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Regen- und Grauwassernutzung

Wasserrecycling: Zweites Leitungsnetz im Gebäude zahlt sich aus

Droht ein Verteilungskampf um Regenwasser? Stadtplaner wollen Niederschläge vorrangig über Gründächer verdunsten, zugunsten der City-Kühlung und Luftbefeuchtung im Sommer. Investoren wollen es in Gebäuden nutzen, um Trinkwasser zu sparen und den Immobilienwert durch ein Nachhaltigkeitszertifikat hoch zu halten.

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Droht ein Verteilungskampf um Regenwasser? Stadtplaner wollen Niederschläge vorrangig über Gründächer verdunsten, zugunsten der City-Kühlung und Luftbefeuchtung im Sommer. Investoren wollen es in Gebäuden nutzen, um Trinkwasser zu sparen und den Immobilienwert durch ein Nachhaltigkeitszertifikat hoch zu halten.

Schon 2009 hatte die Europäische Umweltagentur gewarnt: „Die Wasserknappheit ist ein immer häufiger auftretendes und beunruhigendes Phänomen, das mindestens 11 % der europäischen Bevölkerung und 17 % des EU-Gebiets betrifft“. Ballungsräume, auch in Deutschland, könnten ohne Fernwasserleitungen aus dem Umland nicht mehr existieren.

Doch wie geht es weiter, wenn die Ressourcen im Umland nach einigen trockenen Jahren erschöpft sind? Doppelte Leitungsnetze im Gebäude zur Wiederverwendung von Grauwasser und zur Nutzung von Regenwasser durch Grauwassernutzungsanlagen, sind für neue Immobilien schon heute eine Option.

Beispiel Frankfurt: Für geplante Neubaugebiete in der südlichen Rödelheimer Landstraße und in der Bürostadt Niederrad existieren Konzeptstudien zum großflächigen Grauwasserrecycling. Bereits in Betrieb ist im Stadtteil Bockenheim eine Kindertagesstätte, in der Grauwasser recycelt und zum Spülen der Toiletten genutzt wird. Auch Wärmerecycling ist installiert, wobei zusätzlich das Grauwasser der 66 Wohnungen im selben Gebäude Verwendung findet.

Ballungsräume benötigen mehr Trinkwasser als eigene Ressourcen hergeben

Stadtplaner wollen Niederschläge vorrangig über Gründächer verdunsten, zugunsten der City-Kühlung und Luftbefeuchtung im Sommer. Investoren wollen das Niederschlagswasser in Gebäuden nutzen, um Trinkwasser zu sparen und den Immobilienwert durch ein Nachhaltigkeitszertifikat hoch zu halten. Alternativ denken sie bei Wohnungsbau, Sporthallen und Beherbergungsbetrieben an Grauwassernutzung für die Toilettenspülung – vor allem seit es hierfür in Kombination mit Wärmerückgewinnung staatliche Zuschüsse gibt.

Ein Teil der Wasserversorgungsunternehmen behauptet nach wie vor, Deutschland sei ein an Wasser reiches Land. Das sagt genauso wenig aus, wie die Behauptung, seine Bewohner seien wohlhabend. Solche Äußerungen beziehen sich auf den Durchschnitt und ignorieren, dass der Reichtum nicht gleichmäßig verteilt ist. Die meisten Ballungsräume benötigen mehr Trinkwasser, als ihre eigenen Ressourcen vor Ort hergeben.

Schema zentraler Regenwasserspeicher in der Mitte einer Gebäudegruppe. Sammelsystem mit Anschluss aller Dachflächen, Verteilsystem als zweites Leitungs-Netz innerhalb der Häuser. Speicherüberlauf in die Versickerung oder als verzögerte Ableitung in ein Oberflächengewässer.   

König

Schema zentraler Regenwasserspeicher in der Mitte einer Gebäudegruppe. Sammelsystem mit Anschluss aller Dachflächen, Verteilsystem als zweites Leitungs-Netz innerhalb der Häuser. Speicherüberlauf in die Versickerung oder als verzögerte Ableitung in ein Oberflächengewässer. 
 
 

Grundwasserspiegel sinkt teils dramatisch – doch es tut sich was

Die bisherige Politik sah die Lösung für chronischen Wassermangel in Fernwasserleitungen. Deren ökologische Auswirkungen sind teilweise unbedeutend, teilweise gravierend. Frankfurt am Main überstand die mehr als 6-monatige Dürre im Sommer 2018 auf Kosten der 50 km entfernten Region am Vogelsberg.

