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Arbeitsschutz

Arbeitsschutzregel: Bonner Stimme fordert Klarstellung

Die jüngst veröffentlichten SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregeln haben Kälte-Klima-Fachbetriebe und Betreiber verunsichert.

Hintergrund: Die geltenden Arbeitsschutz-Richtlinien verpflichten den Arbeitgeber, entsprechende Maßnahmen zu treffen, dass gerade bei hohen Außentemperaturen bestimmte Temperaturen im Innenraum nicht überschritten werden. Die Auswahl geeigneter Vorkehrungen ist dem Arbeitgeber überlassen. Unter Umständen sind nur technische Maßnahmen denkbar, um eine erhöhte Raumtemperatur am Arbeitsplatz zu vermeiden, etwa durch den Einsatz mobiler Klimageräte und insbesondere Split-Klimaanlagen.

Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel sieht allerdings unter 4.2.3 Lüftung (C-ASS Punkt 3) Nr. 9 allerdings folgendes vor:

„Der Einsatz von Geräten im Umluftbetrieb, wie Ventilatoren (zum Beispiel Standventilatoren), Anlagen zur persönlichen Kühlung (beispielsweise mobile Klimaanlagen und Split-Klimaanlagen) oder Geräte zur Erwärmung (zum Beispiel Heizlüfter) ist in der Regel nur in Räumen mit Einzelbelegung zulässig, da sie im Umluftbetrieb im Allgemeinen keine Außenluft zur Absenkung von Aerosolkonzentrationen zuführen und der Luftstrom zu einer Verteilung von Aerosolen im Raum beiträgt.“

Split-Klimaanlagen nur bei Einzelbelegung?

Die Bonner Stimme (VDKF, BIV, ZVKKW) hat nun das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 25. August 2020 per Brief an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil um Klarstellung gebeten, wie die Aussagen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel 4.2.3 Nr. 9 zu verstehen und in der Praxis umzusetzen sind und wie in diesem Zusammenhang die Vorgaben der Arbeitsstättenrichtlinie zur Raumtemperatur am Arbeitsplatz eingehalten werden sollen.

In dem Schreiben an das BMAS verweist die Bonner Stimme darauf, dass eine Split-Klimaanlage eine effiziente Kühlung kleiner bis mittelgroßer Räumlichkeiten, beispielsweise in Bürogebäuden, im Einzelhandel, in Freizeiteinrichtungen, in Hotels etc., gewährleistet. Nach der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel 4.2.3 Nr. 9 dürften derartig gekühlte Räume für den Zeitraum der epidemischen Lage in der Regel nur noch einzeln belegt werden, was in der Praxis kaum vorstellbar sei.

Die Begründung, dass „im Umluftbetrieb im Allgemeinen keine Außenluft zur Absenkung von Aerosolkonzentrationen zugeführt würde und der Luftstrom zu einer Verteilung von Aerosolen im Raum beitrage“ sieht die Bonner Stimme im Widerspruch zu bisherigen Aussagen des Umweltbundesamts (UBA) und der gemeinsamen Stellungnahme der Verbände BTGA, FGK und RLT-Herstellerverband vom 03.08.2020 zum Betrieb Raumlufttechnischer Anlagen unter den Randbedingungen der aktuellen Covid-19-Pandemie.

Bewertung dezentraler (Raum)Klimageräte

Das von der Bonner Stimme dem Umweltbundesamt zugeschriebene Zitat zum Betrieb von Raumklimageräten in Monoblock-, Split- und Multisplit-Ausführung stammt allerdings aus der BTGA-FGK-RLT-Herstellerverband-Stellungnahme:

„Zum Betrieb von Raumklimageräten in Monoblock-, Split- und Multisplit-Ausführung stellt das Umweltbundesamt (UBA) fest: Dezentrale Klimageräte, die nur einzelne Räume in einer Wohnung kühlen und entfeuchten, übertragen keine Viren von einem Raum in andere Bereiche des Gebäudes. Auch eine Vermehrung von Corona-Viren im Klimagerät schließt das UBA aus, da Viren zu ihrer Vermehrung Wirtszellen brauchen, beispielsweise menschliche Zellen. Die Geräte können also unbesorgt weiter betrieben werden. Wichtig ist jedoch, gleichzeitig eine effektive Lüftung sicherzustellen, um die Virenlast im Raum möglichst gering zu halten. Ist keine mechanische Lüftung vorhanden, sollte ausgiebig über die Fenster gelüftet werden.“

