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Regierungsentwurf zur GEG-Novelle

Sind Gas-Heizungen mit 65 % Erneuerbaren realistisch?

Bild 1 Fast die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland wird mit einer zentralen Gas-Heizung oder einer Gas-Etagenheizung beheizt. Ihre Zukunft ist momentan ungewiss.

Ingo Bartussek – stock.adobe.com

Bild 1 Fast die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland wird mit einer zentralen Gas-Heizung oder einer Gas-Etagenheizung beheizt. Ihre Zukunft ist momentan ungewiss.

Der Regierungsentwurf zur GEG-Novelle lässt auch Gas-Heizungen und H2-ready-Heizungen mit geeigneten Brennstoffen als 65-%-Erfüllungsoption zu. Doch sind sie für Heizungsmodernisierer eine reale Möglichkeit, die für 2024 geplanten Anforderungen an das Heizen mit mindestens 65 % erneuerbaren Energien zu erfüllen?

Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Eine 65-%-EE-Gas-Heizung muss technisch keine anderen Anforderungen als eine bisher installierte Gas-Heizung erfüllen. Die 65-%-EE-Pflicht wird über den Brennstoff und damit vom Brennstofflieferanten erfüllt. Wird das Gasverteilnetz später auf einen Wasserstoffanteil umgestellt, mit dem die Gas-Heizung nicht kompatibel ist, ist ein Austausch (ggf. ein Umbau) erforderlich.
■ Eine H2-ready-Heizung ist bereits beim Einbau oder durch ein technisches Upgrade für die Nutzung von 100 % Wasserstoff geeignet. Wird die H2-ready-Erfüllungsoption in Anspruch genommen, kann die Heizung zunächst weiter (maximal bis Ende 2029) mit fossilem Erdgas betrieben werden. Diese Option steht aber nur zur Verfügung, wenn für das Gasverteilnetz ein amtlich bestätigter Transformationsplan vorliegt.
■ Die Verfügbarkeit von Erdgasersatz – aus Biomasse (Biomethan) oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate – zum Erfüllen der 65-%-EE-Pflicht ist aber zunächst als gering einzuschätzen, zudem sind deutlich höhere Preise im Vergleich zu Erdgas zu erwarten.
■ Der Regierungsentwurf für die GEG-Novelle enthält Regelungen zum Schutz von Mietern. Sie begrenzen die Umlagefähigkeit der Brennstoffkosten. Daraus entsteht für den Vermieter ein kaum zu kalkulierendes Kostenrisiko.
 

„Wenn man über 80 Jahre alt ist, muss man sich nicht mit dem Gesetz beschäftigen“, verkündete der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck (BMWK) am 19. April 2023 auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Bundesbauministerin Klara Geywitz (BMWSB). Kurz zuvor hatte das Bundeskabinett den Entwurf für eine Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG-E) zum Betreiben von neu ab 2024 installierten Heizungen mit mindestens 65 % erneuerbaren Energien beschlossen. Der Beschluss erfolgte einstimmig, Mehrheitsbeschlüsse für Gesetzesvorlagen sind im Kabinett nicht vorgesehen.

Hintergrund von Habecks Hinweis ist eine geplante Sonderregelung – die 65-%-EE-Pflichten des GEG würden dann erst die nachfolgenden Eigentümer treffen. Im Prinzip bedeutet der Hinweis aber auch, dass allen Immobilienkäufern und jüngeren Eigentümern eines Gebäudes, in dem der Wärmeerzeuger vor etwa zehn oder mehr Jahren installier worden ist oder dessen Ersatzteilversorgung ausläuft, eine frühzeitige Auseinandersetzung mit dem offiziellen Gebäudeenergiegesetz zu empfehlen ist. Denn aus „Investorensicht“ sollte die neue Heizung mindestens 20 Jahre ihren Dienst zuverlässig und zu möglichst geringen Gesamt- und Betriebskosten verrichten. Da mit dem Ziel der Klimaneutralität 2045 die Nutzung fossiler Energien spätestens in etwa 21 Jahren beendet sein muss, sind nahezu alle künftigen Heizungsmodernisierer betroffen.

Im GEG-E wird das so formuliert: „Heizkessel dürfen längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden.“ Mit dem Wort „längstens“ soll / will der Gesetzgeber klarstellen, dass durch die Regelung kein Vertrauensschutz dahingehend entsteht, dass mit fossilen Brennstoffen beschickte Heizkessel tatsächlich bis zum 31. Dezember 2044 betrieben werden dürfen. Darauf wird ganz offiziell in der Begründung zum Gesetzentwurf der GEG-Novelle (Seite 159 GEG-E) hingewiesen.

„Bürgern das Heizen mit Wasserstoff in Aussicht zu stellen, kommt dem Erzählen eines Märchens gleich: Die Kosten dafür werden sich wohl noch sehr lange auf einem für die meisten unfinanzierbaren Niveau bewegen.“ Jürgen Leppig, GIH

GIH

Durch den großen Medienrummel nach dem Durchstechen eines noch nicht abgestimmten frühen Referentenentwurfs wird die 65-Prozent-EE-Vorgabe im Gebäudeenergiegesetz wohl lange als neue Pflicht wahrgenommen werden. Neben der unvermeidlichen Dekarbonisierung der Wärmeversorgung von Gebäuden kommt der 65-Prozent-EE-Vorgabe aber mindestens eine weitere wichtige Aufgabe zu: Investoren vor Fehlinvestitionen zu schützen. So wie Heizungsanlagen heute überwiegend installiert werden, sind sie eine sehr langfristige Investition – die durchaus positiven Effekte von Technologieoffenheit können in diesem Rahmen sehr schnell in der Summe negativ werden.

Ein Großteil aller öffentlichen Kritik zum Regierungsentwurf für das GEG (GEG-E) greift bei genauem Hinsehen übrigens gar nicht 65-Prozent-EE-Vorgaben, sondern Erleichterungen von diesen auf. Angegriffen wird aus beiden Richtungen: Von (noch) zu einschränkend bis viel zu lasch.

Gas- oder Wärmepumpen-Heizung?

Wenngleich im Einzelfall alle Optionen für eine Heizungsmodernisierung untersucht werden sollten, sind für die Heizungswende drei Technologien besonders relevant: Der Anschluss an ein Wärmenetz, Wärmepumpen und die 65-Prozent-EE-Vorgabe erfüllende Gas-Heizungen. Wärmenetze sind jedoch aktuell nur für einen kleinen Teil der Gebäude eine greifbare Option, sie werden nachfolgend nicht betrachtet. Die Mehrzahl der potenziellen Heizungsmodernisierer wird sich zwischen einer Wärmepumpen- und / oder einer Gas-Heizung entscheiden müssen. Für Flüssiggas- und Öl-Heizungen gelten die gleichen Randbedingungen bzw. Anforderungen wie für Gas-Heizungen.

Die spätestens seit dem Veröffentlichen des Ampel-Koalitionsvertrags bekannte 65-Prozent-EE-Vorgabe regelt der GEG-E in § 71 „Anforderungen an Heizungsanlagen“ (siehe Info-Kasten). Neben der eigentlichen Verpflichtung, ab 2024 neu eingebaute Heizungen mit mindestens 65 % erneuerbaren Energien zu betreiben, werden hier die freie Wahl der Erfüllung (im Rahmen des Gesetzes), der Nachweis der Erfüllung und die nachweisfreie Erfüllung geregelt.

GEG-E § 71 Anforderungen an Heizungsanlagen

(1) Heizungsanlagen dürfen zum Zweck der Inbetriebnahme in einem Gebäude nur eingebaut oder aufgestellt werden, wenn sie mindestens 65 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme nach Maßgabe der Absätze 4 bis 6 sowie der §§ 71b bis 71h erzeugen. Satz 1 ist entsprechend für Heizungsanlagen anzuwenden, die in ein Gebäudenetz einspeisen.

