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65-%-Erfüllungsoption

Bündnis: „Scheinlösung H2-ready aus GEG-Novelle streichen“

thomaseder – stock.adobe.com

Ein Bündnis von 16 Organisationen aus den Bereichen Wirtschaft, Umwelt, Verbraucherschutz und Gewerkschaften fordert die Mitglieder des Deutschen Bundestags auf, die Erfüllungsoption „H2-ready-Gas-Heizungen aus dem Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz zu streichen.

Am 12. Mai 2023 konnten sich die Länder im Bundesrat in ihrer Stellungnahme zum häufig auch als „Heizungsgesetz“ bezeichneten Gesetzentwurf zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes nicht auf ein wichtiges Signal verständigen. Eine gut begründete Empfehlung des Umweltausschusses, die (anteilige) Erfüllungsoption in 65-%-EE-Brennstoffen durch grünen oder blauen Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate zu streichen und mit einem Entfall von § 71k die Erfüllungsoption „100-%-H2-ready“ zu tilgen, fand in der Länderkammer keine Mehrheit.

Nun kommt die Aufforderung an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags aus der Gesellschaft. „Auf wissenschaftlichen Konsens bauen – Keine sogenannten H2-ready-Gasheizungen im Gebäudeenergiegesetz zulassen!“ laut die Titel eines Appells, den u. a. der Bauherren-Schutzbund, der Bundesverband Wärmepumpe, der Bundesverband Erneuerbare Energien, co2online, der GIH Bundesverband, die Klima-Allianz Deutschland, die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, NABU, BUND, DNR, WWF, DUH, Verbraucherzentrale Bundesverband sowie der Zentralverband Deutscher Schornsteinfeger gezeichnet haben.

Geplante Erfüllungsoption H2-ready

Hintergrund ist, dass der Regierungsentwurf für die GEG-Novelle vorsieht, dass ab 2024 jede neu installierte Heizung zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Allerdings wäre nach jetzigem Stand auch der Einbau einer neuen, zunächst mit Erdgas betriebenen Gas-Heizung weiterhin möglich, wenn diese technisch dazu in der Lage ist, reinen Wasserstoff zu verarbeiten („100-%-H2-ready“) und der Netzbetreiber einen Transformationsplan vorlegt, wonach das entsprechende Versorgungsgebiet bis zum Jahr 2035 auf Wasserstoff umgestellt werden soll.

Erst ab dem 1. Januar 2030 müsste für die Anlage der Betrieb mit mindestens 50 % gasförmiger Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate und ab dem 1. Januar 2035 mit mindestens 65 % grünem oder blauem Wasserstoff nachgewiesen werden.

Das Bündnis fordert die Mitglieder des Deutschen Bundestags auf, die H2-ready-Erfüllungsoption durch einen Entfall von § 71k „Übergangsfristen bei einer Heizungsanlage, die sowohl Gas als auch Wasserstoff verbrennen kann“ aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Der geforderte Entfall von § 71k würde die Erfüllung der 65-Prozent-EE-Vorgabe über Wasserstoff nicht generell ausschließen. Auch bezogen auf die Treibhausgasemissionen ist die H2-ready-Erfüllungsoption bei einer Ausnutzung aller Fristen und der Mindestquoten nur eine Scheinlösung und fällt deutlich hinter eine 65-%-EE-Gas-Heizung zurück, siehe Grafik. 

Geringe Verfügbarkeit, hohe finanzielle Risiken

Werden alle im GEG-E vorgesehenen Fristen ausgenutzt, ist die Treibhausgasminderung einer GEG(-E)-H2-ready-Heizung im Rahmen der Bilanz der Bundes-Klimaschutzgesetzes (verbrennungsbezogene CO2-Emissionen) im Gebäudesektor deutlich geringer als bei einer 65-%-EE-Gas-Heizung. Basis: Wohneinheit mit einem Gasverbrauch von 15 000 kWhHs/a, der durch Einsparmaßnahmen ab 2025 jährlich um 2 % gegenüber dem Vorjahr sinkt und dann im Jahr 2044 bei 10 000 kWhHs/a liegt. Ausgangspunkt ist der Jahreswechsel 2023/24. Siehe auch: Sind Gas-Heizungen mit 65 % Erneuerbaren realistisch?

JV

Werden alle im GEG-E vorgesehenen Fristen ausgenutzt, ist die Treibhausgasminderung einer GEG(-E)-H2-ready-Heizung im Rahmen der Bilanz der Bundes-Klimaschutzgesetzes (verbrennungsbezogene CO2-Emissionen) im Gebäudesektor deutlich geringer als bei einer 65-%-EE-Gas-Heizung. Basis: Wohneinheit mit einem Gasverbrauch von 15 000 kWhHs/a, der durch Einsparmaßnahmen ab 2025 jährlich um 2 % gegenüber dem Vorjahr sinkt und dann im Jahr 2044 bei 10 000 kWhHs/a liegt. Ausgangspunkt ist der Jahreswechsel 2023/24. Siehe auch: Sind Gas-Heizungen mit 65 % Erneuerbaren realistisch?

