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Projekt Windheizung

Lastmanagement mit Wärmespeichern

Kompakt informieren

  • Die in der Praxis zu erschließenden Kostensenkungspotenziale durch eine zeitliche Verlagerung des Stromverbrauchs im Haushalt sind für die Stromkunden eher gering; auch die Energiewirtschaft kann von der Lastverschiebung kaum profitieren.
  • Einen attraktiven Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes kann die flexible Aufladung von Wärmespeichern (Elektrospeicherheizungen und über Wärmepumpen geladene Pufferspeicher) bei den Kunden leisten.

Eine wesentliche Herausforderung der Energiewende ist die Integration des schwankenden und auf der Deutschlandkarte sehr unterschiedlich verteilten Angebots an Strom aus Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen in das öffentliche Stromnetz. Wurde die Stromerzeugung früher von der Nachfrage bestimmt, so wird die Verfügbarkeit von Energie in Zukunft zunehmend von zeitlichen und klimatischen Bedingungen abhängig sein. Um die Stabilität des Versorgungsnetzes aufrechtzuerhalten, besteht die Notwendigkeit, die Stromverwendung und die regenerative Stromerzeugung (besser) aufeinander abzustimmen Abb. 1.

Anreize für die Änderung des Verbraucherverhaltens sollen dabei über den Strompreis durch zeit- bzw. lastvariable Tarifmodelle geschaffen werden. Für private Haushalte stehen dabei zwei unterschiedliche Strategien im Vordergrund:

  • die möglichst weitgehende Verlagerung des täglichen Stromverbrauchs – unterstützt durch intelligente Hausgeräte oder Smart-Home-Systeme sowie
  • der Einsatz intelligenter Speichertechniken, um überschüssigen Ökostrom aus dem öffentlichen Stromnetz für die Wärmeversorgung zu nutzen.

Ausschlaggebend für die erfolgreiche Einführung lastvariabler Tarife wird sein, inwieweit diese beiden Ansätze den Anforderungen der Kunden sowohl in Hinsicht auf den gewünschten Wohnkomfort als auch in Bezug auf das Kosten/Nutzen-Verhältnis entsprechen.

Die Basis: Intelligente Stromzähler

Eine wesentliche technische Voraussetzung für die Umsetzung lastvariabler Stromtarife sind intelligente Stromzähler (Smart Meter) Abb. 2. Die digitalen Geräte liefern detaillierte Auskünfte über den tatsächlichen Energieverbrauch sowie Nutzungszeiten in den Haushalten und ermöglichen so den Abgleich mit der Gesamtnachfrage und der Netzauslastung. Dabei sollen allein die intelligenten Zähler schon aufgrund der höheren Transparenz des Stromverbrauchs bei den Kunden für einen bewussteren Umgang mit Energie und damit bereits zu Verbrauchseinsparungen führen. Verschiedene von RWE durchgeführte Feldtests zeigen jedoch, dass dieser Zusammenhang deutlich komplexer ist. Nur wenn Smart Meter durch weitere Infrastrukturmaßnahmen begleitet werden, ergibt sich ein Einfluss auf das Verbrauchsverhalten der Kunden. So schaffen beispielsweise erst ergänzende Visualisierungsmöglichkeiten die notwendige Transparenz.

Langfristig hat sich jedoch erwiesen, dass auch eine Visualisierung nicht zu den erwarteten Einspareffekten führt. Zum einen verlieren die Kunden nach einer bestimmten Zeit das Interesse, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Zum anderen stellte sich bei vielen der sogenannte „Reboundeffekt“ ein: So legten sich viele Kunden während des Versuchsverlaufs energiesparende Elektrogeräte zu. In dem Bewusstsein, jetzt bereits eine hohe Energieeffizienz erreicht zu haben, erhöhten manche Kunden ihren realen Stromverbrauch teilweise sogar noch. Insgesamt lässt sich festhalten, dass Smart Meter zwar die technische Basis für Lastvariabilität bilden – gravierende Änderungen im Verbrauchsverhalten seitens der Kunden sind durch ihren alleinigen Einsatz jedoch nicht zu erwarten.

Praxistest: Verbrauchsverlagerung

Im Rahmen des Markttests „RWE Smart Meter Ecotime“ untersucht RWE Effizienz inwieweit täglich wechselnde zeitvariable Tarife in privaten Haushalten Anreize zur Verbrauchsverlagerung schaffen können. Das Projekt wurde im November 2011 gestartet und wird von der Universität Bonn wissenschaftlich begleitet. Der Versuch hat eine Laufzeit von 24 Monaten und simuliert für die rund 100 Testhaushalte einen zeitabhängigen Tarif. Dabei werden die Verbrauchswerte der Kunden durch den Einsatz eines Smart Meters und einer GPRS-Kommunikationseinheit fernausgelesen und ausgewertet. Die einzelnen Tarifzonen werden per Algorithmus aus den tatsächlichen Werten der EEX (European Energy Exchange) für die Einspeisung von Strom aus Windkraft- und Solaranlagen berechnet. Anschließend erhalten die Kunden ihren Tarifverlauf jeweils für den Folgetag wahlweise per SMS oder über ein Online-Portal Abb. 3.