(2) Der Gebäudeeigentümer kann frei wählen, mit welcher Heizungsanlage die Vorgabe nach Absatz 1 erfüllt wird. Die Einhaltung der Vorgaben des Absatzes 1 in Verbindung mit den §§ 71a bis 71h Satz 1 ist auf Grundlage von Berechnungen nach der DIN V 18599:2018-09 durch eine nach § 88 berechtigte Person vor Inbetriebnahme nachzuweisen. Der Gebäudeeigentümer ist verpflichtet, die Heizungsanlage nach den Vorgaben des Nachweises einzubauen oder aufzustellen und zu betreiben. Der Nachweis ist von dem Eigentümer und von dem Aussteller mindestens zehn Jahre aufzubewahren und der nach Landesrecht zuständigen Behörde sowie dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger auf Verlangen vorzulegen. Abweichend von Satz 1 darf bei einem zu errichtenden Gebäude keine Heizungsanlage mit Biomasse zur Einhaltung der Vorgaben des Absatzes 1 eingebaut oder aufgestellt werden.

(3) Die Vorgaben des Absatzes 1 gelten für die folgenden Anlagen einzeln oder in Kombination miteinander als erfüllt, so dass ein Nachweis nach Absatz 2 Satz 2 nicht erforderlich ist, wenn sie zum Zweck der Inbetriebnahme in einem Gebäude oder der Einspeisung in ein Gebäudenetz eingebaut oder aufgestellt werden und den Wärmebedarf des Gebäudes, der durch die Anlagen versorgten Wohnungen oder sonstigen selbständigen Nutzungseinheiten oder des Gebäudenetzes vollständig decken:

1. Hausübergabestation zum Anschluss an ein Wärmenetz nach Maßgabe des § 71b,
2. elektrisch angetriebene Wärmepumpe nach Maßgabe des § 71c,
3. Stromdirektheizung nach Maßgabe des § 71d,
4. solarthermische Anlage nach Maßgabe des § 71e,
5. Heizungsanlage zur Nutzung von Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate nach Maßgabe der §§ 71f und 71g oder
6. Wärmepumpen-Hybridheizung bestehend aus einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe in Kombination mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung nach Maßgabe des § 71h.

Satz 1 Nummer 5 ist nicht für eine Heizungsanlage zur Nutzung von Biomasse anzuwenden, die zum Zweck der Inbetriebnahme in einem zu errichtenden Gebäude eingebaut oder aufgestellt wird oder zur Versorgung von einem zu errichtenden Gebäude über ein Gebäudenetz neu eingebaut oder aufgestellt wird. Beim Betrieb einer Heizungsanlage nach Satz 1 Nummer 5 und 6 hat der Betreiber sicherzustellen, dass die Anforderungen an die Belieferung des jeweiligen Brennstoffs aus § 71f Absatz 2 bis 4 und § 71g Absatz 3 Nummer 2 eingehalten werden.

(4) Die Pflicht nach Absatz 1 ist anzuwenden

1. bei einer Heizungsanlage, die sowohl Raumwärme als auch Warmwasser erzeugt, auf das Gesamtsystem,
2. bei einer Heizungsanlage, in der Raumwärme und Warmwasser getrennt voneinander erzeugt werden, nur auf das Einzelsystem, das neu eingebaut oder aufgestellt wird, oder
3. bei mehreren Heizungsanlagen in einem Gebäude oder in zur Wärmeversorgung verbundenen Gebäuden nach Absatz 1 Satz 2 entweder auf die einzelne Heizungsanlage, die ersetzt und neu eingebaut oder aufgestellt wird, oder auf die Gesamtheit aller installierten Heizungsanlagen. 

(5) Sofern die Warmwasserbereitung dezentral und unabhängig von der Erzeugung von Raumwärme erfolgt, gilt die Anforderung des Absatzes 1 für die Anlage der Warmwasserbereitung auch als erfüllt, wenn die dezentrale Warmwasserbereitung elektrisch erfolgt. Im Fall einer dezentralen Warmwasserbereitung mit elektrischen Durchlauferhitzern müssen diese zur Erfüllung der Pflicht nach Absatz 1 elektronisch geregelt sein.

(6) Unvermeidbare Abwärme kann im Nachweis der Pflichterfüllung nach Absatz 1 angerechnet werden, soweit sie über ein technisches System nutzbar gemacht und im Gebäude zur Deckung des Wärmebedarfs eingesetzt wird. Beim Betrieb einer dezentralen, handbeschickten Einzelraumfeuerungsanlage kann im Nachweis der Pflichterfüllung nach Absatz 1 ein vom Standardwert der DIN V 18599-5:2018-09 abweichender Wert von 0,10 für den Deckungsanteil am Nutzwärmebedarf angerechnet werden.

(7) […]

Wer nicht gerne viel liest, sollte bei seiner nächsten Heizungsmodernisierung eine Wärmepumpe einplanen. Der GEG-E benötigt in § 71c für die „Anforderungen an die Nutzung einer Wärmepumpe“ lediglich 32 Worte: „Beim Einbau einer oder mehrerer elektrischer Wärmepumpen gelten die Vorgaben des § 71 Absatz 1 als erfüllt, wenn eine oder mehrere Wärmepumpen den Wärmebedarf des Gebäudes oder der über ein Gebäudenetz verbundenen Gebäude deckt.“ Für Vermieter sind unter bestimmten Bedingungen zusätzlich 207 Worte zum Schutz von Mietern wichtig.

65-%-EE-Gas-Heizung

Für eine 65-%-EE-Gas-Heizung enthält der Regierungsentwurf gar keine Anforderungen, sondern nur in GEG-E § 71f „Anforderungen an Biomasse und Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate“ (siehe Info-Kasten). Für Heizungsmodernisierer, die ihre 65-%-EE-Pflicht durch die Nutzung von Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff in einer Gas-Heizung erfüllen wollen, sind nur etwa 93 Worte wirklich relevant. Viel Text bezieht sich auf Brennstoffeigenschaften. Diese Kriterien werden dann in der Praxis durch Verweise auf die entsprechenden Stellen im Gesetz mit dem Brennstofflieferanten geregelt (GEG-E § 96 Absatz 4).

GEG-E § 71f Anforderungen an Biomasse und Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate

(1) Der Betreiber einer mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickten Heizungsanlage hat sicherzustellen, dass mindestens 65 % der mit der Anlage bereitgestellten Wärme aus Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate erzeugt wird. Satz 1 ist nicht anzuwenden, soweit der Nachweis nach § 71 Absatz 2 Satz 4 einen geringeren Anteil der mit der Anlage bereitgestellten Wärme aus Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate erlaubt.

(2) […]

(3) Der Betreiber der Heizungsanlage hat sicherzustellen, dass bei der Nutzung von Biomethan die Voraussetzungen des § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c und d eingehalten werden. […]

(4) […]

In der Erfüllungspflicht soll aber stets der Betreiber verbleiben. Welche Konsequenzen sich bei einem zeitversetzt erkannten Fehlverhalten eines eventuell schon insolventen Lieferanten daraus ergeben, gehört zu den noch offenen Fragen. Für Vermieter kommen noch einmal 247 Worte in den Regelungen zum Schutz von Mietern hinzu.

Eine 65-%-EE-Gas-Heizung muss sich bei leitungsgebundener Gasversorgung (Erdgasnetz) technisch nicht von bisher eingebauten Geräten unterscheiden. Das genutzte Biomethan bzw. der Wasserstoff wird nach dem Massenbilanzverfahren „irgendwo“ in das Gasnetz eingespeist. Biomethan (aufbereitetes Biogas; mitunter auch als Bioerdgas bezeichnet) muss ohnehin auf „Erdgasqualität“ aufbereitet werden. Bis zu einer Grenze von 10 Vol.-% und unter bestimmten Bedingungen bis zu 20 Vol.-% kann nach aktuellem Stand Erdgas auch Wasserstoff beigemischt werden.

Bild 2 Entwicklung der Einspeisekapazitäten und der ins Erdgasnetz eingespeisten Biomethanmengen.

BDEW

Bild 2 Entwicklung der Einspeisekapazitäten und der ins Erdgasnetz eingespeisten Biomethanmengen.

