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Gebäudesanierung

Fassadenmodul mit Photovoltaik, Wärmepumpe und RLT-Anlage

Bild 2 Außenansicht des EE-Fassadenmoduls (Demonstrator) mit raumhohem Photovoltaik-Element.

Fraunhofer / Herbert Sinnesbichler

Bild 2 Außenansicht des EE-Fassadenmoduls (Demonstrator) mit raumhohem Photovoltaik-Element.

Forschende der Fraunhofer-Institute für Bauphysik IBP und für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE entwickeln ein Fassadenmodul, das die Technische Gebäudeausrüstung integriert und mit regenerativer Energie versorgt, um die dahinter liegenden Räume zu heizen, zu kühlen und zu lüften.

Kompakt zusammengefasst
■ Die Sanierungsrate im Gebäudesektor ist für das Erreichen der Energiewendeziele deutlich zu gering. Ein Lösungsansatz ist ein höherer Vorfertigungsgrad der Bauteile.
■ Schlüsselelemente für klimazielkompatible Gebäude(-sanierungen) sind gut gedämmte Gebäudehüllen, gebäudenahe Photovoltaik-Anlagen, mit erneuerbarem Strom angetriebene Wärmepumpen und die Belüftung mit Wärmerückgewinnung.
■ Ein Forschungsvorhaben kombiniert diese Schlüsselelemente in einer Modulfassade: Jedes Modul besteht aus einer Photovoltaik-Anlage zur Energieerzeugung, einer Kleinstwärmepumpe zum Heizen und Kühlen, einem dezentralen Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung und Vakuumdämmelementen. Einzige Medienversorgung ist ein Stromanschluss.
 

Die Nutzung von Gebäuden hat einen wesentlichen Anteil am Gesamtenergiebedarf und an den Treibhausgasemissionen in Deutschland. Energieoptimierte Gebäude, die intelligente Steuerung und Vernetzung sowie eine wirtschaftliche und klimafreundliche Energieversorgung der Häuser sind deshalb zentral für eine erfolgreiche Energie- und Wärmewende.

Photovoltaik (PV) wird in einer nachhaltigen Energiezukunft eine bedeutende Rolle spielen und neue Flächen belegen, beispielsweise bei der Sanierung von Bestandsfassaden. Bei Neubauten und energieoptimierten Gebäuden ist Photovoltaik der Schlüssel für eine Null- oder Nettonullbilanz, denn der Energiebedarf eines Gebäudes lässt sich nicht gänzlich vermeiden, jedoch ohne Treibhausgasemissionen im Betrieb bereitstellen.

Erneuerbare-Energien-Modulfassade

Forscherteams am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und am Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE entwickeln derzeit eine sogenannte EE-Modulfassade (Erneuerbare-Energien-Modulfassade), die ein Gebäude umweltfreundlich mit Strom versorgt und damit die dahinter liegenden Räume beheizt, kühlt und lüftet. Energielieferant jedes Fassadenmoduls (Bild 1) ist ein Photovoltaik-Element, das die Antriebsenergie für eine Kleinstwärmepumpe zur hocheffizienten Wärme- und Kälteerzeugung sowie eine dezentrale RLT-Anlage mit Wärmerückgewinnung liefert.

Alle erforderlichen anlagentechnischen Bauteile sind dabei in jedem Element der Modulfassade untergebracht, wodurch ein hoher Vorfertigungsgrad erreicht wird. Projektpartner des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Verbundforschungsvorhabens sind Implenia Fassadentechnik als Konstrukteur der EE-Modulfassade, Lare Luft- und Kältetechnik für die Entwicklung der Wärmepumpe und LTG für die dezentrale Lüftungstechnik.

Minimalinvasive Fassadensanierung

Ziel des Forschungsprojekts ist die Entwicklung einer kostengünstigen modularen Sanierungs- und Neubaufassade, wobei die Sanierung minimalinvasiv erfolgen soll. Jan Kaiser, Projektleiter und Wissenschaftler am Fraunhofer IEE: „Wir renovieren nicht das komplette Gebäude, sondern nur die Fassade. Die alte Fassade wird durch neue industriell vorgefertigte Module ersetzt. Mit der integrierten Heiz-, Kühl- und Lüftungstechnik wird die Fassade multifunktional und gleichzeitig an die neuen Energiestandards angepasst.“

Bild 2 Ansicht der EE-Modulfassade vom Versuchsraum inklusive der Messtechnik und der Nutzer-Simulation.

Fraunhofer / Herbert Sinnesbichler

Bild 2 Ansicht der EE-Modulfassade vom Versuchsraum inklusive der Messtechnik und der Nutzer-Simulation.

Da sich die Module vorfertigen lassen, können sie von der Stange produziert werden. Planer und Investoren erhalten dadurch eine hohe Kostensicherheit und einen klar definierten Kostenrahmen. Der Austausch erfolgt in nur wenigen Stunden. Da die Heizungs- und Lüftungstechnik bereits integriert ist, müssen im Gebäude keine neuen Rohre verlegt werden. Die Fassade muss nur über einen Stromanschluss verfügen, um auch in Zeiten ohne Photovoltaik-Strom die Räume klimatisieren und lüften zu können. Der Installations- und Abstimmungsaufwand auf der Baustelle sinkt. Im Idealfall müssen die Nutzer der Räume während der Sanierung nicht extra ausziehen.

