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Heizungsmodernisierung

Kurzsichtige Argumentation

„Nach einem extrem schwachen Jahr 2007 zieht die Nachfrage nach effizienter Heiztechnik kräftig an“, vermeldete Klaus Jesse, Präsident des Bundesindustrieverbands Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH), auf der 2. Deutschen Wärmekonferenz am 16. September in Berlin. Besonders stark sei der Anstieg bei Heizsystemen, „die nicht nur Erdgas oder Heizöl effizient nutzen, sondern auch erneuerbare Energien“. Ihr Marktanteil habe sich seit 2005 von 20 auf 40 % verdoppelt. Jesse macht hierfür in erster Linie die „extremen Preissteigerungen für Heizöl und Erdgas“ verantwortlich. Ein weiterer überzeugender Investitionsanreiz seien die nun gesetzlich festgeschriebenen Förderbedingungen für effiziente Heizsysteme und solarthermische Anlagen. Besonders letztere boomen: Der BDH schätzt, dass in diesem Jahr 85 % mehr Solarthermieanlagen als im Vorjahr abgesetzt werden.

Hohe Energiepreise und verlässliche staatliche Förderung sieht der BDH als Haupttreiber für den Absatz von Heizungsanlagen. Gute Geschäfte können sie aber nicht garantieren.

Hohe Energiepreise und staatliche Förderung als Haupttreiber für den Absatz von neuen Heizungsanlagen? Ja, sie wirken, aber wie lange noch? Unerwünschtes Datenmaterial könnte es schon bald geben: Simultan zur der BDH-Pressekonferenz stürzte der Rohölpreis kräftig ab und lag zeitweise unter 90 US-$/Barrel. Mitte Juli hatte er noch an der 150-Dollar-Marke gekratzt. Weil seitdem der Euro deutlich gegenüber dem US-Dollar an Wert verloren hat, profitieren Verbraucher allerdings nur gedämpft vom Ölpreisverfall. Und durch die zeitversetzte Ölpreisbindung haben die Gaspreise ihren Horizont noch gar nicht erreicht. In wenigen Wochen kann die Situation aber schon ganz anderes aussehen.

Viele Verbraucher sind mit den „explodierten Energiekosten“ bezüglich ihrer Heizung noch gar nicht auf dem eigenen Konto, sondern vorrangig über die Medien konfrontiert worden. Jetzt hören sie wieder von sinkenden Preisen. Muss sich die Branche also schon wieder auf einen Abschwung vorbereiten? Alle Umfragen zeigen: Modernisiert wird nur, wenn es sich rechnet. Wie die letzten Jahre, mit prinzipiell günstigen Rahmenbedingungen zur Refinanzierung aus den Einsparungen gezeigt haben, definieren Endgebraucher „lohnt sich“ aber abweichend von der ingenieurmäßigen Definition.

Bleibt die Hoffnung auf den positiven Effekt staatlicher Förderung. Subventionen haben aber den großen Nachteil, dass sie nicht dauerhaft wirken und über kurz oder lang in Preiserhöhungen versickern. Daneben hat das Marktanreizprogramm bereits viel von seiner eigentlichen Ausprägung verloren, „zukunftsträchtiger, aber heute noch nicht wirtschaftlicher Technik zu kostensenkender Massenproduktion zu verhelfen“. Mittlerweile ist es ein Programm, das im Bestand praktisch jede nicht völlig veraltete Technik finanziell belohnt.

Auch darf man nicht vergessen, dass die Kaufkraft durch das Marktanreizprogramm nicht steigt. Den Fördertopf füllen die Verbraucher. Über Steuern und zunehmend durch die Ausstattung mit den Erlösen aus der Versteigerung von CO2-Emissionsberechtigungen über die eigene Stromrechnung. Dadurch werden die Lasten relativ gleichmäßig auf alle Bürger verteilt. Zu mehr Gerechtigkeit führt das aber nicht. Denn die Nutznießer des Marktanreizprogramms sind vor allem Bayern und Baden-Württemberg. 48 % aller Anträge, zudem vermehrt die mit besonders hohen Zuschüssen, kommen momentan aus den beiden Ländern.

So wirkt das Marktanreizprogramm zunehmend als umgedrehter Länderfinanzausgleich und weniger als bundesweiter Sanierungsmotor. Politiker aller Couleur haben auf der Wärmekonferenz zugesagt, dass „die wichtigsten Förderprogramme bis 2015 abgesichert sind und unabhängig von Regierungskonstellationen Bestand haben werden“. Für den Modernisierungsmarkt ist das eine wichtige Botschaft, eine Garantie für das deutschlandweite Auflösen des Modernisierungsstaus ist sie aber noch lange nicht. Hier wird die Branche mehr tun müssen. Vor allem mit Aktionen, die auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet sind und nicht auf die Interessen einzelner Sparten der Heizungsindustrie. Wer sich dazu noch auf hohe Energiepreise verlässt, argumentiert zwar mit Weitsicht, aber dennoch kurzsichtig.

Ihr

Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner

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