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Energiewende

Finale Klimabilanz 2020: Treibhausgasausstoß sinkt um 41,3 %

Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland in Abgrenzung der Sektoren des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG).

Umweltbundesamt

Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland in Abgrenzung der Sektoren des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG).

Das Umweltbundesamt hat die Berechnung der nationalen Treibhausgasemissionen an die EU-Kommission übermittelt: 2020 wurden in Deutschland Treibhausgase mit insgesamt 728,7 Mio. t CO₂-Äquivalent (CO2e) ausgestoßen. Rund 71 Mio. tCO2e bzw. 8,9 % weniger als 2019 und 41,3 % weniger im Vergleich mit 1990.

Formal hat Deutschland im Jahr 2020 sein Klimaschutzziel von 40 % weniger Treibhausgasemissionen gegenüber dem Referenzjahr 1990 erreicht. Die Zielerreichung war stark von der Covid-19-Pandemie geprägt, unter normalen Bedingungen galt die Zielerreichung als unerreichbar. Trotzdem hat Deutschland eine Minderungsverpflichtung verfehlt:

Mit 407,4 Mio. tCO2e im Nicht-EU-Emissionshandelsbereich (vor allem Verkehr und Gebäude) hat Deutschland 2020 sein Budget aus der Lastenteilungsentscheidung (Effort-Sharing-Decision) wieder eingehalten. Jedoch konnte der geringe „Überschuss“ von 3,5 Mio. tCO2e das kumulierte Defizit der Vorjahre nicht ausgleichen. Deutschland muss deshalb Emissionsberechtigungen von anderen Mitgliedstaaten zukaufen.

Exkurs: Lastenteilungsentscheidung (Effort-Sharing-Decision, ESD)

Mit den Rechtsvorschriften zur Lastenteilung wurden für die EU-Mitgliedstaaten verbindliche Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen in den Zeiträumen 2013 bis 2020 und 2021 bis 2030 auf Basis des Referenzjahres 2005 festgelegt. Diese Ziele betreffen Emissionen aus den meisten Sektoren, die nicht unter das EU-Emissionshandelssystem fallen, so die Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfall, aber auch Teile des Industriesektors.

Die genaue Berechnung der für die ESD relevanten Emissionen und damit auch der nötigen Zukäufe von Zertifikaten aus anderen Mitgliedstaaten erfolgt durch die EU-Kommission. Neben Gutschriften aus Vorjahren und einem Zukauf von Zertifikaten kann eine Überschreitung auch mit den Einsparungen im Jahr 2020 verrechnet werden.

Entwicklungen in der Energiewirtschaft

Im Jahr 2020 sind die Treibhausgasemissionen der Energiewirtschaft deutlich gesunken, und zwar um 38,1 Mio. tCO2e oder 15,2 %. Besonders stark ging der Einsatz von Steinkohle und Braunkohle zurück. Die Nutzung von emissionsärmerem (in den Grenzen der Emissionsbilanz) Erdgas nahm dagegen aufgrund im Jahr 2020 gesunkener Gaspreise und vergleichsweise hohen CO2-Zertifikatspreisen leicht zu. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern stieg insbesondere durch die günstige ⁠Witterung⁠ für die Windenergie an Land ebenfalls an.

Aufgrund der Coronavirus-Krise sank der Stromverbrauch. Das führte in der Summe zu einem unerwartet hohen Emissionsrückgang, obwohl Ende 2019 das Kernkraftwerk Philippsburg 2 vom Netz ging und damit die aus Kernenergie erzeugte Strommenge sank.

Den deutlichsten Emissionsrückgang verzeichnete die Braunkohle. Im Laufe des Jahres 2019 wurden weitere Kraftwerksblöcke in die Sicherheitsbereitschaft überführt. Das wirkte sich noch 2020 emissionsmindernd aus. Die Stromerzeugung aus Steinkohle ging trotz eines erheblichen Rückgangs im Vorjahr und der Inbetriebnahme des Kraftwerkes Datteln 4 in 2020 noch einmal deutlich zurück.

Entwicklungen im Gebäudesektor

Die Emissionen der Haushalte stiegen um 0,3 Mio. tCO2e bzw. 0,3 %, während die Emissionen aus Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (GHD) um 2 Mio. tCO2e bzw. 7,0 % sanken.

Emissionsmindernd wirkte sich der Lock-Down aus, als Restaurants, Theater, Schwimmbäder etc. geschlossen blieben. Dem entgegen wirkte ein leicht erhöhter Heizölabsatz, aufgrund der vergleichsweise günstigen Preise und der für 2021 angekündigten CO2-Bepreisung über den nationalen Brennstoffemissionshandel. Allerdings fiel der Lagerhaltungseffekt deutlich niedriger als im Jahr 2019 aus.