Günstigstes System, teurer Brennstoff

Da alle technischen Anforderungen außerhalb des Heizungskellers zu erfüllen sind, werden die Investitionskosten einer 65-%-EE-Gas-Heizung mit Abstand deutlich günstiger als bei allen anderen dezentralen 65-%-Erfüllungsoptionen sein. Momentan schwieriger einzuschätzen ist hingegen, wie sich künftig die Gaskosten bei 65-%-EE-Gastarifen im Mittelfeld entwickeln werden. Momentan verfügbare Gastarife mit einem Biomethananteil von 10 oder 15 % (energetisch) sind etwa 0,9 Ct/kWh teurer als Gastarife für fossiles Erdgas. Der mit direkt vergleichbaren Angeboten nachkalkulierte Preis für den Biomethananteil liegt oberhalb des Referenzpreises der Gaspreisbremse. Gastarife mit deutlich höherem Biomethananteil als 15 % sind aufgrund der bisher geringen Nachfrage im Haushaltskundengeschäft kaum verfügbar.

Eine ab 2024 sprunghaft steigende Nachfrage der Biomethanmenge spricht nicht für einen nur geringen Preisabstand bei 65-%-EE-Gastarifen gegenüber Tarifen für fossiles Erdgas. Würden ab dem Greifen der 65-%-EE-Pflicht 500 000 Heizungsmodernisierer pro Jahr eine 65-%-EE-Gas-Heizung mit einem Durchschnittsverbrauch von 15 000 kWh/a realisieren, wären für die Pflichterfüllung 4,875 TWh/a Biomethan oder grüner / blauer Wasserstoff erforderlich. Im Jahr 2021 wurden in Deutschland nur 10 TWh Biomethan ins Erdgasnetz eingespeist. Nach vorläufigen Zahlen gab es im Jahr 2022 nur einen minimalen Zuwachs (Bild 2).

Erdgas bestimmt den unteren Preis

Zudem wird fossiles Erdgas noch lange Zeit den unteren Preis der 65-%-EE-Gastarife bestimmen: Denn warum sollten Verbraucher (mit einer alten Gas-Heizung) fossiles Erdgas kaufen, wenn sie mit einem 65-%-EE-Gastarif günstiger heizen können? Erst bei einem nicht absehbaren Überangebot von Biomethan und grünem / blauem Wasserstoff würden sich die Preise für beide Brennstoffe annähern. Bei Stromtarifen für Haushalte ist dies bereits seit einiger Zeit der Fall.

Der untere Preis bei 65-%-EE-Gastarifen wird sich nach diesem Muster auch mit der steigenden CO2-Bepreisung nach oben bewegen. Selbst eine Absenkung der Besteuerung auf den Biomethan- oder Wasserstoffanteil (wie von der FDP bereits angekündigt) würde den für die Nachfrageregulierung und -lenkung notwendigen Preisabstand nicht ändern.

Ab einem bestimmten Preisabstand ist eine weitere Entwicklung denkbar: Auch Betreiber bestehender Gas-Heizungen, die noch nicht unter die 65-Prozent-EE-Vorgabe fallen, könnten trotz höherer Kosten 65-%-EE-Gastarife als Beitrag für die Energiewende buchen oder sogar mit Kalkül 65-%-EE-Gaskontingente „blockieren“. Vorstellbar ist auch, dass Gasanbieter 65-%-EE-Gastarife mit einer sehr langen Preisbindung oder moderater Preisgleitklausel anbieten. Diese könnten dann auch nicht verpflichtete Erdgaskunden trotz höherer Preise locken.

Der Energiepreis bei einem 65-%-EE-Gastarif wird also lange Zeit teurer als fossiles Erdgas sein. Nach dem Start der 65-Prozent-EE-Vorgabe dürften die 65-%-EE-Gastarife zunächst einen deutlichen Preisabstand haben.

„Die Bürger erwarten von der Politik belastbare und zukunftsfähige Konzepte. H2-ready als Lösungsoption ist jedoch unehrlich. Der Gesetzgeber solle H2-ready als Erfüllungsoption streichen, um Planungssicherheit für die Branche und Verbraucher herzustellen.“ Simone Peter, BEE

BEE

65-%-EE-Gas-Heizung schon angezählt

Im Gesamtkontext des GEG-E werden ab 2024 eingebaute 65-%-EE-Gas-Heizungen im Mittel deutlich weniger als 20 Jahre betrieben werden. Das hat mehrere Gründe. Zunächst ist davon auszugehen, dass es sich nicht lohnt, bundesweit alle Gasnetze auf Wasserstoff oder klimaneutrales Methan umzustellen. Wird vor Ort ein Ende des Gasnetzes publik, werden sich auch Gaskunden mit 65-%-EE-Gas-Heizung schneller und deutlich vor dem Umstellungstermin neu orientieren.

Bei Gasnetzen, die auf Wasserstoff umgestellt werden, muss dies im Mittel deutlich vor 2044 geschehen. Da eine 65-%-EE-Gas-Heizung dafür nicht geeignet ist, müssen sie zuvor auf den Stand „100-%-H2-ready“ aktualisiert werden.

Denkbar ist auch, dass Vermieter, die zunächst auf eine 65-%-EE-Gas-Heizung gesetzt haben, aus wirtschaftlichen Gründen aufgrund der Mieterschutzbestimmungen und der steigenden Kosten aus der CO2-Bepreisung wieder abspringen.

Weiterhin ist zu erwarten, dass die Betreiber von Gasnetzen, die eine Transformation zu einem Wasserstoffnetz anstreben, schon frühzeitig ihre Anschlussbedingungen anpassen und bei einem Austausch von Gasgeräten 100-%-H2-ready vorschreiben. Denn im Transformationsplan muss auch dargelegt werden, welchen Umgang der Gasnetzbetreiber mit den an sein Gasnetz angeschlossenen Gas-Heizungen vorsieht, die nicht für 100 % Wasserstoff ausgelegt sind, und wie ein Umstieg für diese Heizungsanlagen konkret finanziert werden soll. Letztendlich werden zumindest für einen beachtlichen Teil der gesamten Transformation die (verbleibenden) Gaskunden aufkommen müssen.

65-%-Erfüllungsoption H2-ready

Da die 65-%-EE-Gas-Heizung die 65-Prozent-EE-Vorgabe auch tatsächlich technisch-physikalisch erfüllt, ist sie in Fachkreisen bezüglich der Wirkung kaum umstritten. Zankapfel ist hingegen die 65-%-Erfüllungsoption H2-ready. Die Gaswirtschaft sieht viel zu hohe Hürden, Umwelt- und Verbraucherschutzverbände sowie Wärmepumpenunterstützer sehen darin eine Mogelpackung, Fata Morgana und Verbrauchertäuschung und kritisieren eine über mehrere Jahre deutlich unter 65 % liegende Nutzung erneuerbarer Energien.

Für eine H2-ready-Heizung wird die Kernanforderung mit 497 Worten beschrieben. Identisch zur 65-%-EE-Gas-Heizung regelt zusätzlicher Text die Brennstoffeigenschaften. Diese Kriterien werden dann in der Praxis durch Verweise auf die entsprechenden Stellen im Gesetz mit dem Brennstofflieferanten geregelt (GEG-E § 96 Absatz 4). In der Erfüllungspflicht soll aber stets der Betreiber verbleiben. Bei einem Scheitern der fristgerechten Transformation des Gasverteilnetzes muss er sich selbst beim Gasverteilernetzbetreiber schadlos halten. Für Vermieter kommen noch einmal 247 Worte in den Regelungen zum Schutz von Mietern hinzu.

Eine „H2-ready-Heizung“ – den Begriff gibt es im offiziellen Text des Regierungsentwurfs nicht, er findet sich im Gesamtdokument in den Erläuterungen aber siebenmal –, wird im GEG-E in § 71k „Übergangsfristen bei einer Heizungsanlage, die sowohl Gas als auch Wasserstoff verbrennen kann“ (siehe Info-Kasten) beschrieben.

