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Dachentwässerung für Industriegebäude

Regenwasser mit Unterdruck ableiten

Bild 1 Von der Flachdachkonstruktion eines Logistikzentrums wird das Regenwasser durch ein Unterdruck-Dachentwässerungssystem abgeleitet.

Geberit

Bild 1 Von der Flachdachkonstruktion eines Logistikzentrums wird das Regenwasser durch ein Unterdruck-Dachentwässerungssystem abgeleitet.

Die Unterdruck-Dachentwässerung bietet zahlreiche Vorteile. Ein Praxisbeispiel erläutert sie und die Planung anhand eines neu erbauten Logistikzentrums.

Kompakt zusammengefasst
■ Der etwas höhere Aufwand für die Dimensionierung einer Unterdruck-Dachentwässerung erschließt erhebliche Vorteile bei der Gebäude- und TGA-Planung, bei den Baukosten und bei der Gebäudenutzung:
■ Eine Unterdruck-Dachentwässerung hat gegenüber einer Freispiegelentwässerung deutlich kleinere Rohrleitungsquerschnitte, wird ohne Gefälle verlegt und hat weniger sowie mit großer Freiheit zu positionierende Fallleitungen und Anschlusspunkte an die Grundleitung.
■ Über eine Fallleitung können bis zu 5000 m2 Dachfläche entwässert werden. Das Prinzip der Unterdruck-Dachentwässerung kann auch für die Notentwässerung verwendet werden.
 

Das Prinzip einer Unterdruck-Dachentwässerung beruht darauf, die Entwässerungsleitungen für Vollfüllung zu dimensionieren. Bei einem Regenereignis unter Auslegungsbedingungen wird damit durch ein hydraulisch berechnetes Rohrsystem das Regenwasser vom Dach gesaugt.

Die Systemunterschiede und Vorteile zeigen sich vor allem im Inneren des Gebäudes: Die Unterdruck-Dachentwässerung arbeitet mit kleineren Rohrquerschnitten und benötigt weniger Fallleitungen und damit auch weniger Grundleitungsanschlüsse. Einfacher wird es für die Montagepraxis durch die Verlegung ohne Gefälle, wodurch auch die Kreuzungspunkte mit anderen gebäudetechnischen Installationen unter dem Dach einfacher planbar sind.

Praxisbeispiel Logistikzentrum

Bei der Erweiterung eines Logistikzentrums mit einer Leichtbau-Flachdachkonstruktion aus Trapezblech setzten Bauherr und Planungsverantwortliche auf ein Unterdruck-Dachentwässerungssystem. Zu den räumlichen Anforderungen an das Industrie-Hallengebäude zählte eine optimale Raumausnutzung für die Hochregallagerplätze, sodass sich der Platzbedarf für gebäudetechnische Installationen im Dachbereich sowie entlang der Hallenwände auf ein notwendiges Minimum beschränken sollte.

Bild 2 Das Unterdruck-Dachentwässerungssystem erlaubt eine waagrechte Verlegung der Regenwasserleitungen. Kreuzungspunkte mit Leitungen und Trassen verschiedener gebäudetechnischer Gewerke lassen sich dadurch einfacher koordinieren.

Geberit

Bild 2 Das Unterdruck-Dachentwässerungssystem erlaubt eine waagrechte Verlegung der Regenwasserleitungen. Kreuzungspunkte mit Leitungen und Trassen verschiedener gebäudetechnischer Gewerke lassen sich dadurch einfacher koordinieren.

Die Planungsgrundlagen zur Berechnung und Materialermittlung des eingesetzten Pluvia-Dachentwässerungssystems sind

● die zu entwässernde Dachfläche,
● Art und Aufbau der Flachdachkonstruktion mit der Lage der Entwässerungsebene,
● Rohrleitungsführung und -längen der Entwässerungsleitungen,
● die Höhe von der Entwässerungsebene bis zum Grundleitungsanschluss sowie die
● Lage und Anzahl der Grundleitungsanschlüsse als Übergang in die Freispiegelentwässerung.