Naturschützer schlugen dort zum wiederholten Mal wegen des dramatisch sinkenden Grundwasserspiegels Alarm. Eine Fernwasserversorgung ist nicht grundsätzlich zu kritisieren, aber das Versäumnis, in Mangelgebieten flächendeckend einen Teil des Trinkwassers durch Betriebswasser zu ersetzen.

Doch es tut sich was. Laut Schwarz-Grüner Koalitionsvereinbarung Ende 2018 will die hessische Landesregierung „Brauchwassersysteme1) in Industrie- und Wohnanlagen forcieren“.

Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt agieren bereits gemeinsam, sie sind möglicherweise auf dem Weg zu einer Modellregion. In Neubauvorhaben und bei der Erschließung neuer Baugebiete wollen sie separate Leitungsnetze für Betriebswasser installieren lassen [1]. Eine solche zusätzliche dezentrale Wasserversorgung ist auf Quartiers- und auch auf Gebäudeebene möglich.

1) Anmerkung des Autors: Technisch korrekt wäre hier die Bezeichnung Betriebswasser. Denn als Brauchwasser bezeichnen Haustechnik-Fachleute das erwärmte Trinkwasser in der Sanitärinstallation. Alles nutzbare Nicht-Trinkwasser hingegen ist per Definition Betriebswasser.

Ökobilanz der Betriebswassernutzung

Verringert sich die Grundwasserentnahme durch das Nutzen von Betriebswasser, werden natürliche Vorräte bewahrt. Zusätzlich ist der Aufwand für Aufbereitung und Verteilung von Trinkwasser dem entsprechend geringer, ein weiteres ökologisches Plus. Doch rechtfertigt dies den Rohstoff- und Energieeinsatz für den Bau und Betrieb einer Parallelversorgung mit Nicht-Trinkwasser?

Energiebedarf: Im direkten Vergleich zur zentralen Wasserversorgung haben die dezentralen Anlagen eine etwas schlechtere Ökobilanz durch einen höheren Stromverbrauch pro Kubikmeter an der Entnahmestelle. Weil eine messbare Entlastung der Abwassersysteme im Hinblick auf Qualität und Menge damit einhergeht, ergebe sich insgesamt aber ein Vorteil in der Ökobilanz, meint ein Forscherteam der Universität Hannover [2].

Prinzip eines unterirdischen Regenspeichers mit Zulauf von einer Dachfläche, Überlauf in eine Sickermulde. 

König

Prinzip eines unterirdischen Regenspeichers mit Zulauf von einer Dachfläche, Überlauf in eine Sickermulde.
 

Dies bestätigt eine zweite Untersuchung, die an der Universität Karlsruhe durchgeführt wurde. Und deren Verfasser nennt zusätzliche Aspekte: Beträgt der Aufwand zentraler Versorgung für Aufbereitung und Transport von Trinkwasser mehr als 0,75 kWh/m3, hat sie mehr Anteil am Treibhauseffekt als eine Regenwassernutzungsanlage im Durchschnitt. Bei der Fernwasserversorgung, die mit 1,15 kWh/m3 angenommen wird, vergrößert sich der Ökobilanz-Vorteil dezentraler Systeme noch weiter [3].

Abwasserqualität: Regenwasser ist von Natur aus „weich“, d. h. ohne Härtebildner, sodass in der Waschmaschine die minimale Waschmitteldosis genügt. Das mindert die Belastung des verschmutzen Wassers mit Tensiden gegenüber der Verwendung von hartem und mäßig hartem Trinkwasser. Das Putzen mit Regenwasser gespülten Toiletten erfordert weniger Reinigungsmittel, da sich Urinstein nur in Verbindung mit hartem Trinkwasser bildet. Für Betrieb und Anlagenwartung von Regen- und Grauwasseranlagen gilt generell: An keiner Stelle sind Chemikalien in Form von Desinfektionsmitteln, Säuren oder Laugen erforderlich, die ins Abwasser gelangen.

Abwassermenge: Der spontane Regenabfluss zum Kanal wird zu einem großen Teil in Speichern gepuffert (Retention) und erst durch die Nutzung im Haus zeitverzögert zu Abwasser. Zusätzlich ist die Abwassermenge bei Regenwasseranlagen um den Teil, der bei Bewässerung und Überlauf versickert, bei Grauwassernutzung sogar um den kompletten wieder verwendeten Anteil verringert. Beides mindert die erforderliche Energie (sowie Betriebskosten) auf der Kläranlage und erhöht deren Reinigungsleistung.

