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Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Die Nutzung fossiler Brennstoffe im Gebäudesektor ist ein Auslaufmodell. Ein Ersatz von Erdgas im großen Stil durch grüne / dekarbonisierte Gase ist zwar technisch möglich, aber ihre breite Verfügbarkeit zu einem attraktiven Preis ist nicht in Sicht.
■ Neben der Umnutzung von Gasleitungen für grüne Gase oder Wasserstoff werden künftig Gasleitungen ohne eine den Weiterbetrieb finanzierende Gasdurchleitung sowie die damit verbundenen Netzanschlüsse durch die Gasnetzbetreiber stillgelegt werden, der rechtliche Rahmen dafür wird gerade entwickelt.
■ Für die TGA/SHK-Branche ergibt sich daraus eine potenziell verkürzte Nutzungsdauer für künftig neu eingebaute Gas-Heizungen. Das hat erhebliche Konsequenzen für den Gesamtkostenvergleich von Heizsystemen.
Mit der geplanten Ankündigungsfrist für die Stilllegung von Gasleitungen bzw. -anschlüssen verliert die Gas-Heizung ihren größten Vorteil der geringen Investitionskosten pro kWh bereitgestellter Nutzwärme.
Bezogen auf die Einbaukosten ist eine neue Gas-Heizung bei vorhandenem Netzanschluss fast immer günstiger als eine neue Öl-, Biomasse- oder Wärmepumpen-Heizung. Bei den Energiekosten sortiert sich das schon neu, bei einem künftig steigenden CO2-Preis und bei einem steigenden Gas-Netzentgelt ebenfalls. Auch das kursierende Konzept Grüngas-Quote dürfte den Gaspreis treiben.
Wer vor 20 Jahren seine Gas-Heizung erneuert hat, wird dafür etwa 5500 Euro bezahlt haben. Bei einer kalkulatorischen Nutzungsdauer von 20 Jahren konnte man eingesetztes Eigenkapital ohne Verzinsung mit einem Betrag von 275 Euro pro Jahr wieder auffüllen. Bei einer Nutzwärmebereitstellung von 18.000 kWh pro Jahr in einem für den Erneuerungsfall typischen Einfamilienhaus entspricht dies umgelegten Investitionskosten von 1,53 Ct/kWh Nutzwärme.
Wer in den nächsten Monaten eine Gas-Heizung 1:1 erneuert, müsste im Einfamilienhaus inzwischen mit doppelt so hohen Investitionskosten von 11.000 Euro rechnen. Bei einer Perspektive von 20 Jahren Nutzungsdauer wären auch umgelegte Investitionskosten von 3,06 Ct/kWh Nutzwärme günstig.
„Ewigkeitsvermutung für die Gasversorgung gilt nicht mehr“
Was das Bild künftig stört: 20 Jahre Nutzungsdauer sind keine sichere Annahme mehr. Nach aktuellem Stand endet in 19 Jahren mit dem Jahreswechsel 2044/45 die Nutzung fossiler Brennstoffe. Ein Jahr weniger ist nicht relevant und technisch ist auch die Umstellung auf Biomethan oder synthetisch erzeugtes Methan unproblematisch. Aber die breite Verfügbarkeit ist unklar. Mit technischen Änderungen ist auch Wasserstoff für Gas-Heizungen eine prinzipielle Option, jedoch ist auch die Verfügbarkeit von Wasserstoff insgesamt und insbesondere an der Grundstücksgrenze unklar.
Die Konsequenz bringt der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) so auf den Punkt: „Dies hat zur Folge, dass die bisher bestehende Ewigkeitsvermutung für die Versorgung der Bevölkerung mit Gas so nicht mehr gilt.“
Die rechtlichen auch von der EU geforderten Rahmenbedingungen für den Gasnetzrückbau bzw. Stilllegungen gehen nach einer Konsultation von Länder- und Verbändeanhörung demnächst in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren. Laut Referentenentwurf [1] soll eine Stilllegung von Gasleitungen nach einer Ankündigungsfrist von 10 Jahren möglich sein, der VKU und andere Institutionen fordern eine kürzere Frist von 5 Jahren (siehe unten).