GEG-E § 71k Übergangsfristen bei einer Heizungsanlage, die sowohl Gas als auch Wasserstoff verbrennen kann

(1) Beim Einbau oder bei der Aufstellung einer Heizungsanlage zum Zweck der Inbetriebnahme, die sowohl Erdgas als auch 100 Prozent Wasserstoff verbrennen kann, darf der Eigentümer noch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2034 Erdgas ohne Einhaltung der Vorgaben des § 71 zur Wärmeerzeugung nur nutzen, sofern

1. der Gasverteilnetzbetreiber, an dessen Netz die Heizungsanlage angeschlossen ist, einen Transformationsplan für die verbindliche, vollständige Umstellung der Versorgung seiner Kunden auf Wasserstoff bis zum Ablauf des 31. Dezember 2034 nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 vorgelegt hat,

2. der Gebäudeeigentümer ab dem 1. Januar 2030 50 Prozent gasförmige Biomasse oder grünen oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate und ab dem 1. Januar 2035 65 Prozent grünen oder blauem Wasserstoff bezieht und dies zum jeweiligen Stichtag nachweist,

3. für den Fall, dass die Heizung an ein vorhandenes Gasverteilnetz angeschlossen wird, das auf Wasserstoff umgestellt werden soll, für dieses Gasverteilnetz zum Zeitpunkt des Einbaus der Heizung die rechtlichen Voraussetzungen für den Netzumbau, insbesondere zur Einstellung der Erdgasversorgung der angeschlossenen Kunden über das zu transformierende Netz bis spätestens zum Ablauf des 31. Dezember 2034, vorliegen und dies von der zuständigen Regulierungsbehörde gegenüber dem Verantwortlichen bestätigt worden ist sowie

4. der Gasverteilnetzbetreiber, an dessen Netz die Heizungsanlage angeschlossen ist, dem Gebäudeeigentümer garantiert, dass die Wasserstoffinfrastruktur innerhalb von zehn Jahren, spätestens jedoch ab dem 1. Januar 2035, in Betrieb genommen wird.

(2) Im Transformationsplan nach Absatz 1 Nummer 1 muss der Gasnetzbetreiber, an dessen Netz die Heizungsanlage angeschlossen ist, darlegen, wie in seinem Netz-bereich die Umstellung der Gasnetzinfrastruktur auf eine Wasserstoffinfrastruktur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2034 erfolgen soll. Der Transformationsplan muss einen Investitionsplan mit zwei- bis dreijährlichen Meilensteinen für die Umsetzung des Neubaus oder der Umstellung des Gasnetzes auf Wasserstoff enthalten.

(3) Der Transformationsplan gemäß Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 wird nach Genehmigung durch die zuständige Regulierungsbehörde wirksam. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1. der Abschluss der Netztransformation bis zum Ablauf des 31. Dezember 2034 rechtlich, technisch und wirtschaftlich gesichert erscheint und die Versorgung des Wasserstoffverteilnetzes über die darüber liegenden Netzebenen sichergestellt ist oder

2. der Gasnetzbetreiber eine Abkoppelung seines Netzes vom vorgelagerten Netz vorsieht und eine gesicherte Wasserstoffversorgung durch lokale Erzeugung nachgewiesen wird.

(4) Sofern die Heizungsanlage nach Ablauf des 31. Dezember 2034 nicht mit mindestens 65 Prozent grünem oder blauem Wasserstoff betrieben werden kann, weil der Neubau oder die Umstellung des Verteilnetzes nicht abgeschlossen sind oder das Verteilnetz nicht an ein vorgelagertes Wasserstoff-Transportnetz oder an eine gesicherte lokale Wasserstoff-Produktion angeschlossen ist, ist der Gebäudeeigentümer verpflichtet, die Anforderungen nach den §§ 71 bis 71h einzuhalten. Satz 1 ist entsprechend ein Jahr nach dem Zeitpunkt anzuwenden, zu dem die zuständige Behörde oder die Regulierungsbehörde feststellt, dass die beabsichtigte Umstellung oder der Neubau eines Wasserstoffverteilnetzes nicht weiterverfolgt wird oder die geplante Umsetzung nach Absatz 2 sich mehr als zwei Jahre in Verzug befindet. Der Gebäudeeigentümer hat in den Fällen der Sätze 1 und 2 einen Anspruch auf Erstattung der daraus entstehenden Mehrkosten gegen den Gasverteilernetzbetreiber, an dessen Netz seine Heizungsanlage angeschlossen ist. Dies ist nicht anzuwenden, wenn der Gasverteilnetzbetreiber die Entstehung der Mehrkosten nicht zu vertreten hat.

Danach dürfen H2-ready-Heizungen – Heizkessel, die auf 100 % Wasserstoff umrüstbar sind – als 65-%-Erfüllungsoption eingebaut werden, wenn es im Netzgebiet einen verbindlichen Investitions- und Transformationsplan für Wasserstoffnetze gibt und diese Heizungen ab 2030 mit mindestens 50 % Biomethan oder anderen grünen Gasen und spätestens ab 2035 mit mindestens 65 % grünem oder blauem Wasserstoff betrieben werden.

H2-ready ist nicht GEG(-E)-H2-ready

Bild 3 Zwei 100-%-H2-ready-Prototypen von Viessmann auf dem Prüfstand (2021): Nach der Erprobung folgen die Phasen Qualifizierung, Dauererprobung und schließlich der Einsatz der neuen Geräte in realen Heizungsanlagen. Das technische Konzept erlaubt den Betrieb der späteren Seriengeräte sowohl mit Erdgas und Erdgas/Wasserstoff-Gemischen als auch mit reinem Wasserstoff. Für den Betrieb mit dem neuen Energieträger muss dann die Brenner-Baugruppe ausgetauscht werden. Der erste Praxiseinsatz soll ab 2023 in Kaisersesch (Rheinland-Pfalz) im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekts SmartQuart erfolgen.

Viessmann Werke

Bild 3 Zwei 100-%-H2-ready-Prototypen von Viessmann auf dem Prüfstand (2021): Nach der Erprobung folgen die Phasen Qualifizierung, Dauererprobung und schließlich der Einsatz der neuen Geräte in realen Heizungsanlagen. Das technische Konzept erlaubt den Betrieb der späteren Seriengeräte sowohl mit Erdgas und Erdgas/Wasserstoff-Gemischen als auch mit reinem Wasserstoff. Für den Betrieb mit dem neuen Energieträger muss dann die Brenner-Baugruppe ausgetauscht werden. Der erste Praxiseinsatz soll ab 2023 in Kaisersesch (Rheinland-Pfalz) im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekts SmartQuart erfolgen.

Gegenüber einer 65-%-EE-Gas-Heizung muss eine H2-ready-Heizung höhere technische Anforderungen erfüllen und erfordert deshalb höhere Investitionen. Zu beachten ist, dass der Begriff „H2-ready“ aktuell unterschiedliche Bedeutungen hat. Im Kontext des GEG-E ist H2-ready eine Kompatibilität mit reinem Wasserstoff, also 100 Vol.-% Wasserstoff. Bei Gasgeräten existiert aber auch das DVGW-Zertifizierungsprogramm ZP 3100 von Oktober 2020, das ein DVGW-Cert-Prüfsiegel „H2-ready“ vergibt, wenn ein Heizkessel für gasförmige Brennstoffe mit einem Wasserstoffgehalt von bis zu 20 Vol.-% geeignet ist.

Solche Gas-Heizkessel sind auch marktverfügbar. Das Siegel-Konzept stammt allerdings aus einer Zeit, als die Gaswirtschaft und auch Teile der Heizungsindustrie noch nicht realisieren wollten, was die Wärmewende für Konsequenzen haben muss. Eine Beimischung von 20 Vol.-% Wasserstoff zu Erdgas mit einer energetischen Ersatzquote von nur 7,41 % liegt im Bereich der Realitätsverweigerung. Für einen angemessen Beitrag müsste zusätzlich ein großer Anteil des Erdgases durch Methan mit geringem Fußabdruck ersetzt werden.