Insgesamt überwiegen die ökologischen Vorteile dezentraler Betriebswasseranlagen. Darüber hinaus ergeben sich kommunale Einsparungen.

Glossar

Regenwassernutzung: Verwenden des atmosphärischen Niederschlags. Mindestanforderung ist eine Wasserqualität gemäß der europäischen Badegewässerrichtlinie. Bei Stichproben werden regelmäßig deutlich bessere Werte, als dort gefordert, gefunden.
Eine Nachweispflicht besteht nicht.

Grauwassernutzung: Verwenden des häuslichen Schmutzwassers ohne Abwasser aus Toiletten und Urinalen. Mindestanforderung an die Wasserqualität gibt es in Deutschland bisher nicht. Das könnte sich ändern, sobald DIN EN 16 941-2 veröffentlicht ist. Die Nachweispflicht als mögliche Option ist in deren Anhang D erstmals formuliert, abhängig von der Risikobewertung und Nutzungsart.

Regen- und Grauwassernutzungsanlagen: Sie bestehen aus den vier wesentlichen Elementen Sammlung, Behandlung, Speicherung und Verteilung. Eine Genehmigung ist in Deutschland nicht erforderlich. Allerdings besteht Anzeigepflicht vor dem Bau einer Anlage beim Wasserversorger und beim Gesundheitsamt.

Betriebswasser: Nicht-Trinkwasser, z. B. gefiltertes Regenwasser und aufbereitetes Grauwasser. Damit darf in privaten deutschen Haushalten der Garten gegossen, der Fußboden gewischt, die Toilette gespült und die Wäsche gewaschen werden. In Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie ergeben sich weitere Möglichkeiten.

Grauwasser- und Regenwassernutzung: Ökonomische Betrachtung

Die ökonomische Bewertung von Regen- und Grauwasseranlagen kann nur im Einzelfall erfolgen, da die Betriebskosten und Einsparungen wesentlich von lokalen Faktoren abhängen. Dazu gehören bei Regenwassernutzung die örtliche Niederschlagsmenge, eine eventuelle Festsetzung laut kommunaler Abwassersatzung oder ein Zuschuss durch Fördermittel sowie die Reduzierung von Gebühren.

Beispiele: In Oberursel (Hochtaunuskreis) gilt im gesamten Stadtgebiet bei Neubau die Pflicht, eine Regenwassernutzungsanlage zu installieren. Demnach gehört hier die Investition zu den Baukosten. Dadurch erübrigt sich die Frage nach der Amortisation. Ganz anders in Heidelberg: Hier ist das eine freiwillige Entscheidung der Bauherrschaft, die mit einem Zuschuss belohnt wird, ebenso in Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis), in Oettingen (Donau-Ries-Kreis) und in der Gemeinde Gräfelfing (Landkreis München).

Die Hansestadt Hamburg begünstigt über die Hamburgische Investitions- und Förderbank seit 2014 Ressourcenschutz in Unternehmen, unter anderem für die „effiziente Verwendung“ von Wasser. Und das Bundesland Bremen bietet finanzielle Hilfe für Regen- und Grauwassernutzer. In diesen Fällen beträgt die Amortisation, unterstützt durch Fördermittel, in der Regel zwischen 5 und 15 Jahre, ohne Zuschüsse 10 bis 20 Jahre [4].

Lifecycle-Management: Laut Prof. Henning Balck aus Heidelberg sind 20 % der Investition eines Standardgebäudes für 80 % der Folgekosten verantwortlich. Insofern muss in der Investitionsphase mehr Geld ausgegeben werden, um in der Nutzungsphase ein Vielfaches davon einzusparen. Die Nutzungsdauer der Komponenten einer Betriebswasseranlage, z. B. Speicherdauer und Leitungen, beträgt viele Jahrzehnte [4]. Die Nutzung lohnt sich demnach langfristig.

Der Sprühvorgang findet im Sommer abluftseitig vor dem Wärmeübertrager statt.

Schmidt

Der Sprühvorgang findet im Sommer abluftseitig vor dem Wärmeübertrager statt.
Adiabatische Abluftkühlung mit Regenwasser, Klimaanlage im Institut Physik der Humboldt-Universität in Berlin Adlershof. 