Die EE-Modulfassade eignet sich vor allem für Büro- und Verwaltungsgebäude sowie Schulen, die in Skelettbauweise errichtet wurden – eine Bauweise, die in den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren üblich war. Anstelle von tragenden Wänden halten Stahlbetonstützen die Geschossdecken. Bei der Sanierung werden die alten Fassadenelemente abgenommen, und die neuartigen, geschosshohen Module vor der Gebäudestruktur eingehängt. Eine einzelne Technikeinheit der EE-Modulfassade ist 1,25 m breit und 30 cm tief. Jede Einheit kann einen ca. 24 m2 großen Raum versorgen.

Modulfassade als Energiehülle

Die eingebaute Photovoltaik-Anlage versorgt die Anlagentechnik mit Strom. Die Wärmepumpe fungiert zugleich als Wärme- und Kälteerzeuger und ist das bestimmende Bauteil der Technikeinheit. Über einen im Luftspalt hinter dem PV-Element montierten Ventilatorkonvektor entzieht sie der Außenluft Wärme und gibt sie ebenfalls über einen Ventilatorkonvektor als Heizwärme an den dahinterliegenden (Büro-)Raum ab. Muss sie kühlen statt heizen, wird der Kreislauf umgekehrt.

Die integrierte dezentrale Lüftungstechnikeinheit regelt den Luftwechsel und die Wärmerückgewinnung. Durch eine gezielte Verschaltung von Luftklappen wird nur ein Ventilator benötigt, wodurch sich der Stromverbrauch minimiert. Das von LTG stammende Lüftungsgerät wechselt durch die Klappensteuerung zyklisch zwischen Zu- und Abluftbetrieb und führt damit quasi eine Atmung aus. Die Wärmerückgewinnung erfolgt über einen Regenerator, der konzeptbedingt vor Vereisung geschützt ist. Die Betriebsweise ermöglicht neben der Bedarfslüftung auch eine Nachtlüftung. Vakuumdämmelemente in den Fassadenmodulen sorgen für den Wärmeschutz.

„Die EE-Modulfassade bietet einen exakt aufeinander abgestimmten Wärme- und Sonnenschutz bei gleichzeitig geringem Energiebedarf und hohem Nutzungskomfort“, betont Michael Eberl, Wissenschaftler am Fraunhofer IBP und Kollege von Jan Kaiser im Projekt. Etwa 25 bis 30 % aller Bürogebäude wurden von 1950 bis ca. 1990 in Skelettbauweise errichtet. Sie weisen zusammen einen Energieverbrauch von 3,2 TWh/a auf. Kaiser: „Mit unserer EE-Modulfassade lässt sich der Verbrauch auf 0,6 TWh/a senken. Auch die aktuell geringe Sanierungsrate von 1 %/a ließe sich durch den hohen Vorfertigungsgrad steigern.“

Tests in der VERU

Momentan testen die Projektpartner den Demonstrator der EE-Modulfassade an der Südfront der Versuchseinrichtung für energetische und raumklimatische Untersuchungen (VERU) des Fraunhofer IBP in Holzkirchen und im dahinterliegenden Versuchsraum (Bild 2). Sowohl der Demonstrator als auch der Versuchsraum sind mit umfangreicher Messtechnik ausgerüstet.

Zudem sind zeitabhängig geregelte interne Wärme- und Feuchtequellen – die Nutzer in den Räumen nachbilden – installiert, um die Funktionsfähigkeit in einem realen Büroumfeld nachzuweisen. Dabei werden unter anderem die Parameter Lufttemperatur, Luftfeuchte und Luftgeschwindigkeit auf unterschiedlichen Höhen sowie die Beleuchtungsstärke ermittelt – Kennwerte, die für die Behaglichkeit im Raum relevant sind.

Die elektrischen Verbräuche der Einzelkomponenten der Technikeinheit der EE-Modulfassade werden ebenso aufgezeichnet wie Erträge des Photovoltaik-Elements, um daraus eine Energiebilanz zu erstellen. Das Zusammenspiel aller Komponenten funktioniert bereits sehr gut, einzelne Bauteile werden aktuell noch optimiert.

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Bild 3 VERU des Fraunhofer IBP in Holzkirchen.

Fraunhofer IBP 

Bild 3 VERU des Fraunhofer IBP in Holzkirchen.

Über das VERU

Bei Untersuchungen am und im VERU (Versuchseinrichtung für energetische und raumklimatische Untersuchungen) steht die integrale Betrachtung von Fassade, Raum und Anlagentechnik im Vordergrund, um praxisnahe Aussagen zu Energieverbrauch, visueller und thermischer Behaglichkeit treffen zu können. In jeder Etage des dreigeschossigen Versuchsgebäudes in Stahlbetonkonstruktion gibt es sechs Messzellen vorgesehen, die einzeln und in Kombination, z. B. zur Untersuchung von Konzepten für Großraumbüros oder Konferenzräume, betrachtet werden können.