Um Erkenntnisse zur optimalen Ausgestaltung derartiger Tarifmodelle zu gewinnen, werden verschiedene Tarifspreizungen getestet. In einem ersten Schritt variiert der Strompreis abhängig von der Spar- und Spitzenlastzeit zwischen 10 und 40 Ct/kWh. Die hohe Spreizung wurde bewusst gewählt, um möglichst große Anreize zur Verbrauchsverlagerung zu schaffen – selbst wenn ein solches Tarifmodell im heutigen Marktumfeld wirtschaftlich nicht realistisch ist.

Darüber hinaus erhalten die Teilnehmer monatlich eine fiktive Rechnung, in der sie ihren Verbrauch stundengenau über den letzten Monat hinweg einsehen können. Nutzt der Kunde das Stromangebot in der günstigen Tarifzone, wird ihm im Rahmen des Projekts die „eingesparte“ Differenz zu seinem tatsächlichen Stromtarif als Bonus am Jahresende gutgeschrieben. Bei einem jährlichen Stromverbrauch von beispielsweise 5000 kWh schlägt eine Verlagerung von 500 kWh mit rund 75 Euro zu Buche. Negative Beträge werden lediglich dargestellt, kommen aber aufgrund des Forschungscharakters finanziell nicht zum Tragen.

Das Projekt wird in Kooperation mit Miele durchgeführt. Das Unternehmen stellt Smart-Grid-fähige Hausgeräte für eine Anzahl von Teilnehmern zur Verfügung. Die Trockner und Waschautomaten erhalten über ein Gateway und den kundenseitigen DSL-Anschluss die errechneten Tarifzonen mit den dazugehörigen Tarifen. Wenn gewünscht, starten die Hausgeräte automatisch in der für den Verbraucher optimalen Tarifzone. Haushalte ohne derartige Geräte können diese Einschaltvorgänge durch Zeitschaltuhren, eine Haussteuerung oder auch manuell umsetzen.

Mit der Feldstudie erhofft sich RWE belastbare Aussagen darüber, wie hoch das Einspar- und Verlagerungspotenzial tatsächlich auf der Kundenseite ist. Damit einher geht die Frage, inwieweit die Testpersonen bereit sind, ihre Alltagsgewohnheiten zu verändern bzw. ab wann der Komfortverlust im Vergleich zu monetären Einsparungen überwiegt. Mittlerweile zeichnet sich ab, dass das Lastverlagerungspotenzial in deutschen Haushalten zu niedrig ist, um merklich davon zu profitieren. Zwar lassen sich einige Aktivitäten, wie Spülen oder das Waschen und Trocknen von Kleidung verlagern, zahlreiche andere alltägliche Dinge – etwa die Zubereitung von Mahlzeiten – jedoch kaum. Darüber hinaus sind die finanziellen Einsparungen zu gering, um Komforteinbußen und Investi­tionen in neue smarte Haushaltgeräte zu rechtfertigen.

Revival der Elektrospeicherung?

Wie die ersten Ergebnisse des Markttests zu dynamischen zeitvariablen Haushaltstarifen nahelegen, werden sich die Möglichkeiten zur Verbrauchsverlagerung vermutlich eher in einem überschaubaren Rahmen bewegen. Deshalb sind hier Alternativen gefragt, die den Kunden in seinem Alltag nicht einschränken, finan­zielle Anreize bieten und spürbar zur Netzstabilität beitragen. Ein aussichtsreicher Ansatz, Lastvariabilität bei Endkunden abzubilden, ist hier die Nutzung dezentraler Speichermöglichkeiten. Hier ist die Elektrospeicherheizung eine günstige und immer noch weitverbreitete Technologie.

Auf den ersten Blick gilt das Heizen mit Strom heute meist nicht mehr als zeitgemäß. Komfort, Kosten und Energiebilanz der Speicherheizung sind dabei die wesentlichen Kritikpunkte. Die höherwertige Energieform Strom werde dabei einfach „verheizt“. Die zunehmende Einspeisung von Ökostrom und das damit verbundene, immer komplexer werdende Lastmanagement geben jedoch durchaus Anlass, den Nutzen der Elektrospeicherheizung neu zu bewerten.

Das Projekt Windheizung

Gemeinsam mit tekmar und Siemens Energy arbeitet RWE seit Anfang 2010 an einem Forschungsprojekt mit dem Namen „Windheizung“, bei dem ein Lademodell Abb. 4 mit Elektrospeicherheizungen erprobt wird. Hier werden insbesondere kurzfristig auftretende fluktuierende Stromspitzen aus Wind- und Sonnenenergie bei bestimmten Preissignalen in den Ladeprozess von Elektrospeicherheizungen eingebettet. Auf diese Weise sollen die heute starren Ladezeiten aufgehoben und der regenerativ erzeugte Strom besser in das Netz bzw. in den Strommarkt integriert werden.