Schmidt

Adiabatische Abluftkühlung mit Regenwasser, Klimaanlage im Institut Physik der Humboldt-Universität in Berlin Adlershof. 

Regenwassernutzung

Im Wohnungsbau, im Gewerbe und in der Industrie wird das weiche Regenwasser als preiswerte Alternative zu enthärtetem Trinkwasser geschätzt und gerne auch zur Fahrzeugwäsche in Betriebshöfen genutzt. In Verwaltungsgebäuden, Hochschulen, Schulen und Heimen wird es wegen der immensen Energieeinsparung zunehmend zur Gebäudekühlung verdunstet.

Beispiel:

Berlin, Institut für Physik der Humboldt-Universität, seit 2003. Regenwasser vom Dach wird in einem 40 m3 fassenden unterirdischen Speicher gesammelt und für die Bewässerung der Fassadenbegrünung sowie zur Verdunstung in der Klimaanlage genutzt (adiabatische Abluftkühlung). 1 m3 Regenwasser erzeugt 680 kWh Kälte, sodass auf energieintensive konventionelle Kältetechnik nahezu verzichtet werden kann.

Grauwasserrecycling

Wohngebäude, Sporthallen und Beherbergungsbetriebe sind ideale Objekte, da dort der Ertrag aus Körperreinigung dem Bedarf entspricht, der bei Raumreinigung und WC-Spülung entsteht – und der Umsatz meistens innerhalb von 24 h erfolgt. Die optimale Grauwassernutzungsanlage wie Speicher- und Anlagengröße lässt sich durch Computersimulation ermitteln.

Als besonders zuverlässige Aufbereitungstechnik gilt das rein biologisch funktionierende Wirbelbettverfahren, welches sowohl wenig Energie als auch wenig Wartung benötigt und sich seit mehr als 15 Jahren bei unterschiedlichen Objekten als sehr robust erwiesen hat – selbst dann, wenn seitens der Mieter versehentlich Wandfarbe und Desinfektionsmittel eingeleitet wurden.

 

Schema des mehrstufigen Reinigungsverfahrens für Grauwasser, seit April 2012 auf 9 m2 im Heizraum des Gebäudes am Arnimplatz untergebracht. Den Mietern wird kein spezielles Nutzerverhalten abverlangt.  

Nolde & Partner

Schema des mehrstufigen Reinigungsverfahrens für Grauwasser, seit April 2012 auf 9 m2 im Heizraum des Gebäudes am Arnimplatz untergebracht. Den Mietern wird kein spezielles Nutzerverhalten abverlangt.
 
 

Förderung für Wärmerückgewinnung

Staatliche Förderung: Das am 1. März 2018 begonnene und vorerst auf drei Jahre begrenzte Programm bezuschusst Duschrinnen, Duschtassen und Duschrohre, jeweils in Kombination mit einem Wärmeübertrager sowie Anlagen zur Wärmerückgewinnung aus dem gesamten, im Gebäude anfallenden Grauwasser, das einer Wärmerückgewinnung unterzogen wird – sofern ein zweites Leitungsnetz (Grauwassernetz) installiert wird, mit folgenden Fördersätzen [5]: Anzahl der Duschen ≤ 20: 550 Euro je angeschlossener Dusche. Anzahl der Duschen > 20: 500 Euro je angeschlossener Dusche. Maximal jedoch 30 % der förderfähigen Investitionskosten für Anschaffung und Installation. Beispiel:

Im Pilotprojekt am Arnimplatz in Berlin, einem mehrgeschossigen Passivenergiehaus mit 41 Wohn- und 4 Gewerbeeinheiten, ist der Nachweis 2012 erstmals gelungen: Das Verfahren des dezentralen Wasserrecyclings in Kombination mit Wärmerückgewinnung holt aus dem häuslichen Abwasser deutlich mehr Energie als zum Betrieb der Anlage benötigt wird und funktioniert nahezu wartungsfrei. Durch die Energieeinsparung und die damit verbundene CO2-Minderung wird – im Vergleich zur bisherigen Betriebsweise der zentralen Wasserwirtschaft – ein positiver Effekt für das Klima [6] erzielt.