Der Appel verweist darauf, dass sich Wissenschaftler einig seien, dass eine Umstellung von Erdgasnetzen auf reinen Wasserstoff in der Breite des Gebäudesektors nicht praktikabel ist. Inzwischen ist dies auch aus Teilen der Gaswirtschaft zu hören. Zudem werde grüner Wasserstoff auch nach 2030 nur in sehr geringen Mengen und zu sehr hohen Preisen zur Verfügung stehen.

Auch sei eine Gasnetzumstellung mit großen finanziellen Risiken für die Verbraucher sowie einem hohen Aufwand verbunden, weil derzeit vorhandene Leitungsnetze nicht für den Einsatz von Wasserstoff ausgelegt und Gasheizgeräte (noch) nicht für hohe Wasserstoffbeimischungen geeignet sind. Es sei auch zu befürchten, dass mit Transformationsplänen die Einführung kommunaler Anschluss- und Benutzungszwängen für das Gasnetz gerechtfertigt würde, um Kosten und Risiken auf eine größere Anzahl von Anschlussnehmern zu verteilen.

Auch die Wirksamkeit der im Gesetzentwurf enthaltenen Kriterien der Verbindlichkeit und finanziellen Absicherung würde sich erst im Nachhinein erweisen. Verlautbarungen aus der Gaswirtschaft, die beispielsweise eine Streckung der Transformationspläne auf einen Zeithorizont bis 2045 fordern, ließen jedenfalls befürchten, dass die Auflagen für diese Risikoprojekte gelockert werden könnten.

„Wärmewende braucht Planungssicherheit“

Das Bündnis mahnt zudem: „Die Umsetzer der Wärmewende benötigen dringend Planungssicherheit, um sowohl verstärkt in die Umstellung zu wirklichen Klimaschutztechnologien einzusteigen als auch unkalkulierbare finanzielle Risiken zu vermeiden. Das unbegründete Inaussichtstellen von Wasserstoff für die Gebäudeversorgung verfestigt hingegen Geschäftsmodelle mit fossilen Energieträgern. Nicht zuletzt würden die nur begrenzt verfügbaren Fachkräfte gebunden und stünden für viele wertvolle Baustellen der Energie- und Wärmewende nicht zur Verfügung.“

Der Appell wurde als Offener Brief veröffentlicht. ■
Im Kontext:
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Worum es geht: Details zur geplanten 65-Prozent-EE-Vorgabe im Regierungsentwurf zur GEG-Novelle

● Die 65-Prozent-EE-Vorgabe gilt nur für neu eingebaute Heizungen.

● Die Mindestquote an erneuerbaren Energien von 65 % soll für Neubau-, Bestandsgebäude, Wohn- und Nichtwohngebäude gelten.

● Bestehende Heizungen können weiter genutzt und bei Defekt repariert werden.

● Das Enddatum für die Nutzung von fossilen Brennstoffen in Heizkesseln ist der 31. Dezember 2044.

● Eigentümer können entweder eine individuelle Lösung umsetzen und den 65-%-Anteil an erneuerbaren Energien rechnerisch nachweisen oder zwischen verschiedenen pauschalen Erfüllungsoptionen frei wählen:
    • Anschluss an ein Wärmenetz,
    • elektrische Wärmepumpe,
    • Stromdirektheizung,
    • Hybridheizung,
    • Heizung auf der Basis von Solarthermie oder sogenannte
    • 100-%-H2-ready-Gas-Heizungen (Heizungen, die auf 100 % Wasserstoff umrüstbar sind).

● Für Bestandsgebäude sind zwei weitere Optionen vorgesehen: Biomasse-Heizung und Heizungen, die mit einem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff betrieben werden, der zu mindestens 65 % aus Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate erzeugt worden ist: 65-%-EE-Gas-Heizung, 65-%-EE-Öl-Heizung oder 65-%-EE-Flüssiggas-Heizung.

● Bei einer Heizungshavarie greifen Übergangsfristen von drei Jahren, bei Gas-Etagenheizungen von bis zu 13 Jahren. Soweit ein Anschluss an ein Wärmenetz absehbar ist, gelten Übergangsfristen von bis zu 10 Jahren.

● Zudem gibt es eine Befreiung zur Umrüstung im Havariefall für Eigentümer, die das 80. Lebensjahr vollendet haben und ein Gebäude mit bis zu sechs Wohnungen selbst bewohnen sowie beim Austausch von Etagenheizungen für Wohnungseigentümer, welche 80 Jahre und älter sind und die Wohnung selbst bewohnen.

● Im Einzelfall wird berücksichtigt, ob die notwendigen Investitionen in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag oder in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Gebäudes stehen. Fördermöglichkeiten und Preisentwicklungen fließen hier ein.

● Zudem sollen Mieter vor einer Belastung mit Mehrkosten besonders teurer Heizverfahren geschützt werden, indem der Vermieter Brennstoffkosten nicht auf seine Mieter umlegen kann, die den Betrag übersteigen, der zur Erzeugung derselben Menge an Heizwärme mit einer hinreichend effizienten Wärmepumpe anfiele.