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AMEV-Expertenempfehlung

Energieeinsparung bei der Trinkwassererwärmung

Dario – stock.adobe.com

Der Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen (AMEV) hat die Expertenempfehlung „Energieeinsparung in der Trinkwarmwasserbereitung“ veröffentlicht.

In der Empfehlung heißt es: „Aktuell werden in öffentlichen Verwaltungen und hier insbesondere im kommunalen Bereich, über Energieeinsparmaßnahmen diskutiert oder bereits durchgeführt, um Energiekosten und den Erdgasverbrauch zu vermindern. Dies führt u. a. dazu, dass Überlegungen bestehen, die Bereitstellung von Trinkwarmwasser zu reduzieren oder vollständig einzustellen.

Bei einer unsachgemäßen Durchführung kann es hierbei jedoch zu einer umfangreichen Verkeimung der Trinkwasser-Installation kommen. Deren Beseitigung ist oftmals nicht oder nur mit einem erheblichen Sanierungsaufwand und hohen Kosten möglich. Die folgenden Empfehlungen sind daher für Entscheidungsträger und Anwender gedacht, um bei der Durchführung von Energiesparmaßnahmen, auch die Erfordernisse der Trinkwasserhygiene mit einfließen zu lassen.“

Drei mögliche Betriebszustände zur Energieeinsparung

1. Energieeinsparung durch Reduzierung der Trinkwarmwassertemperatur
2. Energieeinsparung durch Abschaltung der Energieversorgung
3. Energieeinsparung durch Außerbetriebnahme von Trinkwarmwasser-Erzeuger

1. Reduzierung der Trinkwarmwassertemperatur

Ab einer Temperatur von 25 °C können sich Legionellen bei günstigen Randbedingungen vermehren. Dies sind beispielsweise die Trinkwassertemperatur und Stagnation. Die höchste Vermehrungsrate erfolgt im Bereich von 37 °C (Duschtemperatur). Erst ab einer Trinkwassertemperatur von > 50 °C kommt es zu einer Reduzierung des Legionellenwachstums. Bei 55 °C ist keine Vermehrung mehr feststellbar. Ab 60 °C sterben Legionellen ab. Eine Gefährdung der Nutzer kann bei der Erzeugung und Einatmung von kontaminierten Aerosolen entstehen, bspw. Duscharmaturen, Handbrausen oder wo es zu einer feinen Vernebelung von Wasser kommt.

Zentrale Trinkwarmwasser-Erzeuger
Zur Aufrechterhaltung der Trinkwasserhygiene ist daher die Temperatur im Trinkwarmwasserbereiter (Speichertemperatur) von 60 °C erforderlich. An den Trinkwasserentnahmestellen (Armaturen) müssen 55 °C zur Verfügung stehen (60/55-Regel). Gleiches gilt beim Vorhandensein einer Zirkulationsanlage. Zirkulationspumpen dürfen nicht abgeschaltet werden, z. B. nachts oder an Wochenenden, weil sonst das Trinkwasser in der Zirkulationsanlage stagniert und dies eine Vermehrung von Legionellen begünstigt. Auch bei einer Reduzierung der Heizungstemperatur ist sicher zu stellen, dass im Trinkwasserspeicher 60 °C erreicht werden.

Empfehlung:
Eine Reduzierung der Trinkwarmwassertemperatur darf daher lediglich an der Entnahmearmatur erfolgen, bspw. am Duschthermostat. Des Weiteren besteht, je nach Hersteller und Armaturentyp, eine Reduzierung der Duschlaufzeiten und der Einsatz von Durchflussbegrenzern. Diese Arbeiten müssen jedoch durch Sanitärfachpersonal vorgenommen werden. Zentralthermostate, die mehrere Duscharmaturen mit Mischwasser versorgen, sind aufgrund ihrer geringen Temperatur (Wohlfühltemperatur für Legionellen) hygienisch bedenklich. Dies bedeutet für die Betreiber solcher Anlagen oftmals, eine besondere Herausforderung. Eine Reduzierung der Trinkwarmwasser-temperatur im Warmwassererzeuger ist hygienisch äußerst kritisch (Betreiberverantwortung) und wird daher nicht empfohlen.

