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Regelwerk

GEG-Novelle, um einen Rückfall zu verhindern

Die Ampel-Koalition will die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in den nächsten Monaten in mehreren Schritten realisieren. Beim Inkrafttreten am 1. November 2020 sah das GEG vor, dass die Anforderungen an neu zu errichtende und bestehende Gebäude unter Wahrung des Grundsatzes der Technologieoffenheit im Jahr 2023 zu überprüfen sind und danach innerhalb von sechs Monaten ein Gesetzgebungsvorschlag für eine Weiterentwicklung der Anforderungen vorzulegen ist.

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Die Ampel-Koalition will die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in den nächsten Monaten in mehreren Schritten realisieren. Beim Inkrafttreten am 1. November 2020 sah das GEG vor, dass die Anforderungen an neu zu errichtende und bestehende Gebäude unter Wahrung des Grundsatzes der Technologieoffenheit im Jahr 2023 zu überprüfen sind und danach innerhalb von sechs Monaten ein Gesetzgebungsvorschlag für eine Weiterentwicklung der Anforderungen vorzulegen ist.

Ein Referentenentwurf zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes erhöht das Anforderungsniveau bei Neubauten auf den Effizienzhaus-55-Standard und soll eine bestehende Benachteiligung beim Einsatz von Großwärmepumpen in Wärmenetzen beenden. Für die 65-%-Klausel für erneuerbare Energien enthält er jedoch nur eine Ankündigung.

Kompakt zusammengefasst
Mit einer ersten Änderung des Gebäudeenergiegesetzes soll der Effizienzhaus-55-Standard ab dem 1. Januar 2023 der neue Mindeststandard für Neubauten sein. Ab 2025 soll er durch den Effizienzhaus-40-Standard abgelöst werden. 
■ Zudem ist vorgesehen, dass für netzbezogenen Strom zum Betrieb einer Wärme in ein Wärmenetz einspeisenden Großwärmepumpe der Primärenergiefaktor für den nicht erneuerbaren Anteil auf 1,2 gesenkt wird. Dies soll eine systematische Benachteiligung aufheben. 
■ In einer folgenden Novelle sollen im Gebäudeenergiegesetz die Vorgaben für 65 % erneuerbare Wärme bei neuen Heizungen ab 2024 und die ­Solardachpflicht umgesetzt werden. Die Novelle soll im 2. Halbjahr 2022 vorgelegt werden.
 

Eine vorgezogene Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) stand ohnehin auf der Ampel-Agenda. Im Koalitionsvertrag hatte sie angekündigt: „…[wir] ändern das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wie folgt: Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden; zum 1. Januar 2024 werden für wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden im GEG die Standards so angepasst, dass die auszutauschenden Teile dem EH 70 entsprechen; […] im GEG werden die Neubau-Standards zum 1. Januar 2025 an den KfW-EH 40 angeglichen.“

Spätestens am 11. Januar 2022 war zumindest Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, klar, dass es gegenüber den ohnehin schon ungenügenden Klimazielen einen „drastischen Rückstand“ gibt und die „Schonfristen“ verkürzt werden müssen. Es folgten

● am 24. Januar 2022 aus Geldmangel der temporäre Stopp der Neubauförderung über die KfW-Programme der Bundesförderung für effiziente Gebäude,

● am 24. Februar 2022 mit dem Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs die Erkenntnis, dass unter anderem der Gebäudesektor in eine fatale Abhängigkeit von Pipeline-Erdgas aus Russland manövriert wurde,

● am 15. März 2022 die Gewissheit, dass der Gebäudesektor 2021 trotz erheblicher Sondereffekte das Ziel bei den jährlichen Treibhausgas-Emissionen erneut verfehlt hat und die Bundesregierung deshalb ein Sofortprogramm vorlegen muss und

● am 23./24. März 2022 das „Maßnahmenpaket des Bundes zum Umgang mit den hohen Energiekosten“…

Novelle soll EH-75-Rückfall verhindern

So wundert es auch nicht, dass eine Formulierungshilfe zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes mit dem Bearbeitungsstand 29. April 2022 im Kapitel „Problem und Ziel“ wie folgt einleitet:

„Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und des massiven Preisanstiegs für fossile Brennstoffe müssen die bisherigen Anstrengungen für Energieeinsparungen im Gebäudebereich durch kurzfristig umsetzbare Maßnahmen gesteigert und eine größere Unabhängigkeit von russischen Gaslieferungen erreicht werden.

