Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Oberflächennahe Geothermie

Hohes Einsparpotenzial beim Bau und im Betrieb

Kompakt informieren

  • Nach der Qualitätskontrolle am Bohrloch konzentriert sich die Geothermie-Branche nun auf die Effizienzverbesserungen bei Erdwärmeanlagen, auf mehr Wirtschaftlichkeit durch die Simulation von Gebäuden, Erdwärmesonden und Wärmepumpen sowie auf geothermische Informationssysteme mit Schnittstellen zur energetischen Gebäude- bzw. Qualitätssimulation.
  • Neue Geschäftsmodelle, wie die kollektive Erschließung von Erdwärmesonden-Anschlüssen für Siedlungen und Quartiere durch Energieversorger, geben der Geothermie wichtige Impulse zu mehr Akzeptanz.
  • In ehemaligen Bergbauregionen steht die Nutzung von warmem Grubenwasser für Wärmepumpen erst am Anfang, bietet jedoch interessante Entwicklungsperspektiven.

Erdwärmesonden-Anlagen und die dazugehörenden Wärmepumpen (WP) sind oft unnötig teuer und energetisch ineffizient. Überdimensionierungen von 100 % sind bei größeren Anlagen keine Seltenheit, besonders wenn die Gebäudetechnik mittels vorgegebener Standardverfahren, wie DIN 12 831, VDI 2078 und DIN V 18 599, berechnet wird.

Diese Vorgehensweise führt zu maximalen Werten für die Auslegung von Wärmepumpen und Erdwärmesonden (EWS) – mit fatalen Auswirkungen auf ihre Wirtschaftlichkeit und damit auch auf die Akzeptanz von Erdwärmeanlagen, so der Tenor auf dem Fachkongress „Oberflächennahe Geothermie“, der im Rahmen der Geotherm am 14. und 15. Februar 2019 in Offenburg stattfand.

Auch der Gesamtprozess EWS-/WP-Planung müsse auf den Prüfstand, denn die Beschaffung und das Zusammenführen geologischer und hydrogeologischer Daten sowie das Genehmigungsprozedere seien extrem aufwendig, oft lückenhaft und damit teuer.

So gut wie nicht werden in den meisten der existierenden Auslegungsprogrammen die Wechselwirkung geothermischer Anlagen untereinander erfasst. Auch die Folgenabschätzung von zu hohen Entzugsleistungen bei einem Verzicht auf Regeneration des Erdreichs sowie die Interaktion von EWS-Feldern mit Stadtquartieren und Versorgungsnetzen werde nur in Ausnahmen berücksichtigt.

Aus der Schweiz kommt die Nachricht, dass die oberflächennahe Geothermie bei enger bzw. verdichteter Bebauung und einer Häufung von Erdwärmesonden-Anlagen ab einer bestimmten Bedarfsdichte nicht mehr sinnvoll ist und der Fernwärmeversorgung vorbehalten sein sollte. Ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Effizienz von Erdwärme nutzenden Anlagen ist neben dem Know-how-Aufbau bei Erstellern und Planern das Anlagenmonitoring, das nach Meinung der Protagonisten von erdgekoppelten Wärmepumpen in jeder Anlage standardmäßig eingesetzt sein sollte.

Weniger Investitionskosten und mehr Komfort durch Gebäudesimulation

Eine der überzeugendsten Präsentationen über die Berechnung von Erdwärmesondenfeldern für Wohnanlagen Abb. 1 mittels Gebäudesimulation lieferten die Referenten Andreas Lahme, alware, Braunschweig, und Dr. David Kuntz, tewag, Starzach-Felldorf. Am Beispiel einer Wohnsiedlung mit 20 Häusern, 8500 m2 Wohnfläche für etwa 180 Personen, führten sie den Nachweis, dass durch eine Gebäudesimulation der Liegenschaft nicht nur der Raumkomfort verbessert, sondern auch Investitionskosten in erheblichem Maße eingespart werden können. Vergleichende Berechnungen nach Norm-Heizlast ohne sommerliche Kühlung (Fall 1), mittels Gebäudesimulation mit passiver Kühlung (Fall 2) sowie einer Optimierung der Energiekonzept-Simulation (Fall 3) zeigen folgendes Bild:

Im ersten Fall ergeben sich aus der Berechnung des Erdsondenfelds etwa 10 800 Sondenmeter und eine Wärmepumpenleistung von 380 kW. Da im Sommer nicht gekühlt werde, müssten überhöhte Raumtemperaturen einkalkuliert werden.