Im Gegensatz zur konventionellen Freispiegel-Dachentwässerung wird beim Prinzip der Druckströmung eine planmäßige Vollfüllung der Rohrleitung angestrebt. Durch die vergleichsweise kleinen Rohrquerschnitte und hohe Fließgeschwindigkeiten erfolgt bei Vollfüllung ein „Absaugen“ des Regenwassers von der Dachfläche in den Ablauf.

Eine Funktionsscheibe in den Pluvia-Dachwassereinläufen verhindert ab einer Anstauhöhe von 10 mm den Lufteintritt, um das Wirkungsprinzip der Druckströmung zu unterstützen. Richtungsänderungen und Abzweigungen werden strömungsgünstig mit 45°-Bogen ausgeführt. Im Leitungsinneren entsteht durch die Vollfüllung und die hohen Fließgeschwindigkeiten (≥ 0,5 m/s) ein Selbstreinigungseffekt. Bei geringeren Niederschlagsmengen arbeitet das Dachentwässerungssystem wie eine konventionelle Freispiegelentwässerung.

Bild 3 Die Befestigung der Pluvia-Regenwasserleitungen erfolgt an einer zum System gehörenden Tragschiene. Die infolge Längenausdehnung des PE-Rohres wirkenden Kräfte werden zwischen Fixpunkten aufgenommen.

Geberit

Bild 3 Die Befestigung der Pluvia-Regenwasserleitungen erfolgt an einer zum System gehörenden Tragschiene. Die infolge Längenausdehnung des PE-Rohres wirkenden Kräfte werden zwischen Fixpunkten aufgenommen.

Lage und Material der Abdichtung bestimmt Auswahl des Dacheinlaufs

Einer der ersten Planungsschritte ist, den passenden Dachwassereinlauf für die jeweilige Dachkonstruktion und -abdichtung zu bestimmen. Die Art der Flachdachkonstruktion entscheidet über die Einbausituation und die Lage der Abdichtungsanschlüsse, da sich die wasserführende Ebene je nach Flachdachart in unterschiedlichen Lagen befindet.

Für die hydraulische Dimensionierung (geodätische Druckhöhe und Druckverluste aus Rohrreibung und Einzelwiderständen) standen verschiedene Höhen zwischen 12,8 m und 31,2 m zwischen der jeweiligen Entwässerungsebene und den Grundleitungsanschlüssen zur Verfügung.

Die projektspezifische Berechnung für die zu entwässernde, ca. 20 000 m2 große Dachfläche ergab die Anzahl von insgesamt 140 Dachwassereinläufen (davon 65 Einläufe für die Notentwässerung) mit Ablaufleistungen von 4,7 l/s bis 12 l/s (Bild 1). Eine EPDM-Flanschdichtung gewährleistet einen zuverlässigen Anschluss an die Flachdachabdichtung. Ablaufkörper und Rohranschluss bestehen aus PE, sodass der Anschluss an die Entwässerungsleitungen ohne Werkstoffübergang erfolgt.

Waagrechte Verlegung vereinfacht Montage und Gewerkekoordination

Die Verlegung der PE-Entwässerungsleitungen erfolgt bei Druckströmungs-Dachentwässerungssystemen nach der Wasserwaage. Damit entfällt das ansonsten nötige Ausrichten des Gefälles, was den Zeitaufwand für die Montage verringert. Das geringere Rohrgewicht verringert die Gewichtsbelastung der Dachkonstruktion insgesamt und an den Befestigungspunkten. Zudem eignen sich die robusten, unempfindlichen PE-Rohre besonders für die Anforderungen in Industriegebäuden, weil das Rohrmaterial auch gegen chemische Einflüsse und hohe Temperaturen beständig ist.

Bild 4 Abstützungssets vermeiden Vibrationen bei tiefhängender Montage von Tragschienen für horizontal verlaufende Leitungen und sorgen so auch bei großen Befestigungsabständen für mehr Sicherheit.

Geberit

Bild 4 Abstützungssets vermeiden Vibrationen bei tiefhängender Montage von Tragschienen für horizontal verlaufende Leitungen und sorgen so auch bei großen Befestigungsabständen für mehr Sicherheit.