Die Speicherheizungen dienen praktisch als Energiepuffer. Die „Aufladung“ erfolgt flexibel und orientiert sich an der nicht planbaren Einspeisung von regenerativem Strom. Vergleichbar mit einem virtuellen Kraftwerk werden dabei die dezentral verteilten Lasten von einem Rechner gesteuert und zu einer großen Energieeinheit – einem virtuellen Speicher – verbunden, mit der an Strommärkten agiert werden kann. Der Stromversorger fungiert somit als „Konzentrator“, der die freie Leistung der Heizungen bündelt und vermarktet.

Neben dem Nachweis der technischen und prozessualen Machbarkeit geht es bei dem Projekt in erster Linie um das Sammeln von Erfahrungen hinsichtlich des Kundennutzens, der Kundenakzeptanz sowie der Auswirkungen auf die Netzstabilität. Derzeit nehmen 50 Haushalte in Essen an dem Versuch teil. Eine Voraussetzung bei der Auswahl der Testobjekte war ein guter Wärmedämmstandard der Gebäudehülle. So erfüllen alle Wohngebäude die Wärmeschutzverordnung aus dem Jahr 1995 mit einem Energiebedarf von höchstens 90 kWh/(m2 a). Ferner sind die Gebäude mit einer Elektro-Fußbodenheizung ausgestattet.

Um möglichst repräsentative Schlüsse aus dem Test zu ziehen, sind verschiedene Haus- und Wohnungstypen in der Testgruppe vertreten sowie verschiedene Haushaltsarten – von der Großfamilie bis zum Rentnerehepaar. Die Haushalte werden mit einem Smart Meter und einer lokalen Steuereinheit ausgestattet. Die Werte werden anschließend per Fernauslesung über ein Energiemanagementsystem konzentriert und gesteuert. Im aktuellen Feldversuch bündelt die RWE Regionalgesellschaft Lechwerke AG (LEW) die Elektrospeicherheizungen der 50 teilnehmenden Haushalte. Nach einem Fahrplan, der unter anderem das Heizverhalten und die Außentemperatur berücksichtigt, wird automatisch das Signal zum Laden der Heizungen ausgesendet. So werden im Feldversuch die Anforderungen simuliert, die bei der Vermarktung der Elektrospeicherheizungen am Regelenergiemarkt erfüllt sein müssen.

Mehr Komfort, weniger CO2

Nach gut eineinhalb Jahren Betriebspraxis konnte die Umsetzbarkeit des technischen Konzepts in zahlreichen Punkten erfolgreich nachgewiesen werden. Erste Ergebnisse zeigen, dass neben dem ursprünglichen Ziel der Netzstabilität, auch andere, für den Kunden viel bedeutendere Aspekte positiv beeinflusst werden. Beispielsweise beurteilen die Teilnehmer den Wärmekomfort des neuen Systems als deutlich besser. Darüber hinaus reduzieren die Haushalte durch den Einsatz von regenerativ erzeugtem Strom ihren CO2-Ausstoß.

Neben der weiteren Optimierung des Steuerungs- und Regelungskonzepts gilt es im nächsten Schritt, Erfahrungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit dieses Ansatzes zu sammeln. Für eine breite Marktdurchdringung müssen sich sowohl die notwendigen Zusatzinvestitionen für alle Beteiligten lohnen als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend gesetzt werden.

Fazit

Die bisherigen Ergebnisse der beiden laufenden Forschungsprojekte zeigen, dass in der öffentlichen Diskussion die Erwartungen an die reine Verlagerung des Stromverbrauchs durch lastabhängige zeitvariable Tarife wahrscheinlich zu hoch gesteckt sind. Es bleibt sogar abzuwarten, ob sich daraus für private Haushalte überhaupt ein attraktives Produkt entwickeln lässt.

Erst die Einbindung der Wärmeversorgung mithilfe entsprechender Tarifmodelle stellt größere Auswirkungen in Aussicht. Insbesondere Elektrospeicherheizungen können dazu beitragen, das Stromnetz zu stabilisieren. Die Möglichkeit einer flexiblen Aufladung garantiert dabei, dass vorwiegend überschüssiger Ökostrom zur Wärmeerzeugung genutzt wird. Eine wei­tere Möglichkeit ist die Integration von Wär­mepumpen, die über entsprechende Pufferspeicher ebenfalls weitgehend unabhängig vom aktuellen Wärmebedarf betrieben werden können. •

Weitere Fachberichte zum Thema enthält das TGAdossier Smart Metering und Smart Grid: Webcode 977

Dirk Lang

ist Produktmanager Smart Meter bei RWE Effizienz, Dortmund, https://rwe-effizienz.com/

Tobias Zierdt ist Leiter Konzeptentwicklung und Ressourcenmanagement bei RWE Effizienz, Dortmund, https://rwe-effizienz.com/