Im gesamten Gebäudesektor (Haushalte, GHD, Militär) kam es nach dem aktuellen Datenstand 2020 insgesamt zu Treibhausgasemissionen von 119,4 Mio. tCO2e. Damit hat der Gebäudesektor seine Jahresemissionsmenge gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG), die auf 118 Mio. tCO2e begrenzt ist, überschritten. Der Fehlbetrag ist nun allerdings geringer als bei der 1-KSG-Bilanz im März 2020, zu diesem Zeitpunkt wurden die Treibhausgasemissionen auf 120 Mio. tCO2e abgeschätzt. Durch genauere Daten können sich auch noch die Daten der Vorjahre ändern.

Emissionsübersichten nach KSG-Sektoren, Stand 12.01.2022

Entwicklungen im Verkehrssektor

Die CO2-Emissionen des Verkehrs sanken für das Jahr 2020 gegenüber 2019 deutlich, obwohl der Bestand an Pkw im 13. Jahr in Folge weiter zugenommen hat. Mit 147,2 Mio. tCO2e lagen die Verkehrsemissionen um knapp 11 % unter 2019 und damit wieder unterhalb des Werts von 1990.

Die Emissionen des Pkw-Verkehrs sind gegenüber dem Vorjahr sogar um 13 % gesunken. Der Großteil dieser Minderung ist darauf zurückzuführen, dass bedingt durch die Corona-Pandemie im Schnitt deutlich weniger gefahren wurde. In deutlich geringerem Umfang haben mehr Elektro-Pkw und höhere Beimischungen von Biokraftstoffen zum Emissionsrückgang beigetragen. Die ⁠Fahrleistung⁠ der Lkw lag trotz Corona-Pandemie im Vergleich zum Vorjahr nur wenig niedriger und die Emissionen der Nutzfahrzeuge gingen um 5 % zurück. Die Emissionen des inländischen Flugverkehrs gingen prozentual deutlich zurück (− 53 %).

Weitere Entwicklungen

Die sogenannten „diffusen“ Treibhausgasemissionen, z. B. durch die Freisetzung von Grubengas, sanken gegenüber dem Vorjahr um 0,4 Mio. tCO2e oder 5,1 %.

Deutliche Rückgänge gab es auch bei industriellen Prozessen. Hier sanken die Treibhausgasemissionen um über 7 % bzw. 4,3 Mio. tCO2e. Hier spielten Konjunktureffekte infolge der Coronavirus-Krise eine wichtige Rolle, die in den Branchen allerdings unterschiedlich ausfiel. Die deutlichste Minderung gab es in der Stahlindustrie, wo die Rohstahlerzeugung stark zurückging. Im produzierenden Gewerbe gab es überwiegend leichte Emissionsrückgänge.

In der Landwirtschaft sind die Treibhausgasemissionen ebenfalls leicht um 0,8 Mio. tCO2e auf 56,1 Mio. tCO2e gesunken. Hier setzt sich der ⁠Trend⁠ der vergangenen Jahre fort. Gründe dafür sind ein vergleichsweise geringer Einsatz von Mineraldünger, sinkende Rinderbestände und die erneut trockene ⁠Witterung⁠.

Emissionen nach Treibhausgasen

Mit fast 88 % dominiert auch 2020 Kohlenstoffdioxid (CO2) die Treibhausgasemissionen – größtenteils aus der Verbrennung fossiler Energieträger. Die übrigen Emissionen verteilen sich auf Methan (CH4) mit 6,7 % und Lachgas (N2O) mit knapp 4 %, dominiert durch die Landwirtschaft. Gegenüber 1990 sanken die Emissionen von Kohlendioxid um 39,2 %, von Methan um 58,7 % und von Lachgas um 51,4 %.

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GV

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Fluorierte Treibhausgase (F-Gase) verursachten insgesamt nur etwa 1,7 % der Treibhausgasemissionen, haben aber zum Teil ein sehr hohes Treibhauspotenzial. Seit 1995 sind die fluorierten Treibhausgasemissionen um 28,9 % gesunken.

Änderungen gegenüber der ersten Schätzung der Treibhausgasemissionen für 2020 (1. KSG-Bilanz: Gebäudesektor verfehlt Bundes-Klimaschutzgesetz) gehen auf Aktualisierungen der damals nur vorläufigen statistischen Informationen zurück. Die offizielle Schätzung für die Emissionen 2021, also die 2. KSG-Bilanz, wird das Umweltbundesamt gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz Mitte März 2022 vorstellen.

Patrick Graichen, Staatssekretär Bundesministerium für Wirtschaft und ⁠Klimaschutz⁠: „Wir stehen vor einer enormen klimapolitischen Herausforderung. Wir müssen das Tempo erhöhen und die Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft aktiv gestalten. Die Klimaziele erfordern bis 2030 fast eine Verdreifachung der bisherigen Geschwindigkeit der Emissionsminderung. Zur künftigen Einhaltung der Jahresemissionsmengen im Klimaschutzgesetz sind zusätzliche Maßnahmen die alle Sektoren betreffen dringend erforderlich. Mit dem Start des Klimaschutz-Sofortprogramms bringen wir jetzt alle notwendigen Gesetze und Maßnahmen dafür auf den Weg.“ Siehe auch: Habeck: Starten beim Klimaschutz mit drastischem Rückstand. ■

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