesenke für den im Gebäude anfallenden Kältebedarf.
Mobile Evakuierungseinheit MEU
Laut der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A2.2. [3] ist bei Baustellen die Einrichtung und der Betrieb von Feuerlöscheinrichtungen und weiteren Maßnahmen zur Erkennung, Alarmierung sowie Bekämpfung von Entstehungsbränden erforderlich. In Anlehnung an die Brandmeldeanlagen-Normenreihe EN 54 entspricht die mobile Evakuierungseinheit MEU von C.M. Heim diesen Anforderungen und dem Stand der Technik.
Die Evakuierungseinheit wird regulatorisch als Funkprodukt und nicht als Bauprodukt in den Verkehr gebracht. Dies erleichterten die Planung und Inbetriebnahme und reduziert die Kosten. So ist beispielsweise keine Abnahme durch einen Sachverständigen vorgeschrieben. Die MEU kommuniziert über ein Mesh-Netzwerk selbstständig untereinander. Über den MEUadapter wird die Verbindung zur Zentrale OAMplus hergestellt. Im Notfall wird über ein Telefonwählgerät automatisch mit einem zertifizierten Protokoll ein Fernalarm zur Leitstelle übertragen. Alternativ mit einer überwachten IP-Verbindung zu MyMOBS mit einer präzisen Ortsangabe mit Lageplan und notwendiger Quittierung.
Das Mesh-Netzwerk kommuniziert auf mehreren Frequenzen in verschiedenen Gruppen. Damit können auch größere Gebäude schnell und effizient evakuiert werden. Die Funkstreckenüberwachung stellt sicher, dass die Evakuierungsanlage gegen Sabotage geschützt ist – bis zu einer Reichweite von 1500 m im freien Feld.
C.M. Heim / Boveda Fotodesign
Planung und Positionierung
Grundlagen zur Planung mobiler Evakuierungsanlagen sind ASR A2.3 Kapitel 5.1, Absätze 1 bis 4 [1], eine Gefährdungsbeurteilung sowie das bauzeitliche Brandschutzkonzept. Gefahrenpotenziale ergeben sich für Räume und Bereiche in denen Gefahrstoffe gelagert werden, in denen eine oder wenige Personen arbeiten, in denen lärmende Arbeiten durchgeführt werden, in denen Selbstrettung nicht möglich ist und in denen keine Brandschutzeinrichtungen (beispielsweise Brandschutztüren, Brandschutztore) vorhanden sind.
Die Positionierung m Mobiler Evakuierungsanlagen erfolgt für Handfeuermelder (HFM) nach DIN VDE 0833-2 [2], an Ausgängen ins Freie, mit maximal 50 m Laufweglänge zu HFM (in besonders gefährdeten Bereichen maximal 30 m), an Zugängen zu sicheren Bereichen (beispielsweise Treppenräume, andere Brandabschnitte) und in Bereichen, in denen gefährliche Arbeiten durchgeführt werden. Der Erste-Hilfe-Ruf ergänzt Handfeuermelder und Sirenen.
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Brandschutz
Kontakt
C.M. Heim
75387 Neubulach
Telefon (0 70 54) 9 32 30
info@cmheim.de
www.cmheim.com/mobile-evakuierungsanlage
Literatur
[1] ASR A2.3 Fluchtwege und Notausgänge, Technische Regel für Arbeitsstätten, Neufassung März 2022, GMBl 2022, Seite 227, zuletzt geändert durch GMBl 2024, Seite 913
[2] DIN VDE 0833-2 / VDE 0833-2 Gefahrenmeldeanlagen für Brand, Einbruch und Überfall – Teil 2: Festlegungen für Brandmeldeanlagen. Berlin: DIN Media, Juni 2022
[3] ASR A2.2 Maßnahmen gegen Brände, Technische Regel für Arbeitsstätten, Neufassung Mai 2018, GMBl 2018, Seite 446; zuletzt geändert durch GMBl 2025, Seite 365