Dezentrale Trinkwarmwasser-Erzeuger
Für Durchlauferhitzer oder Kleinspeicher gilt ebenfalls die 60/55-Regel, um einen hygienisch einwandfreien Betrieb sicherstellen zu können. Erreichen diese Geräte im Betrieb nicht die Mindesttemperatur von 55 °C, führt dies häufig zu einer Verkeimung mit Legionellen. Ohne aerosolbildende Armaturen wird eine Gefährdung der Nutzer jedoch als gering eingestuft. Von dort kann es aber zu einer Re-Verkeimung in die angeschlossene Trinkwasser-Installation kommen.

2. Abschaltung der Energieversorgung

Eine Abschaltung der Energieversorgung von dezentralen Warmwassererzeugern wie Kleinspeicher oder Durchlauferhitzer, beispielsweise an Handwaschbecken in WC-Kernen, barrierefreien WCs, Sanitätsräumen, in Teeküchen oder Putzmittelräumen, lässt sich leicht umsetzen. Davon ausgenommen sind jedoch Waschbecken in Waschräumen nach Arbeitsstättenrichtlinie. Wichtig ist jedoch, dass auch die nun kalte Warmwasserseite regelmäßig genutzt, d. h. alle 72 Stunden gespült wird. Dies gilt sinngemäß auch für zentrale Trinkwarmwasser-Erzeuger (Speicher).

Empfehlung:
Die Abschaltung von dezentralen Trinkwarmwasser-Erzeugern wird als unkritisch eingestuft. Deren Energieeinsparpotenziale sind jedoch begrenzt. Konsequent wäre hierbei der Rückbau der dezentralen Warmwassererzeuger, um die regelmäßigen Hygienespülungen auf der (kalten) Warmwasserseite zu vermeiden. Es wird daher empfohlen, die aktuelle Situation zu nutzen, um die Notwendigkeit der Trinkwarmwasserzapfstellen generell zu hinterfragen und bei einem fehlenden Nachweis ihren Rückbau zu veranlassen.

Wird die Energieversorgung der Durchlauferhitzer ausgestellt, ist auch auf der nun kalten „Warmwasserseite“ eine regelmäßige Hygienespülung erforderlich (alle 72 h). Das Spülwasservolumen bei einem abgeschalteten, zentralen Trinkwarmwasser-Erzeuger erfordert jedoch aufgrund ihres Trinkwasserinhaltes einen größeren personellen und finanziellen Aufwand. Für das Spülwasser besteht oftmals keine weitere Verwendung. Kosteneinsparungspotenziale, durch eine Unterbrechung der Energieversorgung, können leicht durch den erhöhten Aufwand für die Hygienespülungen (Personal- und Trinkwasserkosten) aufgebraucht werden. Daher ist diese Lösung als Energieeinsparmaßnahme nur begrenzt geeignet.

3. Außerbetriebnahme von Trinkwarmwasser-Erzeugern

Sollen Trinkwarmwassererzeuger außer Betrieb genommen werden, bietet sich dies in Form einer hygienisch unbedenklichen „Betriebsunterbrechung“ an. Diese Sonderform berücksichtigt die mikrobiologischen Wachstumsbedingungen in einer Trinkwasser-Installation. Dafür ist die Energiezufuhr des Warmwasserbereiters einzustellen und die Trinkwasserzuleitung zum Warmwassererzeuger (Speicher) zu schließen. Die Energieversorgung der Zirkulationspumpe wird ebenfalls ausgestellt. Das enthaltene Trinkwasser bleibt dabei in dem Speicher und den angeschlossenen Rohrleitungen.

Vorhandene Mikroorganismen zehren die Nährstoffe und den Sauerstoff, im bewusst stagnierenden Trinkwasser, auf. Eine Versorgung mit frischem Sauerstoff oder Nährstoffen wird vermieden. Dies führt zu einem Stillstand der Vermehrungsrate. Vor der Wiederinbetriebnahme muss die angeschlossene Trinkwasser-Installation und der Wärmeerzeuger gründlich durchspült werden. Dabei ist ein vollständiger Wasseraustausch sicher zu stellen. Ab einer Betriebsunterbrechung von 6 Monaten muss zusätzlich eine mikrobiologische Untersuchung, d. h. eine Beprobung der Trinkwarmwasser-Installation, erfolgen. Hierbei ist es sinnvoll, die zuständigen Gesundheitsbehörden mit einzubinden.

