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Nachhaltigkeit

Abwärme im Wintersport nutzen

Mit einem neuen, nachhaltigen Energiekonzept bereitet sich die Wintersport-Hochburg Oberhof im Thüringer Wald auf die Zukunft vor.

Zweckverband Thüringer Wintersportzentrum

Mit einem neuen, nachhaltigen Energiekonzept bereitet sich die Wintersport-Hochburg Oberhof im Thüringer Wald auf die Zukunft vor.

Mit einem neuen, nachhaltigen Energiekonzept bereitet sich die Wintersport-Hochburg Oberhof im Thüringer Wald auf die Zukunft vor.

Im Februar befand sich die Region Oberhof für 12 Tage im Ausnahmezustand. Die Weltelite des Biathlons war zu Gast im Thüringer Wald und kämpft auf der Strecke und am Schießstand um die Weltmeisterschaftsmedaillen. Zehntausende Fans werden an der Biathlon-Arena am Rennsteig erwartet.

Was beim Anfeuern der SpitzensportlerInnen eher in den Hintergrund rückt: Der Wintersportstandort bereitete sich seit 2019 mit umfassenden Modernisierungsarbeiten auf die WM 2023 vor. Es erfolgte sowohl eine Anpassung an sportfachliche Maßstäbe als auch an aktuelle Klima- sowie Energieanforderungen. Die ExpertInnen des Stuttgarter Beratungsunternehmens Drees & Sommer unterstützen den Zweckverband Thüringer Wintersportzentrum mit dem Entwurf und der Umsetzung eines klimaneutralen Energiekonzeptes.

Das Ziel: Eine nachhaltige, unabhängige und möglichst kosteneffiziente Wärme-, Kälte- und Stromversorgung der Sportstätten und des Standortes Oberhof.

Nachhaltigkeit und Wintersport – geht das?

An den Sportstätten in Oberhof werden teilweise ganzjährig die Lotto Thüringen Skisporthalle sowie die Eis-Arena Oberhof gekühlt. Schnee wird teilweise künstlich produziert und die Flutlicht-, Beschneiungs- und Kühlanlagen benötigen jede Menge Energie. Der Klimawandel, Ressourcenknappheit und die aktuelle Energiekrise zwingen die Wintersport-Hochburg in Thüringen – wie zahlreiche Standorte weltweit – zunehmend zum Umdenken.

„Der Zweckverband Thüringer Wintersportzentrum ist diesen Herausforderungen gewachsen“, zeigt sich WM- und Oberhofbeauftragter der Landesregierung Thüringen Dr. Hartmut Schubert überzeugt. In Vorbereitung auf die Weltmeisterschaften 2023 werden die Trainings- und Wettkampfstätten umfangreich modernisiert. „Im Rahmen dieser Umbauarbeiten legen wir den Fokus auch auf die Verankerung einer klimaneutralen Energieversorgung am Standort – um nicht nur den Anforderungen des Sports gewachsen zu bleiben, sondern auch um im Hinblick auf Umwelt- und Energiethemen zukunftsfähig zu sein“, führt Schubert aus.

Das Expertenteam von Drees & Sommer wirkt maßgeblich, basierend auf dem Leitbild Ökologie und Ökonomie zu vereinen, bei der Erarbeitung eines ganzheitlichen Energiekonzeptes mit und unterstützt den Zweckverband bei der Umsetzung. Die Ansätze und Instrumente sind ideal abgestimmt auf die klimatischen Umstände in Oberhof und mit den Wintersportanlagen einhergehenden standortspezifische Gegebenheiten.

Aus Abwärme der Eisanlagen Energie erzeugen

Mit der Lotto Thüringen Eis-Arena (Rennrodelbahn) sowie der Lotto Thüringen Skisport-Halle existieren 2 Sportstätten, bei deren Versorgung durch Kälteanlagen große Mengen an Abwärme entstehen.

