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Interview

Grundfos: Gespräch zu digitalen Dienstleistungen im Pumpenmarkt

Bild 1: Dr.-Ing. Markus Brandstetter: Grundfos ist im Hinblick auf die Digitalisierung sehr gut im Markt positioniert. Dies ist eine dankbare Ausgangsposition, um Dinge zu verändern und Innovationen nach vorne zu bringen.

Grundfos / Morten Fauerby // Montgomery

Bild 1: Dr.-Ing. Markus Brandstetter: Grundfos ist im Hinblick auf die Digitalisierung sehr gut im Markt positioniert. Dies ist eine dankbare Ausgangsposition, um Dinge zu verändern und Innovationen nach vorne zu bringen.

Seit Februar 2020 ist Dr.-Ing. Markus Brandstetter Chief Technology Officer (CTO) von Grundfos. Seine Ernennung ist ein wesentlicher Bestandteil der Vorbereitung auf die Um­setzung der Grundfos-Strategie 2025 – die digitale Transformation voranzubringen und Produkte und digitale Lösungen der Zukunft zu entwickeln. Die Redaktionen von SBZ und TGA Fachplaner haben ihn zum zukünftigen Kurs von Grundfos in der Digitalisierung, den Mehrwert entsprechender Dienstleistungen und auch deren Grenzen im Tagesgeschäft von TGA-Planern und SHK-Handwerk befragt.

TGA: Herr Brandstetter, Sie haben sich seit vielen Jahren vorwiegend mit dem Thema Wärmeerzeugung beschäftigt. Was hat Sie veranlasst, zukünftig bei Grundfos Wasser zu bewegen?

Brandstetter: Ich hatte schon immer auch ein Interesse am Thema Wasser und vor allem dafür, was Wasser zukünftig für die globale Entwicklung bedeutet. Damit sind viele Mega-Trends eng verbunden, wie Bevölkerungswachstum, Umweltschutz und auch die Digitalisierung. Wobei natürlich gerade der letzte Punkt für meine Position besonders bedeutsam ist.

Die Pumpentechnologie ist hier ein wichtiger und strategisch sehr interessanter Bereich. Und Grundfos ist im Hinblick auf die Digitalisierung sehr gut im Markt positioniert. Dies ist eine dankbare Ausgangsposition, um Dinge zu verändern und Innovationen nach vorne zu bringen. Ich blicke auf zwanzig Jahre Strategiearbeit im Konzernumfeld zurück und freue mich darauf, hier die zukünftige Entwicklung mitzugestalten.

TGA: Sie haben Ihre Position praktisch mit Beginn der Coronavirus-Krise angetreten. Wie hat sich das auf den Einstieg ausgewirkt?

Brandstetter: Überraschend wenig. Natürlich war und ist die Bewältigung der Coronavirus-Krise für alle Unternehmen, ganz gleich ob klein oder groß, eine Herausforderung. Wir als Grundfos sind hier aber sehr gut unterwegs, weiter unsere Kunden zu bedienen und auch die wichtigen Industrien zu unterstützen. Unsere Lieferfähigkeit ist weiterhin sichergestellt, was ja für alle unsere Zielgruppen von heraus­ragender Bedeutung ist.

Gleichzeitig haben wir in einem globalen Konzern gelernt, wie viele Prozesse und Pro­jekte sich auch in der virtuellen Welt umsetzen lassen. Wir haben uns hier genau angeschaut, wie wir mit diesen Methoden arbeiten und haben dabei viele positive Effekte beobachtet. Dazu kommen Angebote, etwa virtuelle Werksbesuche und Rundgänge, über die man vor der Coronavirus-Pandemie gar nicht nach­gedacht hat. Insgesamt arbeiten wir heute viel flexibler und die Erfahrungen haben uns eher stärker gemacht.

Die Physik lässt sich nicht betrügen. Dieser Satz ist eine wichtige Grundlage für meine Arbeit. Digitale Dienstleistungen können nicht ohne ein tiefgehendes technisches Verständnis des Produkts entstehen. Hier dem Kunden realistische, sinnvolle Anwendungen zu bieten, verlangt, dass man auch die Breite versteht. Und diese Anforderung stelle ich auch an mich.