Gas-Heizkessel, die zu 100 % mit Wasserstoff betrieben werden können, werden bisher nur für Pilotprojekte gefertigt. Und Gas-Heizkessel, die zunächst mit Erdgas und später ganz ohne technisches Upgrade mit 100 % Wasserstoff betrieben werden können, sind noch gar nicht angekündigt. Bereits seit einiger Zeit in der Entwicklung sind Konzepte, die mit technischen Upgrades an verschiedene Situationen (Meilensteine) im Gasnetz angepasst werden können (Bild 3).

H2-ready: zu kleiner Klimaschutzbeitrag

Im Rahmen der Dekarbonisierung des Wärmemarkts ist es pragmatisch, die 65/35-%-Logik zeitlich zu entkoppeln: Wer 2024 eine Gas-Heizung einbaut, darf auf Basis einer Zielbetrachtung bis Ende 2044 eine bestimmten Zeit (bei 20 Jahren sind es 7 Jahre) mit fossilem Gas heizen und muss dann auf einen Tarif mit klimaneutraler Gasbereitstellung wechseln oder auf ein anderes System wechseln, das zu 100 % erneuerbare Energien verwendet. Dieser Budget-Ansatz würde beispielsweise der Gaswirtschaft die eingeforderte Zeit geben, die Gasversorgung geordnet zu transformieren – oder dort wo eine Transformation keine zukunftstaugliche Lösung ist, die geordnete Stilllegung einzuleiten.

Die 65-%-Erfüllungsoption GEG(-E)-H2-ready entspricht diesem Ansatz, bleibt in einem Vergleichsbeispiel bei einer Betrachtung ausgereizter Fristen allerdings deutlich hinter 65 % erneuerbaren Energien zurück. Basis soll eine Wohneinheit mit einem Gasverbrauch von 15 000 kWhHs/a sein, der durch Einsparmaßnahmen ab 2025 jährlich um 2 % gegenüber dem Vorjahr sinkt und dann im Jahr 2044 bei 10 000 kWhHs/a liegt. Ausgangspunkt ist der Jahreswechsel 2023/24.

Fall 1: Kurz vor dem Jahreswechsel 2023/24 wird eine 65-%-EE-Gas-Heizung eingebaut und im Einklang mit dem GEG-E bis zum 31. Dezember 2044 mit fossilem Erdgas betrieben. Dafür ist mit der Abgrenzung des Bundes-Klimaschutzgesetzes (Quellenprinzip) bis zum 31. Dezember 2044 im Gebäudesektor eine Treibhausgasfreisetzung von 47,0 tCO2e (CO2-Äquivalent) zu bilanzieren. Der Anteil erneuerbarer Energien im Sinne der 65-Prozent-EE-Vorgabe beträgt in dem 21-Jahre-Zeitraum 0 %.

Fall 2: Gleich nach dem Jahreswechsel 2023/24 wird eine 65-%-EE-Gas-Heizung eingebaut und im Einklang mit dem GEG-E bis zum 31. Dezember 2044 zu 35 % mit fossilem Erdgas und zu 65 % mit Biomethan oder energetisch gleichwertig mit grünem / blauem Wasserstoff betrieben. Dafür ist gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz bis zum 31. Dezember 2044 im Gebäudesektor eine Treibhausgasfreisetzung von 16,5 tCO2e zu bilanzieren. Der Anteil erneuerbarer Energien im Sinne der 65-Prozent-EE-Vorgabe beträgt in dem 21-Jahre-Zeitraum 65 %.

Fall 3: Gleich nach dem Jahreswechsel 2023/24 wird eine GEG(-E)-H2-ready-Heizung eingebaut und im Einklang mit dem GEG-E bis zum 31. Dezember 2029 zu 100 % mit fossilem Erdgas und danach bis zum 31. Dezember 2034 zu 50 % mit Biomethan oder energetisch gleichwertig mit grünem / blauem Wasserstoff und zu 50 % mit fossilem Erdgas betrieben. Ab 2035 hat der Brennstoff einen energetischen Anteil von 65 % grünem / blauem Wasserstoff, 35 % sind fossiles Erdgas.  Dafür ist gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz bis zum 31. Dezember 2044 im Gebäudesektor eine Treibhausgasfreisetzung von 28,3 tCO2e (Bild 4) zu bilanzieren. Ende 2030 liegt der Treibhausgasausstoß der GEG(-E)-H2-ready-Heizung mit 16,5 tCO2e schon über dem Treibhausgasausstoß der 65-%-EE-Gas-Heizung bis Ende 2044. Der Anteil erneuerbarer Energien im Sinne der 65-Prozent-EE-Vorgabe beträgt in dem 21-Jahre-Zeitraum 39,8 %.

Bild 4 Werden alle im GEG-E vorgesehenen Fristen ausgenutzt, ist die Treibhausgasminderung einer GEG(-E)-H2-ready-Heizung im Rahmen der Bilanz der Bundes-Klimaschutzgesetzes (verbrennungsbezogene CO2-Emissionen) im Gebäudesektor deutlich geringer als bei einer 65-%-EE-Gas-Heizung.

JV

Bild 4 Werden alle im GEG-E vorgesehenen Fristen ausgenutzt, ist die Treibhausgasminderung einer GEG(-E)-H2-ready-Heizung im Rahmen der Bilanz der Bundes-Klimaschutzgesetzes (verbrennungsbezogene CO2-Emissionen) im Gebäudesektor deutlich geringer als bei einer 65-%-EE-Gas-Heizung.

Der Vergleich zeigt, dass die GEG(-E)-H2-ready-Heizung im Rahmen der aktuellen Fristen den 65-%-EE-Anspruch deutlich verfehlt und kein Spielraum für spätere Fristen existiert. Selbst bei einer 100-%-EE-Quote ab 2035 würden in dem 21-Jahre-Zeitraum nur 55 % erneuerbare Energien eingesetzt.

Wer will (soll) H2-ready bezahlen?

In den vom Bundeministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) parallel zur Einleitung der Länder- und Verbändeanhörung des GEG-Referentenentwurfs veröffentlichten FAQ „Erneuerbares Heizen – Gebäudeenergiegesetz (GEG)“ gibt es eine deutliche Warnung: „Im Bestand sind Gasheizungen auch weiter zulässig, wenn sie nachweislich erneuerbare Gase nutzen […] Gebäudeeigentümer sollten allerdings die begrenzte Verfügbarkeit nachhaltiger Biomasse und vergleichsweise hohe Kosten für Biomethan oder grünen Wasserstoff berücksichtigen.“

Für die Betrachtung der Brennstoffkosten einer GEG(-E)-H2-ready-Heizung gelten ab 2030 bis Ende 2034 ähnliche Bedingungen wie für die 65-%-EE-Gas-Heizung. Ab 2035 sind dann die Marktpreise für Wasserstoff bestimmend. Die meisten Prognosen gehen heute davon aus, dass Wasserstoff zu diesem Zeitpunkt noch sehr knapp und damit teuer ist.

Die oben benutzte Wohneinheit hat im Jahr 2035 einen Gasverbrauch von 12 000 kWhHs/a. Schon ein eher geringer Preisabstand von 5 Ct/kWh bedeutet Mehrkosten von 600 Euro/a. Da die Erfüllungsoption GEG(-E)-H2-ready-Heizung nicht dazu verpflichtet, das System auch nach 2030 bzw. 2035 (allein) zu betreiben, existiert für eine Gasnetz-Transformation ohne Anschluss-/Nutzungszwang ein hohes Risiko, dass die Annahmen für die Wirtschaftlichkeit aufgrund eines abweichenden Verhaltens der Gaskunden nicht eintreffen. Ebenso werden Bestandskunden abspringen, wenn es vor dem Umstellungszeitpunkt attraktivere Möglichkeiten zur Beheizung gibt.

H2 für Kraftwerke unrealistisch, aber für Heizungen möglich?

Erdgas ist ein technisch sehr wichtiger Energieträger für das Stromsystem. Der Erdgasanteil an der Nettostromerzeugung in Deutschland aus Kraftwerken zur öffentlichen Stromversorgung ist jedoch klein, 2022 lag er bei etwa 10 % und war geringer als die Netzeinspeisung von Photovoltaik-Anlagen.