„Bisher wurden Rückkühlanlagen betrieben, deren Betrieb Abwärme erzeugt. Dabei handelt es sich um wertvolle Energie, die nicht länger ungenutzt in die Umgebung verpuffen darf. Stattdessen wollen wir die Abwärme nutzen, indem wir sie in ein sogenanntes Kaltnetz einspeisen und dort speichern“, erklärt Christian Krajci, Senior Teamleiter bei Drees & Sommer.

Das Kaltnetz funktioniert dabei ähnlich wie ein Wärmenetz – nur mit einer niedrigeren Vorlauftemperatur. Anschließend wird eben diese Energie mithilfe von Wärmepumpen zur Beheizung oder Warmwasserbereitung der Sportanlagen direkt an Ort und Stelle weiterverwendet. „Im November 2022 wurden Teile der Kaltnetztrasse erfolgreich in Betrieb genommen. Dies ermöglicht nun bereits zur Weltmeisterschaft eine optimale Nutzung der unvermeidbaren Abwärme und somit auf Dauer kostenfrei zur Verfügung stehende Energie“, resümiert Krajci.

Biomassekessel und Blockheizkraftwerk für zusätzliche Wärme

„Auf dem Weg in Richtung Unabhängigkeit von externen Wärme- und Stromzulieferern, werden neben der Abwärmenutzung in einzelnen Jahresabschnitten alternative Quellen benötigt“, ergänzt Fabian Esslinger, Projektleiter bei Drees & Sommer. Derzeit steht der Neubau einer Energiezentrale an der „Tambacher Straße“ inklusive Aufbau eines Fernwärmenetzes im Fokus der Projektsteuerer.

3 Biomassekessel stellen dort unter Verwendung von regional bezogenen Holzhackschnitzeln und deren Verbrennung zusätzliche Wärme bereit. Ein Biomethan-Blockheizkraftwerk erzeugt außerdem sowohl Wärme als auch Strom. Künftige Verbraucher der auf unterschiedlichen Wegen generierten Energie sind bisher beispielsweise das Sportgymnasium der Stadt, die naheliegende Bundeswehr-Kaserne am Rennsteig, ein noch zu errichtendes Bio-Hotel sowie die Friedrich-Schiller Grundschule. Eine spätere Ausweitung des Fernwärmenetzes an weitere Verbraucher in Oberhof ist möglich und gewollt.

Photovoltaik-Anlagen erhöhen die Eigenstromversorgung

Um neben der Wärme- auch die Stromeigenversorgung zu erhöhen, werden zudem seit Sommer 2022 knapp 2000 Photovoltaik-Platten auf sämtlichen baulich geeigneten Dächern der Wintersportanlagen installiert. Der ökologisch erzeugte Solarstrom wird durch ein neu aufgebautes Stromnetz an die Gebäude des Wintersportzentrums verteilt und deckt zukünftig gut 15 % des Energiebedarfes vor Ort.

Einen weiteren Baustein zum Gesundheitsschutz im Gebäude bildet das Lüftungssystem: Beim sogenannten Schichtlüftungsprinzip breitet sich frische Zuluft in Bodennähe wie ein „Frischluftsee“ aus. Durch die vom Menschen abgegebene Wärme steigt die verbrauchte Luft nach oben und zieht frische Luft vom Boden nach. So haben Mitarbeitende stets frische Luft zur Verfügung, während ausgeatmete Partikel wie Viren, Aerosole oder CO2 in Richtung Decke abgeführt und aus dem Raum abgesaugt werden.

Das in der Wintersportbranche bisher einzigartige Energiedesign-Projekt wird auf Bundesebene vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und auf Landesebene vom Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz gefördert. Die ExpertInnen von Drees & Sommer unterstützen den Zweckverband Thüringer Wintersportzentrum beim Fördermittelmanagement. Voraussichtlich soll 2026 das neue Energiekonzept umgesetzt und die Sportstätten Oberhof auf dem besten Wege in eine klimaneutrale Zukunft sein. ■
Quelle: Drees & Sommer / fl