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Studien / Klimawende

Bundes-Klimaschutzgesetz benötigt Frühindikatoren

Die verzögerte Verfügbarkeit exakter Emissionsdaten beschränkt die Wirksamkeit des Bundes-Klimaschutzgesetzes. Besser und schneller könnte man bei Zielverfehlungen durch ergänzende Frühindikatoren gegensteuern. Mit ihnen könnten auch politische Ziele verankert werden.

Karsten Neuhoff: „Das Monitoring im Klimaschutzgesetz greift noch zu kurz: Der Übergang zur Klimaneutralität kann besser gelingen, wenn Frühindikatoren ergänzt würden, die Fortschritte und Mängel sichtbar machen.“

DIW Berlin

Karsten Neuhoff: „Das Monitoring im Klimaschutzgesetz greift noch zu kurz: Der Übergang zur Klimaneutralität kann besser gelingen, wenn Frühindikatoren ergänzt würden, die Fortschritte und Mängel sichtbar machen.“

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (Klimaurteil) wurde das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) im Eiltempo nachgebessert. Die oberste juristische Instanz forderte im Frühjahr 2021, klarere Vorgaben auf dem Weg zur angestrebten Klimaneutralität für die Jahre nach 2030 zu schaffen.

Doch die daraufhin mit der KSG-Novelle vorgenommenen Änderungen greifen noch nicht weit genug, befinden Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Stiftung Umweltenergierecht. In einer Analyse legen sie dar, dass neben dem Festlegen von Emissionsminderungszielen für die einzelnen Sektoren weitere Messgrößen – sogenannte Frühindikatoren – definiert und ins Gesetz aufgenommen werden sollten.

Ansonsten können Verzögerungen und Fehlentwicklungen beim Emissionsrückgang nicht früh genug erkannt und ausgeräumt werden. Zudem werden den konkreten Emissionsminderungen vorgelagerte transformative Maßnahmen, die zum Erreichen der Klimaneutralität notwendig sind, nicht ausreichend erfasst.

Minderungsziele für einzelne Sektoren allein unzureichend

Das Bundes-Klimaschutzgesetz setzt für die Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft Minderungsziele für CO2-Äquivalente (nach dem Quellenprinzip) fest, deren Einhaltung jährlich vom unabhängigen Expertenrat für Klimafragen überprüft wird. Als Basis dienen Daten des Umweltbundesamts.

Verfehlt einer der Sektoren die anvisierten Minderungen, muss das für den Sektor zuständige Ministerium ein Sofortprogramm auflegen, das sicherstellt, dass der Emissionsrückgang in den folgenden Jahren wieder auf Kurs kommt.

„Genau hier liegt aber der Knackpunkt“, sagt Studienautor Mats Kröger, Mitarbeiter der Abteilung Klimapolitik am DIW Berlin. „Verlässliche Emissionsdaten sind nur mit Zeitverzug verfügbar.“ Weitere Verzerrungen entstünden etwa dadurch, dass klimapolitische Fortschritte durch konjunkturelle oder externe Effekte überlagert werden.

Kröger: „So wurden die Klimaziele im vergangenen Jahr wohl vor allem infolge der Coronavirus-Pandemie erreicht. Dadurch wurden vermutlich notwendige Sonderprogramme der Ministerien verzögert.“ Außerdem würden Maßnahmen zum Aufbau einer klimaneutralen Infrastruktur vernachlässigt, beispielsweise die Bereitstellung eines Wasserstoffnetzes, die Zeit und Investitionen in Anspruch nimmt, aber keine sofortige Wirkung auf die Emissionen hat.

Frühindikatoren schaffen Klarheit über Transformationsstand

Für eine bessere Informations- und Monitoring-Grundlage könnten sektorspezifische Frühindikatoren sorgen, sind sich die Forscher sicher. Würden sie im KSG verankert und mit Zielwerten hinterlegt, könnte der Stand der Transformation im jeweiligen Sektor klarer veranschaulicht und gegebenenfalls ein schnelleres Umsteuern ermöglicht werden. Auch Unsicherheiten für die Wirtschaft würden reduziert.

Studie: Ein wirksames Klimaschutzgesetz braucht Frühindikatoren.

DIW Berlin

Studie: Ein wirksames Klimaschutzgesetz braucht Frühindikatoren.

In der Energiewirtschaft könnten dies etwa Zielgrößen für die Transportkapazität für grünen Wasserstoff oder der angestrebte Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion sein. Im Verkehrssektor wären beispielsweise die Zahl der Ladestationen für E-Autos oder die Fahrgastkapazitäten des Öffentlichen Nahverkehrs und im Gebäudesektor die Sanierungsrate sinnvolle Indikatoren.

Frühindikatoren helfen auch der Wirtschaft

„Frühindikatoren ermöglichen ein besseres Management der Klimawende“, resümiert Karsten Neuhoff, Leiter der Abteilung Klimapolitik am DIW Berlin. „Durch sie entsteht ein Frühwarnsystem für die Bundesregierung, das sie schneller handeln lässt. Zudem schaffen die Indikatoren mehr Klarheit für die Wirtschaft, indem sie etwa aufzeigen, wo es sich lohnt, in Produktionsanlagen zu investieren.“ Daniela Fietze von der Stiftung Umweltenergierecht ergänzt: „Die Frühindikatoren wären zudem im Sinne des Bundesverfassungsgerichts, das dem Gesetzgeber mit seinem jüngsten Beschluss aufgegeben hat, den Übergang zur Klimaneutralität frühzeitig ein- und anzuleiten.“ ■