Auch der Anteil des in Deutschland für die öffentliche Stromerzeugung genutzten Erdgasabsatzes ist vergleichsweise gering. Im Jahr 2022 wurden rund 12 % von insgesamt ca. 866 TWh für die öffentliche Stromversorgung einschlich BHKW verwendet (zusätzlich erzeugt die Industrie mit Erdgas in eigenen Kraftwerken Strom). Hingegen wurden 32 % des Erdgasabsatzes in privaten Haushalten (inkl. Wohnungsgesellschaften) überwiegend zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung eingesetzt. Gewerbe, Handel und Dienstleistungen hatten einen Anteil von 14 %, auch hier ist die Erzeugung von Raumwärme der größte Posten.

2022 wurde also gegenüber der öffentlichen Stromerzeugung rund dreimal so viel Erdgas in Heizungen eingesetzt.

Grüne Gase zeitnah nicht verfügbar …

Was das mit 65-%-Erfüllungsoptionen durch Gas-Heizkessel zu tun hat? Der am 2. Februar 2022 von der EU-Kommission angenommene Rechtsakt zur EU-Taxonomie hat neue Erdgaskraftwerke unter Bedingungen als nachhaltig definiert. Das Handeln rund um die umstrittene Einstufung hatte offenbart, dass die Gaswirtschaft und auch die Bundesregierung nicht an die zeitnahe Verfügbarkeit grüner Gase glauben.

In der Stellungnahme der Bundesregierung hieß es u. a. zu Gaskraftwerken: „Die beim Fuel Switch verlangten Zwischenschritte mit Beimischungsquoten dekarbonisierter Gase von 30 % bis 2026 und 55 % bis 2030 sind nicht realistisch zu erreichen. In der Markthochlaufphase mit knappen Verfügbarkeiten können die Zwischenschritte die Umstellung auf erneuerbaren Wasserstoff in anderen Sektoren (insbesondere Industrie) behindern.“

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hatte nach der Annahme des Rechtsakts zur EU-Taxonomie erklärt: „Eine [..] Verbesserung stellt die Streichung der ursprünglich geforderten unrealistischen Wasserstoffanteile für die Jahre 2026 und 2030 dar. Auch dafür hatte sich der BDEW ausgesprochen. Die Anforderungen sind hier jedoch weiterhin sehr ambitioniert, vor allem der vollständige fuel switch zum 1. Juni 2036 auf erneuerbare und dekarbonisierte Gase als Brennstoff.“

„Der Regierungsentwurf für das Gebäudeenergiegesetz ist eine Ohrfeige für Millionen Verbraucher und Unternehmen, die zukünftig klimafreundliche Gase als Heizenergie oder für Fertigungsprozesse nutzen wollen.“ Gerald Linke, DVGW

DVGW

Dass (zusätzliche) Gaskraftwerke für einen Übergang zu einem zu 100 % auf erneuerbaren Energien basierendes Stromsystem und auch danach unverzichtbar sind, gilt aktuell als Tatsache. Insofern ist es bemerkenswert, dass Meilensteine auf diesem Weg noch vor 13 Monaten als „nicht realistisch zu erreichen“ galten und nun zusätzlich ähnliche Meilensteine im viel größeren Raumwärmemarkt möglich sein sollen.

Bild 5 In Holzwickede fließt seit Oktober 2022 erstmals 100 % grüner Wasserstoff durch eine Leitung der öffentlichen Erdgasversorgung. Der Verteilnetzbetreiber Westnetz GmbH, eine Tochtergesellschaft der Westenergie AG, hat dazu einen Teil des Erdgasnetzes für den Transport von Wasserstoff umgestellt. Das deutschlandweit einmalige Forschungs- und Entwicklungsprojekt „H2HoWi“ läuft bis Ende 2023. Abnehmer des Wasserstoffs sind drei Unternehmen, die mit wasserstofftauglichen Brennwertgeräten von Remeha einen Teil der benötigten Raumwärme für ihre Gebäude an der Gottlieb-Daimler-Straße in Holzwickede erzeugen.

Westenergie AG

Bild 5 In Holzwickede fließt seit Oktober 2022 erstmals 100 % grüner Wasserstoff durch eine Leitung der öffentlichen Erdgasversorgung. Der Verteilnetzbetreiber Westnetz GmbH, eine Tochtergesellschaft der Westenergie AG, hat dazu einen Teil des Erdgasnetzes für den Transport von Wasserstoff umgestellt. Das deutschlandweit einmalige Forschungs- und Entwicklungsprojekt „H2HoWi“ läuft bis Ende 2023. Abnehmer des Wasserstoffs sind drei Unternehmen, die mit wasserstofftauglichen Brennwertgeräten von Remeha einen Teil der benötigten Raumwärme für ihre Gebäude an der Gottlieb-Daimler-Straße in Holzwickede erzeugen.

… auch die Bundesregierung zweifelt

Realistisch(er) ist, dass es künftig Netz(abschnitt)e geben wird, die auf Wasserstoff aus betrieblichen Gründen angewiesene Unternehmen oder Kraftwerke oder Wärmenetzbetreiber mit Wasserstoff oder einem steigenden Anteil an Wasserstoff versorgen werden. Nur in diesen Gebieten sind dann H2-ready-Heizungen eine Erfüllungsoption, sofern der Gasnetzbetreiber eine GEG-konforme Garantie gibt.

Im Prinzip folgt daraus eine wichtige Erkenntnis, die auch die vom Nationalen Wasserstoffrat (NWR) beauftragte Bottom-up-Studie herauskristallisiert hat: „Der Ausbau von Wärmepumpen ist in allen Versorgungsgebieten die primäre Dekarbonisierungsstrategie in der Raumwärme bis 2030, aber auch langfristig bis 2045.“

Dass die geografische Lage einer vorhandenen Heizung in einem GEG-konformen H2-ready-Versorgungsgebiet ein „Glückslos“ ist, ist auch nicht anzunehmen. Es können nicht alle Versorgungsgebiete mit auf Wasserstoff angewiesenen Gaskunden erst zum Auslaufen der Frist umgestellt werden, ein Hochlauf in allen Bereichen der Gasverwendung benötigt lange Umstellungszeiten – was sich auch schon deutlich vor 2030 / 2035 in den Brennstoffkosten niederschlagen wird. Der oben beschriebene „Fall 3“ nähert sich dadurch zwar dem Klimaschutzbeitrag der 65-%-EE-Gas-Heizung an, kann aber einen Durchschnitt von 65 % erneuerbaren Energien nicht erreichen.

Im GEG-E steht in der Begründung zu § 71k: „Der Bezug von grünen Gasen, z. B. Biomethan, ist [..] bereits eine zulässige Pflichterfüllung und kann ohne Übergangsvorschrift erfüllt werden. Der Bezug von Wasserstoff ist hingegen noch nicht möglich. Für diese Umstellung ist ein Umbau des bestehenden Erdgasnetzes auf Wasserstoff notwendig. Hierfür sind umfangreiche Anpassungen notwendig und es ist auch nicht klar, ob in allen Gasverteilnetzen ein solcher Umbau der bestehenden Infrastruktur überhaupt technisch unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit umsetzbar ist. Daher ist nicht davon auszugehen, dass abgesehen von der Verfügbarkeit von Wasserstoff alle Gasverteilnetze auf Wasserstoff umgestellt werden. Die H2-Ready-Heizung als Erfüllungsoption ist daher im Übergang nur zulässig, wenn der Umbau des Gasnetzes auf Wasserstoff tatsächlich bis 2035 realistisch ist und vom Gasnetzbetreiber, an den die Heizung angeschlossen ist, geplant und mit konkreten Investitionsschritten der Plan unterlegt ist.“

Grüne Gase sind ein erhebliches Kostenrisiko für Vermieter

Während die Gaswirtschaft Wasserstoff-Heizungen (und damit ab 2045 alle Gas-Heizungen) unter Anrechnung geringerer Dämmmaßnahmen als die langfristig wirtschaftlichste Lösung der Wärmewende feiert, sieht die Mehrheit der Fachwelt erhebliche Zweifel und warnt insbesondere bei H2-ready vor einer Kostenfalle. Heizungsmodernisierer, die eine H2-ready-Heizung als 65-%-Erfüllungsoption wählen, schließen eine Wette auf die Kosten für den ab 2035 zwingend erforderlichen 65%igen Bezug von Wasserstoff ab.