Im zweiten Fall zeigte das Ergebnis der Gebäudesimulation, dass die Heizanforderungen reduziert werden können. Durch die passive Kühlung wird das Erdsondenfeld regeneriert und gleichzeitig der sommerliche Raumkomfort sichergestellt. Wegen der minimierten Heizanforderung und der passiven Kühlung ergibt sich ein Erdsondenfeld von 7200 m Sondenlänge. Für die Leistung der Wärmepumpe reichen 200 kW.

Der dritte Fall entspricht Auslegungsfall zwei, jedoch mit einer zusätzlichen Regeneration der Erdwärmesonden mittels kostengünstiger thermischer Solarkollektoren. Dadurch kann das Erdsondenfeld auf 4200 Sondenmeter verkleinert werden; die Leistung der Wärmepumpe bleibt bei 200 kW. Vorteil von Fall drei ist nicht nur eine höhere Wirtschaftlichkeit durch die Einsparung der Sondenlängen und damit auch eine größere Marktakzeptanz, sondern auch ein schonenderer Umgang mit der endlichen Ressource Erdwärme: Die Umgebungstemperatur der Erdwärmesonden ist laut Simulation auch nach 50 Jahren noch stabil.

Nicht jeder Planer wird von dieser Vorgehensweise begeistert sein, denn ein Verzicht auf unnötige Sicherheitszuschläge und damit einem geringeren Materialeinsatz bedeuten in der Regel auch weniger Honorar. „Diese Art der Berechnung erfordert bei den Planern ein Umdenken“, so das Fazit der beiden Referenten, und weiter: „Der Nachfolger von Effizienz heißt Suffizienz1).“

Mehr Planungssicherheit durch geothermisches Informationssystem

Die Auslegung, Bewertung und Genehmigung geothermischer Anlagen gilt in Fachkreisen aufgrund der Komplexität und der langen Betrachtungszeiträume als zeitraubend und mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Vielfach liegt der Fokus nur auf der singulären Anlage und Wechselwirkungen werden entweder ausgeblendet oder nur stark vereinfacht in einem Nachweis abgebildet. Dynamische Betrachtungen der Kopplung von Gebäuden mit dem Untergrund sowie die Interaktion von Erdwärmesonden in Stadtquartieren und Versorgungsnetzen sind eher die Ausnahme. Auch die Wechselwirkungen von Erdwärmesonden zu anderen geothermischen Anlagen werden meist nur unzureichend ermittelt.

Das Verbundvorhaben GeTIS, Geothermisches Informationssystem zur Bemessung, Modellierung, Bewertung und Genehmigung vernetzter geothermischer Anlagen (Fördergeber: BMWi / Projektträger Jülich, FKZ:03ET1357A) ist dazu angelegt, als offenes Web-Geoportal die Planung und Realisierung von oberflächennahen Geothermieanlagen signifikant zu vereinfachen, den Planungsprozess zu beschleunigen und die Ergebnisse zu vereinen.

Sebastian Weck-Ponten, RWTH Aachen, Lehrstuhl für Energieeffizientes Bauen, sieht in der zentralen Datenbereitstellung des GeTIS-Systems ein entscheidendes Tool für die Zielgruppen Behörden, Fachplaner und interessierte Privatpersonen, Investitionen in geothermische Anlagen durch eine hohe Vorhersage- und Planungsgenauigkeit abzusichern Abb. 2. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bietet GeTIS den Nutzern folgende Daten an:

  • topographische und historische Karten
  • Bebauungspläne
  • digitale Orthophotos
  • ALKIS-Daten (Amtliches Liegenschaftskatasterinformationssystem)
  • Zensus-Daten (insbesondere Gebäudebaujahr, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen LANUV)
  • 3D-Gebäudemodelle (CityGML)
  • Wärmepumpendaten
  • Randbedingungen aus Normen und Richtlinien (Wärmepumpen, TWW-Berechnung …)
  • geologische Karten, z. B. mit geothermischer Ergiebigkeit (Geologischer Dienst NRW)
  • geologischer Schichtenaufbau (3D)
  • digitale Geländemodelle (Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, BKG)
  • NRW-weite Grundwassergleichen und Flurabstände (LANUV)
  • Grundwasserdaten (Erftverband)
  • Bohrungen (Geologischer Dienst NRW)
  • Wasserschutzgebiete (LANUV)
  • TRY-Wetterdaten (Deutscher Wetterdienst DWD)

Durch die Kopplung dieser Daten mit Simulationsprogrammen lassen sich beispielsweise folgende Ergebnisse darstellen:

  • die erforderliche Länge bzw. Anzahl an Erdwärmesonden
  • Erzeugerlastkurven zur Deckung des Heizenergie- und Trinkwarmwasserbedarfs
  • Temperaturen in unterschiedlichen Horizonten im Untergrund
  • die mittlere Untergrundtemperatur über den vom Benutzer gewählten Auslegungszeithorizont
  • die Gebäudeenergiebedarfsdeckung
  • die Jahresarbeitszahlen (JAZ) unter Nutzung verschiedener Bilanzen
  • die Jahresvolllaststunden der Wärmepumpe
  • Trinkwarmwasser- und Pufferspeichertemperaturen
  • An- und Abschaltzeitpunkte der Wärmepumpe

Wichtig bei urbanen, stark verdichteten Bebauungen sei die Option des GeTIS-Programms, Simulationsergebnisse auch als horizontale und vertikale Schnitte durch das Berechnungsgebiet mit Informationen zu Temperaturen und Grundwasserströmungen anzuzeigen, so Weck-Ponten.

Schweiz plant Regenerationspflicht für Erdwärmesonden-Anlagen

Die Schweiz – Weltmeister in der Nutzung von Erdwärmesonden – will künftig die Erdwärmenutzung von den zu erwartenden Wärmebedarfsdichten in den jeweiligen Bauzonen abhängig machen. Hintergrund für diese Maßnahme ist der forcierte Ausbau der oberflächennahen Geothermie in den Ballungsgebieten mit aktuell rund 25 000 km Sondenmeter (kumuliert) und einem jährlichen Zuwachs von etwa 2500 km.

„Die Erdwärme in Ballungsgebieten ist begrenzt, je nach Fließgeschwindigkeit des Grundwasserstroms und der Dichte der Bebauung“, mahnt Dr. Joachim Poppei, Leiter der Abteilung Grundwassermodellierung und Sicherheitsanalysen bei CDS Ingenieure, Aarau / Schweiz.

Die antropogene (von Menschen verursachte) Erwärmung des Erdreichs habe bei Erdwärmesonden nur einen geringen Effekt. Genau betrachtet sei die Ressource Erdwärme endlich, zumindest in Ballungsgebieten. Poppei empfiehlt deshalb strategische Planungen zugunsten einer nachhaltigen und gleichberechtigten Nutzung des Untergrunds. Dabei gelte es, den Besonderheiten der Technologie, der Planungssicherheit für Investoren und Projektbeteiligte sowie raumplanerischen Aspekten gerecht zu werden. Als Richtwerte für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Erdreichs nennt Poppei:

  • In ein- und zweigeschossigen Wohn- und Gewerbezonen mit einer Ausnutzungszahl von unter 50 % ist keine Regeneration erforderlich. Der zu erwartende Wärmebedarf kann zu 2/3 mit EWS mit Tiefen kleiner 200 m gedeckt werden.
  • In zwei- und dreigeschossigen Wohn- und Gewerbezonen (Ausnutzungszahl über 50 %) mit einer Wärmebedarfsdichte von 500 bis maximal 1000 MWh/(ha  a) ist bei einer 2/3-Deckung eine moderate Regeneration des Erdreichs erforderlich, z. B. durch freecooling in den Sommermonaten.
  • Zonen mit Wärmebedarfsdichten größer 5000 MWh/(ha  a) sollten über Fernwärme versorgt werden. Eine Versorgung über EWS ist hier nicht sinnvoll.