Wirkung von Ankündigungsfristen
Muss der Betreiber einer alten Gas-Heizung künftig davon ausgehen, dass seine Brennstoffversorgung nur noch für 10 oder sogar nur noch für 5 Jahre sichergestellt ist, ist ihre 1:1-Erneuerung ein Kostenrisiko. Aus heutiger Sicht wird das Gesetz bis August 2026 wirksam in Kraft treten. Erste Stilllegungsankündigungen sind somit frühestens in einem Jahr zu erwarten, abhängig von der kommunalen Wärmeplanung eventuell sogar erst 2028. Bis Ende 2044 sind es dann noch 16 Jahre. Aber schon heute ist klar, dass man dann nicht einfach einen Schalter umlegt, sondern der gesamte Zeitraum für eine geordnete Stilllegung oder Umwidmung benötigt wird.
Wer heute eine Gas-Heizung erneuert, kann auf dem Stand des Referentenentwurfs nur von etwa 11 Jahren Mindestnutzungszeit ausgehen. Für das oben verwendete Beispiel bedeutet dies dann beim schnellen Eintreten einer Stilllegungsankündigung umgelegte Investitionskosten von 5,56 Ct/kWh Nutzwärme. Setzt sich im Bundestag eine (bedingte) Ankündigungsfrist von 5 Jahren durch, ergeben sich für 6 Jahre Mindestnutzungszeit beim Eintreten einer Stilllegungsankündigung umgelegte Investitionskosten von 10,19 Ct/kWh Nutzwärme. Dazu kommen dann noch die Kosten für das Gas, für Wartung und Schornsteinfeger und für Hilfsenergie. „Günstig“ trifft schon bei 11 Jahren Nutzungszeit nicht mehr zu, bei nur 6 Jahren mögliche Nutzungszeit wäre eine neue Gas-Heizung fast immer eine Fehlinvestition.
JV
Unten: Lineare Kostenfunktionen für die Heizsysteme in Abhängigkeit von der bereitgestellten Nutzwärme.
Mündet das Ende der Erdgasversorgung in einem unabhängigen Weiterbetrieb abgetrennter Netzbereiche mit beispielsweise Biomethan oder Wasserstoff, verlängert sich zwar die mögliche Nutzungsdauer, aber zulasten höherer Brennstoffpreise. Stünden sie günstiger zur Verfügung, würde es den Rückzug gar nicht geben.
Bild 2 veranschaulicht dies für einen größeren Einsatzbereich, konsistent mit dem verwendeten Beispiel und einer Preisfunktion für die 1:1-Erneuerung einer Gas-Heizung: Linear ansteigend mit 7100 Euro für eine Nutzwärmebereitstellung von 5000 kWh/a (Etagenheizung) bis 14.600 Euro für eine Nutzwärmebereitstellung von 30.000 kWh/a (größeres Ein- oder Zweifamilienhaus, unsaniert). Zum Vergleich für den Umstieg auf eine Wärmepumpe wird eine lineare Kostenfunktion von 20.000 bis 35.000 Euro verwendet.
Schon bei 16 Jahren ein Wendepunkt
Es zeigt sich, dass die Wärmepumpenkurve bei einer Heizungsförderung von 55 % für maximal 30.000 Euro und einer Umlage des Eigenkapitaleinsatzes auf 18 Jahre kalkulatorische Nutzungsdauer im mittleren Bereich mit hoher (potenzieller) Fallzahl mit der Gas-Heizung bei 16 Jahren Nutzungsdauer zusammenfällt. Da die Betriebskosten einer Wärmepumpe bei typischen Bedingungen niedriger sind, wird auch eine detaillierte projektspezifische Analyse mit hoher Wahrscheinlichkeit zeigen, dass der Umstieg auf eine Wärmepumpe bereits ohne Berücksichtigung steigender CO2-Preise wirtschaftlicher als die 1:1-Erneuerung der Gas-Heizung ist. Verkürzt sich die mögliche Nutzungsdauer der Gas-Heizung, steigt der Gesamtkostenvorteil der Wärmepumpe noch weiter.
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Daraus folgt: Mit dem geplanten Rahmen für die Stilllegung von Gasleitungen mit Ankündigungsfrist ist die Investition in eine neue Gas-Heizung mit einem hohen finanziellen Risiko verbunden, wenngleich nicht davon auszugehen ist, dass Stilllegungsankündigungen sofort zum „Normalfall“ werden. Aber allein die latente Gefahr für das eigene Grundstück wird bei einer anstehenden Heizungsmodernisierung zu einem höheren Anteil an Umstiegen führen und so den Gasausstieg noch befeuern. Dass ein Ende der Gasversorgung überregional Schlagzeilen macht, hat sich für Mannheim gezeigt [2]. Die Option „Umstellung auf Flüssiggas bei gekündigtem Gasanschluss“ ist zwar technisch relativ einfach, jedoch existieren hier ähnliche Beschränkungen bei der Umstellung auf nichtfossile Brennstoffe wie bei Erdgas.