GEG-E § 71o Regelungen zum Schutz von Mietern

(1) Wird eine Heizungsanlage nach den §§ 71 bis 71n zum Zweck der Inbetriebnahme in einem Gebäude eingebaut oder aufgestellt, die vollständig oder anteilig mit einem biogenen Brennstoff oder mit grünem oder blauem Wasserstoff oder den daraus hergestellten Derivaten zur Erzeugung von Raumwärme oder von Raumwärme und Warmwasser betrieben wird, trägt der Mieter die Kosten des verbrauchten Brennstoffes nur bis zu der Höhe der Kosten, die für einen entsprechenden Energieverbrauch bei Anwendung des Stromdurchschnittspreises, geteilt durch den Wert 2,5, anfielen. Der Stromdurchschnittspreis wird für die gesamte Abrechnungsperiode aus den Strompreisen für Haushalte gebildet, die das Statistische Bundesamt nach der Verordnung (EU) 2016/1952 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über europäische Erdgas- und Strompreisstatistik und zur Aufhebung der Richtlinie 2008/92/EG (ABl. L 311 vom 17.11.2016, S. 1) als Durchschnittspreise einschließlich Steuern, Abgaben und Umlagen halbjährlich erhebt und auf seiner Internetseite veröffentlicht. Der Stromdurchschnittspreis wird für eine Abrechnungsperiode als arithmetischer Mittelwert aus den Strompreisen für Haushalte der Kategorie „Insgesamt“ für die Berichtszeiträume gebildet, die sich mit der Abrechnungsperiode überschneiden.

Versorgt der Mieter sich in den Fällen des Satzes 1 selbst mit Raumwärme oder mit Raumwärme und Warmwasser, hat er gegen den Vermieter einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für den verbrauchten Brennstoff, soweit sie über die Kosten hinausgehen, die für einen entsprechenden Energieverbrauch bei Anwendung des Stromdurchschnittspreises geteilt durch den Wert 2,5 anfielen.

(2) In einem Gebäude mit Wohnungen, die vermietet sind, kann der Vermieter beim Einbau einer Wärmepumpe nach § 71c eine Mieterhöhung aufgrund einer Modernisierungsmaßnahme nach § 559 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in voller Höhe nur verlangen, wenn er den Nachweis erbracht hat, dass die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe über 2,5 liegt. Ein Nachweis nach Satz 1 ist nicht erforderlich, wenn das Gebäude

1. nach 1996 errichtet worden ist,

2. mindestens nach den Vorgaben der Wärmeschutzverordnung vom 16. August 1994 (BGBl. I S. 2121) in der bis zum Ablauf des 31. Januar 2002 geltenden Fassung erbaut worden ist oder der Gebäudeeigentümer nachweist, dass der Jahres-Heizwärmebedarf die Anforderungen nach der 3. Wärmeschutzverordnung nicht überschreitet,

3. nach einer Sanierung mindestens den Anforderungen des Effizienzhausniveaus 115 oder 100 entspricht oder

4. mit einer Vorlauftemperatur beheizt werden kann, die nicht mehr als 55 °C bei lokaler Norm-Außentemperatur beträgt.

Der Nachweis nach Satz 1 muss von einem Fachunternehmer erbracht werden. Die Ermittlung der Jahresarbeitszahl erfolgt auf der Grundlage der VDI 4650 Blatt 1:2019-03 oder eines vergleichbaren Verfahrens in der Regel vor der Inbetriebnahme der Anlage und nicht anhand von den Werten im Betrieb.

(3) Sofern der Nachweis nach Absatz 2 nicht erbracht wird, kann der Vermieter für eine Mieterhöhung nach § 559 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches nur 50 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten zu Grunde legen.

(4) Absatz 1 ist auf Pachtverhältnisse und auf sonstige Formen der entgeltlichen Nutzungsüberlassung von Gebäuden oder Teilen von diesen oder Wohnungen oder Teilen von diesen entsprechend anzuwenden.

Um Mieter vor der Umlage hoher Betriebskosten und vor der Übertragung des Preisrisikos zu schützen, gibt es im GEG-E § 71o „Regelungen zum Schutz von Mietern“. Sie begrenzen in Fällen, in denen ein Vermieter als Betreiber einer zentralen Heizungsanlage einen fossilen Brennstoff – gasförmig, fest oder flüssig – durch Wasserstoff oder einen Ersatzbrennstoff mit biogenem Anteil substituiert, die Umlage der dadurch anfallenden Mehrkosten. Die Vorschrift erfasst den Einsatz aller Gase sowie aller Fest- und Flüssigbrennstoffe, die einen biogenen Anteil in der vertragsgemäß gelieferten Brennstoffmenge enthalten.

Die Mieterschutzregelung begrenzt laut der GEG-E-Begründunge die Umlagefähigkeit der Brennstoffkosten auf eine Bezugsgröße: „Als Bezugsgröße dient der Betrag, der für die produzierte Menge an Heizwärme verlangt würde, wenn diese mit einer hinreichend effizient arbeitenden Wärmepumpe erzeugt würde. Eine Vergleichbarkeit der Kosten wird hergestellt, indem der [Durchschnitts]Strompreis, den der Gebäudeeigentümer für den Betrieb einer Wärmepumpe zu entrichten hätte, durch die Jahresarbeitszahl von 2,5 geteilt [oder mit 0,4 multipliziert] wird.“

Die Umlagebegrenzung greift ein, wenn die tatsächlichen Kosten des Vermieters für den verbrauchten Brennstoff inklusive umlegbarer CO2-Kosten die Kosten der Bezugsgröße übersteigen. Die GEG-E-Begründung nimmt an: „Dies dürfte – je nach Preisentwicklungen – in der Regel der Fall sein.“

„Der Beschluss im Bundeskabinett ist ein Kniefall vor der Gas- und Heizungslobby und torpediert die für den Klimaschutz unerlässliche Wärmewende. Die Regierung ermöglicht, dass über das nächste Jahrzehnt weiterhin fossile, klimaschädliche Heizungen eingebaut werden.“ Barbara Metz, DUH

Stefan Wieland

Große Hebelwirkung …

Für die Berechnung maßgeblich ist der vom Statistischen Bundesamt halbjährlich veröffentlichte Durchschnittsstrompreis für Haushalte (einschließlich Steuern, Abgaben und Umlagen), der keiner Verbrauchsklasse, sondern der Kategorie „Insgesamt“ zugeordnet ist (www.bit.ly/tga1446). Für eine Abrechnungsperiode ist ein arithmetischer Mittelwert aus den Durchschnittsstrompreisen für die Berichtszeiträume zu bilden, die sich mit der Abrechnungsperiode überschneiden. Für das Kalenderjahr 2022 ergibt sich ein Durchschnittsstrompreis von 34,23 Ct/kWh und für 2021 von 32,75 Ct/kWh.

Bild 6 Um aus Biogas mit dem Erdgasnetz kompatibles Biomethan zu erzeugen, ist eine aufwendige Gasaufbereitung erforderlich. Zudem muss ein Einspeisepunkt in das Erdgasnetz zur Verfügung stehen.

Guntar Feldmann – stock.adobe.com

Bild 6 Um aus Biogas mit dem Erdgasnetz kompatibles Biomethan zu erzeugen, ist eine aufwendige Gasaufbereitung erforderlich. Zudem muss ein Einspeisepunkt in das Erdgasnetz zur Verfügung stehen.

Überträgt man die Strompreise aus 2022 ins Jahr 2024, betragen dann die maximal umlegbaren spezifischen Brennstoffkosten für eine Abrechnungsperiode, die mit dem Kalenderjahr 2024 gleich läuft: 32,75 Ct/kWh ∙ 0,4 = 13,692 Ct/kWh. Liegen die spezifischen Brennstoffkosten 1 Ct/kWhHs darüber, muss der Vermieter eines Gebäudes mit zwölf Wohneinheiten (WE) und einem Durchschnittsverbrauch von 15 000 kWhHs/(WE ∙ a) von den Brennstoffkosten 1800 Euro tragen.

