Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Regelwerk

Zustimmung vom Rat: EU-Gebäuderichtlinie nimmt letzte Hürde

Abstimmungsergebnis im Rat der Europäischen Union zur Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie am 12. April 2024.

Rat der Europäischen Union

Abstimmungsergebnis im Rat der Europäischen Union zur Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie am 12. April 2024.

Der Rat der Europäischen Union hat am 12. April 2024 die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie förmlich angenommen. Sie soll auf die Klimaziele einzahlen und Energiearmut verringern.

Mit der Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD, EU-Gebäuderichtlinie) sollen die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor schon in einer ersten Stufe bis 2030 deutlich sinken, bis 2050 soll der Gebäudebereich klimaneutral sein.

Die parallel zur Annahme der Neufassung vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) aufgestellte Forderung, die Richtlinie erst zum Fristende Mitte 2026 umzusetzen, wäre ein Bärendienst – denn dann würde in zwei Jahren der Vorschlag (berechtigt) lauten: So kurzfristig ist die Realisierung nicht möglich. Andere Stimmen, beispielsweise die Deneff, mahnen deshalb, dass die Bundesregierung die neuen Vorgaben schnell in das nationale Regelwerk integrieren soll.

Ein Rahmen für nationale Zielpfade

Artikel 3 EPBD, Nationaler Gebäuderenovierungsplan, Absatz 1

„Jeder Mitgliedstaat legt einen nationalen Gebäuderenovierungsplan zur Gewährleistung der Renovierung des nationalen Bestands sowohl an öffentlichen als auch privaten Wohn- und Nichtwohngebäuden in einen bis 2050 in hohem Maße energieeffizienten und dekarbonisierten Gebäudebestand fest, mit dem Ziel, bestehende Gebäude in Nullemissionsgebäude umzubauen.“

Die neuen Rechtsvorschriften bilden den Rahmen für die Mitgliedstaaten zur Verringerung der Emissionen und des Energieverbrauchs von Wohn- und Nichtwohngebäuden in der gesamten EU. Aber sie überlassen es den Mitgliedstaaten, welche Gebäude ins Visier genommen werden und welche Maßnahmen zu ergreifen sind.

Jeder Mitgliedstaat muss seinen eigenen nationalen Zielpfad festlegen, um den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch von Wohngebäuden bis 2030 um 16 % und bis 2035 um 20 bis 22 % zu senken. Basis für die Minderung ist das Jahr 2020.

Bei Nichtwohngebäuden müssen die Mitgliedstaaten  die 16 % der Gebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz bis 2030 und die 26 % der Gebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz bis 2033 renovieren. Bestimmte Kategorien von Wohn- und Nichtwohngebäuden, einschließlich historischer Gebäude oder Ferienhäuser können von diesen Verpflichtungen ausgenommen werden.

Die Richtlinie schreibt auch die Einrichtung zentraler Anlaufstellen für die Beratung bei Gebäuderenovierungen vor. Bestimmungen über die öffentliche und private Finanzierung sollen Renovierungen erschwinglicher und realisierbarer machen. Ob dies aufgrund der umfassenden Bundesförderung für effiziente Gebäude Auswirkungen für die Förderung in Deutschland hat, ist noch unklar.

Nullemissionsgebäude als neuer Standard

Mit der überarbeiteten Richtlinie werden Nullemissionsgebäude zum Standard bei neuen Gebäuden. Neue Wohn- und Nichtwohngebäude dürfen danach am Standort keine Emissionen aus fossilen Brennstoffen mehr aufweisen. Dies gilt ab dem 1. Januar 2028 für öffentliche Gebäude und ab dem 1. Januar 2030 für alle anderen Neubauten, wobei bestimmte Ausnahmen möglich sind. Ein Nullemissionsgebäude muss, sofern dies wirtschaftlich und technisch realisierbar ist, in der Lage sein, auf externe Signale zu reagieren und seinen Energieverbrauch bzw. seine Energieerzeugung oder -speicherung anzupassen. Mit der Richtlinie wird auch die Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden gestärkt. 