Zur Bewertung, ob sich eine Grundstücksfläche für EWS eignet, schlägt Poppei die Bemessungsgröße „grundstücksbezogener Wärmeentzug“ vor, aus der sich die Temperaturabkühlung im Erdreich durch künftige Nachbarsonden über einen Zeitraum von 50 Jahren ableiten lässt. Die notwendigen Regenerationsraten werden in vier Klassen von R1 (keine erhöhte Anforderung) über R2 (erhöhte Anforderung), R3 (stark erhöhte Anforderung) bis R4 (Regenerationspflicht) ausgewiesen Abb. 3.

Wichtig sei, das Werkzeug zur Ermittlung des „grundstücksbezogenen Wärmeentzugs“ und der nachbarschaftlichen Nutzung des Erdreichs möglichst einfach zu halten. Wie es heißt, soll das Verfahren bei der Revision der SIA-Norm 384/6 „Erdwärmesonden“ Eingang finden.

Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpen, wies in der Diskussion darauf hin, auch die Auswirkungen durch die Kühlung mit EWS zu berücksichtigen. Denn gerade im urbanen Raum entstehe durch die sommerliche Kühlung von Gebäuden mittels EWS ein hohes Regenerationspotenzial für das Erdreich.

Quartierslösung mit Strom, Wasser, Abwasser und Geothermie

Einzellösungen mit Erdwärmesonden für Einfamilienhäuser sind heute kaum mehr wirtschaftlich darstellbar. Die Unterfränkische Überlandzentrale, Lülsfeld, (ÜZ) ein Stromversorger in 143 Ortsteilen in den Landkreisen Schweinfurt, Kitzingen, Main-Spessart, Haßberge und Würzburg, will deshalb für Quartiere im ländlichen Raum ein „Rundum-sorglos-Paket“ für Bauleute von Eigenheimen anbieten.

Hintergrund ist ein hoher Anteil an Strom aus EEG-Anlagen im Versorgungsgebiet, der möglichst wertsteigernd in der Region verbraucht werden soll. Das Angebot: In neu entstehenden Baugebieten werden die Bauplätze nicht nur mit Strom-, Wasser- und Abwasseranschlüssen versorgt, sondern optional auch mit einer bis zu 100 m tiefen Erdwärmesonden-Anlage für einen Jahres-Heizwärmebedarf von etwa 15 000 kWh Abb. 4. Im Idealfall werden die Erdwärmesonden in einem Neubaugebiet in einem Zuge erstellt, was bedeutend wirtschaftlicher ist als individuelle Bohrungen, so Alexander Wolf, Energieberater bei der ÜZ.

Das Angebot wird von der ÜZ durch eine Probebohrung sowie die geothermische Simulation der EWS abgesichert. Gleichzeitig übernimmt die ÜZ das Genehmigungsverfahren, vergibt die Bohrarbeiten unter Begleitung durch Sachverständige und kümmert sich auch um die Qualitätssicherung und die Abnahme der EWS, inklusive der Schlussabnahme der Wärmepumpen mit Wärmepumpen-Check. Auch die Fördermittelberatung und der BAFA-Antrag gehören zum Paket. Wolf betont, dass es für derartige Siedlungen dennoch keinen Anschlusszwang gibt. Gekauft wird die EWS-Anlage zusammen mit dem Grundstück.

Wichtig für die ÜZ ist die Option Sektorkopplung, denn damit lasse sich das Angebot an EEG-Strom besser nutzen, so Wolf. Die von der ÜZ angebotenen Regeloptionen für die jeweilige Wärmepumpe umfassen vier Tarifzonen mit Smart-Grid-Ready-Funktionen, beispielsweise die Erhöhung der Heizwassertemperatur im Pufferspeicher um 5 K zu Niedertarifzeiten oder um bis zu 20 K, wenn im Netz überschüssiger Strom aus EEG-Quellen zur Verfügung steht (negative Spotmarktpreise). Als Beispiel nannte Wolf den 24. Dezember 2017, als es am Strommarkt zu einer längeren Phase negativer Spotmarktpreise (– 46 Euro/MWh) kam. In Folge konnten im Versorgungsgebiet Strühlein über die Smart-Grid-Funktion Wärmepumpen mit einer Gesamtleistung von 60 kW zugeschaltet werden. Für dieses innovative Geschäftsmodell wurde die ÜZ mit dem Bayerischen Energiepreis 2018 (Hauptpreis) ausgezeichnet.