Der aktuelle Hinweis zu dezentralen Klimageräten des UBA lautet: „Bei dezentralen Klimageräten, die nur einzelne Räume in einer Wohnung kühlen, kann es schon konstruktionsbedingt nicht zu einer Verbreitung von Viren von einem Raum, in dem sich eine infizierte Person aufhält, in andere Bereiche eines Gebäudes kommen. Daher ist der Betrieb dieser Geräte im Hinblick auf die Übertragung von Coronaviren unkritisch.“

Da beide Bewertungen jedoch hauptsächlich auf die Verbreitung von Viren im Gebäude abzielen, unterstützen sie die von der Bonner Stimmer geforderte Klarstellung für Räume, in denen sich nutzungsbedingt mehrere Personen aufhalten, nur sehr eingeschränkt.

„Split-Klimaanlagen verändern Aerosol-Verteilung nicht“

Bessere Argumente für eine Klarstellung liefert die Bonner-Stimme mit einer Bewertung der Aerosol-Verteilung: „Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich beispielsweise in einem Büro grundsätzlich keine aerosolfreie Luft herstellen lässt. Bei der Übertragung durch Aerosole befinden sich die Viren in mikroskopisch kleinen Tröpfchen, die über die Atemluft ausgestoßen werden. Bei der Verteilung dieser Aerosole sorgt gerade der Mensch für eine sehr große Luftbewegung. Oberhalb unseres Kopfes beträgt der Luftstrom 30 bis 40 Zentimeter pro Sekunde. Die Aerosole sind also binnen weniger Sekunden an der Decke und verteilen sich dort in alle Richtungen.

An der Tatsache, dass sich Aerosole binnen Minuten in einem Büro verteilen, ändert auch der Betrieb einer Split-Klimaanlage nichts. Die Verteilung erfolgt allenfalls unwesentlich schneller. Wir reden hier von einem Unterschied von etwa einer Minute in einem mittelgroßen Büroraum. Andererseits ist sogar zu erwarten, dass auch im Umluftbetrieb Aerosole am internen Filter des Klimageräts hängen bleiben und die Aerosolkonzentration letztlich sogar sinkt.

Hinsichtlich der Verbreitung von Viren macht es also keinen Unterschied, ob der jeweilige Raum über ein Split-Klimagerät herunter gekühlt wird oder nicht.

Die Tatsache, dass die Aerosolkonzentration zweifelsohne durch Frischluftzufuhr, Lüftung und / oder mechanische Belüftung verdünnt und Aerosole aus dem Raum abtransportiert werden können, gilt in jedem Falle. Der insoweit unschädliche Betrieb einer Split-Klimaanlage schließt nicht aus, dass die empfohlenen Lüftungs-/Belüftungsmaßnahmen vorgenommen werden, so wie das auch in einem Raum ohne Split-Klimaanlage anzuraten ist.“

Abschließend kritisiert die Bonner Stimme, dass die Regelung zudem unbestimmt und auslegungsbedürftig ist, weil sie Formulierungen wie „in der Regel“ und „im Allgemeinen“ enthält. Insoweit stelle sich die Frage nach den Ausnahmen und Besonderheiten.

Auf die Antwort des BMAS darf man gespannt sein.

Der wichtigste Punkt zur Umsetzung des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard (C-ASS) Punkt 3 „Lüftung“ findet sich jedoch in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel im Abschnitt 4.2.3 Nr. 3: „Die Überprüfung der Qualität der Lüftung kann durch eine CO2-Messung erfolgen. Entsprechend ASR A3.6 ist eine CO2-Konzentration bis zu 1000 ppm noch akzeptabel. In der Zeit der Epidemie ist dieser Wert soweit möglich zu unterschreiten.“ Die Messung der CO2-Konzentration in Aufenthaltsräumen ist der beste und in vielen Fällen wohl auch der einzig praktikable Anhaltspunkt zur Kontrolle, ob ein hygienisch ausreichender Luftwechsel vorhanden ist. Siehe dazu auch: Richtiges Lüften reduziert Risiko der SARS-CoV-2-Infektion. ■