Markus Brandstetter

TGA: Sie sind jetzt etwas mehr als ein halbes Jahr bei Grundfos. Bitte erläutern Sie, wo die Schwerpunkte Ihrer Arbeit liegen.

Brandstetter: Ich habe mich in der Vergangenheit sehr stark mit der Digitalisierung und dem Internet der Dinge (IoT) beschäftigt. Und in diesem Bereich hat Grundfos schon länger kommuniziert, dass wir uns weiterentwickeln werden. Somit ist der Schwerpunkt meiner Tätigkeit klar umrissen. Das Ganze ist aber
natürlich kein Selbstzweck. Ich bin es gewohnt, von der Kundenseite her zu denken, und wir werden nur Lösungen anbieten, mit denen wir digitale Mehrwerte für unsere Marktpartner schaffen können.

Ich habe einen festen Grundsatz: Die Physik lässt sich nicht betrügen. Dieser Satz ist eine wichtige Grundlage für meine Arbeit. Digitale Dienstleistungen können nicht ohne ein tiefgehendes technisches Verständnis des Produkts entstehen. Hier dem Kunden realistische, sinnvolle Anwendungen zu bieten, verlangt, dass man auch die Breite versteht. Und diese Anforderung stelle ich auch an mich.

Investoren, Planer, Installateure und Betreiber haben für digitale Dienstleistungen natürlich unterschiedliche Anforderungen. Diesen zu entsprechen und ein skalierendes Angebot in der ganzen Breite zu entwickeln, das ist die Herausforderung, die ich zu meinem Steckenpferd gemacht habe. Aber nochmal: Es geht bei alledem darum, einen Mehrwert für alle Beteiligten zu erbringen.

Um diese Ideen umzusetzen, haben wir in Bjerringbro ein „Digital Office“ mit rund 200 Mitarbeitern geschaffen. Dort ist jetzt die gesamte Entwicklung digitaler Produkte zusammengefasst. Dies reicht vom Vorausdenken von digitalen Geschäftsmodellen und Applikationen über deren eigentliche Entwicklung bis hin zum flächendeckenden Ausrollen in den Markt. Die Kollegen im „Digital Office“ sind in den gesamten Entstehungsprozesses dieser Produkte und Dienstleistungen eingebunden.

Bild 2: Im Grundfos Digital Office in Bjerringbro ­arbeiten rund 200 Mitarbeiter an der Entwicklung digitaler Lösungen.

Bild: Grundfos / Mikkel Hagstrøm

Bild 2: Im Grundfos Digital Office in Bjerringbro ­arbeiten rund 200 Mitarbeiter an der Entwicklung digitaler Lösungen.

TGA: Können Sie etwas konkreter beschreiben, wo sie den Nutzen digitaler Produkte und Dienstleistungen sehen?

Brandstetter: Nehmen wir etwa das Beispiel Modularität: Wenn ich mithilfe steckbarer Kommunikationsmodule im Nachhinein entscheiden kann, ob und mit welchem Protokoll ich eine Pumpe vernetze, dann schafft das erheblich mehr Flexibilität. Das heißt, ich ­integriere die jeweilige Funktion erst dann, wenn ich genau weiß, was ich benötige und wann ich es benötige. Dies kann bei geänderten Objektanforderungen, beispielsweise durch eine Erweiterung, auch eine spätere Nachrüstung sein.

Und solche Flexibilität in den Prozess einzubringen, hilft allen Beteiligten. Der TGA-Planer kann unterschiedliche digitale Dienstleistungen oder Kommunikationsmöglichkeiten auch später noch integrieren. Der Fachhandwerker muss nur die Komponenten bestellen und installieren, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt gebraucht werden. Und der Betreiber ist sich sicher, dass seine Wünsche und Anforderungen, die er aktuell vielleicht noch gar nicht kennt, auch später noch zu vernünftigen Kosten und unabhängig von einer Erneuerung der eigentlichen „Hardware“ berücksichtigt werden können.

Das Konzept Modularität hat übrigens auch etwas mit Ressourcenschonung zu tun. In einem Produkt, das in hoher Stückzahl gefertigt wird, Funktionen, die nur zu einem sehr kleinen Teil jemals genutzt werden, über zusätzliche Bauteile „auf Verdacht“ vorzuhalten, verschwendet Ressourcen.