Effizientere Erdwärme-Anlagen durch einfaches Monitoring

Bei richtiger Auslegung, fachgerechter Ausführung und optimalem Betrieb zählen Erdwärmesonden-Anlagen, also Wärmepumpen mit der Wärmequelle Erdwärmesonden, zu den wirtschaftlichsten Energiesystemen am Markt. Allerdings zeigt die Praxis, dass zwischen gut funktionierenden und optimal betriebenen Erdwärmesonden-Anlagen noch eine große Bandbreite besteht.

Besonders bei Anlagen kleiner Leistung ist der Nutzer oftmals damit zufrieden, dass ausreichend Wärme zur Verfügung steht; die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. Meist wird diese vom Gerät auch nicht angezeigt, sodass Abweichungen von der Soll-Leistungszahl (COP) erst bei Betriebsstörungen, bei unkomfortablen Raumtemperaturen oder unerwartet hohen Stromrechnungen auf-fallen. Im Grunde wird der Kunde durch die fehlenden Leistungsangaben im Unklaren gelassen, ob er überhaupt das bekommt, was er bezahlt hat.

Frank Burkhardt, Geschäftsführer des Bohrunternehmens Burkhardt, Neuweiler, ist überzeugt, dass Erdwärmesonden-Anlagen mit wenig Aufwand signifikant optimiert werden können. Aus den Erfahrungen von Burkhardt lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:

  • Durch die heute größtenteils hochwertige Bohrgerätetechnik liegen die Herausforderungen einer EWS nicht mehr beim Bohren, sondern beim Verfüllen des Bohrlochs.
  • Oft werde bei Druckprüfungen von EWS mit zu hohem Prüfdruck gearbeitet. Darunter könne die Qualität der Ringraumabdichtung leiden.
  • Fehlendes Know-how seitens der Fachplaner verteuere EWS-Projekte. Einige Planer würden versuchen, alle Risiken auf das Bohrunternehmen zu übertragen.
  • Der Stromverbrauch der EWS-Umwälzpumpe ist bei vielen Anlagen zu hoch, da die EWS-Anlagen mit turbulenter Strömung betrieben werden. Beispielsweise reiche bei einem Einfamilienhaus ein Volumenstrom von 1,3 m<sup>3</sup>/h, entsprechend 44 W Anschlussleistung der Pumpe aus. In der Realität treffe man auf turbulente Strömungen mit 4,6 m<sup>3</sup>/h und 300 W, sogar auf 7,0 m<sup>3</sup>/h mit 1100 W Anschlussleistung.
  • Die Fehlersuche bei EWS-Anlagen ist oft schwierig, da keine Daten bzw. Revisionspläne vorliegen. In einem konkreten Fall war Schwitzwasser in einem nicht dokumentierten Sensor die Ursache für eine Fehlinterpretation, die zum Einbau einer überdimensionierten EWS-Umwälzpumpe führte.
  • Bei größeren Erdwärmesondenfeldern mit mehreren Verteilern sind in manchen Fällen nicht alle Sonden freigeschaltet. Dies beeinflusst die Soleeintrittstemperatur in die Wärmepumpe negativ.

Voraussetzung für sehr gut funktionierende Erdwärmeanlagen sei ein kontinuierliches Monitoring, denn aus den Datenaufzeichnungen von Erdwärmesonden und Wärmepumpen lassen sich relativ einfach Rückschlüsse für Optimierungen ziehen.

Da die meisten Wärmepumpen-Hersteller bislang dem Monitoring eher ablehnend gegenüberstehen, hat Burkhardt zusammen mit dem Geologen André Voutta, Herrenberg, ein preisgünstiges Monitoring-Gerät Abb. 5 in Form eines Heiz-Tagebuchs mit Fern-zugriff entwickelt. „Allein durch das Mitschreiben von Daten der Wärmequelle und der Wärmeverbraucher lassen sich viele Anlagen durch Nachjustieren optimieren“, so Burkhardt. Wichtig sei, dass die Daten von Fachleuten interpretiert werden.