Bereits in der Planung entschärft die Unterdruck-Dachentwässerung die möglichen Kollisionen mit der weiteren Gebäudetechnik. Denn der Installationsraum unter dem Dach ist gerade in gewerblichen Hallengebäuden kostbar – neben der Dachentwässerung müssen dort auch Lüftungskanäle, Kabeltrassen und Leuchten, Deckenheizgeräte oder Deckenstrahlplatten, Dachventilatoren und andere Installationen für objektspezifische Medien etc. Platz finden.

Die Kreuzungspunkte treten oft erst in der Ausführung zutage – zum Beispiel dann, wenn die Entwässerungsleitung am oberen Punkt beim ersten Dachwassereinlauf noch problemlos die Sprinklerleitung kreuzt, aber bedingt durch das Gefälle an anderer Stelle ein Kollisionspunkt mit dieser Leitung entsteht (Bild 2).

Ein Tragsystem verringert die Anzahl der Befestigungspunkte

Zu den Komponenten der von Geberit entwickelten Unterdruck-Dachentwässerung gehört das Pluvia-Befestigungssystem, dessen Basiselement eine Vierkantrohr-Tragschiene ist. Die einfache Aufhängung an der Tragschiene sorgt für eine Unabhängigkeit von geeigneten Befestigungspunkten. Mit Befestigungsabständen bis maximal 2,5 m eignet sich das Befestigungssystem vor allem für Leichtbaudächer, die beispielsweise aus einer Trapezblechkonstruktion bestehen (Bild 3).

Bild 5 Der Einsatz von Unterdruck-Dachentwässerungssystemen verringert die Anzahl der Fallleitungen, was die Raumausnutzung optimiert.

Geberit

Bild 5 Der Einsatz von Unterdruck-Dachentwässerungssystemen verringert die Anzahl der Fallleitungen, was die Raumausnutzung optimiert.

Die Pluvia-Systembefestigung ermöglicht sowohl eine starre Montage mit Fixpunktrohrschellen als auch Gleitbefestigungen. Die durch die Längenausdehnung der PE-Rohre entstehenden Kräfte können durch konventionelle starre Montage kompensiert beziehungsweise durch den Einsatz von Langmuffen oder durch die Ausbildung von Biegeschenkeln aufgenommen werden. Um Vibrationen bei einer tiefhängenden Montage von Tragschienen für horizontal verlaufende Leitungen zu vermeiden, bietet Geberit zudem spezielle Abstützungssets für die Befestigung an Pluvia-Tragschienen mit Vierkantprofil oder mit C-Profil (Bild 4).

Weniger Fallleitungen

Das Prinzip der Dachentwässerung mittels Druckströmung bietet für den Gebäudeeigentümer die Vorteile, dass die Entwässerungsleitungen im Dachbereich horizontal verlegt werden, somit weniger Aufbauhöhe beanspruchen und zudem eine geringere Anzahl von senkrechten Fallleitungen der Ausnutzung der Gesamtnutzfläche zugutekommt.

Dies wirkt sich auch auf die Rohbaukosten aus, da unter der Fundamentplatte weniger Grundleitungen zu verlegen und weniger Anschlusspunkte erforderlich sind. Die waagrechte Leitungsführung erlaubt zudem längere Leitungsstrecken, sodass die Grundleitungsanschlüsse an den Außenwänden angeordnet werden konnten und damit keine Fallleitungen im mittleren Hallenbereich notwendig waren. Die gesamte Dachentwässerungsanlage des Logistikzentrums verteilt sich auf 13 Fallleitungen (Bild 7). Die Notentwässerung wurde ebenfalls als innenliegende Entwässerung ausgeführt, die trotz der Gebäudegeometrie mit unterschiedlichen Höhen auf 10 Fallleitungen begrenzt werden konnte.

Unterdruck-Dachentwässerung: Prinzip und allgemeine Grundlagen

Bild 6 Flachdachkonstruktionen von Industrie-Hallenbauten müssen große Spannweiten überbrücken. Unterdruck-Dachentwässerungssysteme mit Regenwasserleitungen aus PE-Kunststoffrohr halten die Gewichtsbeanspruchung gering.

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Bild 6 Flachdachkonstruktionen von Industrie-Hallenbauten müssen große Spannweiten überbrücken. Unterdruck-Dachentwässerungssysteme mit Regenwasserleitungen aus PE-Kunststoffrohr halten die Gewichtsbeanspruchung gering.