Wir werden niemanden zwingen, digitale Lösungen einzukaufen. Es gibt Einsatzbereiche, die brauchen eine Pumpe, die einfach nur dreißig Jahre möglichst effizient läuft. Gerade bei Hausbesitzern spielen Effizienz, Zuverlässigkeit und geringe Betriebskosten eine große Rolle. Wenn wir hier den Fachhandwerker rund um die Installation digital unterstützen, ist das aber kein digitales Produkt als solches. 

Markus Brandstetter

TGA: Nun kann eine Heizungspumpe schon heute eine sehr komplexe Angelegenheit sein. Ich denke da an die Vielzahl von Betriebsmodi, Selbstüberwachungsfunktionen und ergänzenden Komponenten, beispielsweise zur Realisierung einer Wärmemengenzählung oder anderer Sensorik. Besteht angesichts weiterer digitaler Produkte nicht die Gefahr, dass die Kunden in der Praxis irgendwann den Überblick verlieren?

Brandstetter: Wir werden niemanden zwingen, digitale Lösungen einzukaufen. Es gibt natürlich Einsatzbereiche, die brauchen eine Pumpe, die einfach nur dreißig Jahre möglichst effizient läuft. Und diesen Kern unseres Geschäfts vergessen wir auf keinen Fall. Gerade bei Hausbesitzern spielen Effizienz, Zuverlässigkeit und geringe Betriebskosten eine große Rolle. Wenn wir hier den Fachhandwerker rund um die Installation digital unterstützen, ist das aber kein digitales Produkt als solches. Diese Unterscheidung ist uns sehr wichtig.

Allerdings gibt es darüber hinaus auch Kunden, etwa Betreiber von Nah- und Fernwärmenetzen oder aus der Wasserversorgung, die von neuen digitalen Funktionen stark profitieren können. Dies gilt etwa, wenn sich durch die Analyse von Betriebsdaten Leckagen identifizieren lassen. Das sind neue digitale Mehrwerte, die für diese Kunden sehr interessant sind und die wir zukünftig verstärkt anbieten wollen.

Bild 3: Digitalisierungsbeispiel: „Grundfos Machine Health“ (GMH) basiert auf einer hochwertigen ­Sensorik zur Erfassung von Geräuschen bzw. ­Vibrationen. Mithilfe einer Datenbank typischer Maschinengeräusche und Vibrationsprofile sowie einer detaillierten Analyse über eine Cloud-Anbindung erhält der Betreiber dann schon eine Lösung, bevor das sich anbahnende Problem eine größere Störung verursacht. Der zugehörige Sensor wurde hier zwischen den Kühlrippen eines Motors eingeklebt. Eine wichtige Besonderheit von GMH ist, dass die genutzte Datenbank schon kurz nach der Installation der Sensoren und Empfänger ­Aussagen über den Zustand der Anlage treffen kann – die Algorithmen der künstlichen ­Intelligenz müssen also nicht wie sonst oft üblich erst angelernt werden.

Bild: Grundfos

Bild 3: Digitalisierungsbeispiel: „Grundfos Machine Health“ (GMH) basiert auf einer hochwertigen ­Sensorik zur Erfassung von Geräuschen bzw. ­Vibrationen. Mithilfe einer Datenbank typischer Maschinengeräusche und Vibrationsprofile sowie einer detaillierten Analyse über eine Cloud-Anbindung erhält der Betreiber dann schon eine Lösung, bevor das sich anbahnende Problem eine größere Störung verursacht. Der zugehörige Sensor wurde hier zwischen den Kühlrippen eines Motors eingeklebt. Eine wichtige Besonderheit von GMH ist, dass die genutzte Datenbank schon kurz nach der Installation der Sensoren und Empfänger ­Aussagen über den Zustand der Anlage treffen kann – die Algorithmen der künstlichen ­Intelligenz müssen also nicht wie sonst oft üblich erst angelernt werden.

TGA: Grundfos spricht im Zusammenhang mit Pumpen häufig von „intelligentem Wassermanagement“. Was bedeutet das in der Praxis?