Literatur

[1] fbr-wissen. Regenwasser sammeln und nutzen. Information für Kommunen. Darmstadt: Hrsg.: Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. (fbr), 2019

[2] Müller, U. et. al.: Regenwassernutzungsanlagen, eine ökologisch sinnvolle Alternative? Überlegungen zu einer Bremer Produkt-Ökobilanz. Hannover: Diskussionspapier Nr. 193, Institut für Ordnungs- und Prozesspolitik, FB Wirtschaftswissenschaften, 1995 

[3] Späth, L.: Ökologische Aspekte der Nutzung von Regenwasser als Brauchwasser im Haushalt. Vorbereitung einer gesamtökologischen Bewertung unter Verwendung des Softwarepakets Umberto. Karlsruhe: Diplomarbeit an der Universität Karlsruhe, Institut für Siedlungswasserwirtschaft, 1999

[4] Fbr-top Blätter: Loseblatt-Reihe zu grundsätzlichen Themen der Regenwassernutzung. Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e. V., Darmstadt. Laufend aktualisierte Ausgaben

[5] BAFA-Merkblatt und „Richtlinie zur Förderung von innovativen marktreifen Klimaschutzprodukten im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (Kleinserien-Richtlinie)“ . Online

[6] König, K. W.: Aquaponik in Berlin nutzt Grauwasser. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA Fachplaner 5/2018

Umdenken senkt Kosten

Der regenarme und heiße Sommer 2018 hat uns, mehr noch als die Trockenphasen in den Jahren zuvor, die Grenzen der Sorglosigkeit gezeigt. In einigen ländlichen Gebieten Niedersachsens bekamen die Bewohner Einschränkungen bei der Trinkwasserversorgung zu spüren. Aber in Bremen, Hamburg und Frankfurt, die weit mehr Wasser brauchen als sie selbst zur Verfügung haben, war „business-as-usual“. Sie stillen ihren permanenten Durst über Fernwasserleitungen.

Bei anhaltender Dürre, wie auch 2019 und 2020 in weiten Teilen Nord- und Ostdeutschlands, sind nach einiger Zeit selbst die größten Regenspeicher leer. Dann ist die zentrale Wasserversorgung besonders gefragt und Fernwasserversorgung ist in einigen Ballungsgebieten lebensnotwendig. „Für den Extremfall ja, aber nicht für untergeordnete Zwecke und im Normalbetrieb jeden Verwendungszweck mit Trinkwasser abdecken“, sollte die Devise sein. Denn Tatsache ist, dass konsequente Regen- und Grauwassernutzung, möglichst das ganze Jahr über, den jährlichen Trinkwasserbedarf und somit auch die Wassergebühren halbieren würde – ohne Verlust an Komfort. Und bei vollen Speichern und weiter anhaltendem Regen wird der Überlauf vor Ort nach Möglichkeit versickert, das Grundwasser damit angereichert.

Auch die Menge und damit die Gebühr des Abwassers sind deutlich geringer, wenn Grauwasser wiederverwendet wird. Durch das Nutzen des Regenwassers, das nicht in den Kanal eingeleitet wird, sparen die Bewohner eine dritte Gebühr, die für das Ableiten von Niederschlägen pro Quadratmeter versiegelte und an den Kanal angeschlossene Fläche fällig wird. Diese Niederschlagsgebühr ist je nach Kommune unterschiedlich und beträgt, Stand 2020, pro Quadratmeter und Jahr zwischen 0,17 Euro (Holle, Niedersachsen, sowie Ringsheim, Baden-Württemberg) und 1,95 Euro (Wuppertal / Nordrhein-Westfalen).

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Grauwasserrecyclinganlage mit vorgeschalteter Wärmerückgewinnung, Wohnhaus Berlin Arnimplatz. Innerhalb von 9 Jahren ist die Investition amortisiert. Anschließend wird eine jährliche Rendite von 7000 Euro erzielt, die sich mit steigenden Wasserkosten jährlich erhöht. 

Nolde & Partner

Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Grauwasserrecyclinganlage mit vorgeschalteter Wärmerückgewinnung, Wohnhaus Berlin Arnimplatz. Innerhalb von 9 Jahren ist die Investition amortisiert. Anschließend wird eine jährliche Rendite von 7000 Euro erzielt, die sich mit steigenden Wasserkosten jährlich erhöht.
 

Dieser Artikel erschien zuerst in der Heftausgabe 12-2020 des TGA Fachplaners unter dem Titel "Zweites Leitungsnetz im Gebäude zahlt sich aus “ von Dipl.-Ing. Klaus W. König.

Lesen Sie auch: Regenwasser nutzen und Betriebskosten deutlich senken: So gehts

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