Flachdachkonstruktionen: Als Flachdächer werden Dachkonstruktionen mit einer Gefälleneigung von weniger als 5° bezeichnet. Zum Schutz des Bauwerks vor Niederschlagswasser dient eine Dachabdichtung, die mit Bahnen aus Bitumen-, Kunststoff- oder Elastomerwerkstoffen ausgeführt wird.

Für Flachdächer von großen Gebäuden ist eine zuverlässige Entwässerung von Bedeutung – auch weil die Statik der Flachdachkonstruktion in der Regel größere Spannweiten tragen muss (Bild 6). Typische Gebäudearten mit großen Dachflächen sind Produktions- oder Lagerhallen von Industrieunternehmen, große Einkaufszentren, Sportstadien oder Flughafengebäude.

Ablaufpunkte: Die Lage der Entwässerungspunkte und damit die Einbauorte von Dachwassereinläufen orientiert sich an einem linearen Tiefpunkt, der im Regelfall entlang der Attika verläuft. Sind diese Tiefpunkte aufgrund der Dachgeometrie vorgegeben, ist zusätzlich zur Hauptentwässerung auch eine Notentwässerung einzuplanen. Die Flachdachentwässerung von Hallenbauten wird überwiegend als innenliegende Entwässerung ausgeführt; die Notentwässerung kann als innenliegende Entwässerung oder mittels Gebäudedurchdringungen durch die Außenwand (Speier) ausgeführt werden.

Zur Planung der Flachdachentwässerung wird die Geometrie des Flachdachgrundrisses zunächst in mehrere Teildachflächen unterteilt, die jeweils über eine bestimmte Anzahl von Dachwassereinläufen entwässert wird. Grundlage für die Entwässerungsplanung von Flachdächern ist die DIN EN 12 056 Teil 3 in Verbindung mit der nationalen Ergänzungsnorm DIN 1986-100.

Bild 7 Unterdruck-Dachentwässerungssysteme ermöglichen lange Leitungsstrecken mit kleinen Rohrdimensionen bei einer zugleich geringen Anzahl an Fallleitungen.

Geberit

Bild 7 Unterdruck-Dachentwässerungssysteme ermöglichen lange Leitungsstrecken mit kleinen Rohrdimensionen bei einer zugleich geringen Anzahl an Fallleitungen.

Vollfüllung + Wassersäule = Druckströmung: Flachdachentwässerungen können als konventionelle Freispiegelentwässerung oder als hydraulisches Druckströmungssystem (Unterdruckentwässerung) ausgeführt werden. Die Unterdruck-Dachentwässerung wird als planmäßig vollgefülltes System betrieben, bei dem die Ableitung des Regenwassers als Druckströmung erfolgt. Genutzt wird hierbei die Wassersäule im senkrechten Teil des Entwässerungssystems. Damit der nötige Unterdruck zustande kommt, ist eine Mindesthöhe zwischen der Dachentwässerungsebene und dem Übergang in eine Freispiegelentwässerungsleitung (im Regelfall der Grundleitungsanschluss) erforderlich.

Geringere Anzahl an Fallleitungen: Die einzelnen Sammelleitungen der Unterdruck-Dachentwässerung werden in einer gemeinsamen Fallleitung zusammengeführt. Über eine Fallleitung können bis zu 5000 m2 Dachfläche entwässert werden (Bild 7). Damit verringert sich im Vergleich zu konventioneller Dachentwässerung auch die Anzahl der benötigten Grundleitungsanschlüsse, was die Baukosten reduziert.

Dimensionierung: Eine Unterdruck-Dachentwässerung muss mit einem hydraulischen Berechnungsverfahren dimensioniert werden. Erforderlich sind dazu konkrete Planungsdaten für die abzuleitenden Regenwassermengen, für die Rohrleitungsführung und die hydraulischen Höhen. Änderungen an der ursprünglichen Planung erfordern auch eine Neuberechnung der projektspezifischen Dimensionierung.

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Johannes Demischew
ist Produktmanager Rohrleitungssysteme bei der Geberit Vertriebs GmbH, 88630 Pfullendorf, www.geberit.de

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