Nur wenn es als Gegenstück zur Stilllegungsankündigung eine Versorgungsgarantie mit Gas (zu günstigen Konditionen) gibt, bleibt die Gas-Heizung im Rennen. Ohne diese ändern sich die Spielregeln sehr deutlich zugunsten anderer Heizsysteme. Auf die früheren Spielregeln, in Bild 2 in Grau gestrichelt dargestellt, kann man nur mit Risiko wetten – und wird schon aufgrund vermutlich steigender Brennstoffkosten kaum gewinnen können.
Hintergrund: Gesetzlicher Rahmen für den Gasausstieg entsteht
Der Referentenentwurf für eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes [1] sieht keine Pflicht zur Stilllegung oder zum Rückbau von Gasnetzen vor. Er regelt aber ein geordnetes Verfahren für die Netzplanung auf regionaler und lokaler Ebene: Sollte die Gasnachfrage in den Kommunen oder Regionen in Zukunft stark sinken, können Gasleitungen perspektivisch umgenutzt oder stillgelegt werden.
Eine Stilllegung soll nach einer Ankündigungsfrist von zehn Jahren möglich sein. Der VKU kritisiert, dass diese Frist angesichts der in vielen Kommunen bereits fortgeschrittenen, kommunizierten und politisch gewollten Planungen im Einzelfall zu lang und eine Informationsfrist von nur 5 Jahren sinnvoller sei. Welche Frist am Ende des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens gilt, ist vorerst offen, die Konsequenzen sind aber recht eindeutig …
Stadtwerke müssen eine Stilllegung der Gasnetze mit Vorlauf planen
Bis 2045 will Deutschland nur noch klimaneutral heizen. Die Nutzung fossiler Energieträger, das sind im Gebäudesektor insbesondere Erdgas sowie Heizöl und Flüssiggas, soll dann beendet sein. Im Gebäudeenergiegesetz ist beispielsweise festgelegt: „Heizkessel dürfen längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.“ Das ist keine „Nutzungserlaubnis“, sondern ein frühzeitiger Warnhinweis („längstens“), auf einen Prozess.
Die Umstellung auf Alternativen – insbesondere grüne Fernwärme, Wärmepumpen, grüne Gase, Biomasse-Heizungen, Solarthermie und Strom – ist kein Sprint, sondern ein Dauerlauf, der im Großen wie im Kleinen lange Zeiträume benötigt. Stadtwerke und kommunale Energieversorger müssen deshalb prüfen und kommunizieren, welche Stränge ihres Gasnetzes sie auf grüne Gase umrüsten und welche sie stilllegen.
Allerdings steht für viele Stadtwerke und kommunalen Energieversorger noch nicht fest, was mit ihrem Gasnetz passiert. Das geht aus einer Branchen-Umfrage des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) hervor. Die Umfrage wurde vom 26. August bis zum 15. September 2025 durchgeführt. 609 Stadtwerke und kommunale Energieversorger, die Mitglied im VKU sind, wurden per E-Mail angeschrieben. 164 Stadtwerke und kommunale Energieversorger nahmen teil. Das entspricht einer guten Rücklaufquote von 26,9 %.
Auf die Frage „Was planen Sie mit Ihrem Gasnetz?“ antworteten 46 % der befragten Stadtwerke und kommunalen Energieversorger, dass das noch nicht feststehe. 19 % der befragten Unternehmen gaben an, dass sie ihr Gasnetz stilllegen und auf Fernwärme und Wärmepumpen setzen werden. Fast jedes vierte Stadtwerk (23 %) plant mit einer Mischung aus Stilllegung und Umrüstung auf grüne Gase wie Wasserstoff oder Biomethan.
Rechtliche und finanzielle Fragen
Die Herausforderungen: Der geplante Ausstieg aus dem Gasnetzbetrieb wirft rechtliche und finanzielle Fragen auf. Für den Dauerbetrieb konzipiert, fehlen für Stilllegung und Rückbau bislang klare gesetzliche Regelungen. Versorger sind weiterhin verpflichtet, neue Anschlüsse bereitzustellen. Auch wer die Kosten trägt, ist ungeklärt. Deshalb fordert der VKU, Rechtssicherheit für die Stilllegung und die Umrüstung der Gasnetze zu schaffen.