Im Neubau können durch Fortschritte bei Technologien und Materialien geringe Heizenergiebedarfe und eine effizientere Nutzung von Erneuerbaren Energien erreicht werden. Gleichzeitig ist mit der Einstellung der Effizienzhaus-55 (EH-55)-Förderung ein Anreiz entfallen, diese Potenziale in der Breite auszuschöpfen.

Um hier einen Rückfall auf den bisherigen gesetzlichen Standard (sogenannter Effizienzhaus-75 Standard – EH-75) zu verhindern, soll daher als Zwischenschritt bis zur Einführung des Effizienzhaus-40 (EH-40) Standards in 2025 der gesetzliche Neubaustandard auf den EH-55-Standard angehoben werden.“

Neubaustandard EH-55 ab 2023

Zur Umsetzung des Effizienzhaus-55-Standards sollen im GEG folgende Änderungen vorgenommen werden:

● Der zulässige Primärenergiebedarf eines zu errichtenden Gebäudes wird von bisher 75 % des Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes auf 55 % reduziert.

● Für die Verschärfung der Hüllanforderungen wird bei Wohngebäuden der HT‘-Wert (auf die Fläche gemittelter Durchschnittswert der U-Werte der einzelnen Hüllen-Bauteile) von 1 auf 0,7 reduziert.

● Für Nichtwohngebäude werden die zulässigen mittleren U-Werte der Bauteilgruppen verschärft.

● Das in Anlage 5 GEG geregelte vereinfachte Nachweisverfahren für Wohngebäude wird angepasst.

Weil mit der Anhebung des gesetzlichen Anforderungsniveaus die bisherigen Annahmen für das vereinfachte Nachweisverfahren für Wohngebäude nicht mehr direkt anwendbar und somit ungültig sind, werden auch die Anforderungen für den Nachweis im vereinfachten Verfahren in Anlage 5 GEG angepasst. Sie orientieren sich nunmehr an den Referenzwerten der bisherigen KfW-Effizienzhaus-55-Förderung.

In der Begründung heißt es, dass sich der KfW-Ansatz in der Praxis gut bewährt hat und vom Markt angenommen worden ist. Rechnerisch führen die Anforderungen auf ein EH 55. Abweichend vom Originalverfahren werden Erdgas-basierte Heizungen als hier zugelassene anlagentechnische Konfigurationen in der GEG-Novelle nicht zugelassen, da sie nicht mit einem klimaneutralen Gebäudebestand zielkompatibel sind.

Außerdem werden Biomasse-basierte Heizungen nur zugelassen, wenn sie mit einer solarthermischen Anlage kombiniert werden, die die Bereitstellung von Trinkwarmwasser übernimmt. Hintergrund ist, dass damit die Biomasse-Anlagen im Sommer ausgeschaltet werden können, was die Nutzungskonkurrenz um Biomasse verringert und die Effizienz der Biomassenutzung steigert. Andere Lösungen, beispielsweise eine mit Eigenstrom betriebene Trinkwasser-Wärmepumpe, sind im Entwurf nicht vorgesehen.

Anreiz für Großwärmepumpen

In § 22 GEG „Primärenergiefaktoren“ ist ein zusätzlicher Anreiz für Großwärmepumpen vorgesehen: „Wird in einem Wärmenetz Wärme genutzt, die von einer Großwärmepumpe erzeugt wird, ist abweichend von Anlage 4 für netzbezogenen Strom zum Betrieb der Großwärmepumpe der Primärenergiefaktor für den nicht erneuerbaren Anteil von 1,2 zu verwenden.“

In der Begründung heißt es, dass damit die bisher bestehende systematische Benachteiligung der Bewertung von Fernwärme aus Großwärmepumpen gegenüber Fernwärme aus KWK-Anlagen oder Wärmeerzeugern mit fossilen Energien aufgehoben wird. Während bei KWK-Anlagen bisher die Annahme gilt, der erzeugte Strom würde den Grenzkraftwerkspark (vor allem Kohlekraftwerke) mit einem Faktor von 2,8 verdrängen und könne der KWK-Wärmeerzeugung gutgeschrieben werden, wird bei der Wärmepumpe angenommen, dass der allgemeine Strommix mit dem Faktor von 1,8 zum Betrieb eingesetzt wird.

Die beträchtliche Stromgutschrift für KWK-Anlagen führte bisher zu einer systematischen Benachteiligung von Großwärmepumpen und dazu, dass mögliche Projekte nicht realisiert werden, weil der Primärenergiefaktor des Gesamtwärmenetzes sich durch Großwärmepumpen derart verschlechtern würde, dass ein Anschluss an das Wärmenetz unvorteilhaft wird.

