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Energieträger

LNG: Viel höhere Treib­haus­gas­emissionen als Pipeline-Erdgas

LNG (liquefied natural gas) wird mit speziellen Tankschiffen bei einer Temperatur von unter − 162 °C transportiert.

moofushi – stock.adobe.com

LNG (liquefied natural gas) wird mit speziellen Tankschiffen bei einer Temperatur von unter − 162 °C transportiert.

LNG verursacht in der Vorkette viel höhere Treib­haus­gas­emissionen als bisher in Deutschland verwendetes Erdgas. Als „Brücke“ ist LNG damit untauglich.

Importiertes Flüssigerdgas (LNG) ist in der Regel mit hohen Treibhausgasemissionen in der Förder- und Transportkette verbunden. Laut einem am 5. Januar 2023 veröffentlichten Report des Beratungsbüros EnergyComment im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy liegt die Treibhausgaswirkung von LNG deutlich über den gängigen Emissionsfaktoren von Erdgas.

Sönke Tangermann, Vorstand bei Green Planet Energy: „Wenn Deutschland sich als Reaktion auf den Russland-Ukraine-Krieg und den Importstopp von russischem Erdgas mit Flüssigerdgas eindecken muss, sollte die Bundesregierung zumindest darauf achten, dass wir die LNG-Nutzung zeitlich wie mengenmäßig auf das absolute Minimum begrenzen.“

Bei der Verbrennung von Erdgas in Industrieprozessen und zur Wärmeerzeugung in Haushalten entstehen  rund 201 gCO2/kWhHi (Hi: bezogen auf den Heizwert; Emissionsfaktoren für die CO2-Bepreisung ab 2023). Aber schon vorher, auf dem Weg vom Bohrloch über den Transport an Land und auf See bis zur Endverbrauchsstelle, fallen erhebliche zusätzliche Emissionen an, zeigt der Report LNG-Boom in Deutschland. Pläne, Kritik, Fakten, Hintergründe.

Hohe Emissionen entlang der Vorkette

Als Gründe nennt EnergyComment vor allem die großen Mengen an Methan (CH4), die bei der Förderung von Erdgas und beim Pipelinetransport entweichen. Methan ist über einen Zeitraum von 20 Jahren betrachtet 82-mal klimaschädlicher als CO2. Hinzu kommt der hohe Energieaufwand für die LNG-Verflüssigung, den Transport mit Spezialschiffen sowie die Regasifizierung und die eventuell erforderliche Druckerhöhung am Zielort zur Netzeinspeisung.

Bezieht man die Emissionen aus der Vorkette ein, hat LNG – selbst bei überdurchschnittlich günstigen Bedingungen – eine tatsächliche Klimawirkung von mindestens 300 gCO2e/kWh (CO2e: CO2-Äquivalent). Wie groß der Unterschied zu der in Deutschland vor der Energiekrise üblichen Erdgasversorgung über Pipelines ist, zeigt ein Wert aus dem Gebäudeenergiegesetz: In seinem Rahmen sind die mit dem Gebäudebetrieb verbundenen Treibhausgasemissionen (Angabe in Energieausweisen) mit einem Emissionsfaktor für Erdgas von 240 gCO2e/kWhHi zu berechnen.

LNG-Infrastruktur: Überkapazitäten …

Zudem kritisiert der Report eine Überdimensionierung der im Aufbau befindlichen LNG-Infrastruktur in Deutschland: Die Kapazitäten der schwimmenden LNG-Terminals (FSRU: Floating Storage and Regasification Unit) und der an Land fest installierten Anlagen – insgesamt sind elf Terminals geplant – summieren sich zusammen auf rund 80 Mrd. m3/a Erdgas. Den Wegfall russischer Erdgas-Importe in der Größenordnung von 50 Mrd. m3/a überschreitet dies bei Weitem. Auch der gesamte deutsche Jahresverbrauch dürfte 2022 geringer als 80 Mrd. m3/a ausfallen, so EnergyComment.

„Nimmt die Bundesregierung ihre Klimaschutz-Versprechen ernst, darf LNG nur eine zeitlich eng befristete Übergangslösung bleiben“, mahnt Tangermann. Hauptziel der Bundesregierung müsse aus seiner Sicht bleiben, „dass wir so schnell wie möglich komplett aus der Erdgasnutzung aussteigen und sie durch erneuerbare Energien substituieren.“ Soweit in der Zukunft noch Gas gebraucht wird, müsse dies komplett aus erneuerbaren Quellen stammen. Vor allem grüner Wasserstoff spiele dafür eine wichtige Rolle.

Siehe auch: Forscher: Erdgas ist keine Brückentechnologie

… und nicht zukunftstauglich

Hier aber liegt laut Report ein weiteres Problem des deutschen LNG-Ausbaus: die mangelnde Zukunftsfähigkeit der LNG-Terminals. Denn diese sind für eine spätere Anlandung und Verarbeitung von flüssigem Wasserstoff grundsätzlich nicht geeignet. Ein Wechsel auf die Wasserstoff-Technologie würde einen fast vollständigen Neubau der aktuell geplanten Flüssiggas-Anlagen erfordern. Hier müssten zum Beispiel andere Stahlsorten und dichtere Komponenten verbaut werden, die auch mit niedrigeren Temperaturen umgehen können.

„Die Terminals sind trotz gegenteiliger offizieller Statements in keiner Weise ‚wasserstoff-ready‘“, so Dr. Steffen Bukold von EnergyComment. Alternative Import-Verfahren, etwa auf Basis von Ammoniak, wären mit hohen Kosten und hohen Energieverlusten verbunden.

Siehe auch: Haben LNG-Terminals eine klimaneutrale Zukunft?

Tangermann: „Kurzfristig kommen wir in der jetzigen Situation um LNG-Lieferungen zur Energiesicherung nicht herum. Um trotzdem nicht im fossilen Lock-In mit neuen, schädlichen Abhängigkeiten zu enden, müssen wir mit deutlich mehr Ambition auf Energieeffizienz, Erneuerbaren-Ausbau und heimische Wasserstoff-Produktion setzen. Der fossile Gasverbrauch muss so schnell wie möglich auf null sinken – das gilt für LNG wie Pipeline-Gas gleichermaßen.“ ■
Quelle: Green Planet Energy / jv

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