Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Energieträger

Gasumlagen: Viele Anbieter geben Preis­senkung nicht weiter

Lennart Worthmann – stock.adobe.com

Viele Erdgaskunden werden nicht sofort von einer deutlichen Vergünstigung bei zwei Gasumlagen ab Oktober 2023 profitieren. Das hat eine Umfrage des Geldratgebers Finanztip bei zehn der größten Gasversorger Deutschlands ergeben.

Ab dem 1. Oktober 2023 vergünstigt sich für die Gasversorger der Einkaufspreis von Erdgas um gut 0,65 Ct/kWh (brutto, 7 % MwSt.). Grund dafür ist der faktische Wegfall von zwei Umlagen.

Die Umlagen auf den Gaspreis werden von Trading Hub Europe (THE) festgelegt. THE hat angekündigt, die SLP-Bilanzierungsumlage (bisher: 0,57 Ct/kWh netto) ab Oktober 2023 auf null zu senken. Die Umlage soll Kosten auffangen, die durch die Stabilisierung des Gasnetzes entstehen. Ebenso entfällt die Konvertierungsumlage (bisher: 0,038 Ct/kWh netto), die die Kosten für die Umwandlung des Energiegehalts von verschiedenen Gassorten abbildet.

Beide Umlagen sind laut THE aufgrund der Marktentwicklungen derzeit nicht mehr notwendig. Sie gehören zu den Netzentgelten. Für Netzentgelte existiert – anders als bei staatlich bestimmten Energie-Umlagen – kein Anspruch darauf, dass Energieversorger die Änderungen zum Stichtag weitergeben.

In der Summe geht es um sehr viel Geld

Bei einem Einfamilienhaus-typischen Gasverbrauch von 20 000 kWh/a machen die beiden auf null gesenkten Umlagen auf der Gasrechnung eine Differenz von 130 Euro/a inkl. 7 % MwSt. aus, wenn die Absenkung nicht weitergegeben wird. Erfolgt eine Weitergabe erst zum Jahreswechsel, liegt die Differenz bei einem angenommenen Verbrauchsanteil von 35 % in den Monaten Oktober bis Dezember bei rund 45 Euro inkl. 7 % MwSt.

In Deutschland wird etwa die Hälfte der Wohnungen mit Erdgas beheizt. Es geht damit bei durchschnittlicher Witterung allein im Kundensegment private Haushalte und Wohnungswirtschaft für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2023 um ein Volumen von insgesamt über 500 Mio. Euro (netto) – das die Gasversorger entweder behalten oder an ihre Kunden weitergeben.

Bei laufenden Verträgen, wo momentan die staatlich finanzierte Gaspreisbremse mit einem Referenzpreis von 12 Ct/kWh noch greift, würden die Gaskunden innerhalb des 80-%-Entlastungskontingents erst profitieren, wenn durch die Weitergabe der Arbeitspreis unter 12 Ct/kWh sinkt. Die Nichtweitergabe belastet oberhalb von 12 Ct/kWh aber das staatliche Doppelwumms-Sondervermögen. Man darf also gespannt sein, ob es aus Berlin oder anderen sich berufen fühlenden Institutionen noch eine Ansage an die Gasversorger gibt.

Weitergabe wird wohl selten sofort erfolgen

Die Finanztip-Umfrage hat ergeben, dass die Kosten für die bisherigen Umlagen ab dem 1. Oktober 2023 häufig nur bei Kunden wegfallen werden, die dann zu einem neuen Versorger wechseln. „Bestandskunden gucken in die Röhre, denn die Energieversorger sind rechtlich nicht verpflichtet, die Vergünstigungen an ihre bestehenden Kunden automatisch weiterzugeben“, sagt Energieexperte Benjamin Weigl von Finanztip.

Zu den Gasversorgern, welche die Preissenkungen durch die Gasumlage nicht sofort weitergeben wollen, gehören laut Finanztip: Energie Baden-Württemberg (EnBW), E.on, EWE und die Stadtwerke München (SWM). EWE gab an, die Preissenkungen durch die Gasumlage in der Grundversorgung voraussichtlich ab dem 1. Januar 2024 weiterzugeben.

Die Mainova AG aus Frankfurt erklärte gegenüber Finanztip hingegen, die Preissenkungen bereits ab Oktober 2023 weitergeben zu wollen. Bei N-Ergie aus Nürnberg wiederum heißt es, man unterscheide derzeit bei den Gaspreisen nicht zwischen Bestandskunden und Kunden, die einen neuen Vertrag abschließen. Die Gasversorger Vattenfall, Gasag, Rheinenergie und Montana wollten sich gegenüber Finanztip nicht zu ihrer Preisgestaltung äußern.

Wer wechseln kann, sollte Preise vergleichen

„Im Herbst 2023 kann es sich deshalb besonders lohnen, Neukundentarife zu vergleichen“, rät Weigl. „Für Vertragslaufzeiten ab dem 1. Oktober 2023 sollte Gas noch einmal günstiger werden.“ Ganz allgemein hat sich Gas für Neuvertragskunden deutlich verbilligt: Vor einem Jahr war nach dem russischen Lieferstopp der Höhepunkt der Preisspirale erreicht. In neuen Verträgen kostete Gas damals 40 Ct/kWh und mehr.

Anfang September 2023 werden laut dem Finanztip-Gaspreis-Barometer in günstigen Gasverträgen durchschnittlich 9,5 Ct/kWh verlangt. Auch das Vergleichsportal Verivox hat Ende August 2023 bei Neuverträgen ein Preisniveau von 9 Ct/kWh inkl. 7 % MwSt. für günstigste verfügbaren Angebote mit empfehlenswerten Bedingungen genannt.

Finanztip stellt einen Ratgeber mit Informationen zum Wechsel des Gasanbieters, zu den aktuellen Preisentwicklungen (Finanztip Gaspreis-Barometer) und einem Vergleichsrechner für empfehlenswerte Gastarife zur Verfügung. ■
Quelle: Finanztip / jv

Im Kontext:
Erdgas soll früher teurer werden: Lindner kassiert 7 % MwSt. ein
Studie bestätigt: Wärmepumpe heizt günstiger als Gas-Heizung
Biomethan für Wärmewende: Abschied schon vor dem Start?
Einbau einer Öl- oder Gas-Heizung ab 2024 nur mit Warnung
Sind Gas-Heizungen mit 65 % Erneuerbaren realistisch?