Brandstetter: Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein sehr breites Portfolio. Ein wesentlicher Aspekt ist das übergreifende Leitbild der Nachhaltigkeit. Hier bemühen wir uns etwa, mithilfe digitaler Intelligenz bei allen unseren Lösungen möglichst effizient mit Wasser und Energie umzugehen.

Ein Beispiel habe ich gerade mit dem Vermeiden und Finden von Leckagen in der Wasserversorgung schon genannt. Oder aber das Zusammenspiel von in Gebäuden verteilten Pumpen. Dabei geht man nicht mehr von zentralen Pumpen aus, sondern von einem dezentralen Pumpensystem. Hier steht dann die Energieeinsparung über eine höhere Gesamteffizienz im Vordergrund.

Zum intelligenten Wassermanagement gehören aber auch einzelne Projekte, wie etwa ein auf Algorithmen basierendes Wassermanagementsystem für Schwellenländer. Hier wollen wir mit solarbetriebenen Pumpen und mit einem Mikrogrid-Ansatz eine kontinuierliche Wasserversorgung sicherstellen.

TGA: Damit sind wir bei einem weiteren für Grundfos wichtigen Punkt. Das Unter­nehmen stellt sich auch ethischen Fragen und unterstützt unter anderem die UNO-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. Wie kommt ein Maschinenbauer zu einem solchen Engagement?

Brandstetter: Grundsätzlich finde ich es wichtig, dass wir dank der UNO weltweit einen einheitlichen Rahmen für gemeinsame Ziele haben. Sich diesen Zielen zu verschreiben, halte ich auch persönlich für erstrebenswert. Das ist auch etwas, was für mich ganz klar für Grundfos als Arbeitgeber gesprochen hat.

Das Unternehmen hat sich immer schon bemüht, mit seiner Tätigkeit auch einen Mehrwert für die Gesellschaft zu schaffen. Nach etwas über einem halben Jahr hier in Bjerringbro kann ich sagen, dass dieses Engagement auch gelebt und von den Mitarbeitern als Gemeinschaft mitgetragen wird. Und das ist, ehrlich gesagt, ein gutes Gefühl.

TGA: Herr Brandstetter, vielen Dank für das Gespräch.

Bild 4: Universallösung für Heizung, Klima und Trinkwarmwasser-Zirkulation Magna 3: Die Funktionsprofile beinhalten alle notwendigen Parameter, um die Pumpe für Standard-Anwendungen vorzubereiten. Mit wenigen Klicks können die Profile auf ein Smartphone geladen, angepasst und anschließend mittels Grundfos GO Remote in Pumpe eingespielt werden. Sowohl bei der ­Inbetriebnahme als auch im Servicefall spart das viel Zeit und die richtigen Einstellungen sind immer „griffbereit“. Mit steckbaren CIM-Modulen sind die Pumpen an gängige Bus-Systeme anbindbar und steuerbar.

Bild: Grundfos

Bild 4: Universallösung für Heizung, Klima und Trinkwarmwasser-Zirkulation Magna 3: Die Funktionsprofile beinhalten alle notwendigen Parameter, um die Pumpe für Standard-Anwendungen vorzubereiten. Mit wenigen Klicks können die Profile auf ein Smartphone geladen, angepasst und anschließend mittels Grundfos GO Remote
in Pumpe eingespielt werden. Sowohl bei der ­Inbetriebnahme als auch im Servicefall spart das viel Zeit und die richtigen Einstellungen sind immer „griffbereit“. Mit steckbaren CIM-Modulen sind die Pumpen an gängige Bus-Systeme anbindbar und steuerbar.

Vita

Dr.-Ing. Markus Brandstetter (Jahrgang 1964) ist seit Februar 2020 Chief Technology Officer (CTO – Geschäftsführer Technik) von Grundfos in Bjerringbro, Dänemark, und damit der erste Deutsche in der Konzernspitze des weltweit ­tätigen Pumpenherstellers. Vor seinem Wechsel war er CEO von Bosch Buildings and Energy und hatte zuvor verschiedene Führungspositionen bei Siemens, Alcatel und Bosch inne. www.grundfos.de

Dieser Artikel erschien zuerst in der Heftausgabe 09-2020 des TGA Fachplaners unter dem Titel: „Digitale Lösungen müssen für die Marktpartner Mehrwerte schaffen“.

 

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