Wie oben ausgeführt, ist allerdings für mehrere Jahre von einer deutlich höheren Beteiligung auszugehen. Das Berechnungsbeispiel in den GEG-E-Erläuterungen endet mit Brennstoffkosten von 21,2 Ct/kWh bei einem sonst gleichen Wohngebäude mit nur acht Wohneinheiten bei einem Zuschuss des Vermieters von 9600 Euro/a – also monatlich 100 Euro pro Wohneinheit.

Auch die Mieterperspektive auf die Schutzklausel dürfte noch für Diskussionen sorgen. Schon bei einem Durchschnittsstrompreis von 30,00 Ct/kWh ergibt sich eine Bezugsgröße von 12 Ct/kWh. Das ist der Referenzpreis für die Gaspreisbremse und galt Ende 2022 als das maximal zumutbare Preisniveau für Haushalte. Die Heizkosten für 15 000 kWhHs/a betragen bei 12 Ct/kWhHs (die Rückerstattung aus der CO2-Bepreisung des Vermieters nicht berücksichtigt) beträgt dann 1800 Euro/a und 2054 Euro/a mit der Bezugsgröße 2022 von 13,692 Ct/kWh. 

Bei einer mit einer Jahresarbeitszahl von 3,0 betriebenen Wärmepumpe (Jahresnutzungsgrad der Gas-Heizung: 0,95) und einem Strompreis von 32,75 Ct/kWh wären die Heizkosten mit 1556 Euro/a um 498 Euro/a niedriger. Der tatsächliche Strompreis für den Betrieb einer Wärmepumpe wäre jedoch günstiger gewesen und die Einsparung entsprechend höher. In einem Mehrfamilienhaus mit 12 Wohneinheiten würde für eine typische „modernisierende Instandsetzung einer Heizungsanlage“ zudem die Modernisierungsumlage beim Einbau einer Wärmepumpe deutlich unter 500 Euro/a liegen.

… und hohes Risiko für alle Beteiligten

Das GEG-E enthält keine Regelung, die die Umlagebegrenzung an einen staatlichen Eingriff bei den Strompreisen koppelt. Schreibt man die Strompreise aus 2022 nach 2024 korrigiert um einen auf 7 % reduzierten Steuersatz fort, verringern sich die umlegbaren spezifischen Brennstoffkosten auf 12,311 Ct/kWh. Bei konstanten Brennstoffkosten von 14,692 Ct/kWh muss der Vermieter nun 4285 Euro/a und damit 2485 Euro/a mehr beisteuern. Pro 1 Ct/kWhHs höherem Kostenabstand kommen noch einmal 1800 Euro/a hinzu.

„Die Einbeziehung grüner Gase ist bislang völlig unpraktikabel gestaltet. Auf dieser Grundlage werden realistischerweise keine Transformationspläne für die Umstellung von Gas auf Wasserstoff umgesetzt werden.“ Kerstin Andreae, BDEW

Thomas Imo Photothek / BDEW

Die hohe Sensibilität bei Preisausschlägen und das insgesamt hohe Kostenrisiko dürften auch bei einer steuermindernden Wirkung der Kosten aus der Umlagebegrenzung die meisten Vermieter schrecken. Eine Heizungslösung, die pflichtgemäß vollständig oder anteilig mit einem biogenen Brennstoff oder mit grünem oder blauem Wasserstoff oder den daraus hergestellten Derivaten betrieben wird, werden Vermieter ohne eine Rückversicherung des Kostenrisikos kaum einbauen.

Auch für TGA-Planer, Energieberater, Immobilienbetreuer und das Heizungshandwerk ergeben sich aus den Regeln zum Schutz von Mietern hohe Haftungsrisiken durch eine falsche oder unvollständige Beratung und Aufklärung.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hält zwar Mieterschutz für „richtig und wichtig“. Kritisch sieht er jedoch die geplante Preisdeckelung für Biomethan und Wasserstoff für Mieter. „Die dazu vorgesehenen Regelungen sind komplex, unverständlich und bedeuten einen unzumutbaren bürokratischen Aufwand für private Vermieter.“ Eine bemerkenswerte Einordnung für einfache Multiplikationen. Und den Durchschnittsstrompreis wird künftig niemand berechnen müssen. Mit der Angabe des Abrechnungszeitraums wird es künftig zahlreiche Tools geben, die diesen mit den Daten des Statistischen Bundesamts verknüpfen.

Schlussfolgerungen

Momentan spricht wenig dafür, dass ab 2024 grüne Gase in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen, damit jährlich eine größere Zahl bestehender Gas-Heizungen auf 65-%-EE-Gas-Heizungen umgestellt werden können. Daran würde auch eine Verschiebung der Nutzungspflicht auf 2025 wenig ändern. Bei 65-%-EE-Flüssiggas-Heizungen gilt das entsprechend. Bei 65-%-EE-Öl-Heizungen gibt es chemisch mehrere Möglichkeiten der Brennstoffsubstitution, aber kaum Geräte, die für die gesamte Breite und Gemische bis 65 % Green-Fuels-ready sind.

Bild 7 Die im Gebäudeenergiegesetz vorgegebene 65-%-EE-Pflicht können Heizungsbetreiber über mehrere Bausteine erreichen und so die mindestens zu erfüllende EE-Quote im „verbleibenden“ Brennstoff individuell absenken.

michaklootwijk – stock.adobe.com

Bild 7 Die im Gebäudeenergiegesetz vorgegebene 65-%-EE-Pflicht können Heizungsbetreiber über mehrere Bausteine erreichen und so die mindestens zu erfüllende EE-Quote im „verbleibenden“ Brennstoff individuell absenken.

Bei allen Brennstofflieferungen wird es noch eine zusätzliche Herausforderung geben: Solange GEG-kompatible EE-Ersatzbrennstoffe deutlich teurer sind, wird jeder Heizungsbetreiber versuchen, seine Erfüllungspflicht durch die Berechnung einer individuellen EE-Quote im Brennstoff zu erfüllen. Die Brennstofflieferanten müssen sich also darauf einstellen, dass die Lieferungen mit 65, 64, 63, 62, 61… %-EE-Quote angefragt wird.

Ab wann und in welchem Umfang amtlich bestätigte Transformationspläne für Gasnetze und eine dafür ausreichende Menge an Gasgeräten zur Verfügung stehen, die 100-%-H2-ready sind, ist ebenfalls offen. Die Gerätehersteller werden diese Frage aber vermutlich zügig beantworten. Potenzielle H2-ready-Heizungsmodernisierer werden aber zunächst abwarten, wie sich die Gaspreise für 65-%-EE-Gas-Heizungen entwickeln und auf Preisgarantien für die spätestens 2035 beginnende Phase mit der Wasserstoffnutzungspflicht warten.

Für Vermieter bedeutet der Einbau einer Gas-Heizung, die die 65-%-EE-Pflicht erfüllen muss, ein hohes Kostenrisiko. Solange keine Möglichkeit besteht, dieses Risiko zumindest erheblich zu begrenzen, dürfte es kaum vorgezogene Heizungsmodernisierungen mit einer GEG-kompatiblen Gas-Heizung geben. Die Investitionskosten für einen (Teil)Umstieg auf eine Heizungs-Wärmepumpe sind zwar höher, das Kostenrisiko ist aber erheblich geringer und gut abzuwälzen.

Der Abstieg der Gas-Heizung in der Modernisierungsstatistik wird also nur aufzuhalten sein, wenn kurzfristig günstige grüne Gase in großen Mengen auf den Markt kommen. Wenn dies jemand plausibel versprechen könnte, hätte sich niemand in Berlin die Mühe gegeben, sich mit einem 65-%-EE-Gebäudeenergiegesetz bei den Wählern unbeliebt zu machen.  Jochen Vorländer

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Literatur

[1] Gesetzentwurf der Bundesregierung. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur Änderung der Heizkostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung. Berlin: 19. April 2023, Download auf www.bmwk.de