Altbergbau als Wärmequelle

Am 21. Dezember 2018 schloss in Bottrop das letzte deutsche Steinkohlebergwerk. Damit ging eine 150 Jahre lange Ära zu Ende. Die Grubenwasserpumpen müssen jedoch weiter laufen, um den Abstand zum Grundwasser aufrecht zu halten. Nach einem Bericht in der Fachzeitschrift Ingenieur.de werden im Ruhrgebiet jährlich rund 100 Mio. m3 Grubenwasser gehoben. Da ist es naheliegend, das leicht zu erschließende Wärme- bzw. Kältepotenzial der aufgelassenen Gruben für hydrogeothermale Zwecke zu nutzen. Realität ist, dass viele relativ warme Grubenwässer bisher ungenutzt in Bäche und Flüsse fließen.

Ein Beispiel für die geothermische Nutzung von Grubenwasser ist das Alte Rathaus in Bad Ems. Wegen der hohen Auslegungsvorlauftemperatur der Bestandsheizung von 70 °C ging Dipl.-Geologe Stephan Pohl, geoconsult Pohl, Bendorf-Sayn, zunächst von der Notwendigkeit eines bivalenten Betriebs aus (95 % Wärmepumpe, 5 % Heizkessel, 132 kW Heizleistung). Im realen Betrieb zeigte es sich dann, dass durch Absenkung der maximalen Heiztemperatur auf 55 °C im Zusammenhang mit einem Hydraulischen Abgleich eine 100%ige Versorgung des Altbaus mittels Wärmepumpe möglich ist Abb. 6.

Die eigentliche Herausforderung des Projekts war laut Pohl jedoch nicht die Dimensionierung der Wärmepumpe, sondern die Auslegung des Rohrbündel-Wärmeübertragers in der Rösche (Rinne zur Wasserableitung von Grubenwasser). Wegen der zu erwartenden Ablagerungen in Form von Mineralien an den Rohren und der Vorgabe, dass eine regelmäßige Reinigung der Wärmeübertrager-Rohre aus Kostengründen vermieden werden sollte, entschied sich Pohl für in die Rösche eingelegte Rohrbündel-Wärmeübertrager aus Edelstahl (1) und aus Kupfer (4).

Jedes Bündel besteht aus zehn Rohren, à 12 m Länge, Edelstahl mit 35 mm Durchmesser, Kupfer mit 40 mm Durchmesser. Zur Absicherung der entziehbaren Energie wird die Rösche-Wassertemperatur vor und nach den Wärmeübertragern gemessen. Bei Bedarf könnten in der 700 m langen Rösche noch weitere Wärmeübertrager installiert werden, so Pohl.

Die Kosten für die individuell gebauten Rohrbündel-Wärmeübertrager liegen nach Angaben von Pohl bei rund 150 000 Euro. Die Lösung Rohrbündel-Wärmeübertrager mit geschlossenem Kreislauf und Wasser als Wärmeträger (auf Frostschutzmittel musste wegen des Heilquellen-Schutzgebietes verzichtet werden), hat sich nach den bisherigen Erfahrungen bewährt.

Weitere Informationen zum Thema: „Potenzial-Studie Warmes Grubenwasser“, LANUV-Fachbericht 90 auf www.lanuv.nrw.de

Wirtschaftlicher durch tiefere Sonden

Je mehr Erdwärmesonden in einem Wohngebiet niedergebracht werden, desto stärker beeinflussen sich die EWS gegenseitig. Für große Projekte in urbanen Gebieten mit hohem Energiebedarf bleibt oft nur die Wahl, tiefer als die in Deutschland durch das Bergrecht vorgegebene maximale Tiefe von 100 m zu bohren. In der dicht bebauten Schweiz sind dagegen Bohrtiefen bis zu 300 m, neuerdings bis zu 400 m keine Seltenheit.