Die überarbeitete Richtlinie muss nun noch im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden und tritt dann in den kommenden Wochen in Kraft. Einlesen kann man sich aber schon mit dem der Annahme zugrunde liegenden Dokument (nichtamtliche EU-Gebäuderichtlinie 2024 als PDF). Die meisten Punkte werden aber erst mit der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht relevant. In Deutschland wird der überwiegende Teil der neuen Regeln voraussichtlich im Gebäudeenergiegesetz hinterlegt.

Wenngleich die Mitgliedstaaten viel individuellen Spielraum für die Regeln zur Umsetzung der Ziele haben, müssen sie dabei auch vorgegebene Rahmen und Meilensteine im Blick behalten. Das wird nur mit einem sehr straffen Zeitplan gelingen. Zur Erinnerung: Das in Artikel 3 EPBD Absatz 4 nachstehend beschriebene Verfahren wurden beispielsweise bei der letzten GEG-Novelle angewendet. Die Konsultation für die Umsetzung von „65 Prozent erneuerbare Energien beim Einbau von neuen Heizungen ab 2024“ wurde am 18. Juli 2022 eingeleitet und mit der Verkündung der Änderung des Gebäudeenergiegesetzes im Bundesgesetzblatt am 19. Oktober 2023 abgeschlossen. Und die mühsam ins Gesetz gebrachten Anforderungen für den Einbau neuer Heizungen waren eine relativ einfache Materie und werden vermutlich für die Definition eines Nullemissionsgebäudes auch noch nachgeschärft werden müssen. 

Artikel 3 EPBD, Nationaler Gebäuderenovierungsplan, Absatz 4

„Zur Unterstützung der Entwicklung seines nationalen Gebäuderenovierungsplans führt jeder Mitgliedstaat eine öffentliche Anhörung zu dem Entwurf des nationalen Gebäuderenovierungsplans durch, bevor er ihn bei der Kommission einreicht. An der öffentlichen Anhörung werden insbesondere die lokalen und regionalen Behörden und andere sozioökonomische Partner, einschließlich der Zivilgesellschaft und Einrichtungen, die mit schutzbedürftigen Haushalten arbeiten, beteiligt. Jeder Mitgliedstaat fügt seinem Entwurf des nationalen Gebäuderenovierungsplans eine Zusammenfassung der Ergebnisse seiner öffentlichen Anhörung bei.“

Man darf gespannt sein, was nach den Lobbyschlachten im Rahmen der nationalen Umsetzung tatsächlich geregelt wird. Ein wichtiges Ziel ist jedenfalls, eine bessere Planung von Renovierungen sowie deren technische und finanzielle Unterstützung – um in der gesamten EU eine Renovierungswelle auszulösen. Um Energiearmut zu bekämpfen und die Energiekosten zu senken, soll Finanzierungsmaßnahmen insbesondere auf schutzbedürftige Kunden und Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz ausgerichtet werden, weil es in diesen einen höherer Anteil von Energiearmut betroffener Haushalte gibt. In Deutschland gibt es bereits einige Ansätze dazu, beispielsweise einen einkommensabhängigen Bonus bei der Heizungsförderung über die BEG-EM-2024. ■
Quelle: Rat der Europäischen Union, EU-Kommission / jv

Im Kontext:
2024-Q1: BEG EM dreht Heizungsnachfrage auf Erneuerbare
Wasserstoff-Heizungen: Zahlt sich das für die Wärmewende aus?
Wohnungsneubau: Gas-Heizung ist praktisch aussortiert
Umfrage: Förderung von Wärmepumpen wird unterschätzt
2023: Treibhausgasemissionen sinken um 10,1 %

Rückblick

Die EU-Kommission hatte dem Europäischen Parlament und dem Rat schon am 15. Dezember 2021 einen Vorschlag für eine Neufassung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden als Teil des Pakets Fit for 55 mit der Vision eines emissionsfreien Gebäudebestands bis 2050 vorgelegt. Die bestehende Richtlinie, die zuletzt 2018 überarbeitet wurde, legt Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von neuen und renovierten Gebäuden und einen Rahmen zur Berechnung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden fest und regelt die Ausstellung und Verwendung von Energieausweisen für Gebäude.