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Energieträger

„Brauchen einen Plan zum Erdgas-Ausstieg“

Eine aktuelle Studie zeigt: Die Verbrennung von Erdgas zur Wärmeerzeugung im Gebäudesektor ist klimaschädlicher als vielfach angenommen. Ein bedeutender Faktor sind Methanleckagen.

Das Forum Ökologisch Soziale Marktwirtschaft (FÖS) zeigt in der Studie „Was Erdgas wirklich kostet – Roadmap für den Gasausstieg im Wärmesektor“ im Auftrag der Elektrizitätswerke Schönau (EWS), dass die Klimakosten von Erdgas weit höher als bisher angenommen sind und die Nutzung von Erdgas in erheblichem Maße zu den Treibhausgasemissionen beiträgt.

Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass durch die Verwendung von Erdgas zur Wärmeerzeugung im Gebäudesektor in Deutschland jährlich THG-Emissionen von 91,5 bis 107,2 Mio. t CO2-Äquivalent (CO2e) anfallen – wovon 87,1 Mio. tCO2e aus verbrennungsbedingten CO2-Emissionen stammen und rund 4,4 bis 20 Mio. tCO2e aus Methanleckagen stammen.

Energiewende im Gebäudesektor ohne Erdgas möglich

Isabel Schrems, Autorin der Studie und Wissenschaftliche Referentin beim FÖS, hob bei der Vorstellung ihrer Analyse hervor, dass das Potenzial aus Solarthermie, Biomasse, Geothermie, Umweltwärme und Abwärme aus der Industrie im Jahr 2030 bei 1403 bis 2183 TWh/a liegt. Damit sei es fast doppelt so hoch wie der heutige Endenergieverbrauch für Wärme im Gebäudesektor. Die größten Anteile haben oberflächennahe Geothermie und Umgebungswärme.

Zusammen mit der erwarteten Zunahme der Energieeffizienz sei sehr wahrscheinlich, dass in Deutschland bis Ende des Jahrzehnts genügend erneuerbare Wärme erzeugt werden kann. Ein Ausstieg aus der Nutzung aller fossilen Energieträger im Gebäudebereich sei machbar und somit eine Energiewende im Gebäudesektor ohne Erdgas möglich.

Klimakosten durch Erdgas weit höher sind als der aktuelle Preis

Die Studie zeigt außerdem, dass die wahren Klimakosten durch Erdgas weit höher sind als der aktuelle Preis. Carolin Schenuit, geschäftsführende Vorständin des FÖS: „Drei Viertel der Klimakosten sind bisher nicht im Preis berücksichtigt. Diese Kosten über den Brennstoffemissionshandel schnellstmöglich (CO2-Bepreisung) einzupreisen, ist klimapolitisch dringend angezeigt und logische Konsequenz aus dem Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts. Wir brauchen auf dem Weg zum Erdgas-Ausstieg aber auch ordnungspolitische und planungsrechtliche Maßnahmen, um schnell voranzukommen.“

Würde man alle durch die Nutzung von Erdgas im Gebäudesektor entstehenden Klimakosten berücksichtigen – also die Internalisierungslücke vollständig schließen – würde der echte Erdgaspreis für Haushaltskunden rund 50 % höher ausfallen als der Gaspreis, der heute durchschnittlich gezahlt wird (Anstieg von 6,1 Ct/kWh auf 9,1…9,6 Ct/kWh). Die FÖS-Studie sieht die Notwendigkeit, dass der CO2-Preis spätestens im Jahr 2030 die Höhe der Klimaschadenkosten (215 Euro/tCO2e) erreicht.

Erdgas-Heizungen sollen nicht mehr gefördert

Die Studie schlägt vor, dass Erdgas-Heizungen nicht mehr gefördert werden dürfen. Auch nicht in Kombination mit erneuerbaren Energien, das würde zu einem weiteren Technologie-Lock-In für die nächsten 15 bis 20 Jahre führen. Stattdessen seien weitere gezielte Förderungen, wie eine „Austauschprämien für Gas-Heizungen“, Sanierungen mit hohen Effizienz-Standards sowie eine Förderung für effiziente Wärmenetze mit geringen Vorlauftemperaturen notwendig. Spätestens bei der nächsten Überprüfung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sollten außerdem die Effizienzvorgaben für alle Gebäude deutlich verschärft und eine Austauschpflicht sowie das Einbauverbot für Gas-Heizungen ab 2026 festgelegt werden.

In der Branche wird das nicht unbedingt auf Gegenliebe stoßen. Notwendig ist die Umsetzung der Vorschläge trotzdem.

Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de

Alle TGAkommentare finden Sie im TGAdossier TGA-Leitartikel.