Fragebogendesign der VKU-Umfrage:
Was planen Sie mit Ihrem Gasnetz?
● Das steht noch nicht fest: 46 %
● Wir werden unser Gasnetz stilllegen und auf Fernwärme und Wärmepumpen setzen: 19 %
● Wir planen eine Mischung aus Stilllegung und Umrüstung. Wir rüsten Stränge vor allem zum Einsatz grüner Gase für mittelständische Unternehmen um: 15 %
● Wir planen eine Mischung aus Stilllegung und Umrüstung. Wir rüsten Stränge vor allem zum Heizen in Privathaushalte mit grünen Gasen um: 8 %
● Wir werden unser Gasnetz auf grüne Gase umrüsten, z. B. Wasserstoff: 4 %
● Wir haben kein Gasnetz: 8 %
Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer: „Der Trend bei den Gasnetzen geht klar zu einem Technologiemix, je nach Strang: Einige Leitungen eines Gasnetzes werden umgerüstet, viele Stränge des Gasnetzes stillgelegt. Zugleich hängt die Mehrheit der Stadtwerke aktuell in der Luft – und mit ihnen viele Bürger und 1,4 Mio. Industrie- und Gewerbekunden, die meist zum Mittelstand gehören. Wir appellieren an die Bundesregierung, schnell für Rechts- und Planungssicherheit bei den Gasnetzen zu sorgen. Für einen geordneten Ausstieg aus dem Erdgas brauchen wir Klarheit – sowohl für die Umrüstung zu Wasserstoffverteilnetzen oder für die Nutzung mit Biomethan als auch für die Stilllegung.“
Der Statusreport Gas des BDEW meldet für das Jahr 2024 in Deutschland 125.700 km Hochdruck-Leitungen, 181.600 km Mitteldruck-Leitungen, 130.000 km Niederdruckleitungen und 176.200 km Hausanschlussleitungen sowie geplante 3,5 Mrd. Euro an Investitionen der Gasversorger in Deutschland. Aktive Hausanschlüsse bei Standardlastprofil(SLP)-Kunden gibt es etwa 13,7 Mio. Stück. Insofern gibt die mutmaßlich gut bedachte Wortwahl „Einige Leitungen eines Gasnetzes werden umgerüstet, viele Stränge des Gasnetzes stillgelegt […] eine Vorstellung davon, was auf die Akteure zukommt.
Etwa 1,4 Mio. vorrangig mittelständische Gewerbe- und Industriekunden sind an den Gasverteilernetzen der Stadtwerke und kommunalen Energieversorger angeschlossen (Quelle: BNetzA Monitoringbericht 2024). Rund 500 große Unternehmen, zum Beispiel Industriekonzerne, werden hingegen über die Fernleitungen mit Gas versorgt. Teile der Fernleitungen sollen zum Wasserstoffkernnetz umgerüstet werden.
Mit grünen Gasen wird selten geplant
Konkret haben 15 % der Stadtwerke vor, ihre Stränge zum Einsatz grüner Gase für den Mittelstand umzurüsten. Nur 8 % der befragten Unternehmen planen, Teile der Leitungen zum Heizen für private Haushalte auf grüne Gase umzustellen (siehe Info-Kasten). Hinweis: Die Angaben lassen nur einen Überblick zu, eine Übertragung auf Gaskunden oder Gasmengen kann daraus nicht abgeleitet werden.
Liebing: „Nach den Festlegungen für das Wasserstoffkernnetz im vergangenen Jahr müssen nun rasch die Rechtsgrundlagen und die Finanzierung auch für Wasserstoffverteilnetze konkretisiert werden. Je früher Stadtwerke mit Planung, Genehmigung und Bau beginnen können, desto besser für mittelständische Unternehmen am Gasverteilnetz. Sie brauchen Klarheit, ob, und wenn ja, wie ihr Betrieb ab 2045 noch gasförmige Energieträger beziehen kann.“
Nicht zuletzt bräuchten die Stadtwerke diese Klarheit auch selbst für ihre eigenen KWK-Anlagen zur Absicherung der Fernwärme- und Quartiersversorgung. Die Unsicherheit über Rechtsgrundlagen und Finanzierung zeigt sich darin, dass die Stadtwerke aktuell weder Investitionen in die Umrüstung noch Stilllegung ihrer Gasnetze einplanen (beide 0 %).