Die Begründung kündigt aber auch an: „Im Zuge einer großen Novelle des GEG wird das System zur Bewertung der Energieträger in Wärmenetzen grundlegend überarbeitet werden.“

Unter welchen Bedingungen eine Wärmepumpe oder eine Wärmepumpen-Kaskade im Sinne des GEG eine Großwärmepumpe ist, regelt das Gebäudeenergiegesetz bisher nicht und auch die Formulierungshilfe enthält noch keine Definition. Ein wichtiges Kriterium ist auf Basis der vorliegenden Formulierungen die Einspeisung in ein Wärmenetz, wobei nach § 3 GEG „Begriffsbestimmungen“ Nr. 19. „Nah-/Fernwärme“ Wärme ist, die mittels eines Wärmeträgers durch ein Wärmenetz verteilt wird.

Es ist zwar nicht ausgeschlossen, aber vorerst dennoch anzunehmen, dass eine Großwärmepumpe im technischen Sinne, die nur ein Gebäude versorgt – auch wenn dieses über ein Wärmenetz, z. B. zu zwei Unterverteilungen, angebunden ist – keine Großwärmepumpe im Sinne des Gebäudeenergiegesetzes ist. Eine Definition erscheint also dringend geboten, um die gewollten Anreize richtig zu lenken.

Inkrafttreten am 1. Januar 2023

Der Zeitplan für die GEG-Novelle sieht vor, dass der Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause 2022 verabschiedet wird. Der Abschluss des parlamentarischen Verfahrens ist für den 8. Juli geplant. Mit zwei Ausnahmen, die sich auf besondere Regelungen für die Unterbringung von geflüchteten Menschen beziehen, soll die GEG-Novelle dann am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Referentenentwurf, Regierungsentwurf

„Referentenentwurf“ ist der übliche Begriff für noch nicht von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwürfe. Von der Bundesregierung beim Deutschen Bundestag eingebrachte Gesetzesvorlagen werden im Regelfall durch die Bundesministerien und dort insbesondere auf Referatsebene erarbeitet und früher wurden die Referatsleiter als Referenten bezeichnet.

Der nächste Schritt ist der Regierungsentwurf – der von der Bundesregierung in der Regel im Bundeskabinett beschlossene und beim Deutschen Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf. Die Regierungsentwürfe unterscheiden sich häufig von den Referentenentwürfen, da sich im Abstimmungsprozess der Beteiligten (Bundesministerien, Länder, Verbände etc.) bis zum Kabinettbeschluss der Bundesregierung noch Änderungen ergeben können.
 

65-%-Klausel für erneuerbare Energien

Die Formulierungshilfe zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes enthält bisher keine Umsetzung der 65-%-Klausel für erneuerbare Energien. Der Ampel-Koalitionsvertrag sieht vor, dass zum 1. Januar 2025 jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von mindestens 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden soll. Das Energieentlastungspaket zieht dieses vor:

„Wir werden jetzt gesetzlich festschreiben, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll.“

Wann „jetzt“ gemessen vom 24. März 2022 ist, hat die Ampel-Koalition bisher offen gelassen. Es ist aber dringend geboten, schnellstmöglich allen Marktbeteiligten Planungssicherheit zu geben. Immerhin wird von Berlin eine Transformation eines Marktes mit einem Volumen deutlich über 10 Mrd. Euro innerhalb weniger Monate erwartet.

Immerhin enthält die allgemeine Begründung der Formulierungshilfe eine Ankündigung: „In einem weiteren Schritt werden weitere Vorhaben des Koalitionsvertrages im Gebäudeenergiegesetz umgesetzt (u. a. die Einführung der Vorgabe für 65 % erneuerbare Wärme bei neuen Heizungen ab 2024 und die Solardachpflicht).“ Im „Arbeitsplan Energieeffizienz“ heißt es dazu: „Die hierfür notwendige Novelle des Gebäudeenergiegesetzes soll im 2. Halbjahr 2022 vorgelegt werden.“

Der Bundesverband Erneuerbare Energie BEE hat in einer Stellungnahme vorgeschlagen, Vorzieheffekte vor dem Greifen der 65-%-Klausel für erneuerbare Energien beim Einbau neuer Heizungen durch ein Vorziehen und Ausweiten der existierenden Erneuerbare-Energien-Nutzungspflicht im Gebäudeenergiegesetz zu entschärfen. Sonst könnten bis zum Inkrafttreten der 65-%-Klausel „noch mehrere Hunderttausend rein fossil befeuerte Wärmeerzeuger ausgetauscht werden, die dann in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten mit fossilen Brennstoffen betrieben würden.“ JV

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