Empfehlung:
Die für die Betriebsunterbrechung abgesperrte Armatur, z. B. Schrägsitzventil an der Kaltwasserzuleitung vor dem Speicher (Sicherheitsarmaturengruppe) oder am Trinkwasserverteiler, sollte mit einem Hinweisschild gekennzeichnet werden. Beispielsweise „Achtung: Betriebsunterbrechung, Datum und Name / Dienststelle oder auch Telefonnummer der veranlassenden Person, für evtl. Rückfragen.“ Die Datumsangabe ist wichtig, um bei der Wiederinbetriebnahme die erforderlichen Maßnahmen einleiten zu können.

Gleiches gilt bei einer Betriebsunterbrechung für Teile einer Trinkwasser-Installation, beispielsweise für Trinkwasser kalt, wenn z. B. Gebäudeteile oder Bereiche vorübergehend nicht genutzt werden können oder sollen.

Keinesfalls darf bei der Betriebsunterbrechung das Trinkwasser aus den Rohrleitungen und dem Speicher entleert werden. Auch bei einem sorgfältig durchgeführten Entleerungsvorgang und einer Durchspülung mit Pressluft, bleibt immer eine Restfeuchte bestehen. In der Verbindung mit frischem Luftsauerstoff kann dies die Vermehrungsbedingungen für Mikroorganismen unterstützen und damit zu einer starken Kontamination der außer Betrieb genommenen Trinkwasser-Installation führen. Nach einer Betriebsunterbrechung sollte ebenfalls auf eine chemische oder thermische Desinfektions-maßnahme verzichtet werden. Trinkwasser-Installationen bieten Mikroorganismen immer ausreichend Bereiche, in denen sie Desinfektionsversuche unbeschadet überstehen können. Auch verfügen einige Mikroorganismen über natürliche Schutzfunktionen gegen Desinfektionsmaßnahmen oder sind, eingebettet im Biofilm, sicher vor Desinfektionsmittel. Nach dem Abklingen der Desinfektionsmaßnahmen besteht für sie ein Entwicklungsvorsprung und führt im Nachgang sehr häufig zu einer verstärkten Vermehrungsrate sowie einer starken Kontamination. Trotz anders-lautender Werbeaussagen verschiedener Desinfektionsmittelanbieter, ist dies oftmals nur sehr schwer wieder in den Griff zu bekommen.

Weitergehende Informationen zur Betriebsunterbrechung sind in der VDI 6023 Trinkwasserhygiene oder der AMEV-Empfehlung Sanitäranlagen 2021 enthalten. In der AMEV-Empfehlung wird ebenfalls ausführlicher auf Desinfektionsmaßnahmen eingegangen.

Fazit

Energieeinsparpotenziale bestehen auch bei der Trinkwarmwasser-Erzeugung. Hierbei müssen jedoch im Rahmen der Betreiberverantwortung auch die hygienischen Anforderungen an das Trinkwasser berücksichtigt werden. Eine Reduzierung der Trinkwarmwassertemperatur kann zu einer Verkeimung der Trinkwasser-Installation und damit zu erheblichen Folgekosten führen.

Dezentrale Trinkwasser-Erzeuger, wie bspw. Kleinspeicher, können meistens relativ einfach außer Betrieb genommen werden. Der Aufwand bei zentralen Trinkwasser-Erzeugern ist meistens deutlich höher. Eine Betriebsunter-brechung wird hierbei als empfehlenswerte Variante eingestuft. Erst bei der Wiederinbetriebnahme muss der Warmwasser-Erzeuger, einschließlich der angeschlossenen Rohrleitungen, gründlich gespült werden.

Die aktuelle Situation bietet eine gute Gelegenheit, die Trinkwasser-Installationen und den Umfang der angeschlossenen Entnahmestellen auf ihre Notwendigkeit und auf Einhaltung der a.a.R.d.T zu überprüfen und vor der Wiederinbetriebnahme entsprechend anzupassen. Dabei sollte auch langfristig ein effizienter Betrieb angestrebt werden (Trinkwasser warm und kalt nur dort zulassen, wo ein wirklicher Bedarf besteht).

Download der AMEV-Expertenempfehlung Energieeinsparung i.d. Trinkwarmwasserbereitung

Quelle: AMEV, Uwe Linke, Obmann AMEV-Sanitärausschuss / jv

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