Klare Regeln für einen geordneten Erdgasausstieg existieren noch nicht
Tatsächlich kosten auch Stilllegung und ein eventueller Rückbau der Gasnetze Geld. Beides erfordert Planungssicherheit. Ursprünglich wurden Gasnetze für den Dauerbetrieb gebaut, für einen geordneten Ausstieg aus dem Gasnetzbetrieb fehlen schlicht die rechtlichen Grundlagen. Versorger sind sogar zurzeit noch grundsätzlich verpflichtet, weiter Kunden anzuschließen und zu versorgen. Unklar ist oftmals auch, wer die Kosten für die Stilllegung oder auch nur für ein vom Kunden gewünschtes Ende der Gasversorgung [3] übernehmen muss.
„Je näher das Jahr 2045 mit dem Ende der Erdgasversorgung rückt, desto größer ist die Gefahr eines Flickenteppichs und erheblicher Verunsicherungen bei den Verbrauchern. Der Gesetzgeber kann das verhindern, indem er klare Regeln für einen geordneten Ausstieg aus dem Erdgas aufstellt“, so Liebing.
VKU schlägt Umstellbonus vor
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Bei allen leitungsgebunden Infrastrukturen gilt: Je mehr Kunden an ein Netz angeschlossen sind, desto günstiger wird es für den Einzelnen. Wenn sich aber immer weniger Kunden ein bestehendes Netz teilen, wird es für die verbleibenden Nutzer teurer. Bleibt es bei einem ungeregelten Ausstieg, „beißen den letzten die Hunde“ – bzw. kommt es zu einem Dominoeffekt.
Aktuell geht der VKU davon aus, dass sich die finanzstarken Haushalte schneller vom Gas trennen. Von den steigenden Netzentgelten wären dann finanzschwächere Haushalte bzw. vor allem zwei Gruppen betroffen:
● Mieter, weil sie nicht über die Heizung in ihrem Mehrfamilienhaus bestimmen können, sowie
● kleine und mittelständische Unternehmen, weil viele von ihnen in ihrer Produktion auf gasförmige Energieträger angewiesen sind.
Anmerkung: Ab einem bestimmten Preisanstieg durch das Gas-Netznutzungsentgelt lohnt sich ein Umstieg auf Flüssiggas (LPG), sofern die Errichtung eines Lagerbehälters möglich ist.
Liebing „Der Weg zur Klimaneutralität darf weder zu einer sozialen Schieflage führen noch dem Mittelstand das Rückgrat brechen. Deswegen schlagen wir eine Kombination aus Selbstzahlung und Umstellbonus vor, flankiert von einem Gasnetzkompensationskonto.“
Konkret soll der Antragssteller die Kosten für die gewünschte Stilllegung selbst tragen, dabei jedoch mit einem Umstellbonus gefördert werden. Auch soll der Staat den Netzbetreibern einen Teil der Kosten, die Stilllegungen und verkürzte Abschreibungszeiträume verursachen und deshalb über die Netzentgelte auf die Kunden umgelegt werden müssten, via Kompensationskonto ausgleichen. Zudem sollten Eigentümer stillgelegte Leitungen auf ihren Grundstücken dulden müssen. Gaskunden würden damit von den sehr hohen Kosten für einen Rückbau verschont. Im Ergebnis gehe es bei der Vorschlagskombination darum, infrastrukturbedingte Kostensteigerungen für die Gaskunden zu vermeiden, so der VKU.
Man darf gespannt sein, wie Gaskunden in den nächsten Jahren reagieren, wenn die Szenarien eintreten. Auch in der Beraterrolle wird der Blick in die Zukunft zunehmend zu einer Herausforderung. Jochen Vorländer
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Energieträger
Literatur
[1] Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE): Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften zur Umsetzung des Europäischen Gas- und Wasserstoff-Binnenmarktpakets zur Länder- und Verbändeanhörung. Berlin: 4. November 2025
[2] Heizungswende: MVV will in Mannheim das Gasnetz bis 2035 stilllegen. Stuttgart, TGA+E, nur online, 10. November 2024
[3] Gasanschluss-Kündigung: Gutachten sieht Handlungsbedarf. Stuttgart, TGA+E, nur online, 06. Mai 2025