Benjamin Pernter, Jansen AG, Oberriet/Schweiz, sieht in tieferen Erdwärmesonden den Vorteil, dass sich aus den relativ hohen Erdtemperaturen von 25 bis 30 °C neue Anwendungsmöglichkeiten ergeben, so zum Beispiel Luftvorwärmung, Frostfreihaltung von Lagerhallen und Fabriken, Enteisung von Verkehrsflächen und Flughäfen, Prozesswärme, Unterstützung bei Gärprozessen, Aquakulturen, Schwimmbäder oder Fußbodenheizungen. Allerdings müsse bei diesen Bohrtiefen damit gerechnet werden, dass im Erdreich eingelagerte Gase durch konventionelle Rohre aus PE diffundieren.

Jansen hat für tiefe EWS deshalb eigens eine Erdwärmesonde mit Metallzwischenschicht entwickelt, um ein Eindringen von Gasen durch die Rohrwandung zu verhindern. Zusammen mit dem Hochdruck-Sondenfuß werden damit Druckanforderungen bis zur Druckstufe PN 35 abgedeckt.

Entscheidender Vorteil der „hipress“-Sonde sei, so Pernter, der geringe hydraulische Widerstand, da das Sondenrohr durchgängig zylindrisch ist und nur eine Wanddicke von 3,5 mm aufweist. Mehr noch: Durch die bionische Innenoberfläche der Rohre Abb. 7 in Anlehnung an die Schuppen der Haifischhaut sei der Reibungswiderstand um 7 % geringer als bei einem konventionellen glatten PE-Sondenrohr. Daraus ergeben sich eine Stromeinsparung bei der Umwälzpumpe von 15 % und wegen der größeren Oberfläche eine bessere Wärmeübertragung vom Erdreich zum Fluid. Rein wirtschaftlich lohne sich die hipress-EWS mit „Shark“-Innenoberfläche ab Bohrtiefen von 200 m.

Fußnoten

1) Der Begriff Suffizienz (von lat. sufficere, dt. ausreichen) steht in der Nachhaltigkeitsforschung, Umwelt- und Naturschutzpolitik für das Bemühen um einen möglichst geringen Rohstoff- und Energieverbrauch. In der Nachhaltigkeitsdiskussion wird Suffizienz häufig komplementär (ergänzend) zu Ökoeffizienz und Konsistenz gesehen. Der Begriff wird im Sinne der Frage nach dem rechten Maß sowohl in Bezug auf Selbstbegrenzung, Konsumverzicht oder sogar Askese, aber auch Entschleunigung und dem Abwerfen von Ballast gebraucht. In allen Fällen geht es um Verhaltensänderungen (insbesondere) als Mittel des Umweltschutzes – im Gegensatz zu technischen Umweltschutzstrategien […]. Quelle: Wikipedia

Staufen hebt sich langsamer

Kritische Vorträge zum Thema Geothermie waren in Offenburg eher die Ausnahme, obwohl Staufen im Breisgau als Synonym für das wohl größte Desaster in der Geschichte der oberflächennahen Geothermie in Deutschland quasi vor der Haustüre liegt. Dafür widmete die Badische Zeitung (BZ) einen Tag nach der Kongressmesse Geotherm dem Thema Staufen und dessen verkorkster Geothermie-Bohrung eine ganze Seite. Die gute Nachricht: Die Gipsschicht quillt langsamer, aber nach wie vor. Die schlechte Nachricht: Das Abpumpen von Grundwasser zur Trockenlegung der Gipsschicht – aktuell etwa 3 l/s – muss, Zitat BZ, „wohl noch über Generationen fortgesetzt werden“, sonst könnte sich der Quellvorgang wieder verstärken. Immerhin hat die „Verbohrung“ von Staufen zu schärferen Vorschriften bei Geothermie-Arbeiten, sprich zur „Leitlinie Qualitätssicherung Erdwärmesonden“ (LQS-EWS), geführt, die allerdings nur in Baden-Württemberg gültig ist. Weitere Informationen: Wikipedia „Hebungsrisse in Staufen im Breisgau“ und „Hebungsentwicklung Schadensfall Staufen seit September 2009; animierte Zeitreihe der vertikalen Hebungsgeschwindigkeit“ auf www.lgrb-bw.de

Wolfgang Schmid

ist freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München, wsm@tele2.de